Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1378 10.05.2017 (Ausgegeben am 10.05.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Andreas Mrosek (AfD) Zusatzkosten durch Bauverzögerungen oder deren Kompromisslösungen, verursacht durch Klagen und Einwände von Umweltverbänden, beim Bau von Bundesautobahnen, Bundes- und Landstraßen Kleine Anfrage - KA 7/753 Vorbemerkung des Fragestellenden: Immer wieder kommt es zu Baustopps oder Bauverzögerungen durch Klagen und Einwände von Umweltverbänden beim Bau von Bundesautobahnen, Bundes- und Landstraßen. Alleine die entstandenen Mehrkosten beim Bau der A 14 betragen diesbezüglich rund 3,5 Mio. €. Dass im Allgemeinen Mehrkosten entstehen können, ist hinreichend bekannt. Dem Fragesteller geht es aber insbesondere um die Differenz zwischen den allgemeinen Mehrkosten, verursacht z. B. durch „Wettertage“ und Mehrkosten, die durch Umweltverbände entstanden sind. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung: Grundsätzlich ist festzustellen, dass Kostensteigerungen bei Planung und Bau von Straßenbauvorhaben vielfältige Ursachen haben. Dies können u. a. neue Erkenntnisstände im Verlauf der vertiefenden planerischen Vorbereitung einer Maßnahme, Änderungen an gesetzlichen Rahmenbedingungen und am technischen Regelwerk, die Umsetzung von Erkenntnissen aus der aktuellen Rechtsprechung sowie auch die Entwicklung der Baupreise sein, die mit einem jährlichen Aufwuchs von rd. 2 % pro Jahr zu veranschlagen sind. Durch die Beteiligung aller von einem Vorhaben betroffenen Bürgerinnen und Bürger, Träger öffentlicher Belange und auch anerkannter Naturschutzverbände im Rahmen der Planfeststellungsverfahren zur Baurechtschaffung werden eine Vielzahl von Hinweisen und Einwendungen zu einem Vorhaben zusammengetragen, die im Rahmen des Planfeststellungsbeschlusses abgewogen 2 und ggf. gerichtlich überprüft werden. Dies erfolgt auf der Grundlage der jeweiligen gesetzlichen Regelungen. 1. Wie hoch sind die geschätzten Mehrkosten durch Bauverzögerungen beim Bau der A 143 seit Beginn der Planungen? Der Abschnitt der A 143 vom Autobahndreieck (AD) Halle-Süd bis zur Anschlussstelle (AS) Halle-Neustadt ist seit Oktober 2004 unter Verkehr und wurde nicht beklagt. Die Antwort bezieht sich auf den rund 12,6 Kilometer langen Abschnitt der A 143 zwischen der AS Halle-Neustadt (B 80) und dem AD Halle-Nord (A 14), die Verkehrseinheit (VKE) 4224. Der Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen aus dem Jahr 2004 wies für die VKE 4224 ein Kostenvolumen von 150,8 Mio. € aus. Im November 2010 wurden vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur Kosten für die VKE 4224 in Höhe von 239,9 Mio. € genehmigt. Diese Kostensteigerungen begründeten sich mit zusätzlichen Maßnahmen zur besseren Eingliederung der Autobahn in den betroffenen Natur- und Siedlungsraum im Ergebnis des Erörterungstermins im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens im Jahr 2004, mit erforderlichen Anpassungen aus der Baupreisentwicklung, in einer Umplanung des Autobahndreiecks Halle-Nord infolge eines höheren prognostizierten Verkehrsaufkommens, mit der detaillierteren Abschätzung des Umfanges der Altbergbausanierung im Ergebnis von gezielten Baugrundaufschlüssen und der Präzisierung der Kosten für archäologische Untersuchungen. Auch zusätzliche umweltfachliche Maßnahmen zur Herstellung der Genehmigungsfähigkeit des Autobahnabschnittes im Ergebnis des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 17.01.2007 zur Klage des NABU e. V. haben zu Kostensteigerungen geführt. Aktuell wird eine weitere Kostenfortschreibung erarbeitet. Diese beinhaltet u. a. die Anpassungen aus der Baupreisentwicklung sowie die Verlängerung eines Tunnels um 50 m und weitere bautechnische Maßnahmen. 2. Wie hoch sind die geschätzten Mehrkosten beim Bau der A 143, verursacht durch Umweltverbände? Die aus dem Urteil des BVerwG vom 17.01.2007 resultierenden Kosten für naturschutzfachliche Maßnahmen belaufen sich auf rd. 3,0 Mio. €. Sie beinhalten Änderungen an der Landschaftspflegerischen Begleitplanung im Hinblick auf den Arten - und Habitatschutz, die Verbreiterung einer Wirtschaftswegüberführung zu einer Grünbrücke als Querungsmöglichkeit für Fledermäuse, zusätzliche Verwallungen an der Trasse und die Anordnung von Irritationsschutzwänden an einzelnen Bauwerken. 3. Welche Hauptargumente kamen dabei zum Tragen? (Kurzfassung bzgl. A 143) Das Urteil des BVerwG zur A 143 hat für die Erstellung der umwelt- und naturschutzfachlichen Beiträge im Rahmen der Aufstellung von Planfeststellungsunterlagen einen deutlich höheren Standard der Erfassung, Bewertung und Konfliktbewältigung festgeschrieben. Insbesondere der Habitat- und der Vogelschutz haben mit dem Urteil eine deutliche Stärkung erfahren. Darüber hinaus wurden 3 neue Grundsätze für die Verträglichkeit von Projekten im Zusammenhang mit europäischen Schutzgebieten aufgestellt. 4. Wie hoch sind die geschätzten Mehrkosten durch Bauverzögerungen beim Bau der B 6n seit Beginn der Planungen? Die B 6n zwischen der Landesgrenze zu Niedersachsen und der Umfahrung von Köthen auf einer Streckenlänge von rd. 110 Kilometern wurde abschnittsweise in den Jahren von 2001 bis 2015 für den Verkehr freigegeben. Die Planungen zu dieser neuen Bundesfernstraßenverbindung haben Anfang der 90er Jahre mit dem ersten gesamtdeutschen Bedarfsplan für die Bundesfernstraßen begonnen. Eine Statistik zu möglichen Mehrkosten infolge von Verzögerungen in Planung und Bau wurde nicht geführt. Im Übrigen gab es hier keine Klagen von anerkannten Naturschutzverbänden. 5. Wie hoch sind die geschätzten Mehrkosten beim Bau der B 6n, verursacht durch Kompromisslösungen auf dem gesamten Streckenabschnitt in Sachsen -Anhalt? Die B 6n wurde auf der Grundlage des für Straßenbauvorhaben gültigen Regelwerkes für Planung und Bau realisiert. Im Rahmen der Planfeststellungsverfahren zur Baurechtschaffung der einzelnen Abschnitte hat eine Gesamtabwägung aller Belange im Zusammenhang mit dem Vorhaben stattgefunden und zum jeweiligen Planfeststellungsbeschluss geführt. Dieser Beschluss bildete die Grundlage der baulichen Realisierung. Mehrkosten infolge von Kompromisslösungen sind nicht entstanden. 6. Wie hoch sind die geschätzten Mehrkosten durch Bauverzögerungen beim Bau von allen Bundesautobahnen, Bundes- und Landstraßen in Sachsen- Anhalt in der 6. und 7. Wahlperiode, verursacht durch Klagen, Einwände und Kompromisslösungen von Umweltverbänden? Im Hinblick auf den zur A 14 in der VKE 1.4 geschlossenen gerichtlichen Vergleich mit dem BUND e. V. und den damit vom Land Sachsen-Anhalt zugesagten zusätzlichen Maßnahmen lassen sich die Kosten hier konkret auf ca. 3,5 Mio. € veranschlagen. Unter Hinweis auf die in der Vorbemerkung vorgenommenen Erläuterungen sind Mehrkosten bei weiteren Straßenbauvorhaben der 6. und 7. Wahlperiode, die ursächlich auf Umweltverbände zurück zu führen sind, nicht belastbar zu beziffern.