Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1393 11.05.2017 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 11.05.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Marcus Spiegelberg (AfD) Alkoholkonsum und Alkoholtote Kleine Anfrage - KA 7/759 Vorbemerkung des Fragestellenden: Alkohol genießt in der Gesellschaft wohl die mit Abstand größte Akzeptanz unter allen bekannten und gefährlichen Drogen. Auch wohl gerade deswegen konsumieren etwa zehn Millionen Menschen in Deutschland mehr Alkohol, als es ihrer Gesundheit guttut, davon sind circa 1,8 Millionen im engeren Sinne alkoholabhängig. Jährlich werden 74.000 Todesfälle auf die direkten Folgen des Alkoholmissbrauchs zurückgeführt . Die Folgen des Alkoholkonsums kosten den Krankenkassen jährlich 27 Milliarden Euro und stellen damit einen großen volkswirtschaftlichen aber auch gesundheitlichen Schaden für die Bevölkerung dar. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Wie hoch ist der Alkoholkonsum bei Bier, Wein und hochprozentigen Produkten in Sachsen-Anhalt? Bitte pro Kopf, Kreis, Alter und Geschlecht aufschlüsseln. 2. Wie hat sich der Alkoholkonsum innerhalb der letzten fünf Jahre verändert ? Bitte pro Kopf, Kreis, Alter und Geschlecht angeben. 3. Wie viele Alkoholabhängige gibt es in Sachsen-Anhalt und wie hat sich deren Zahl innerhalb der letzten fünf Jahre verändert? Bitte nach Kreisen angeben. Der Landesregierung liegen hierzu keine validen Daten vor, da es keine Konsumprävalenzerhebung für Sachsen-Anhalt gibt. 2 Indikatoren für übermäßigen Alkoholkonsum und Alkoholabhängigkeit im Land sind jedoch die Behandlungsstatistiken der Krankenhäuser sowie Hochrechnungen der Landesstelle für Suchtfragen Sachsen-Anhalt (LS-LSA). Aber auch diese geben nur bedingt Auskunft über die tatsächliche Anzahl von Alkoholabhängigen in Sachsen-Anhalt. Die LS-LSA entwickelt auf Basis des Epidemiologischen Suchtsurveys (ESA) und der Bevölkerungszahlen aus Sachsen-Anhalt Hochrechnungen bzgl. der Anzahl von Personen mit riskantem Alkoholkonsum. Beim ESA handelt es sich um eine, vom Institut für Therapieforschung im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit durchgeführte, bundesweite und repräsentative Erhebung zum Konsum von Alkohol, Tabak, illegalen Drogen sowie Medikamenten. Laut ESA litten im Jahr 2012 14,2 % der gesamtdeutschen Bevölkerung unter riskantem Alkoholkonsum (12 g Reinalkohol pro Tag bei Frauen, 24 g Reinalkohol pro Tag bei Männern). Im Jahr 2015 betrug dieser Wert deutschlandweit 13,6 %. Auf Grundlage der Daten aus dem ESA 2012 und der Bevölkerungszahlen des statistischen Landesamtes berechnete die LS-LSA für 2012 einen Wert von ca. 200.000 Personen in Sachsen-Anhalt, bei denen der Alkoholkonsum riskant ist. Für das Jahr 2015 betrug dieser Wert ca. 186.000 Personen. Im ESA 2015 wurden darüber hinaus die Prävalenzdaten erstmals um den Anteil der nie oder nur selten Alkohol konsumierenden Menschen bereinigt. In der Gruppe der bundesweit befragten Personen, die nicht nur selten Alkohol konsumieren, liegt der Prozentsatz mit riskantem Konsumverhalten bei 21,4 %. Für Sachsen-Anhalt lässt sich daraus ein Wert von ca. 292.500 Personen ableiten. Als Anlage 1 ist eine Übersicht über die im Zusammenhang mit Alkoholkonsum behandelten Krankenhauspatientinnen und –patienten für die Jahre 2011 - 2015 beigefügt. 4. Wie viele Alkoholtote gab es bisher im Jahr 2016 und wie hat sich deren Zahl innerhalb der letzten fünf Jahre verändert? Bitte nach Kreisen angeben . Eine Übersicht über die Sterbefälle mit der Todesursache „Alkohol“ für die Jahre 2011 - 2015 ist als Anlage 2 beigefügt. Angaben für das Jahr 2016 liegen noch nicht vor. 5. Wie viel kostet der Alkoholkonsum den Krankenkassen in Sachsen-Anhalt und wie haben sich diese Ausgaben innerhalb der letzten fünf Jahre verändert ? Der Landesregierung und den gesetzlichen Krankenkassen in Sachsen-Anhalt liegen hierzu keine statistisch validen Daten vor. Grundsätzlich erfolgt die Abrechnung von Leistungen durch Krankenhäuser, Ärztinnen und Ärzte über unterschiedliche Systeme, die mit verschiedenen Diagnoseschlüsseln arbeiten. Diese lassen nicht immer Rückschlüsse auf die 3 eigentliche Behandlungsursache zu. Aufgrund des hohen Interpretationsspielraumes dieser Daten können keine konkreten Aussagen zu den durch Alkoholkonsum verursachten Ausgaben der Krankenkassen getroffen werden. 6. Welche Maßnahmen zur Aufklärung und Bekämpfung, der aus Alkoholismus entstehenden Schäden, unternimmt die Landeregierung und welche sind zusätzlich geplant? Maßnahmen zur Aufklärung und Bekämpfung der aus Alkoholismus entstehenden Schäden beginnen bereits mit einer umfassenden und frühzeitigen Präventionsarbeit . Der pädagogische und sozialpsychologische Präventionsauftrag liegt hauptsächlich bei den Suchtberatungsstellen und den Fachstellen für Suchtprävention , die mit verschiedenen Maßnahmen die Alkoholprävention vor allem für Jugendliche gewährleisten sollen, wie z. B. durch: - Broschüre „Umgang mit Suchtmittelkonsum und Suchtgefährdung in der Schule“ Die Broschüre gibt Schulen Empfehlungen zur Entwicklung hilfreicher Regelungen und Reaktionen auf Suchtmittelvorfälle. Das Material aus der Broschüre hat auch Eingang in den Krisenordner des Landesschulamtes gefunden . - KlarSicht-Parcours der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zu Alkohol und Tabak Der KlarSicht-Parcours ist ein von der BZgA entwickeltes Programm zur Tabak - und Alkoholprävention und richtet sich vornehmlich an Schülerinnen und Schüler ab der achten Klasse. - Prev(at)WORK - Suchtprävention in der beruflichen Ausbildung Das Programm zielt auf die Verringerung von Suchtmittelkonsum bedingten Arbeitsausfällen und Fehlerquoten ab. Dies geschieht durch die Stärkung suchtpräventiver Strukturen sowie die Vermittlung suchtpräventiver Handlungskompetenzen für Ausbilder und Auszubildende. - MOVE - Motivierende KurzinterVention bei konsumierenden Jugendlichen Dieses Frühinterventionsprogramm basiert auf Methoden der motivierenden Gesprächsführung. Dadurch soll die Veränderungsbereitschaft von jungen Menschen mit Suchtmittelproblematiken gefördert und unterstützt werden. Fachkräfte sollen geschult werden, diese Methoden in der Kommunikation mit suchtmittelkonsumierenden Jugendlichen und jungen Erwachsen anzuwenden . Angepasst an regionale Anfragen und Bedarfe haben die Fachstellen für Suchtprävention - orientiert an Wirksamkeitsgrundsätzen - regionale Angebote entwickelt. In der Regel sind alle relevanten Einrichtungen wie Schulen, Einrichtungen der Jugendhilfe und -Freizeit sowie der Jugendberufshilfe und Ausbildungsbetriebe über die Angebote der Suchtberatungsstellen und Fachstellen für Suchtprävention informiert. 4 Die organisatorische Anbindung der Fachstellen für Suchtprävention an die Suchtberatungsstellen sorgt für kurze Wege in den Konsumausstieg. Die Suchtberatungsstelle initiiert und unterstützt die Motivationsbildung für die Lösung vom Suchtmittel. Sie hilft bei der Klärung aller psychosozialen Probleme und vermittelt in weitergehende Hilfen wie Suchtrehabilitation, aber auch in Krankenhausbehandlung . Weil die alkoholbezogene Krankheitslast und Sterblichkeit in Sachsen-Anhalt seit Jahren über dem Bundesdurchschnitt liegt, hat das Land in diesem Bereich ein Gesundheitsziel formuliert. Der Arbeitskreis zum Gesundheitsziel im Bereich der legalen Suchtmittel arbeitet seit Jahren unter Leitung der Landesstelle u. a. an der verbesserten Ansprache suchtbetroffener Menschen durch die medizinische Versorgung. In diesem Jahr organisiert die Landesstelle für Suchtfragen wieder im Rahmen der bundesweiten „Aktionswoche Alkohol“ vom 13. bis 21. Mai 2017 das Projekt „Über Sucht reden lernen - Suchtselbsthilfe spricht (eigene) Hausärzte an“. Ziel ist die verbesserte Zuweisung Betroffener an Suchtberatung und Suchtselbsthilfe. Aus suchtpräventiver Sicht wären ein nächtliches Alkoholverkaufsverbot und eine Ermächtigungsgrundlage für die Städte, Gemeinden und Verbandsgemeinden für ein räumlich und zeitlich beschränktes Alkoholkonsum- und Alkoholverkaufsverbot wünschenswert. Der enge Zusammenhang zwischen ordnungsrechtlichen Maßnahmen zur Zugriffsnähe zu alkoholischen Getränken auf der einen Seite und Sachbeschädigungen, Gesundheitsproblemen und Gewalt anlässlich exzessiven Alkoholgenusses auf der anderen Seite ist durch Studien gut belegt. Das Ziel der polizeilichen Sucht- und Drogenprävention ist es, vor allem junge Menschen vom Einstieg in den Konsum von Drogen- und Suchtmitteln abzuhalten und zu verhindern, dass damit einhergehende Straftaten begangen werden. Schwerpunkte werden deshalb vorrangig auf die Zurückdrängung des Konsums illegaler Drogen und die Verhinderung von Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gelegt, aber auch Maßnahmen zur Eindämmung des Alkoholmissbrauchs und die Reduzierung alkoholbedingter Straftaten werden berücksichtigt . In diesem Zusammenhang informiert die Polizei zielgruppenorientiert Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte sowie Eltern über die Erscheinungsformen, Wirkweisen und Gefahren von legalen und illegalen Drogen und strafrechtlichen Normen. Hierfür werden auf Anfrage Vorträge und Gesprächsrunden in Schulen und Jugendeinrichtungen gehalten. Ergänzend werden zielgruppenorientiert geeignete Präventionsmedien der Landespolizei, aber auch des Programms „Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK)“, verteilt. Darüber hinaus pflegt die Polizei eine enge Kooperation mit Verantwortungsträgern auf kommunaler Ebene im Rahmen der jeweiligen Zuständigkeit, um geeignete Maßnahmen miteinander zu verzahnen. Vielfach arbeiten auch die mit Prävention beauftragten Beamtinnen und Beamten der Polizeireviere auf kommunaler Ebene in fachbezogenen Gremien, Netzwerkstrukturen sowie Fach- Anlage 1 zu KA 7/759 Alkoholpatientinnen und -patienten in Krankenhäusern insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich 15001 Dessau-Roßlau, Stadt Alkohol 526 410 116 584 458 126 555 455 100 580 462 118 580 457 123 15002 Halle (Saale), Stadt Alkohol 1 445 1 164 281 1 543 1 197 346 1 350 1 064 286 1 413 1 123 290 1 356 1 093 263 15003 Magdeburg, Landeshauptstadt Alkohol 2 493 2 012 481 2 334 1 823 511 2 224 1 782 442 2 109 1 696 413 1 935 1 511 424 15081 Altmarkkreis Salzwedel Alkohol 506 411 95 462 350 112 511 386 125 541 448 93 572 453 119 15082 Anhalt-Bitterfeld Alkohol 920 747 173 938 746 192 838 670 168 856 659 197 755 615 140 15083 Börde Alkohol 772 631 141 867 698 169 799 624 175 959 749 210 805 618 187 15084 Burgenlandkreis Alkohol 1 193 974 219 1 288 1 056 232 1 133 936 197 1 085 895 190 1 131 927 204 15085 Harz Alkohol 1 608 1 319 289 1 470 1 179 291 1 331 1 051 280 1 405 1 105 300 1 308 1 001 307 15086 Jerichower Land Alkohol 513 427 86 523 411 112 427 349 78 373 312 61 379 320 59 15087 Mansfeld-Südharz Alkohol 698 560 138 717 559 158 668 552 116 766 619 147 743 630 113 15088 Saalekreis Alkohol 839 659 180 795 640 155 802 640 162 841 664 177 814 619 195 15089 Salzlandkreis Alkohol 1 184 922 262 1 158 951 207 1 149 903 246 1 189 978 211 1 055 871 184 15090 Stendal Alkohol 805 623 182 806 659 147 768 631 137 774 652 122 812 647 165 15091 Wittenberg Alkohol 613 489 124 553 446 107 545 442 103 595 465 130 541 411 130 15 Sachsen-Anhalt, Land Alkohol 14 115 11 348 2 767 14 038 11 173 2 865 13 100 10 485 2 615 13 486 10 827 2 659 12 786 10 173 2 613 Quelle: Statistisches Landesamt 2015 Gebietseinheit Diagnose 2011 2012 2013 2014 Anlage 2 zu KA 7/759 Alkoholtote in Sachsen-Anhalt insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich insgesamt männlich weiblich 15001 Dessau-Roßlau, Stadt Alkohol 40 34 6 34 26 8 21 17 4 41 35 6 31 30 1 15002 Halle (Saale), Stadt Alkohol 88 64 24 102 88 14 81 59 22 91 69 22 97 81 16 15003 Magdeburg, Landeshauptstadt Alkohol 87 67 20 72 50 22 80 56 24 85 62 23 86 68 18 15081 Altmarkkreis Salzwedel Alkohol 27 24 3 37 31 6 32 28 4 31 23 8 23 21 2 15082 Anhalt-Bitterfeld Alkohol 61 48 13 76 57 19 69 52 17 67 52 15 70 56 14 15083 Börde Alkohol 58 47 11 58 46 12 62 50 12 59 50 9 55 48 7 15084 Burgenlandkreis Alkohol 64 52 12 71 63 8 64 48 16 58 39 19 75 61 14 15085 Harz Alkohol 76 53 23 90 73 17 88 67 21 90 72 18 90 75 15 15086 Jerichower Land Alkohol 23 19 4 32 29 3 45 35 10 31 25 6 34 27 7 15087 Mansfeld-Südharz Alkohol 43 31 12 51 40 11 53 37 16 50 39 11 67 62 5 15088 Saalekreis Alkohol 66 58 8 53 47 6 71 59 12 54 45 9 59 45 14 15089 Salzlandkreis Alkohol 97 80 17 82 68 14 87 68 19 85 73 12 81 66 15 15090 Stendal Alkohol 41 28 13 44 37 7 51 41 10 33 27 6 59 53 6 15091 Wittenberg Alkohol 57 47 10 53 44 9 67 53 14 60 53 7 41 32 9 15 Sachsen-Anhalt, Land Alkohol 828 652 176 855 699 156 871 670 201 835 664 171 868 725 143 Quelle: Statistisches Landesamt 2015 Gebietseinheit Todesursache 2011 2012 2013 2014 d1393_Anlage.pdf 1KA-7-759-Alkoholkonsum-Anlagen.pdf 2KA-7-759-Alkoholkonsum-Anlagen