Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1463 07.06.2017 (Ausgegeben am 07.06.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Oliver Kirchner (AfD) Mehrfach- bzw. Intensivstraftäter in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/795 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Für die Begriffe „Mehrfachstraftäter“ bzw. „Intensivstraftäter“ gibt es keine bundeseinheitlich geltenden Definitionen. Beide Begriffe wurden für das Land Sachsen- Anhalt nur für den Bereich der Jugendkriminalität definiert, so dass sich die nachfolgenden Ausführungen auch nur auf diesen Bereich beziehen. Für die Beantwortung der Fragen 5 und 6 der Kleinen Anfrage wurde die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) des Landes Sachsen-Anhalt zugrunde gelegt. Die PKS enthält unter anderem die der Polizei bekannt gewordenen rechtswidrigen Straftaten einschließlich der mit Strafe bedrohten Versuche sowie die Anzahl der ermittelten Tatverdächtigen und Opfer. 1. Unter welchen Voraussetzungen werden in Sachsen-Anhalt Kriminelle, die mehrfach strafrechtlich in Erscheinung getreten sind, als sogenannte Intensivtäter oder unter verwandten Bezeichnungen eingestuft? Jugendliche Intensivtatverdächtige sind alle Jugendlichen und Heranwachsenden , die hinreichend verdächtig sind, mehr als neun Straftaten innerhalb der letzten zwölf Monate begangen zu haben. Jugendliche Mehrfachtatverdächtige sind alle Jugendlichen und Heranwachsenden , die hinreichend verdächtig sind, mehr als zwei Straftaten innerhalb der letzten zwölf Monate begangen zu haben. 2 2. Aufgrund welcher Rechtsgrundlage bzw. welcher Verordnung wird diese Einschätzung vorgenommen? Die Erfassung erfolgt auf Grundlage der mit dem Gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt und des Ministeriums für Justiz und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt vom 18. Januar 2017 (Gem. RdErl. des MI und des MJ vom 18. Januar 2017 - 23.4- 51606) in Kraft gesetzten Konzeption zur Bearbeitung von Jugendsachen. 3. Welche Dienststelle nimmt in Sachsen-Anhalt diese Einschätzung vor? Jugendsachen werden grundsätzlich in den Polizeidienststellen bearbeitet, in deren Bezirk der Betroffene wohnt oder sich überwiegend aufhält (Wohnortprinzip ). Dies gilt nicht, wenn der Wohnsitz oder überwiegende Aufenthaltsort außerhalb des Landes Sachsen-Anhalt liegt oder der Betroffene ohne festen Wohnsitz ist. In diesen Fällen ist – vorbehaltlich einer anderweitigen Anordnung der Staatsanwaltschaft – die Polizeidienststelle zuständig, in deren Bezirk die Tat begangen wurde (Tatortprinzip). Bei jedem neuen Ermittlungsverfahren mit Jungtatverdächtigen ist durch die ermittlungsführende Polizeidienststelle unter Nutzung der polizeilichen Informationssysteme festzustellen, wie oft diese Personen innerhalb der letzten zwölf Monate bereits als Tatverdächtige in einem Ermittlungsverfahren in Erscheinung getreten sind und daher ggf. als Mehrfach- oder Intensivtatverdächtige im Sinne der Konzeption gelten. 4. Welche Konsequenzen hat eine solche Einstufung? Eckpunkte der Konzeption sind eine zügige täter- und deliktsorientierte Sachbearbeitung , die vorrangige Durchführung der Ermittlungen gegen Intensivtatverdächtige und polizeilich angeregte Einzelfallbesprechungen bei jugendlichen Intensivtatverdächtigen. Durch die Bündelung von zeitlich und inhaltlich aufeinander abgestimmten Präventions - und Interventionsmaßnahmen sowie durch eine Vernetzung der auf örtlicher Ebene für die Bearbeitung von Jugendsachen zuständigen Stellen soll sowohl auf Mehrfachtatverdächtige als auch auf jugendliche Intensivtatverdächtige eingewirkt werden. Ziel ist es, gemeinsam zu einer Gesamtschau des Einzelfalles zu kommen, Nahtstellenprobleme zu reduzieren, eine auf den Einzelfall bezogene übergreifende Lösungsstrategie zu entwerfen und diese abgestimmt umzusetzen. So soll ein weiteres Abgleiten in eine kriminelle Karriere möglichst verhindert werden. 5. Wie viele dieser sogenannten Mehrfach- bzw. Intensivtäter halten sich derzeit mit Wohnsitz in Sachsen-Anhalt auf? Ausweislich der PKS wurden im Jahr 2016 3.502 Mehrfachtatverdächtige und 196 Intensivtatverdächtige registriert. 3 6. Wie viele dieser Personen besitzen ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft ? Im Jahr 2016 wurden in der PKS 2.904 Mehrfachtatverdächtige und 178 Intensivtatverdächtige registriert, die ausschließlich die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen.