Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1545 15.06.2017 (Ausgegeben am 15.06.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hannes Loth (AfD) Abwasserverbände Kleine Anfrage - KA 7/848 Vorbemerkung des Fragestellenden: Zur Zinssicherung von Abwasserverbänden wird der Derivathandel, also ein hochspekulatives Termingeschäft, das in so großer Vielfalt daherkommt, dass selbst Banker keinen vollumfänglichen Überblick haben, genutzt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Vorbemerkung: Auf der Grundlage eines Erlasses des Ministeriums für Inneres und Sport vom 30. März 2012 wurden die Kommunen im Land Sachsen-Anhalt durch das Landesverwaltungsamt darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Zinsderivaten in kommunalen Körperschaften in Sachsen-Anhalt grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Dies liegt zum einen daran, dass die Risiken beim Einsatz von Zinsderivaten oftmals nicht überschaubar und eingrenzbar sind (Spekulationsverbot), zum anderen daran, dass die personellen (qualitativ hinsichtlich der Aus- und Fortbildung, quantitativ hinsichtlich der Bereitstellung einer ständigen qualifizierten Vertretung) und organisatorischen Voraussetzungen bei der weit überwiegenden Mehrzahl der Kommunen nicht vorliegen, die für den Abschluss und die Besorgung derartiger Rechtsgeschäfte notwendig sind. 1. Ist es rechtlich sicher, dass der Derivathandel von den Abwasserverbänden genutzt werden darf? Aus den Verpflichtungen zur sorgfältigen Vermögensverwaltung und zur Beachtung ausreichender Sicherheiten bei Geldanlagen gemäß § 112 Abs. 2 Kommunalverfassungsgesetz (KVG LSA), zur dauerhaften Sicherstellung der gemeind- 2 lichen Aufgabenerfüllung gemäß § 98 Abs. 1 Satz 1 KVG LSA sowie zu sparsamer und wirtschaftlicher Haushaltsführung gemäß § 98 Abs. 2 KVG LSA ergibt sich für kommunale Körperschaften das Verbot, unkalkulierbare Risiken mit kommunalem Vermögen einzugehen (Spekulationsverbot). Kommunale Körperschaften können ausnahmsweise Zinsderivate einsetzen, um sich gegen ein Zinsänderungsrisiko aus Kreditgeschäften abzusichern (Zinssicherungsgeschäfte), wenn das Zinsderivat in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zum Kreditgeschäft (Grundgeschäft) steht (zeitliche und inhaltliche Konnexität). Dies ist der Fall, wenn sich aus einem oder mehreren Darlehensverträgen der kommunalen Körperschaft deshalb ein Zinsänderungsrisiko ergibt, weil entweder variable Zinsen vereinbart werden oder kurzfristige Darlehen aufgenommen werden, obwohl ein längerfristiger Finanzierungsbedarf besteht, und das Zinsderivat die kommunale Gebietskörperschaft gegen das sich daraus ergebende Zinsänderungsrisiko zumindest teilweise absichert. Ein Handel mit Derivaten jedoch gehört nicht zum kommunalen Aufgabenbereich und ist somit auch nicht zulässig. 2. Ist die Aussage der Vertreter der Mitgliederversammlung richtig, dass das Landesverwaltungsamt ein solches Vorgehen empfohlen hat und dieses sogar rückwirkend legalisiert hat? Das Landesverwaltungsamt hat weder ein solches Vorgehen (Nutzung des Derivatehandels ) empfohlen noch rückwirkend legalisiert. 3. Ist das Landesverwaltungsamt rechtlich auf der sicheren Seite, wenn es den hochspekulativen Derivathandel bewirbt? Ein hochspekulativer Derivatehandel wird durch das Landesverwaltungsamt nicht beworben. 4. Unter welchem Punkt wird der Verlust wie auch Gewinn in den Bilanzen des AZV in Bezug auf Kapital und Zinsgeschäfte gebucht? Mit dem Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz vom 22. Juli 2015 (BGBl. 2015 Teil I, S. 1245 ff.) wurden die außerordentlichen Posten in der Gliederung der Gewinnund Verlustrechnung im Handelsgesetzbuch gestrichen. Für die Buchung von Verlusten aus derivativen Finanzierungsinstrumenten kommt nunmehr die Position „Zinsen und ähnliche Aufwendungen“ und von Gewinnen die Position „sonstige Zinsen und ähnliche Erträge“ in Betracht. Zuvor wurden Verluste aus derivativen Finanzierungsinstrumenten den außerordentlichen Aufwendungen und erzielte Gewinne den außerordentlichen Erträgen zugeordnet. 5. Dürfen die Verluste daraus auf die Mitglieder umgelegt werden? Wenn ja, in welcher Form? Verluste aus derivativen Finanzierungsinstrumenten stehen in keinem Zusammenhang mit dem Betrieb einer Einrichtung und der Leistungserbringung. Daher stellen diese begrifflich weder Betriebs- oder Sachkosten noch kalkulatorische Kosten dar. Ein entstandener Verlust ist daher nicht gebührenfähig, so dass dieser im Wege einer allgemeinen Umlage gemäß § 13 Abs. 1 Gesetz über kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG LSA) von den Mitgliedskommunen des Zweckverbandes auszugleichen ist.