Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1702 28.07.2017 Hinweis: Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick im Netz den Acrobat Reader . Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 28.07.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Swen Knöchel (DIE LINKE) Beamtinnen und Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung Kleine Anfrage - KA 7/953 Vorbemerkung des Fragestellenden: Beamtinnen und Beamte in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) müssen anders als andere freiwillig in der GKV versicherte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer den gesamten Krankenversicherungsbeitrag selbst tragen. Das Land als Beihilfeträger übernimmt den „Arbeitgeberanteil“ dieses Personenkreises nicht. Bei der Wahl des für die GKV konstitutiven Sachleistungsprinzips übernimmt der Beihilfeträger somit keinerlei finanzielle Beteiligung an den Krankheitskosten der Beamtinnen und Beamten. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium der Finanzen Vorbemerkung: Der Dienstherr muss aufgrund seiner Fürsorgepflicht Vorkehrungen dafür treffen, dass der amtsangemessene Unterhalt der Beamtinnen und Beamten einschließlich ihrer Angehörigen bei Eintritt besonderer finanzieller Belastungen durch Krankheits-, Geburts- und Pflegefälle nicht gefährdet wird. Dieser Pflicht ist das Land Sachsen- Anhalt mit dem Verweis auf die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) nachgekommen. Für die Beamtinnen und Beamten des Landes wird Beihilfe nach der für das Land Sachsen-Anhalt grundsätzlich anzuwendenden Bundesbeihilfeverordnung gewährt. 2 Die Beihilfevorschriften beruhen auf der Erwägung, dass den Beamten für Krankheitsfälle eine angemessene Selbstvorsorge durch den Abschluss einer Krankenversicherung zugemutet werden kann. Indem der Dienstherr dieser Fürsorgepflicht mit einer die Eigenvorsorge der Beamtinnen und Beamten ergänzenden Beihilfe nachkommt , muss die amtsangemessene Alimentation von Verfassung wegen lediglich die Kosten einer Krankenversicherung abdecken, die zur Abwendung krankheitsbedingter , durch Leistungen der Beihilfe nicht ausgeglichener Belastungen erforderlich ist. Dabei braucht der für die Krankenversicherung zur Verfügung stehende Teil der Alimentation grundsätzlich nur so bemessen zu sein, dass mit diesem Teil der Alimentation die Prämie für eine beihilfekonforme Krankenversicherung beglichen werden kann (BVerfG in NJW 1990, 743). Dieser Teil der allgemeinen Besoldung steht also den Beamtinnen und Beamten im Rahmen ihrer Dienstbezüge zur Verfügung. Aus diesem in der allgemeinen Besoldung enthaltenen Teil kann jeder Beamte einen Teil der monatlichen Versicherungsbeiträge zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung abdecken. In diesem Umfang leistet der Dienstherr über die allgemeine Besoldung schon einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen. Unerheblich ist dabei, ob die Beamten in der privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind, denn die Beihilfe ist aus Gründen der Gleichbehandlung versicherungsneutral konzipiert. Im Gegenteil wäre die Beteiligung des Dienstherrn an den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung eine Ungleichbehandlung gegenüber den Beamtinnen und Beamten , die eine beihilfekonforme private Krankenversicherung abgeschlossen haben. Denn die freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versicherten Beamtinnen und Beamten würden dann neben dem schon in ihrer Besoldung enthaltenen Anteil zur Deckung der Kosten der zumutbaren Eigenvorsorge im Krankheitsfall eine weitere Leistung für ihre Krankenversicherung erhalten. Es ist darauf hinzuweisen, dass sich der Dienstherr durch die Zahlung eines Arbeitgeberanteils zur gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung nicht seiner umfassenden Fürsorgepflicht entziehen kann. Denn selbst wenn der Dienstherr einen Zuschuss zu den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung zahlen würde, können die Beamtinnen und Beamten gleichwohl einen ergänzenden Fürsorge- und Beihilfeanspruch haben. Dies vorausgeschickt, beantwortet die Landesregierung die Einzelfragen wie folgt: 1. Wie viele Beamtinnen und Beamte des Landes sind derzeit in der GKV freiwillig versichert? In der GKV sind derzeit 271 aktive Beamtinnen und Beamte freiwillig versichert. 2. Wie viele sich im Ruhestand befindende Beamtinnen und Beamte des Landes sind derzeit freiwillig in der GKV versichert? In der GKV sind derzeit 193 im Ruhestand befindliche Beamtinnen und Beamte freiwillig versichert. 3. Welche Kenntnisse hat die Landesregierung über die Ursachen und Motive dieser Beamtinnen und Beamten, sich in der GKV zu versichern? Die Landesregierung hat hierzu keine Erkenntnisse. 3 4. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass Beamtinnen und Beamte in der GKV durch die jetzige Ausgestaltung des Beihilfesystems finanziell schlechter gestellt sind, als die Beamtinnen und Beamten in der PKV? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, was wird die Landesregierung unternehmen, um eine finanzielle Schlechterstellung zu vermeiden? Die Landesregierung teilt die Auffassung nicht. Durch die Beihilfe erfüllt der Dienstherr die dem Beamten und seiner Familie gegenüber bestehende beamtenrechtliche und soziale Verpflichtung, einen Krankheitsfall angemessen abzusichern. Grundlage des Beihilfeanspruchs ist die am Alimentationsgrundsatz zu orientierende Fürsorgepflicht des Dienstherrn. Um dem nachzukommen , muss die angemessene Alimentation von Verfassung wegen lediglich die Kosten einer Krankenversicherung abdecken, die zur Abwendung krankheitsbedingter , durch Leistungen der Beihilfe nicht ausgeglichener Belastungen erforderlich ist. Dabei braucht der für die Krankenversicherung zur Verfügung stehende Teil der Alimentation grundsätzlich nur so bemessen zu sein, dass mit diesem Teil der Alimentation die Prämie für eine beihilfekonforme Krankenversicherung beglichen werden kann. Dieser Teil der allgemeinen Besoldung steht also den Beamten im Rahmen ihrer Dienstbezüge zur Verfügung. Aus diesem in der allgemeinen Besoldung enthaltenen Teil kann jeder Beamte einen Teil der monatlichen Versicherungsbeträge zur gesetzlichen oder privaten Krankenversicherung abdecken. In diesem Umfang leistet der Dienstherr über die allgemeine Besoldung einen Zuschuss zu den Krankenversicherungsbeiträgen . Unerheblich ist dabei, ob die Beamten in der privaten oder gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind. 5. Plant die Landesregierung, für die Beamtenschaft ein Wahlrecht zwischen Beihilfeleistungen und der Zahlung eines Arbeitgeberanteils zur GKV einzuführen ? Wenn nein, warum nicht? Sind der Landesregierung entsprechende Initiativen aus anderen Bundesländern bekannt? Die Landesregierung beabsichtigt keine entsprechende Initiative. Hinsichtlich der Begründung wird auf Frage 4 verwiesen. Entsprechende Initiativen aus anderen Bundesländern sind nicht bekannt. 6. Wie hoch waren die jährlichen Beihilfeausgaben des Landes seit 1996 sowohl für aktive Beamtinnen und Beamte sowie für Versorgungsempfängerinnen und Versorgungsempfänger? Eine Zusammenstellung der jährlichen Beihilfeausgaben des Landes ab dem Jahr 2000 ist als Anlage beigefügt. Es handelt sich um die Beihilfeausgaben der Gruppen 441 bzw. 446, die das zuständige Haushaltsreferat des Ministeriums der Finanzen zur Verfügung gestellt hat. Die entsprechenden Haushaltsunterlagen über Beihilfeausgaben ab dem Jahr 1996 bis 1999 liegen nicht mehr vor. 4 7. Welche Kenntnis hat die Landesregierung über Berechnungen, die einen Vergleich möglicher Kosten der Übernahme des Arbeitgeberanteils durch das Land als Beihilfeträger einerseits und die Zahlung der Beihilfe wie bisher andererseits ermöglichen? Bei einer Überführung der Beamten und Versorgungsempfänger des Landes in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung (GKV) müsste das Land anstelle der Beihilfe den gesetzlichen Arbeitgeberanteil zu den GKV-Beiträgen tragen. Dieser Arbeitgeberanteil betrug im Kalenderjahr 2016 ca. 8,6 % (7,3 % Kranken- und 1,275 % Pflegeversicherung) der Bruttobesoldung bzw. -versorgung. Für den Arbeitgeberanteil zu den GKV-Beiträgen müsste das Land jährlich allein für die aktiven Beamten ca. 90 Mio. aufwenden. Hinzu kommen die Beitragszuschüsse für die Versorgungsempfänger . Demgegenüber stehen die Beihilfeausgaben des Landes, die für das Jahr 2016 insgesamt für aktive Beamte und Versorgungsempfänger 67.123.696 Euro und nur für die aktiven Beamten 35.052.619,21 Euro betrugen. 8. Welches sind nach Auffassung der Landesregierung die wesentlichen Unterschiede hinsichtlich des gewährten Leistungsumfangs zwischen der in Sachsen-Anhalt angewandten Bundesbeihilfeverordnung (BBhV) und dem SGB V? Die BBhV und das SGB V beruhen auf grundlegend unterschiedlichen Prinzipien. So gilt für die GKV grundsätzlich das Sachleistungsprinzip, die Beihilfe wird nach dem Prinzip der Kostenerstattung gewährt. Zudem verfolgen Beihilfe und GKV ganz unterschiedliche Zweckbestimmungen: Die GKV hat die Aufgabe, die Gesundheit der Versicherten zu erhalten, wiederherzustellen oder den Gesundheitszustand zu verbessern , die Beihilfe ist hingegen die wichtigste alimentative Fürsorgeleistung des Dienstherren. Bereits aufgrund dieser systematischen Unterschiede sind BBhV und SGB V nicht ohne weiteres vergleichbar. Außerdem regelt die BBhV neben der Gewährung von Beihilfe in Krankheits- und Geburtsfällen auch die Gewährung von Beihilfen in Pflegefällen. Die BBhV zeichnet damit nicht nur das SGB V, sondern auch das Elfte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) nach. Für den Bereich kongruenter Zweckbestimmung bedarf die Fragestellung hinsichtlich des SGB V der Konkretisierung, denn das SGB V gewährt keine Leistungen, sondern es verpflichtet die einzelnen gesetzlichen Krankenkassen zur Erbringung von Pflichtleistungen und ermöglichen ihnen darüber hinaus, zusätzliche Leistungen durch Satzung zu bestimmen (§ 11 Abs. 6 SGB V). Darüber hinaus können Prämien für die Nichtinanspruchnahme von Leistungen (§ 53 a SGB V) gewährt werden. Damit ist der Leistungsumfang der einzelnen gesetzlichen Krankenkassen keinesfalls gleich, aber im Wesentlichen vergleichbar. Die BBhV bietet den Beihilfeberechtigten des Landes - mit Ausnahme der Wahlleistungen nach § 26a bei stationären Krankenhausaufenthalten - einen im Wesentlichen mit dem Versorgungsniveau der GKV vergleichbaren Leistungsumfang. 5 9. Wie steht die Landeregierung zu der Möglichkeit in der hessischen Beihilfeverordnung , wonach gesetzlich versicherten Beihilfeberechtigten Zahlungen in Höhe des entsprechenden Prozentsatzes der Behandlungskosten bis maximal zur Höhe des Beitrags zustehen? Für die Einführung einer Regelung wie in Hessen wird kein sich aus der Fürsorgepflicht ergebender Grund oder Anlass gesehen, da sich der Dienstherr schon mit einem Teil der geschuldeten Besoldung an den Kosten einer zumutbaren Eigenvorsorge der Beamten beteiligt. Anlage Beihilfeausgaben für die Haushaltsjahre 2000 bis 2016 Jahr Beihilfen Beihilfen für Beamte, Richter aufgrund der für Versorgungsempfänger Beihi lfevorschriften (in Euro) (in Euro) 2000 17,081,077,37 1,173,951,50 2001 18,930,366,90 1,907,215,60 2002 19.404.411,01 2,855,374,14 2003 20,736,357,54 3.300.396,42 2004 22,804,109,42 4.414,694,53 2005 22.901 .903,00 5.250.040,00 2006 26.099,801,00 7,561,826,00 2007 26,861.288,51 8,538,811,05 2008 27.179.206,29 '10,203.365,26 2009 28.446,669,70 12.577.485,23 2010 28.907.330,90 '14.545.850,89 2011 30.175.613,22 15.981.041,88 2012 31.098.515,89 18,687.082,01 2013 32.389.729,23 2'1.999.316,11 2014 29.690,607,93 24.491,817,77 2015 30,895.849,52 28,160,093,72 2016 35.052.619,21 32.071.077,19