Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1462 07.06.2017 (Ausgegeben am 07.06.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Sarah Sauermann (AfD) Umsetzung einer Tempo-30-Zone auf der Hauptstraße in Jeßnitz vor der Kindertagesstätte Wasserflöhe Kleine Anfrage - KA 7/791 Vorbemerkung des Fragestellenden: Der Bundesrat hat am 23. September 2016 beschlossen, dass es Vereinfachungen für Tempolimits auf Hauptverkehrs- oder Vorfahrtstraßen vor Schulen, Kitas oder Krankenhäusern geben soll. Bisher war es so, dass Unfallschwerpunkte nachgewiesen werden mussten, um Tempo 30 vorzuschreiben. Nach Entscheidung des Bundesrats bedarf es solch eines Nachweises nicht mehr, insofern es sich um „sensible Bereiche mit besonders schützenswerten Verkehrsteilnehmern“ handelt. Allerdings gibt es keinen verpflichtenden Automatismus, der garantiert, dass vor jeder Schule u. Ä. nun auch eine Tempo-30-Zone eingerichtet wird. Es gibt also keine Sicherheit, dass bspw. vor diesem speziellen Einzelfall in Jeßnitz überhaupt jemals eine Tempo-30-Zone eingerichtet wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Wie ist der Planungsstand in diesem speziellen Fall in Jeßnitz vor der Kindertagesstätte Wasserflöhe? Wird es eine Tempo-30-Zone geben? Wenn nicht, bitte begründen. Die Landesregierung geht davon aus, dass mit dieser Frage im Hinblick auf die genannte StVO-Novelle für Hauptstraßen nicht die Einrichtung einer Tempo 30- Zone (Zeichen 274.1 StVO) sondern die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h (Zeichen 274 StVO) für Fahrzeuge vor der Kindertagesstätte „Wasserflöhe“ in Jeßnitz gemeint ist. 2 Für den Bereich der L 138 in Jeßnitz, an der sich die angesprochene Kindertagesstätte „Wasserflöhe“ befindet, liegt der zuständigen unteren Straßenverkehrsbehörde des Landkreises Anhalt-Bitterfeld derzeit noch kein Antrag auf Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h vor. Es existiert zur Sache lediglich eine allgemeine Anfrage, die am 5. April 2017 per E-Mail von einer Privatperson an die untere Straßenverkehrsbehörde gerichtet wurde. Diese zielte jedoch zunächst auf die Zuständigkeit für die Bearbeitung eines möglichen Antrages auf Geschwindigkeitsbeschränkung und die Möglichkeit des Aufstellens von Gefahrzeichen 136 „Kinder“ StVO ab. Die Verkehrssituation ist dadurch geprägt, dass an der L 138 in Jeßnitz im Jahr 2014 im Zuge einer umfangreichen Straßenbaumaßnahme (umfassender Kanal - und grundhafter Straßenausbau einschließlich der Nebenanlagen) die Voraussetzungen zur Anlage eines bereits seit 2008 geplanten Fußgängerüberweges geschaffen wurden. Dieser Fußgängerüberweg wurde im Dezember 2014 mit Abschluss der Baumaßnahmen eingerichtet. Da es sich bei diesem Straßenabschnitt um keine Unfallhäufungsstelle handelt, plant die zuständige untere Straßenverkehrsbehörde bisher von Amts wegen in dieser Sache keine weitere den Verkehr regelnde Maßnahmen, zu denen auch die Anordnung einer Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h (Zeichen 274 StVO) für Fahrzeuge zählen würde. 2. Wie wird generell geprüft, ob in Sachsen-Anhalt vor Schulen u. Ä. ein solches Tempolimit nötig ist? Wenn es solche Prüfungen gibt, wer führt diese durch und wie wird mit den Ergebnissen verfahren? Wie für alle verkehrsrechtlichen Einzelfallentscheidungen - also auch für Geschwindigkeitsbeschränkungen - sind die Straßenverkehrsbehörden gemäß § 44 Abs. 1 StVO zuständig für die Anordnung von Verkehrszeichen nach § 45 StVO. Dabei sind die unteren Straßenverkehrsbehörden der Landkreise und kreisfreien Städte zuständig für die Anordnung von Verkehrszeichen (so auch für Geschwindigkeitsbeschränkungen) auf Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sowie generell auf außerörtlichen Straßen. Die Gemeinden als örtliche Straßenverkehrsbehörden sind grundsätzlich für die Anordnung von Verkehrszeichen innerorts auf Gemeinde- und sonstigen öffentlichen Straßen im Sinne von § 3 Abs. 1 Nrn. 3 und 4 des Straßengesetzes für das Land Sachsen-Anhalt zuständig. Vor der Anordnung verkehrsregelnder Maßnahmen i. S. d. § 39 StVO (insbesondere Beschilderungen, Markierungen) werden der zuständige Baulastträger und die zuständige Polizeibehörde zur geplanten Maßnahme angehört und um Stellungnahmen gebeten. Nachdem die Straßenverkehrsbehörde eine Entscheidung gemäß § 45 StVO getroffen hat, erfolgt die verkehrsrechtliche Anordnung gegenüber dem Straßenbaulastträger, der für den Vollzug der Maßnahme zuständig ist. Bisher war für die Anordnung von Geschwindigkeitsbeschränkungen oder anderer beschränkender Beschilderungen - auch vor Kindertagesstätten - das Vorliegen einer besonderen Gefahrenlage Voraussetzung (§ 45 Abs. 9 StVO alt). Deshalb entscheiden die zuständigen Behörden gemeinsam und unter Beach- 3 tung der StVO, der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur StVO (VwV-StVO) und der einschlägigen Richtlinien und Erlasse, wo es aufgrund der örtlichen Bedingungen zwingend geboten ist, verkehrsregelnd einzugreifen. Inwieweit sich diese Verfahrensweise nunmehr ändert, wird nach dem notwendigen Inkrafttreten der Änderungen der VwV-StVO durch das Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr zu regeln sein. In jedem Fall bedürfen derartige geschwindigkeitsbeschränkende Maßnahmen weiterhin einer Einzelfallentscheidung im Hinblick auf den Sicherheitsgewinn und die Auswirkungen auf den fließenden Verkehr. 3. Bitte tabellarisch aufführen, wo und wann und mit welcher Begründung in Sachsen-Anhalt nach der Entscheidung des Bundesrats solche Tempozonen vor Schulen u. Ä. eingerichtet wurden. Geschwindigkeitsbeschränkungen vor Schulen pp. sind auf Grundlage der StVO-Novelle noch nicht angeordnet worden. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Gibt es Erkenntnisse, ob Einzelfallprüfungen positiv beschieden wurden, aber eine solche Tempozone noch nicht eingerichtet wurde? Wenn ja, bitte begründen, warum dies noch nicht passiert ist. Es wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.