Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/148 04.07.2016 (Ausgegeben am 05.07.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jan Wenzel Schmidt (AfD) Frauenquote in Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung Kleine Anfrage - KA 7/33 Vorbemerkung/Begründung des Fragestellenden: Dem aktuellen Koalitionsvertrag von CDU, SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ist auf Seite 41 zu entnehmen, dass die Landesregierung bis zum Ende dieser Legislatur einen Frauenanteil von 50 % in den Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung (inklusive Schulen) und an allen Hochschulen anstrebt. In allen Gremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, soll die Geschlechterparität bis Ende 2017 umgesetzt werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Wird die Landesregierung in Zukunft Gleichstellungspolitik mittels Quotenregelungen oder auf Grundlage von Chancen- und Lohngleichheit von Männern und Frauen bei gleicher Qualifikation betreiben? Die Gleichstellung der Geschlechter ist sowohl auf europäischer Ebene in Artikel 2 und 3 des Vertrages über die Europäische Union, in Artikel 8 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union, in Artikel 21 und 23 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union als auch auf Bundesebene in Artikel 3 GG und auf Landesebene in Artikel 34 der Landesverfassung Sachsen -Anhalt gesetzlich bzw. verfassungsrechtlich geregelt. Danach sind das Land und die Kommunen verpflichtet, die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Bereichen der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu fördern. 2 2. Werden Stellen in den Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung, an allen Hochschulen und in den Gremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, in Zukunft nach Qualifikation und Fähigkeit oder nach Quote besetzt werden? Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des sachlichen Zusammenhangs zusammengefasst unter Frage 3 beantwortet. 3. Wird bei einer Einstellung bei entsprechenden Stellen eine Frau gegenüber einem Mann bevorzugt werden, wenn beide dieselbe Qualifikation aufweisen? Die Besetzung von öffentlichen Ämtern richtet sich nach Artikel 33 Abs. 2 GG, also nach Eignung, Leistung und Befähigung der jeweiligen Bewerberinnen und Bewerber. § 4 Abs. 2 des Frauenfördergesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (FrFG LSA; GVBl. LSA 1997, 516) regelt weiter: „Stellt die Einstellungsbehörde fest, dass eine Bewerberin und ein Bewerber für die auszuübende Tätigkeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichwertig qualifiziert sind, ist die Bewerberin einzustellen, wenn der Anteil der Frauen in der Funktion, in der Vergütungs - oder Besoldungsgruppe geringer ist als die der Männer“. Die vorrangige Berücksichtigung von Bewerberinnen gilt lediglich nach § 4 Abs. 2, S. 2 FrFG LSA in denjenigen Fällen nicht, in denen in der Person des Mitbewerbers liegende Gründe feststellbar sind, die auch unter Beachtung der Verpflichtung zur Förderung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern überwiegen. Die als Öffnungs- oder Härteklausel zu bezeichnende Regelung dient der verfassungs- wie europarechtlich gebotenen individuellen Chancengleichheit und Einzelfallgerechtigkeit, indem sie die Berücksichtigung schützenswerter Belange eines gleich qualifizierten Bewerbers ermöglicht. Für die Besetzung von Stellen in den Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung und an allen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt bedeutet dies im Ergebnis, dass auch künftig - entsprechend § 4 Abs. 2 FrFG LSA - Frauen gegenüber Männern bevorzugt eingestellt werden (müssen), sofern die Bewerberinnen und Bewerber für die auszuübende Tätigkeit nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung gleichwertig qualifiziert sind, der Anteil der Frauen in der ausgeschriebenen Funktion, Vergütungs- oder Besoldungsgruppe geringer ist als der der Männer und nicht die Härtefallregelung des § 4 Abs. 2, S. 2 FrFG LSA greift. In Gremien privatwirtschaftlicher Unternehmen, juristischer Personen des öffentlichen und privaten Rechts sowie sonstiger Einrichtungen, auf deren Gremienbesetzung das Land Einfluss konnte es - entgegen § 10 Abs. 1 FrFG LSA - gegenwärtig nicht zu einer geschlechterparitätischen Besetzung kommen. Grund hierfür ist der Umstand, dass die zu entsendenden Landesbediensteten nicht im Rahmen eines Bewerbungsauswahlverfahrens ernannt werden, sondern dass deren Nominierung von den Regelungen der jeweiligen Gesellschafterverträge , Satzungen etc. abhängig ist. 3 4. Wie ist das derzeitige Geschlechterverhältnis in den Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung, an allen Hochschulen und in den Gremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist? Die Frage nach dem derzeitigen Geschlechterverhältnis wird differenziert nach Leitungsfunktionen a) der öffentlichen Verwaltung, b) der Hochschulen sowie c) der Gremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, beantwortet. zu a) Geschlechterverhältnis in Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung: Die Beantwortung zum derzeitigen Geschlechterverhältnis in Leitungsfunktionen der öffentlichen Verwaltung erfolgt unter Zugrundelegung des 8. Berichts über die Umsetzung des FrFG LSA aus dem Jahr 2015. Führungspositionen umfassen die Dienstposten der Referats-, Stabsstellenund Abteilungsleitungen sowie der Beauftragten des Landes in den obersten Landesbehörden. Weiter gehören dazu im nachgeordneten Geschäftsbereich Amts- und Behördenleitungen, Abteilungs- und Referatsleitungen sowie vergleichbare Funktionen in der LG 2.2. (ehem. höherer Dienst) bzw. den entsprechenden Entgeltgruppen mit Führungsverantwortung (A 13 LG 2.2 bis B6); politische Funktionen wie Ministerinnen und Minister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre, Leiterinnen und Leiter Ministerbüro sowie Pressesprecherinnen und Pressesprecher gehören dagegen nicht hierzu. Tabelle 1: prozentualer Anteil von Frauen in Leitungsfunktionen der obersten Landesbehörden (inkl. Geschäftsbereiche) im Jahr 2014 Besoldungsgruppen Gesamtbeschäftigte Frauen Frauenanteil in Prozenten A-Besoldung (nur ehemals höherer Dienst ohne B-Bes.) 12876 8528 66,2 B-Besoldung 190 38 20,0 R-Besoldung 785 371 47,3 W-Besoldung 904 172 19,0 Quelle: Landesleitstelle für Bezügezahlungen Tabelle 2: Anzahl der Abteilungs- u. Referatsleitungen der obersten Landesbehörden Führungsfunktionen StK und Ministerien LTV/ LfD LRH Summe oberste Landesbehörden Mit Frauen besetzte Stellen StK und Ministerien Mit Frauen besetzte Stellen LTV/ LfD Mit Frauen besetzte Stellen LRH Summe der mit Frauen besetzten Stellen Frauenanteil in % Mit Männern besetzte Stellen StK und Ministerien Mit Männern besetzte Stellen LTV/ LfD Mit Männern besetzte Stellen LRH Summe der mit Männern besetzten Stellen Abteilungsleitungen 34 2 4 40 5 0 2 7 17,5 29 2 2 33 Referatsleitungen 233 12 10 255 76 2 1 79 31,0 157 10 9 176 Quelle: MJ auf Grundlage des Monitorings und den Erhebungen des LRH und der LTV (Stichtag: 31.12.2014) 4 zu b) Geschlechterverhältnis an allen Hochschulen: Die Beantwortung zum derzeitigen Geschlechterverhältnis an allen Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt erfolgt unter Zugrundelegung der LT-Drs. 6/4743 vom 21.01.2016 „Geschlechtergerechtigkeit in Wissenschaft und Forschung nachhaltig fördern“ sowie eigenen Erhebungen der Fachhochschule Polizei . Zu den Leitungsfunktionen an (Fach)Hochschulen des Landes Sachsen-Anhalt zählen die Rektorate, Präsidien und Senate. Tabelle 3: Anteil von Frauen in Leitungsfunktionen an Universitäten und Fachhochschulen des Landes Sachsen-Anhalt im Jahr 2015 Einrichtung Frauenanteil in Prozenten Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg* 20 Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg* 20 (Fach)Hochschule Anhalt* 17 (Fach)Hochschule Magdeburg-Stendal* 40 (Fach)Hochschule Merseburg* 25 (Fach)Hochschule Harz* 25 Kunsthochschule Halle* 47 (Fach)Hochschule Polizei** 27 Quellen: * Antwort des Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft auf Frage 12 der Großen Anfrage der SPD-Fraktion (LT-Drs. 6/4205) vom 26.06.2015, LT-Drs. 6/4411, enthalten in der (LT-Drs. 6/4743) vom 21.01.2016 ** eigene Erhebungen der FH Polizei zu c) Geschlechterverhältnis in Aufsichtsgremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist: Die Beantwortung zum derzeitigen Geschlechterverhältnis in Aufsichtsgremien und Unternehmen, an denen das Land beteiligt ist, erfolgt unter Zugrundelegung des Beteiligungsberichts des Ministeriums der Finanzen des Landes Sachsen-Anhalt aus dem Jahr 2015. Der zum Stichtag 31. Oktober 2015 erstellte Beteiligungsbericht enthält im Anhang eine Übersicht zum Frauenanteil in Aufsichtsgremien, die nachfolgend abgebildet ist: Tabelle 4: Übersicht zum Frauenanteil in Aufsichtsgremien zum 31.10.2015 5 6 Darüber hinausgehende Angaben liegen der Landesregierung nicht vor.