Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1642 06.07.2017 (Ausgegeben am 07.07.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) Auswahlverfahren für den Wachpolizeidienst (II) Kleine Anfrage - KA 7/897 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die nachstehenden Fragen beziehen sich auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage - Drs. 7/1454 (Auswahlverfahren für den Wachpolizeidienst). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd hat zum 1. März 2017 von 132 Bewerbern 20 Personen in den Wachpolizeidienst eingestellt. Wie viele der 132 Bewerber wurden nach Abschluss des Auswahlverfahrens als geeignet für den Wachpolizeidienst befunden? Nach welchen Kriterien wurden die Listenplätze vergeben? Nach Eingang von 132 Bewerbungen wurden 94 Bewerber/-innen zu Vorstellungsgesprächen eingeladen, wovon 75 Gespräche zustande gekommen sind. Die Bewerber/-innen hatten sich einheitlich in einem ca. 25-minütigen Auswahlgespräch einem Auswahlgremium aus drei zu gleichen Teilen stimmberechtigten Mitgliedern zzgl. eines nicht stimmberechtigten Personalratsmitgliedes vorzustellen . Die Bewerber/-innen wurden zur Person (u. a. zum schulischen und beruflichen Werdegang, zu vermeintlichen Stärken, zur Motivation) sowie den eigenen Vorstellungen befragt. Daran schlossen sich zwei Fachfragen zu den Themen „Aufgaben der Wachpolizei“ und „Abgrenzung zum Polizeivollzugsdienst “ sowie ein Rollenspiel anhand eines üblichen Sachverhaltes aus dem zu erwartenden Berufsleben an. 2 Die während des Auswahlgespräches erzielten Erkenntnisse sowie Beobachtungen und Eindrücke wurden von jedem Mitglied des Auswahlgremiums in einem Fragebogen schriftlich festgehalten und in einer Gesamteinschätzung individuell bewertet. Eingeflossen sind hierbei insbesondere Kommunikationsfähigkeit , Problembewältigung, Sozialkompetenz, Belastbarkeit und berufsbezogene Motivation. Maßstab bildete dabei ein Bewertungssystem - in 0,5er Schritten - beginnend bei 1,0 (besonders geeignet) über 2,0 (geeignet), 3,0 (bedingt geeignet ) bis 4,0 (nicht geeignet). Aus den drei Gesamteinschätzungen des Auswahlgremiums wurde abschließend der Durchschnitt gebildet, woraus schließlich der sogenannte Listenplatz resultierte. Im Ergebnis dessen ergaben sich: - neun besonders geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung von 1,0), - 26 besonders geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung zwischen 1,17 und 1,67), - zehn geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung von 2,0), - 16 geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung zwischen 2,17 und 2,67), - drei bedingt geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung von 3,0), - zehn bedingt geeignete Bewerber/-innen (durchschnittliche Gesamteinschätzung zwischen 3,0 und 3,67), - ein/-e nicht geeignete/-r Bewerber/-in (durchschnittliche Gesamteinschätzung von 4,0). Von den insgesamt 61 besonders geeigneten und geeigneten Bewerbern/- innen verblieben nach Abschluss des Auswahlverfahrens noch 20 besonders geeignete bzw. geeignete Bewerber/-innen, da bei den anderen Bewerber/- innen im Laufe des Auswahlverfahrens die gesundheitliche Nichteignung festgestellt wurde, Eintragungen im Bundeszentralregister ein Einstellungshindernis ergaben oder die Bewerbung zurückgezogen wurde. 1.1. Falls der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd nach Abschluss des Auswahlverfahrens mindestens 20 geeignete Bewerber für die Einstellung in den Wachpolizeidienst zur Verfügung standen, die die Voraussetzung nach § 6 Abs. 1 WachPolG erfüllen, worin bestand das dringende dienstliche Interesse an der Gewinnung eines Bewerbers , der diese Voraussetzungen nicht erfüllt? Nach Abschluss des Auswahlverfahrens standen der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd 19 besonders geeignete bzw. geeignete Bewerber/- innen zur Verfügung, die die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Wach- PolG erfüllten. 3 1.2. Welche Staatsangehörigkeit besitzt dieser Bewerber? In welcher Stadt oder Gemeinde hatte diese Person zum Zeitpunkt der Bewerbung ihren Hauptwohnsitz? Der Bewerber besitzt die türkische Staatsbürgerschaft. In absehbarer Zeit soll ihm die deutsche Staatsbürgerschaft verliehen werden. Der Bewerber hatte zum Zeitpunkt der Bewerbung seinen Hauptwohnsitz in der Stadt Halle (Saale). 1.3. Wie wurde festgestellt bzw. auf Grundlage welcher Tatsachen prognostiziert , dass ein Bewerber dafür Gewähr bietet, jederzeit für die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes einzutreten und nach seiner Gesamtpersönlichkeit für eine Tätigkeit in der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes, Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, geeignet ist? Würde nach Ansicht der Landesregierung ein Bewerber diese Vorgaben erfüllen, wenn dieser in der jüngeren Vergangenheit wiederholt polizeilich in Erscheinung getreten ist? Wurde dieses im Rahmen des Auswahlverfahrens überprüft ? Welche Konsequenzen würden nach Feststellung einer solchen Sachlage gezogen werden? Im Rahmen der Vorstellungsgespräche wurde die Gesamtpersönlichkeit der Bewerber/-innen auf Grund ihres Verhaltens, der Motivation, des Leistungs - und Wissensstandes, der erkennbaren Lebensumstände sowie des allgemeinen Erscheinungsbildes bewertet. Bei einem positiven Votum wurde von der Eignung für eine Tätigkeit in der Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes der Laufbahngruppe 1, zweites Einstiegsamt, gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 10 WachPolG ausgegangen. Zudem haben alle eingestellten Bewerber/-innen ihr Bekenntnis zur Einhaltung, Achtung und Wahrung der freiheitlich demokratischen Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes schriftlich niedergelegt. In die Wachpolizei kann nach den Regelungen des Wachpolizeigesetzes nur eingestellt werden, wer gerichtlich nicht bestraft ist. Daher werden diejenigen Bewerber/-innen, die im Bewerbungsverfahren Berücksichtigung finden, entsprechend überprüft. Ein/-e vorbestrafte/-r Bewerber/-in wurde als Angehörige/-r der Wachpolizei nicht eingestellt. 1.4. Welcher Ablehnungsgrund wurde den geeigneten aber nicht eingestellten Bewerbern in der Absage mitgeteilt? Alle nach Abschluss des Auswahlverfahrens besonders geeigneten bzw. geeigneten Bewerber/-innen erhielten eine Zusage. 4 2. Waren die Stellen im Wachpolizeidienst explizit auch für Bewerber ausgeschrieben , die nicht die Voraussetzungen des § 6 Absatz 1 Nr. 1 Wach- PolG erfüllen bzw. wurde in den Ausschreibungen auf die Ausnahmeregel des § 6 Absatz 2 WachPolG hingewiesen? Nein. 2.1. Falls dieses nicht zutrifft, wie erklärt es sich, dass eine solche Bewerbung seitens der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd überhaupt berücksichtigt und vom Ministerium für Inneres und Sport eine ausnahmsweise Einstellungszusage erteilt wurde? Die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd hatte ein dienstliches Interesse an der Einstellung des Bewerbers und daher nach § 6 Abs. 2 WachPolG die Zulassung einer Ausnahme von § 6 Abs. 1 Nr. 1 WachPolG beantragt. Das Ministerium für Inneres und Sport hat das dienstliche Interesse anerkannt und auf der Grundlage von § 6 Abs. 2 WachPolG eine entsprechende Ausnahme zugelassen. 2.2. Wurden der Ausschreibungstext oder die darin geforderten Voraussetzungen vom Ministerium für Inneres und Sport den Polizeidirektionen vorgegeben bzw. war der Text dem Ministerium vor der Veröffentlichung der Ausschreibung bekannt? Der Text der Ausschreibungen wurde durch das Ministerium für Inneres und Sport entworfen und die Veröffentlichung der Ausschreibungen über das Landesportal veranlasst. 2.3. Wäre es nach Ansicht der Landesregierung zur Öffnung des Bewerberkreises für Personen, die unter die Ausnahmeregelung des § 6 Absatz 2 WachPolG fallen, nicht notwendig gewesen, dieses in der Ausschreibung entsprechend zu offerieren? Im Rahmen der Stellenausschreibung wurde auf die Geltung des Wach- PolG hingewiesen. 2.4. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass mit dem Fehlen eines Hinweises auf die Ausnahmeregelung des § 6 Absatz 2 Wach- PolG in den Ausschreibungen einem anspruchsberechtigten Personenkreis die Möglichkeit einer Bewerbung vorenthalten oder zumindest die Ermutigung für eine Bewerbung genommen wurde? Welchen Eindruck hinsichtlich der Verbindlichkeit rechtsstaatlicher Prinzipien wird das nach Ansicht der Landesregierung bei diesem Personenkreis nach Bekanntwerden der vollzogen Verfahrensweise hinterlassen ? Das WachPolG wurde veröffentlicht und ist damit jedermann zugänglich. Inwieweit das Fehlen eines Hinweises auf die Ausnahmeregelung des § 6 Abs. 2 WachPolG Auswirkungen auf das Verhalten einzelner Personen hatte, entzieht sich der Kenntnis der Landesregierung.