Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1312 27.04.2017 (Ausgegeben am 27.04.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Entschädigungszahlungen für Zwangsumgesiedelte in der DDR Kleine Anfrage - KA 7/713 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zur DDR-Zeit wurden unter Herrschaft der SED als „politisch unzuverlässig“ eingestufte Menschen aus grenznahen Regionen zwangsumgesiedelt. Im Verlauf der Zwangsumsiedlungsaktionen wurden ganze Dörfer und Gemeinden im Grenzgebiet entvölkert. So wurden beispielsweise in der sogenannten „Aktion Ungeziefer“ Menschen aus Thüringen u. a. nach Sachsen-Anhalt zwangsumgesiedelt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung vor, wie hoch die Opferzahl von Zwangsumsiedlungen auf dem Staatsgebiet der DDR war? Gesicherte Erkenntnisse liegen der Landesregierung nicht vor. Laut Informationsbroschüre der Landeszentrale für politische Bildung in Thüringen und der Bundesstiftung Aufarbeitung (Ansgar Borbe: Die Zahl der Opfer des SED-Regimes ) aus dem Jahr 2010 variiert die Zahl der Zwangsausgesiedelten zwischen 11.500 und 50.000 Personen. In Sachsen-Anhalt wurden nach Erhebungen der Gedenkstätte Deutsche Teilung im Jahr 1952 genau 2.148 und im Jahr 1961 genau 372 Personen, insgesamt also 2.520 Personen, zwangsausgesiedelt . 2 2. Wie viele Menschen wurden in das Gebiet des Landes Sachsen-Anhalt zwangsumgesiedelt? Der Landesregierung sind keine statistischen Angaben bekannt. 3. Wie viele Opfer dieser Zwangsumsiedlungen leben aktuell in Sachsen-Anhalt ? Der Landesregierung sind keine statistischen Angaben bekannt. 4. Gab es in Sachsen-Anhalt Entschädigungen für die Opfer dieser Zwangsumsiedlungen ? Zwangsaussiedlungen sind mit tragenden Grundsätzen eines Rechtsstaates schlechthin unvereinbar. Dies unterstreicht § 1 Abs. 3 des Verwaltungsrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (VwRehaG) und zeigt die besondere Beachtung , die der Gesetzgeber diesen rechtsstaatswidrigen Maßnahmen zukommen lässt. Zunächst wird nach dem VwRehaG über das Vorliegen einer rechtsstaatswidrigen Maßnahme entschieden. Mit der ergangenen Grundentscheidung können dann Entschädigungen bei Vermögensämtern, Versorgungsämtern oder bei verschiedenen Referaten des Landesverwaltungsamtes (LVwA) beantragt werden . Insgesamt sind im LVwA 703 Anträge auf die vorgenannte Grundentscheidung eingegangen. 573 wurden vollständig oder teilweise bewilligt, 52 Anträge sind abgelehnt worden und 77 Anträge haben sich auf sonstige Weise erledigt. Ein Antrag ist noch nicht beschieden. 5. Gibt es in den ostdeutschen Bundesländern unterschiedliche Regelungen zur Entschädigung von Opfern dieser Zwangsumsiedlungen? Der Landesregierung ist bekannt, dass im Freistaat Thüringen in den Jahren 1997 bis 2000 über die Stiftung Zwangsausgesiedelten-Hilfe Thüringen ergänzende Einmalzahlungen in Höhe von 4.000 DM (2.045,17 €) gewährt wurden. 6. Ist es richtig, dass Opfer von Zwangsumsiedlungen in anderen Bundesländern besser gestellt sind als in Sachsen-Anhalt? Nach vorliegendem Erkenntnisstand sind Opfer von Zwangsumsiedlungen in anderen Bundesländern nicht besser gestellt als in Sachsen-Anhalt. Die in den Jahren 1997 bis 2000 geleisteten Einmalzahlungen im Freistaat Thüringen (vgl. Frage 5) stellen im Vergleich der anderen Bundesländer eine Ausnahme dar. 7. Was gedenkt die Landesregierung Sachsen-Anhalts zu tun, um Opfer dieser Zwangsumsiedlungen zu entschädigen? Die Wiedergutmachung des den Zwangsausgesiedelten zugefügten Unrechts gehört nach Artikel 74 Abs. 1 Nr. 1, 7 und 9 Grundgesetz (GG) zum Gebiet der 3 konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund hat durch das VwRehaG die Ansprüche der Zwangsausgesiedelten abschließend geregelt. Er hat damit von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch gemacht. Dadurch ist die Befugnis der Länder zur Gesetzgebung entfallen (Artikel 72 Abs. 1 Grundgesetz). Somit stellt sich die Frage einer weiteren Entschädigung durch die Landesregierung nicht.