Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1712 02.08.2017 (Ausgegeben am 03.08.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Rahmenbedingungen für das kommunale Ehrenamt verbessern Kleine Anfrage - KA 7/966 Vorbemerkung der Fragestellenden: In Auswertung des aktuellen Freiwilligensurvey, den das Bundesfamilienministerium alle fünf Jahre in Auftrag gibt, berichtete die Volksstimme am 4. Juli 2017, dass 37 Prozent aller Sachsen-Anhalter sich in einem Ehrenamt engagieren. Im Vergleich der Bundesländer liegt unser Bundesland an vorletzter Stelle. Verbesserungsbedarf sehen die befragten Ehrenamtlichen u. a. beim Abbau von Bürokratie, der interkulturellen Öffnung der Vereine, bei den Weiterbildungen sowie der Erstattung von privaten Auslagen und Fahrkosten. Gemäß § 35 des Kommunalverfassungsgesetzes (KVG LSA) haben in ein Ehrenamt oder zu sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufene Anspruch auf Ersatz ihrer Auslagen und ihres Verdienstausfalls. Der Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport (MBl. LSA 2014, S. 264) enthält entsprechende Regelungen für ehrenamtlich Aktive in den Gemeinden und Landkreisen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Wie geht die Landesregierung mit den Ergebnissen der Befragung um und welche Konsequenzen will sie aus den Ergebnissen der Befragung ziehen? Laut Freiwilligensurvey 2014 beträgt die Engagementquote in Sachsen-Anhalt 37 Prozent. Danach ist mehr als jede/r Dritte in Sachsen-Anhalt freiwillig/ehrenamtlich engagiert. 2009 waren 26 Prozent der Bürgerinnen und Bürger in Sachsen-Anhat freiwillig/ ehrenamtlich engagiert. Damit ist eine deutliche Steigerung der Engagementquote 2 seit 2009 zu verzeichnen. Dies wird positiv gewertet und bestätigt den Kurs der Landesregierung im Hinblick auf die in den letzten Jahren geschaffenen Rahmenbedingungen zur Förderung einer Engagementinfrastruktur in Sachsen-Anhalt. Dazu zählen : Freiwilligenagenturen, Ehrenamtsbörsen und Gründungsinitiativen zur Förderung Bürgerschaftlichen Engagements sowie die Landesarbeitsgemeinschaft der Freiwilligenagenturen (LAGFA) werden vom Land mit insgesamt 150.000 Euro jährlich gefördert. Seit 2015 unterstützt die Landesregierung verstärkt das Bürgerschaftliche Engagement in der Flüchtlingshilfe: z. B. durch Fördermittel für die Netzwerkstelle „Engagierte Nachbarschaft-Willkommenskultur in Sachsen-Anhalt“ mit dem Engagementfonds „Willkommenskultur“. Die Servicestelle Patenschaft www.lagfa-lsa.de wurde geschaffen. Sie fungiert als die Koordinierungsstelle für Patenschaftsprojekte und ist Ansprechpartner für Initiativen und Organisationen im Land, die Patenprojekte initiieren wollen. Das Engagementportal www.engagiert-in-sachsen-anhalt.de mit umfassenden Informationen und Tipps rund um das Bürgerschaftliche Engagement in Sachsen- Anhalt wurde erstellt. Eine Kultur der öffentlichen Anerkennung von ehrenamtlicher Arbeit wurde geschaffen u. a. mit der „Verleihung der Ehrennadel des Landes Sachsen-Anhalt“, der Ernennung von „Engagementbotschaftern Kultur“, der Festveranstaltung „Politik sagt Danke“ am Tag des Ehrenamtes. Damit würdigt die Landesregierung das Bürgerschaftliche Engagement verdienter Bürgerinnen und Bürger aus allen Gruppen der Bevölkerung. Das Dialogforum Bürgerschaftliches Engagement in Sachsen-Anhalt - eine landesweite Jahrestagung zu aktuellen Themen der Bürgergesellschaft - wird jährlich durchgeführt und aus Landesmitteln gefördert. Diese ermöglicht einen kontinuierlichen Austausch und die Vernetzung aller Akteure im Bereich des freiwilligen und bürgerschaftlichen Engagements. Ein landesweites, dezentrales Fortbildungsprogramm für Ehrenamtliche und die Qualifizierungsdatenbank der LAGFA (www.qualifiziert-engagiert.info) wurde aufgelegt . Ein erweiterter Versicherungsschutz (Haft- und Unfallversicherung) für alle Ehrenamtlichen wurde eingeführt. Ehrenamtliche müssen demnach nicht fürchten, aus dem Ehrenamt resultierende Versicherungsrisiken selbst zu tragen. Ein Nachweisheft über Bürgerschaftliches Engagement wurde eingeführt. Darin können sich freiwillig Engagierte von ihrem Verein oder ihrer Initiativgruppe ihre ehrenamtliche Tätigkeit und dabei erworbene Kompetenzen bestätigen lassen. Diese können beispielsweise mit den Bewerbungsunterlagen eingereicht werden. Jugendengagement wurde in den Rahmenrichtlinien und Lehrplänen verankert. 3 Seit 2010/2011 wurde durch das Kultusministerium das Konzept des „Service- Learning - Lernen durch Engagement“ in den Fachlehrplan der Sekundarschulen aufgenommen. Die Anerkennung von Eigenarbeitsleistungen als zuwendungsfähige Ausgaben bei der Förderung von Projekten ist nunmehr möglich, in denen vorrangig auf freiwilliger Basis gearbeitet wird. Die durchschnittliche Engagementquote in den neuen Bundesländern beträgt 38 Prozent, so dass für Sachsen-Anhalt lediglich eine unerhebliche Abweichung zu verzeichnen ist. Anders stellt sich der bundesweite Vergleich dar. Die Engagementquote in den alten Bundesländern beträgt 45 Prozent und ist damit um 7 Prozentpunkte höher als in den neuen Bundesländern. Für diesen Unterschied gibt es verschiedene Erklärungsansätze , die sowohl situative als auch kulturelle Kriterien umfassen. Die Landesregierung geht von einer weiteren Zunahme der Engagementquote in Sachsen-Anhalt aus, unter anderem resultierend aus der hohen Engagementbereitschaft der Bürgerinnen und Bürger im Rahmen der Flüchtlingshilfe. Verlässliche Daten dazu wird der Freiwilligensurvey 2019 liefern. 2. Welche Notwendigkeiten und welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung die Rahmenbedingungen für das Ehrenamt in Sachsen-Anhalt zu verbessern ? Die Landesregierung wird die in den letzten Jahren geschaffenen Rahmenbedingungen für das freiwillige/ehrenamtliche Engagement verstetigen und bedarfsgerecht weiterentwickeln. So ist die Landesregierung derzeit damit befasst, den Unfallversicherungsschutz für freiwillig/ehrenamtlich Engagierte in individuell organisierten Gruppen und Initiativen zu verbessern. Für diesen Personenkreis (18 Prozent der Engagierten) wird ein Landessammelvertrag zur Unfallversicherung abgeschlossen werden. Derzeit wird das Ausschreibungsverfahren vorbereitet. Alle in Vereinen, Verbänden, Kirchen oder kommunalen Einrichtungen freiwillig/ ehrenamtlich organisierten Bürger und Bürgerinnen (82 Prozent der Engagierten) sind für den Fall eines Unfallschadens bereits über die Unfallkasse Sachsen-Anhalt versichert. Mit der Novellierung des Brandschutzgesetzes reagiert die Landesregierung bereits auf die sich ändernden Voraussetzungen im Bereich des Ehrenamtes bzw. bei ehrenamtlicher Tätigkeit und erweitert dafür die Rahmenbedingungen. Insbesondere ermöglicht das Brandschutzgesetz künftig, dass Einsatzkräfte bis zum 67. Lebensjahr aktiv mitwirken dürfen, sich bei Einsätzen Freistellungs- und Entgeltanspruch auch auf den zur Wiederherstellung der Arbeits- und Dienstfähigkeit erforderlichen Zeitraum danach erstrecken , 4 bei Einstellungen der Gemeinde Mitglieder im Einsatzdienst der Feuerwehr dieser Gemeinde bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt berücksichtigt werden, wenn nicht andere rechtlich schützenswerte Gründe überwiegen , die in der Person eines anderen Bewerbers/einer anderen Bewerberin liegen und Gesundheitsschäden von Feuerwehrangehörigen, die im Rahmen des Feuerwehrdienstes entstanden sind oder sich verschlechtert haben und nicht den Kausalitätsanforderungen eines Arbeitsunfalles entsprechen, ohne Anerkennung eines Rechtsanspruches aus einem gesonderten Fonds der Gemeinden entschädigt werden können. 3. Welche Überlegungen gibt es den o. g. Runderlass zu modernisieren und an die aktuellen Herausforderungen anzupassen, insbesondere vor dem Hintergrund der Novelle des Brandschutzgesetzes? Im Zusammenhang mit der Novellierung des Brandschutzgesetzes war es nicht erforderlich , den genannten Runderlass des Ministeriums für Inneres und Sport zu modifizieren . Der Runderlass berücksichtigt die ehrenamtlichen Tätigkeiten auf dem Gebiet des Brandschutzes und regelt angemessen die Aufwandsentschädigung. Im Hinblick auf die im Ehrenamt bzw. bei ehrenamtlicher Tätigkeit im kommunalen Bereich gewährten Aufwandsentschädigungen wurden die monatlichen Höchstsätze und Sitzungsgelder zuletzt im Jahr 2014 im Zusammenhang mit der Neufassung der Entschädigungsregelungen durch den angegebenen Runderlass angepasst. Eine erneute Überprüfung und - soweit erforderlich - Anpassung der Höchstsätze und Sitzungsgelder wird turnusgemäß im Jahr 2019 erfolgen. Die notwendigen Auslagen im Ehrenamt bzw. bei ehrenamtlicher Tätigkeit werden in Übereinstimmung mit der Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 1 des Kommunalverfassungsgesetzes in vollem Umfang erstattet. Teil 3 Nr. 2 des angegebenen Runderlasses konkretisiert diese Vorschrift lediglich im Hinblick auf das Antragserfordernis und den frühestmöglichen Zeitpunkt der Erstattung. Eine Änderung der Erlassregelung ist auch insoweit nicht erforderlich.