Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1641 06.07.2017 (Ausgegeben am 07.07.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Holger Hövelmann (SPD) Stärkung der Europafähigkeit der Landesverwaltung Kleine Anfrage - KA 7/913 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Koalitionspartner haben sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Europafähigkeit der Landesverwaltung zu stärken. Antwort der Landesregierung erstellt von der Staatskanzlei und dem Ministerium für Kultur Vorbemerkung der Landesregierung: Europäische Entscheidungen und europäisches Recht bestimmen die Arbeit der Landesverwaltung. Deshalb ist es von vitalem Interesse für das Land, die europäischen Entscheidungsprozesse aktiv mitzugestalten und die Interessen des Landes frühzeitig in den europäischen Willensbildungsprozess einfließen zu lassen. Daneben gilt es, europäisches Recht umzusetzen und zu beachten sowie regionale Entscheidungen im Lichte europäischer Entwicklungen vorzubereiten und zu treffen. Zur Erfüllung dieser Aufgaben bedarf es Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit einer hohen fachlichen Europakompetenz, die durch Wissen und Können befähigt sind, in ihrem jeweiligen Aufgabengebiet die Möglichkeiten Europas für Sachsen-Anhalt zu erkennen und zu nutzen. Kernelement der Entwicklung der Europakompetenz ist für die Landesregierung deshalb seit Jahren eine gezielte Personalentwicklung. Hierzu wurden bestehende Maßnahmen zur Stärkung der Europafähigkeit der Landesverwaltung in den letzten Jahren fortentwickelt, neu ausgerichtet oder durch neue Maßnahmen ergänzt. Die Staatskanzlei bietet eigene Maßnahmen zur Stärkung der Europafähigkeit an, unterstützt aber auch länderübergreifende Maßnahmen sowie Programme der Europäischen Union und anderer Behörden/Institutionen. 2 Bereits 2003 hat die Staatskanzlei zur gezielten Förderung von Landesbediensteten über das „Hospitanzprogramm Europa“ die Möglichkeit eröffnet, die Arbeitsweise der Europäischen Union durch drei- bis sechsmonatige Hospitationen in der Vertretung des Landes in Brüssel kennenzulernen. Die Staatskanzlei unterstützt daneben Entsendungen der Ressorts zum Länderbeobachter bzw. an die Europäische Union als „Nationaler Sachverständiger“ oder als „Nationaler Experte“ (END) oder zur Teilnahme an den Programmen „Nationale Sachverständige zur beruflichen Weiterbildung (NSBW)“ bzw. „Erasmus Public Administration/Erasmus for officials“. Im Haushalt der Staatskanzlei sind seit Jahren 150.000 Euro pro Haushaltsjahr im sogenannten „Euro-Pool“ eingestellt. Diese Haushaltsmittel sind vom Haushaltsgesetzgeber für den Einsatz von Beschäftigten der Landesverwaltung in der Vertretung des Landes bzw. bei Europäischen Institutionen reserviert, um den entsendenden Ressorts bei Bedarf Personalkosten zu erstatten. Von 2007 bis 2013 hat die Staatskanzlei sechs Durchgänge des zweisemestrigen Zertifikatsstudienganges „Europapolitik“ in Kooperation mit der Otto-von-Guericke- Universität Magdeburg durchgeführt, der die Module: Europäische Integration, Europa - und Völkerrecht, Wirtschaftspolitik in Europa sowie Fremdsprachenausbildung in englischer Sprache, umfasste. Den Studiengang haben insgesamt 98 Landesbedienstete und 8 Bedienstete aus Kommunalverwaltungen/Zweckverbänden erfolgreich absolviert. Mit Beschluss der Landesregierung vom 3. Mai 2011 über den Aufbau der Landesregierung wurden der Staatskanzlei die Aufgaben des „Strategischen qualitativen Personalmanagements“ neu zugewiesen worden. Seitdem wurden weitere europabezogene Qualifizierungsmaßnahmen konzipiert und durchgeführt. Seit 2013 findet die Führungskräftequalifizierung „SACHSEN-ANHALT stark in EUROPA“ statt. Aufbauend auf individuell vorhandenen Führungs- und Fachkompetenzen werden für die Teilnehmenden Handlungsoptionen und Beteiligungspotentiale in den europäischen Gremien für Sachsen-Anhalt sicht- und nutzbar gemacht. In einem zweitägigen Seminar in Brüssel treffen Führungskräfte eines Ressorts die für sie fachlich relevanten Ansprechpartnern aus den EU-Gremien. Von dieser Möglichkeit haben bislang sechs Ressorts sowie der Landesrechnungshof Gebrauch gemacht. 2017 und 2018 ist jeweils eine weitere ressortspezifische Maßnahme vorgesehen. 2017 wurde das Programm „SACHSEN-ANHALT stark in EUROPA“ zusätzlich um ressortübergreifende themenorientierte Seminarreisen nach Brüssel erweitert. Die erste Maßnahme dazu fand zum Thema „Personal“ statt und öffnete u. a. die Perspektive auf das Personalmanagement des Belgischen Föderalen Öffentlichen Dienstes für Soziale Sicherheit (Sozialministerium). Die Seminarreisen nach Brüssel werden jeweils durch einen halbtägigen Workshop vor- und nachbereitet. An dem Programm „SACHSEN-ANHALT stark in EUROPA“ haben bislang 165 Landesbedienstete teilgenommen. Neben der Landesvertretung in Brüssel, den EU-Institutionen und belgischen Behörden werden themenbezogen auch Verwaltungen anderer EU-Mitgliedsstaaten besucht . In 2015 wurde eine ressortübergreifende E-Government-Informationsreise nach Dänemark unternommen. Dänemark ist eines der führenden europäischen 3 Länder im Bereich des E-Government/E-Administration. Ziel dieser Reise war es, den teilnehmenden IT-Fach- und Führungskräften aus den Landesministerien am Beispiel der dänischen Verwaltung zu veranschaulichen, welche Potenziale der Einsatz von IT zur Optimierung und Modernisierung von Verwaltungsprozessen eröffnet. Es wurden Wege für eine bessere Nutzung der Potenziale der IT innerhalb der Behörden und für die medienbruchfreie Zusammenarbeit mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Unternehmen aufgezeigt. Die Verbesserung der Fremdsprachenkenntnisse ist ein weiteres Handlungsfeld im Rahmen der Stärkung der Europafähigkeit der Landesbediensteten. Seit 2014 werden durch das „Strategische qualitative Personalmanagement“ der Staatskanzlei Sprachintensivkurse in Business Englisch angeboten. Die modular aufgebauten Kurse richten sich an Führungs- und Nachwuchsführungskräfte mit fortgeschrittenen Englischkenntnissen, die in ihrem Tätigkeitsfeld einen EU-Bezug oder direkte Anwendungsmöglichkeiten für die englische Sprache haben. Bislang haben an dieser Maßnahme 59 Landesbedienstete teilgenommen. 2016 wurden zusätzlich Führungskräftequalifizierungen zur Stärkung der „Interkulturellen Kompetenz“ aufgenommen. Ziel der angebotenen „Culture-Awareness- Trainings“ ist die Qualifizierung von Führungs- und Nachwuchsführungskräfte für das internationale Parkett. 2016 wurden die interkulturellen Trainings zunächst für die USA und China durchgeführt. Für das Jahr 2017 liegt der Fokus auf Europa, mit Trainings für die Partnerregionen Sachsen-Anhalts in Frankreich und Spanien. 1. Wie viele Landesbedienstete haben in der 6. Wahlperiode und der 7. Wahlperiode Arbeitserfahrungen in und mit Europäischen Institutionen in Brüssel, Straßburg oder anderen Orten mit dem Sitz europäischer Institutionen bzw. in der Landesvertretung des Landes bei der EU in Brüssel gesammelt? Maßnahmen/ Institutionen Anzahl Hospitanzprogramm Europa 9 Fachreferenten in der Landesvertretung Brüssel 10 Europäische Kommission (Bereich Europäisches Netzwerk für ländliche Entwicklung) 1 NSBW (Nationale Sachverständige zur beruflichen Weiterbildung) 2 Erasmus 3 Länderbeobachter 1 Gesamt 26 4 2. Durch welche Maßnahmen stellt die Landesregierung sicher, dass die erworbenen Kompetenzen dieser Landesbediensteten nach ihrer Rückkehr nach Sachsen-Anhalt bzw. nach einem Wechsel der Dienststelle innerhalb des Landes zielgerichtet in der und für die Verwendung genutzt werden? Der Einsatz von Landesbediensteten in europäischen Institutionen wird von der Staatskanzlei als Personalentwicklungsmaßnahme betrachtet. Nach dem Einsatz obliegt es jedoch ausschließlich den Ressorts, die Bediensteten eigenständig im Rahmen ihrer jeweiligen personalwirtschaftlichen Bedarfe einzusetzen . 3. Gibt es Maßnahmen zur Vernetzung der Landesbediensteten, die Erfahrungen in Europäischen Institutionen oder in der Landesvertretung Brüssel gesammelt haben, oder sind solche geplant? Die Vernetzung erfolgt durch die praktische Arbeit an europabezogenen Fachaufgaben in Ausschüssen und Gremien oder zwischen den Ressorts. 4. Welche Maßnahmen hat die Landesregierung in dieser Wahlperiode bisher ergriffen oder geplant, um die Europafähigkeit der Landesverwaltung zu verbessern? Auch in dieser Wahlperiode führt die Staatskanzlei die beschriebenen Querschnittsaufgaben weiter. Personaleinsatz in der Landesvertretung Brüssel bzw. in Europäischen Institutionen : Maßnahmen (bislang - Stand 1. Juli 2017) Anzahl Hospitanzprogramm Europa 1 Fachreferenten in der Landesvertretung Brüssel 3 Erasmus 1 Gesamt 5 Zum 1. September 2017 wird ferner ein Landesbediensteter an den Länderbeobachter bei der Europäischen Union abgeordnet. Zudem sind bislang 2017 eine sowie 2018 und 2019 jeweils zwei Hospitationen in der Landesvertretung in Brüssel vorgesehen. Qualifizierungsmaßnahmen: 2016 haben an „Culture-Awareness-Trainings“ zur Verbesserung der interkulturellen Kompetenz ins Qualifizierungsprogramm 16 Landesbedienstete teilgenommen . 2017 werden die Trainings im Hinblick auf die Partnerregionen Sachsen -Anhalts in Frankreich und Spanien angeboten. 5 In der 7. Wahlperiode wurde bisher 27 Landesbediensteten die Teilnahme an Sprachintensiv- und Aufbaukursen in Business Englisch ermöglicht. Ab September 2017 finden weitere Kurse mit voraussichtlich 38 Teilnehmern statt. Eine Weiterführung ist auch 2018 vorgesehen. Die jeweils ressortinterne Führungskräftequalifizierung „SACHSEN-ANHALT stark in EUROPA“ wurde in 2016 mit dem Bildungsministerium, dem Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr sowie dem Landesrechnungshof durchgeführt. Es haben 57 Bedienstete teilgenommen. Im September 2017 wird die Maßnahme mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration und im September 2018 mit dem Ministerium der Finanzen stattfinden. An der ressortübergreifenden themenorientierten Seminarreise nach Brüssel zum Thema „Personal“ haben im März 2017 18 Führungskräfte der obersten Landesbehörden , der Landtagsverwaltung sowie des Landesrechnungshofes teilgenommen. Für das Jahr 2018 ist eine Qualifizierung zum Themenschwerpunkt „Digitalisierung “ in Aussicht genommen.