Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1471 07.06.2017 (Ausgegeben am 07.06.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Südliches Anhalt muss Konzessionsabgabe an EnviaM zurückzahlen Kleine Anfrage - KA 7/810 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie bekannt wurde, muss die Stadt Südliches Anhalt geleistete Konzessionsabgaben in Höhe von rund 513.000 Euro an den Energieversorger EnviaM zurückzahlen. Dafür sollen fünf Raten bis in das Jahr 2018 vorgesehen sein. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Welche Gründe rechtfertigen diese Rückforderung? Die Rückforderung beruht nach Angaben des Energieversorgers EnviaM auf § 2 Abs. 4 Konzessionsabgabenverordnung (KAV). Nach dieser Vorschrift dürfen Konzessionsabgaben für Lieferungen an Sondervertragskunden nicht vereinbart oder gezahlt werden, deren Durchschnittspreis im Kalenderjahr je Kilowattstunde unter dem Durchschnittserlös je Kilowattstunde aus der Lieferung von Strom an alle Sondervertragskunden liegt. Maßgeblich ist der in der amtlichen Statistik des Bundes jeweils für das vorletzte Kalenderjahr veröffentlichte Wert ohne Umsatzsteuer. Dieser Grenzpreisvergleich wird für die Liefermenge eines jeden Lieferanten an der jeweiligen Betriebsstätte oder Abnahmestelle unter Einschluss des Netznutzungsentgelts durchgeführt. Der Grenzpreis ist für Energieversorgungsunternehmen ausschlaggebend bei der Feststellung, ob ein Stromkunde der Pflicht zur Zahlung der Konzessionsabgabe unterliegt. Der vom Statistischen Bundesamt ermittelte Durchschnittserlös beinhaltet neben dem Strompreis, das Netznutzungsentgelt, die Stromsteuer , die Konzessionsabgabe sowie Vergütungen nach EEG und KWKG. 2 In der Praxis bedeutet dies, dass ein Energieversorgungsunternehmen im Normalfall die Konzessionsabgabe des Sondervertragskunden nach § 2 Abs. 3 KAV in Höhe von derzeit 0,11 ct/kWh erhebt und diese an die betreffende Gemeinde , hier Stadt Südliches Anhalt, abführt. Erbringt ein Sondervertragskunde durch die Vorlage eines Wirtschaftsprüfertestats den Nachweis gem. § 2 Abs. 4 KAV, dass im Kalenderjahr für seine Stromlieferungen der Durchschnittspreis je Kilowattstunde unter dem maßgeblichen Durchschnittserlös je Kilowattstunde aus der Lieferung an alle Sondervertragskunden (Grenzpreis) lag, dürfen Konzessionsabgaben nicht gezahlt werden. Bereits an die Gemeinde gezahlte Konzessionsabgaben sind den Sondervertragskunden zurück zu erstatten. Ein solcher Fall ist nach Angaben von EnviaM auch hier eingetreten. Innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen sind Rückzahlungen auch rückwirkend bis zu drei Jahre ab Zugang der Jahresrechnung möglich. Infolgedessen muss erforderlichenfalls auch gegenüber der Gemeinde eine Korrektur der Konzessionsabgabenzahlungen bereits abgeschlossener Kalenderjahre erfolgen . 2. Wäre diese Rückforderung vermeidbar gewesen? Im vorliegenden Fall hat nach Angaben von EnviaM der Kunde erstmals am 26. August 2015 ein Wirtschaftsprüfertestat für das Abrechnungsjahr 2014 eingereicht . Am 13. November 2015 folgten die Testate für die Abrechnungsjahre 2011 bis 2013 und am 4. August 2016 für das Abrechnungsjahr 2015. Auf Grund des Wettbewerbs im Strommarkt sind Stromlieferant und Netzbetreiber nicht identisch. Somit kann der Netzbetreiber, welcher auch verantwortlich ist für die Zahlung der Konzessionsabgaben, nicht selbst berechnen, wann ein Kunde unter Grenzpreis versorgt wird. Die Einreichung eines WP-Testates durch den Sondervertragskunden ist also Voraussetzung für die Rückerstattung der Konzessionsabgabe gemäß § 2 Abs. 4 KAV. Somit wäre die Rückforderung nur vermeidbar gewesen, wenn der Sondervertragskunde zeitnah das jeweilige Testat eingereicht hätte, da die Konzessionsabgabe dann gar nicht erst an die Kommune abgeführt worden wäre. Im vorliegenden Fall wurde allerdings von der Möglichkeit der rückwirkenden Einreichung Gebrauch gemacht. Unter diesen Bedingungen war die Rückforderung danach unvermeidbar. Konkrete Erkenntnisse über den abgefragten Einzelfall liegen der Landesregierung darüber hinaus nicht vor. 3. Hätte die Kommune diese Forderung erfolgreich abwehren können? Anhaltspunkte, wonach die Forderung durch die Kommune hätte abgewehrt werden können, liegen der Landesregierung nicht vor (s. Antwort zu Frage 2). 3 4. Sind diesem Rückzahlungsrisiko möglicherweise weitere Kommunen ausgesetzt, ohne dass dieses Risiko bekannt ist? Derartige Rückzahlungsrisiken entsprechen der gesetzlichen Regelung des § 2 Abs. 4 KAV und können bei jedem Sondervertragskunden auftreten. Es ist davon auszugehen, dass dieses in vielen betroffenen Kommunen bekannt ist. Nähere Erkenntnisse liegen dazu der Landesregierung nicht vor. 5. Welche Hilfestellungen gibt es für Kommunen zur Gestaltung von Konzessionsverträgen ? Für Konzessionsverträge gibt es eine ganze Reihe von Musterverträgen, u. a. auch von kommunalen Spitzenverbänden, an denen sich Kommunen orientieren können. Auch sind insbesondere die Kommunalaufsichtsbehörden beratend tätig, um die kommunalen Entscheidungsträger zu unterstützen. Die Bundesnetzagentur und das Bundeskartellamt haben in Zusammenarbeit mit den Landeskartellbehörden einen „Gemeinsamen Leitfaden von Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur zur Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers“ - Stand 21. Mai 2015 erstellt. Der Leitfaden ist auf der Internetseite der Bundesnetzagentur veröffentlicht und wird an geänderte Rechtslagen angepasst. Bei Anfragen zur Konzessionsvergabe beantwortet auch die Landeskartellbehörde darüber hinaus Anfragen von Gemeinden zu wettbewerbsrechtlichen Fragen im Zusammenhang mit der Neuvergabe von Konzessionen.