Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1480 08.06.2017 (Ausgegeben am 08.06.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Mario Lehmann (AfD) Polizeigewahrsam nach §§ 37 ff. des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) Kleine Anfrage - KA 7/817 Vorbemerkung des Fragestellenden: Als Reaktion auf den Todesfall des Oury Jalloh im Jahre 2005 wurden die Regelungen des SOG LSA zur Anwendung des Polizeigewahrsams als Mittel der Gefahrenabwehr überarbeitet. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Gewahrsamsnahmen wurden in Sachsen-Anhalt nach §§ 37 ff. SOG LSA im Zeitraum 1995 bis 2005 vor dem Todesfall (Oury Jalloh) zur Anwendung gebracht? Aufschlüsselung bitte nach Jahreszahlen. Die Dokumentation freiheitsentziehender Maßnahmen erfolgte vor Einführung des elektronischen Freiheitsentziehungsbuches (EFB) am 01.06.2010 durch geordnete handschriftliche Aufzeichnungen. Eine statistische Auswertung der Einträge fand in dieser Zeit aufgrund des Aufwandes nicht statt. Darüber hinaus gilt gem. § 17 Abs. 1b der Aktenordnung für die unmittelbare Landesverwaltung Sachsen-Anhalt (AktO) eine Aufbewahrungsfrist von lediglich fünf Jahren. Daher können keine Aussagen über den vollständigen Zeitraum gemacht werden. Lediglich für die Jahre 2003 und 2004 liegen aus Unterlagen der Arbeitsgruppentätigkeit zur Unterbringung von Personen in Gewahrsamsräumen der Polizei Daten vor. Hiernach sind im Jahr 2003 gem. § 37 SOG LSA insgesamt 3.446 Personen und im Jahr 2004 insgesamt 3.380 Personen im Polizeigewahrsam aufgenommen worden. Die Ingewahrsamnahmen nach dem Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung in Sachsen-Anhalt (SOG LSA) stellen dabei nur einen Anteil von ca. 40 Prozent der freiheitsentziehen- 2 den Maßnahmen dar. Der überwiegende Anteil erfolgt aufgrund strafprozessualer Regelungen. 2. Zu wie vielen Gewahrsamsnahmen kam es nach der Reformierung der Gewahrsamsordnung bis heute in Sachsen-Anhalt? Aufschlüsselung bitte nach Jahreszahlen. Gemäß Verfahrensverzeichnis des Elektronischen Freiheitsentziehungsbuches auf Grundlage des § 14 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes zum Schutz personenbezogener Daten der Bürger (Datenschutzgesetz Sachsen-Anhalt - DSG LSA) erfolgt die Datenlöschung aus dem Elektronischen Freiheitsentziehungsbuch nach zwölf Monaten. Vor diesem Hintergrund ist eine Recherche nach spezifischen Kriterien, z. B. der Befugnisnorm der Maßnahme nur für das zurückliegende Jahr möglich. Hier kam es bis dato zu insgesamt 2.169 Gewahrsamnahmen gem. § 37 SOG LSA. Darüber hinaus führen die Polizeidirektionen statistische Erhebung zu unterschiedlichen Aspekten in Ausübung der Fachaufsicht. Hieraus lässt sich jedoch kein landeseinheitliches Bild im Hinblick auf die Fragestellung ableiten. 3. Zu wie vielen Todesfällen kam es im Betrachtungszeitraum von 1995 bis heute in Gewahrsamszellen des Landes Sachsen-Anhalt? Aufschlüsselung nach natürlichen und unnatürlichen Todesfällen und Jahreszahlen. Von 1995 bis 2017 kam es zu insgesamt vier Todesfällen in Gewahrsamszellen; jeweils einem Fall in den Jahren 1997 und 2002 sowie zwei Fällen im Jahr 2005. In allen Fällen wurden staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren geführt.