Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/136 28.06.2016 (Ausgegeben am 29.06.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Aufkommensverlust im Länderfinanzausgleich durch hohe Gewerbesteuereinnahme Kleine Anfrage - KA 7/37 Vorbemerkung/Begründung des Fragestellenden: Im aktuellen Jahresverlauf kommt es laut Informationen der Presse zu einem erhöhten Aufkommen bei der Gewerbesteuer infolge einer Neubewertung bei einem im Lützener Ortsteil Sössen ansässigen Unternehmen (Tochter der Deutschen Bank). Diese Mehreinnahme, die sich laut einem MZ-Artikel vom 24. Februar 2016 auf 150 Millionen Euro beläuft, erhöht die Finanzkraft der Kommunen in Sachsen-Anhalt insgesamt, wird aber zu sinkenden Einnahmen für das Land Sachsen-Anhalt im Rahmen des Bund-Länder-Finanzausgleichs führen, da die Einnahmen im Länderfinanzausgleich rechnerisch auf den durchschnittlichen bundesweiten Hebesatz von 395 % hochgerechnet werden, der tatsächliche Hebesatz vor Ort in der betreffenden Kommune jedoch bei 200 % liegt. In der Folge ergeben sich Verluste für das Land Sachsen-Anhalt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen 1. Seit wann weiß das Finanzministerium bzw. die Landesregierung von der o. g. Steuernachzahlung und deren finanzielle Folgen für die Haushalte? Ein Vertreter der zum Deutsche Bank Konzern gehörenden Unternehmensgruppe hatte erstmals am 3. Dezember 2015 gegenüber Vertretern des Ministeriums der Finanzen angedeutet, dass eine Gewerbesteuerzahlung in entsprechender Höhe zu erwarten sei. Allerdings war nicht klar, in welchem Jahr der Gewinn anfallen würde. Den konkreten Sachverhalt mit Angabe der betragsmäßigen steuerlichen Auswirkung hat das Unternehmen mit Schreiben vom 3. März 2016 dem zuständigen Finanzamt mitgeteilt. Dieses Schreiben wurde 2 dem Ministerium der Finanzen vom Finanzamt am 4. März 2016 zur Kenntnis übersandt. 2. Wie hoch ist der Aufkommensverlust für das Land Sachsen-Anhalt infolge dieser Steuernachzahlung? 3. Wann wird der nicht eingeplante Aufkommensverlust kassenwirksam und wie wird dieser im Haushalt gegenfinanziert? Die Fragen 2 und 3 werden im Zusammenhang beantwortet. Der Aufkommensverlust für das Land beträgt rund 200 Mio. EUR und wird voraussichtlich im Jahr 2017 kassenwirksam. Über konkrete Maßnahmen zur Kompensation des Aufkommensverlustes muss im Rahmen der Haushaltsaufstellung für 2017 im parlamentarischen Verfahren beraten und entschieden werden. 4. Welche konkreten Maßnahmen wird die Landesregierung einleiten, um in Zukunft zu verhindern, dass eine hohe Steuereinnahme einer Gemeinde in Sachsen-Anhalt zu einem finanziellen Aufkommensverlust für das Land Sachsen-Anhalt führt? 5. In welchem Zeitfenster sollen diese (Frage 4.) Maßnahmen umgesetzt werden? Die Fragen 4 und 5 werden im Zusammenhang beantwortet. Das System des Länderfinanzausgleichs hat die Aufgabe, die sich durch die Steuerverteilung ergebenden Finanzkraftunterschiede unter den Ländern angemessen auszugleichen , so dass alle Länder in die Lage versetzt werden, den ihnen zugewiesenen Aufgaben nachzukommen. Im Rahmen des Länderfinanzausgleichs werden deshalb die gesamten Steuereinnahmen berücksichtigt. Dieses System hat sich bewährt und wird auch von der Landesregierung nicht in Frage gestellt. Die negativen finanziellen Auswirkungen der in Rede stehenden erhöhten Gewerbesteuer -Zahlung für das Land im Rahmen des Länderfinanzausgleichs sind unmittelbare Folge des niedrigen Hebesatzes von 200 %, der in der Folge rechnerisch auf den bundesdurchschnittlichen Hebesatz bei der Abrechnung im LFA angehoben wird. In Folge dessen wird dem Land ein zu hohes (fiktives) Gewerbesteuer-Aufkommen zugerechnet. Damit wird die Finanzkraft der Kommunen in Sachsen-Anhalt rechnerisch zu hoch eingestuft. Das Land verliert dann in einem erheblichen Maß eigene Einnahmen. Sofern die Gemeinden ihren Gewerbesteuerhebesatz nicht freiwillig erhöhen, könnte die Finanzkraftumlage (§ 12 Abs. 3 FAG) erhöht werden, um die Gemeinden zu einer Anhebung des Gewerbesteuerhebesatzes zu motivieren. Eine Bundesratsinitiative, mit der Kommunen mit niedrigen Gewerbesteuerhebesätzen verpflichtet werden, diese beispielsweise auf ein bundesdurchschnittliches Niveau anzuheben, scheidet wegen der Regelungen in Artikel 28 Abs. 3 des Grundgesetzes (GG) aus. Artikel 28 Abs. 3 GG gewährt den Kommunen ein weitgehendes Selbstverwaltungsrecht in Bezug auf die Gewerbesteuerhebesätze. 3 Umfragen des Ministeriums der Finanzen des Landes bei anderen Landesfinanzministerien und Rückfragen auf politischer Ebene bei Fachkollegen am Rande von Ausschusssitzung und Finanzministerkonferenz haben zudem ergeben , dass kaum politische Unterstützung für eine Bundesratsinitiative zur Anhebung des Mindesthebesatzes zu erwarten ist, was zu einer Verpflichtung von einigen Kommunen zur Anhebung der Gewerbesteuerhebesätze führen würde.