Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1701 27.07.2017 (Ausgegeben am 28.07.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Abgeordnete Kristin Heiß (DIE LINKE) Folgen des Organisationsgesetzes Sachsen-Anhalt (OrgG LSA) II Kleine Anfrage - KA 7/948 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. In der Koalitionsvereinbarung ist auf Seite 44 Folgendes vereinbart: „Das Landesverwaltungsamt als Bündelungsbehörde soll weiterhin die zentrale Landesbehörde für die operative Aufgabenerledigung sein. Die Fachkapitelstellen sind aufzulösen und in das Kapitel 0310 zu integrieren. Die Koalitionspartner stimmen sich in der Staatssekretärskonferenz über grundsätzliche Strukturänderungen der Bündelungsbehörde ab, um flexibel auf neue Bedingungen zu reagieren und stets eine effiziente Aufgabenerledigung im Landesverwaltungsamt zu gewährleisten.“ Inwiefern fand diese Abstimmung statt, wann ist sie erfolgt und was wurde dort vereinbart? Das Ministerium für Inneres und Sport (MI) hat am 13. Juni 2016 über Strukturänderungen im Landesverwaltungsamt (LVwA) in der Staatssekretärskonferenz informiert. Am 26. Juni 2017 erfolgte eine Unterrichtung zum Stand der Personalentwicklung und zu Perspektiven für die Vollzugsebene im Landesverwaltungsamt . 2. Gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1 Organisationsgesetz Sachsen-Anhalt führt die Dienstaufsicht über das Landesverwaltungsamt, das für die Kommunalaufsicht zuständige Ministerium, soweit nicht nach Maßgabe eines Gesetzes eine besondere Zuständigkeit einer anderen obersten Landesbehörde besteht . Ein Gesetz im Sinne des § 14 Abs. 3 Satz 1 OrgG LSA ist u. a. das Kinder- und Jugendhilfegesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG-LSA). Laut § 8 Abs. 2 KJHG-LSA übt die oberste Landesjugendbehörde die Dienst- und Fachaufsicht über das Landesjugendamt aus. Oberste Landesjugendbehörde im Sinne des KJHG-LSA ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 KJHG- 2 LSA das für die Fragen der Kinder- und Jugendhilfe zuständige Ministerium . Ausweislich des Geschäftsabgrenzungsbeschlusses ist dies derzeit das Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration. Aufgaben des Landesjugendamtes sind im Landesverwaltungsamt derzeit den Referaten 601 (Landesjugendamt - Kinder und Jugend) und 602 (Landesjugendamt - Familien und Frauen) zugewiesen. Laut Aussage des Innenministers in der Landtagssitzung am 5. April 2017 führt nun das Innenministerium die Dienstaufsicht u. a. über die Referate 601, 602, 609, 610. Das Innenministerium kann entgegen der Auskunft des Ministers nicht Fachministerium im Sinne von § 14 Abs. 3 Satz 2 des Organisationsgesetzes sein, weil diese Vorschrift eine Ausnahme von dem in § 14 Abs. 3 Satz 1 des Gesetzes normierten Grundsatz regelt, dass das Innenministerium die Dienstaufsicht über das Landesverwaltungsamt führt. Wie kam man in der Landesregierung zu der vom Innenminister geäußerten Auffassung? Seit Einrichtung des LVwA erstreckt sich die Dienstaufsicht des MI in bewährter Praxis und im Benehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration (MS) auch auf den Aufgabenbereich des Landesjugendamtes. Gesetzliche Grundlage hierfür war zunächst § 5 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Einrichtung des Landesverwaltungsamtes in der Fassung v. 17. Dezember 2003 (GVBL. LSA 2003, 352). Eine Sonderregelung (§ 8 Abs. 2) des Kinder- und Jugendhilfegesetzes des Landes Sachsen-Anhalt (KJHG LSA) wurde durch dieses zeitlich spätere Landesgesetz verdrängt, eine formelle Anpassung der Norm im KJHG LSA erfolgte nicht. Mit dem Organisationsgesetz Sachsen-Anhalt (OrgG LSA) vom 27. Oktober 2015 (GVBl. LSA 2015, 554), zuletzt geändert durch § 11 Abs. 2 des Gesetzes vom 10. Dezember 2015 (GVBl. LSA S. 627), obliegt die Führung der Dienstaufsicht weiterhin grundsätzlich dem für Kommunalaufsicht zuständigen Ministerium. Zwar steht diese Regelung gemäß § 14 Abs. 3 Satz 1, 2. Halbsatz des Gesetzes unter dem abstrakten Vorbehalt bestehender gesetzlicher Sonderregelungen. Die Landesregierung vermag jedoch nicht zu erkennen, dass hiermit bewusst die Bestimmung des § 8 Abs. 2 KJHG LSA wiederaufleben sollte. Dagegen spricht auch, dass mit dem Haushaltsgesetz 2017/2018 die Auflösung der Fachkapitelstellen und die Überführung in das Kapitel 0310 (LVwA) beschlossen wurde, der Landesgesetzgeber sich somit konkludent für die Wahrnehmung der damit verbundenen einheitlichen Dienstaufsicht des MI über das LVwA ausgesprochen hat. Hiervon zu unterscheiden ist die Zuständigkeit des MS als Fachministerium für die Aufgaben des Landesjugendamtes. Diese Aufgaben werden durch die Verwaltung des Landesjugendamtes und den Jugendhilfeausschuss wahrgenommen ; erforderliche Regelungen werden von MS erlassen. MI und MS werden die Operationalisierung de lege ferenda abstimmen. 3. In der Antwort der Landesregierung auf eine Frage der Abgeordneten Henriette Quade in der Fragestunde des Landtages am 5. April 2017 antwortete der Innenminister: „Die organisatorische Dienstaufsicht wird in den von Ihnen genannten Fällen weiterhin im Benehmen mit dem Ministerium für Soziales ausgeübt. Bei Bedarf erfolgen hierzu die notwendigen Abstim- 3 mungen.“ Was ist eine „organisatorische Dienstaufsicht“? Wie definiert das Innenministerium ein „Benehmen“ bei der „organisatorischen Dienstaufsicht “ mit dem Sozialministerium? Wie definiert das Innenministerium „notwendige Abstimmungen“? Der Begriff der „organisatorischen Dienstaufsicht“ umfasst Fragen des inneren Behördenaufbaus und der inneren Ordnung (vgl. Begründung zu § 13 Abs. 2 OrgG LSA). Sie soll insbesondere einen reibungslosen Geschäftsablauf, eine wirtschaftliche Arbeitsweise und insgesamt eine zweckmäßige innere Organisation sicherstellen. Im „Benehmen“ bedeutet, dass bei organisatorischen Maßnahmen, die Referate betreffen, die der Fachaufsicht des MS unterliegen, das MS beteiligt wird, um dessen fachliche Einschätzung einzubeziehen. Bei „notwendigen Abstimmungen“ handelt es sich um eine vorgangsbezogene vorherige Beteiligung in der Benehmen hergestellt wird. Die nähere Ausgestaltung wird in einer gemeinsamen Vereinbarung der Ministerien festgeschrieben werden. 4. In der Antwort der Landesregierung auf eine Frage der Abgeordneten Henriette Quade in der Fragestunde des Landtages am 5. April 2017 antwortete der Innenminister: „Mit Inkrafttreten des Doppelhaushaltes 2017/2018 gehören auch die Beschäftigten, die bisher auf Fachkapitelstellen geführt wurden , zum Geschäftsbereich meines Hauses. Für diese Beschäftigten ist daher auch der Hauptpersonalrat beim Ministerium für Inneres und Sport zuständig .“ Was bedeutet dies konkret für die betroffenen Beschäftigten? Was bedeutet die neue Zuständigkeit des Hauptpersonalrates des Innenministeriums für die Personalräte in den betroffenen Referaten des Landesverwaltungsamtes ? Infolge der Zuordnung der Beschäftigten zum Einzelplan 03 hat sich ein Wechsel des Geschäftsbereiches mit der Rechtsfolge von § 53 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 4 Personalvertretungsgesetz Sachsen-Anhalt (PersVG LSA) analog (Ausscheiden aus der Dienststelle) mit der weiteren Folge des Sitzverlustes im Hauptpersonalrat des MS im Einzelfall ergeben. Aus der Zuordnung der Stellen zum jeweiligen Einzelplan folgt die Unterstellung der Beschäftigten zur obersten Dienstbehörde. 5. In § 46 Abs. 2 PersVG heißt es: „Mitglieder des Personalrates dürfen gegen ihren Willen nur versetzt, abgeordnet oder in mit einem Wechsel des Dienstortes verbundener Weise umgesetzt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung der Mitgliedschaft im Personalrat aus wichtigen dienstlichen Gründen unvermeidbar ist und der Personalrat zustimmt.“ Wie viele Personalratsmitglieder betrifft die organisatorische Änderung durch das HH-Gesetz? § 46 Abs. 2 PersVG findet keine Anwendung, da mit der Verkündung des Haushaltsgesetzes 2017/2018 (HG 2017/2018) keine organisatorischen Änderungen verbunden waren, d. h. es weder Versetzungen, Abordnungen noch Wechsel des Dienstortes aufgrund der Eingliederung der Fachkapitel in das Kapitel 0310 gegeben hat. Bei der Neuzuordnung der ehemaligen Mitglieder des Hauptpersonalrats handelt es sich nicht um eine Versetzung im Einzelfall, sondern die Folge ei- 4 ner gesetzlichen Regelung. Infolge dessen war für eine Mitwirkung einer Personalvertretung kein Raum (§ 61 Abs. 2 Satz 1 PersVG LSA). 6. Haben die betroffenen Personalratsmitglieder weiterhin ihr Mandat? Falls nein, warum nicht? Die Entscheidung des Landtages, die Fachkapitelstellen dem Kapitel 0310 zuzuordnen , hat keine Auswirkungen auf die Personalräte des LVwA. Die Mitglieder dieser Personalräte üben ihr Mandat weiterhin aus. 7. Welche Konsequenzen hatte die Entscheidung der Landesregierung für die Hauptpersonalräte des Landesverwaltungsamtes? Die Entscheidung des Landtages, die Fachkapitelstellen dem Kapitel 0310 zuzuordnen , hat für die betroffenen Mitglieder von Hauptpersonalräten zur Folge, dass die Mitgliedschaft in den jeweiligen Hauptpersonalräten außerhalb des EP 03 erlischt . 8. Ist der Personalrat des Landesverwaltungsamtes bei der organisatorischen Umstrukturierung beteiligt worden? Falls ja, wie wurde er beteiligt und wie hat er sich verhalten? Falls nein, warum nicht? Nein, siehe Antwort auf Frage 5. 9. Ist der zuständige Hauptpersonalrat bei der organisatorischen Umstrukturierung beteiligt worden? Falls ja, wie wurde er beteiligt und wie hat er sich verhalten? Falls nein, warum nicht? Nein, siehe Antwort auf Frage 5. 10. Wie viele Personen in den Referaten 601, 602, 609 und 610 betrifft die organisatorische Umstrukturierung? Bitte in Anzahl der Stellen und VzÄ angeben . Es handelt sich nicht um eine organisatorische Umstrukturierung. 11. Welche Funktionen haben die betroffenen Personen (AL, RL, RF, MA, SB)? Siehe Antwort auf Frage 10.