Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1382 10.05.2017 (Ausgegeben am 10.05.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Marcus Spiegelberg (AfD) Stillgelegte Bahnhöfe und Bahnstrecken im ländlichen Raum Kleine Anfrage - KA 7/761 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Mai 2016 berichtete der Mitteldeutsche Rundfunk in einem Artikel über Pläne der Deutschen Bahn massive Einsparungen vorzunehmen. Mindestens 215 Güterbahnhöfe sollen demnach in der ganzen Bundesrepublik geschlossen werden, davon auch dreizehn in Sachsen-Anhalt. Für die Infrastruktur in Sachsen-Anhalt bedeutet das einen weiteren Rückschritt. Städte, wie z. B. Stolberg im Landkreis Mansfeld-Südharz, unterliegen anderen Städten und Gemeinden im Bereich Tourismus auch aufgrund stillgelegter Bahnstrecken (Zeitungsartikel Mitteldeutsche Zeitung vom 25. Januar 2017). Die Attraktivität vieler Städte und Gemeinden wird stark davon beeinflusst wie die strukturelle Anbindung an seine örtliche Umgebung ist. Dazu kommt der Fakt, dass die Bevölkerungsvorausrechnungen für das Jahr 2030 anzeigen, dass z. B. bei den 19- bis 25jährigen nur noch 54,68 % der Bevölkerung des Jahres 2015 in Sachsen-Anhalt leben werden. Diesen Trend aufzuhalten, muss eines der obersten Ziele für Sachsen-Anhalt sein. Für die Bevölkerung ist der Erhalt der Bahnstrecken gerade im ländlichen Raum auf vielerlei Weisen unerlässlich und deren Rückbau schwer durch anderen öffentlichen Personennahverkehr zu kompensieren. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung: Die Landesregierung misst dem öffentlichen Nahverkehr bei der Bewältigung des demografischen Wandels eine bedeutende Rolle zu. Dabei müssen sowohl bestehende Strukturen auf die zurückgehenden Einwohnerzahlen angepasst, als auch die 2 Qualität des öffentlichen Nahverkehrs so entwickelt werden, dass er seiner Rolle als Haltefaktor gerecht wird. Allerdings ist die Eisenbahn als Massenverkehrsmittel gerade im ländlichen Raum oft mit rückläufigen Nutzerzahlen konfrontiert. Deshalb kommt es darauf an, einen attraktiven Verkehrsmittelmix aus Bahn, Bus und flexiblen Bedienformen zu schaffen, der das Land nachfragegerecht erschließt. Das Land hat mit dem Bahn-Bus-Landesnetz dafür eine wichtige und bundesweit vielbeachtete Voraussetzung geschaffen. Die in den vergangenen 20 Jahren erfolgte umfangreiche Umstellung von Bahnangeboten auf Busbedienung entsprach dieser Strategie. Die bloße Existenz einer Bahnstation verspricht noch keine gute Anbindung. Vielfach lagen die heute nicht mehr bedienten Bahnstationen zudem sehr ungünstig. Busse können hier eine wesentlich bessere Erschließung und Anbindung sicherstellen. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass in einem modernen Nahverkehrssystem mit schnellen Fahrzeiten, häufigen Takten und kurzen Umsteigezeiten nicht mehr an jeder Station ein beheizter Warteraum oder eine Toilette vorgehalten werden muss, wie dies vielleicht vor 100 Jahren notwendig war. Diese Funktionen ermöglichen heute die Fahrzeuge selbst bzw. die größeren Knotenbahnhöfe. 1. Wie viele Bahnhöfe und Bahnstrecken wurden im ländlichen Raum seit dem Jahr 1989 stillgelegt? Bitte nach Personen- und Güterverkehr sowie nach Kreisen unterteilen. Die nachfolgende Darstellung umfasst nur den vom Land verantworteten Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und hier die Einstellung des Personenverkehrs . Diese ist nicht zwingend mit der Stilllegung der Infrastruktur nach § 11 AEG verbunden. Eine Liste der stillgelegten Strecken (ebenfalls keine Zuständigkeit des Landes) ist unter folgendem Link abrufbar: https://www.eba.bund.de/SharedDocs/Publikationen/DE/Infrastruktur/Stilllegung /stilllegung_sa_anhalt.html;jsessionid=387AE3C7EEED4ABF22228B49E046FF C7.live11291?nn=488072. Die Landesregierung geht davon aus, dass die Antwort nicht auf Bahnhöfe in technischer Hinsicht begrenzt werden soll, sondern darüber hinaus auch Stationen erfasst werden sollen, die nicht Bahnhof im technischen Sinn sind. Bei der Zahl der Bahnstrecken wird die Zahl der eingestellten Linien genannt. Da auf einigen Strecken der Verkehr abschnittsweise eingestellt wurde, treten streckenbezogen Mehrfachnennungen auf. Die Übersicht umfasst zudem nur Verkehre, deren Betrieb nach dem 01.01.1996 eingestellt wurde. Dieser Zeitpunkt stellt den Beginn der Verantwortung des Landes für den SPNV dar. Für die Zeit von 1989 bis 1996 liegen der Landesregierung keine Zahlen vor. Außerdem umfasst die Übersicht auch Strecken, die abbestellt wurden, wo aber heute noch ein saisonaler, somit aber nicht täglicher Verkehr stattfindet. Der Landesregierung liegen derzeit keine Informationen zu stillgelegten Güterbahnhöfen oder -strecken vor. 3 Landkreis/ kreisfreie Stadt Zahl der eingestellten Linien seit 1996 Zahl der eingestellten Stationen seit 1996 Summe Land Sachsen-Anhalt 42 225 Altmarkkreis Salzwedel 3 19 Anhalt-Bitterfeld 3 11 Börde 6 30 Burgenlandkreis 7 25 Dessau-Roßlau 0 0 Halle/Saale 2 2 Harzkreis1 5 36 Jerichower Land 6 30 Magdeburg 2 0 Mansfeld-Südharz 5 18 Saalekreis 5 19 Salzlandkreis 6 11 Stendal 3 8 Wittenberg 3 16 1 Bei Einbeziehung der umgespurten Bahnstrecke Quedlinburg-Gernrode wäre die Zahl der in der Bedienung eingestellten Stationen hier um 3 zu reduzieren. 2. Wie viele Bahnhofsgebäude an derzeit noch befahrenen Strecken werden nicht mehr bzw. nur teilweise durch Gewerbe, Wohnungsvermietung, etc. genutzt? Bitte nach Nutzungsgrad und -art sowie Kreis aufschlüsseln und wie ist die Entwicklung seit dem Jahr 1989? Der Landesregierung liegen hierzu derzeit keine Informationen vor. 3. An wie vielen Bahnhöfen in Sachsen-Anhalt steht ein beheizter Warteraum für Fahrgäste oder eine Toilette zur Verfügung? Bitte jeweils nach Kreis und prozentualem Gesamtanteil aller bestehenden Bahnhöfe angeben. Die Angaben können den folgenden Tabellen entnommen werden: Landkreis/ kreisfreie Stadt Warteraum/ Wartehalle beheizt Toilette Altmarkkreis Salzwedel 0 0 Anhalt-Bitterfeld 4 4 Börde 2 2 Burgenlandkreis 4 1 Dessau-Roßlau 1 1 Halle 1 1 Harz 5 4 Jerichower Land 3 0 Magdeburg 1 1 Mansfeld-Südharz 3 4 Saalekreis 3 4 Salzlandkreis 4 3 Stendal 1 2 Wittenberg 1 2 Summe 33 31 4 prozentualer Anteil an bestehenden Bahnhöfen Warteraum/ Wartehalle beheizt Toilette Altmarkkreis Salzwedel 0% 0% Anhalt-Bitterfeld 19% 19% Börde 7% 7% Burgenlandkreis 15% 4% Dessau-Roßlau 14% 14% Halle 7% 7% Harz 25% 20% Jerichower Land 27% 0% Magdeburg 8% 8% Mansfeld-Südharz 12% 15% Saalekreis 9% 11% Salzlandkreis 11% 8% Stendal 4% 9% Wittenberg 5% 10% In naher Zukunft ist mit einer Verbesserung der Situation zu rechnen, da sich für einige Stationen Fördervorhaben in der Vorbereitung oder Umsetzung befinden , die u. a. einen beheizten Warteraum und/oder eine Toilette zum Gegenstand haben. Dies betrifft z. B. die Stationen Salzwedel, Wolmirstedt, Weißenfels und Zeitz. 4. Wie viele, der seit dem Jahr 1989 stillgelegten Bahnhöfe, sind seitdem veräußert wurden? Bitte nach Kreis und Gesamtzahl der stillgelegten Bahnhöfe angeben. Der Landesregierung liegen hierzu derzeit keine Informationen vor.