Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1722 09.08.2017 (Ausgegeben am 09.08.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Swen Knöchel (DIE LINKE) Umsetzung des Pflegeberufegesetzes (PflBG) in Sachsen-Anhalt I (Grundsätzliches ) Kleine Anfrage - KA 7/968 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 22. Juni 2017 beschloss der Deutsche Bundestag nach einer zuvor jahrelang geführten Debatte über die Zukunft der Pflegeausbildung das Pflegeberufereformgesetz (PflBRefG), dessen Kernstück das neue Pflegeberufegesetz (PflBG) ist. Das PflBG sieht zahlreiche Ermächtigungen zugunsten der Bundesländer zur näheren Ausgestaltung dieses Gesetzes vor. Zwar soll das Bundesgesetz erst vollständig am 1. Januar 2020 in Kraft treten, damit jedoch auch zukünftig eine qualitativ und quantitativ hochwertige Pflegeausbildung im Land Sachsen-Anhalt gewährleistet werden kann, bedarf es aber intensiver und teilweise zeitaufwendiger Vorarbeiten in unserem Bundesland . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung: Für ein Inkrafttreten des Pflegeberufereformgesetzes müssen mehrere Voraussetzungen gegeben sein, so u. a. zunächst die Zustimmung des Bundesrates. Diese wurde am 07. Juli 2017 erteilt und damit zeitlich nach Eingang der Kleinen Anfrage vom 05. Juli 2017 bei der Landesregierung. Die Veröffentlichung des Gesetzes erfolgte am 24. Juli 2017. Die Landesregierung muss nunmehr Festlegungen zur Umsetzung des Pflegeberufegesetzes (= Art. 1 des Pflegeberufereformgesetzes) treffen, die verschiedener Klärungen und Abstimmungen bedürfen. Dies betrifft auch Zuständigkeiten innerhalb der Landesregierung, da wenigstens drei Ministerien betroffen sind (Ministerium für Bil- 2 dung, Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung sowie Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration). Zum gegenwärtigen Zeitpunkt können die Fragen daher nur eingeschränkt beantwortet werden. 1. Wie bewertet die Landesregierung das beschlossene Pflegeberufegesetz? Inwieweit war die Landesregierung in die Erarbeitung dieses Gesetzes (insbesondere in der nun verabschiedeten Fassung) involviert? Die Landesregierung begrüßt das Pflegeberufegesetz. Die pflegerische Versorgung in Krankenhäusern und in ambulanten und stationären Pflegeeinrichtungen steht vor enormen Herausforderungen. Hierzu zählen z. B., dass - Demenzpatienten in Krankenhäusern eine andere Pflege brauchen als nicht demente Akut-patienten; - der Behandlungspflegebedarf im Bereich der Langzeitpflege steigt - auch vor dem Hintergrund, dass Patienten früher aus Krankenhäusern entlassen werden; - ambulante Versorgungsformen zunehmend wichtiger werden; - die spezifischen Anforderungen an die Pflege (chronisch) kranker Kinder und Jugendlicher sowie von Personen mit psychischen Erkrankungen steigen und - künftig pflegewissenschaftliches Wissen schneller in die Praxis überführt werden muss. Diese Herausforderungen können nur mit entsprechend ausgebildeten Fachkräften bewältigt werden. Zudem werden mit diesem Bundesgesetz auch für Sachsen-Anhalt die Voraussetzungen für eine Ausbildungsumlage geschaffen. Eine Ausbildungsumlage konnte bisher in Sachsen-Anhalt ohne eine bundesrechtliche Änderung des Altenpflegegesetzes nicht eingeführt werden, da hier im Land trotz der widrigen Umstände derzeit noch genügend Personen im Bereich der Altenpflege ausgebildet werden. Die Landesregierung hat die Ausgestaltung des Gesetzes im Rahmen der Teilnahme an Minister-konferenzen, an vorbereitenden Bund-Länder-Arbeitsgruppen und im Bundesratsverfahren begleitet. 2. Wie viele Schüler/innen werden derzeit in Sachsen-Anhalt in den Bildungsgängen /Fachrichtungen Gesundheits- und Krankenpflege, Altenpflege und Kinderkrankenpflege ausgebildet? Bitte für jeden Bildungsgang/für jede Fachrichtung gesondert und unterteilt nach Schulen in öffentlicher und freier Trägerschaft darstellen. Die Schülerzahlen in der Pflege stellen sich im Schuljahr 2016/2017 wie folgt dar: 3 Gesamt Öffentliche Schulen Schulen in freier Trägerschaft Altenpflege 2149 502 1647 Gesundheits- und Krankenpflege 1437 613 824 Gesundheits- und Kinderkrankenpflege 117 63 54 (Quelle: Statistisches Landesamt) 3. Welches Landesministerium wird ab dem 1. Januar 2020 federführend für die neu geregelte Pflegeausbildung zuständig sein? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. 4. Welche geltenden Gesetze, Verordnungen und Erlasse sind in Sachsen- Anhalt bis zum Inkrafttreten des Pflegeberufegesetzes zu ändern oder neu zu fassen und bis zu welchem Zeitpunkt ist hiermit spätestens zu rechnen? Ein Normenscreening der zu ändernden Gesetze, Verordnungen und Erlasse ist noch nicht abgeschlossen. Nicht alle betroffenen Regelungen müssen zum gleichen Zeitpunkt geändert oder neu gefasst werden, so dass die jeweiligen Normsetzungsverfahren unterschiedlichen Fristen unterliegen. 5. Welchen schulrechtlichen Status werden die Pflegeschulen in Sachsen- Anhalt ab dem 1. Januar 2020 innehaben? Vor dem Hintergrund, dass die Altenpflegeschulen bisher als sogenannte Ersatzschulen geführt werden, die Kranken- bzw. Kinderkrankenpflege-schulen jedoch nicht. Die Entscheidung über den schulrechtlichen Status ist Teil der noch zu treffenden Festlegungen (s. Vorbemerkung der Landesregierung). 6. Falls die Pflegeschulen ab dem 1. Januar 2020 einheitlich als Ersatzschulen geführt werden sollen: a. Inwieweit müssen die bisherigen Kranken- und Kinderkrankenpflegeschulen ein Ersatzschulgenehmigungs- und/oder -anerkennungsverfahren durchlaufen? Welche Fristen wären hierbei zu beachten? b. Ist für die verschiedenen neu vorgesehenen Ausbildungszweige jeweils ein gesondertes Genehmigungs- und Anerkennungsverfahren sowie ggf. jeweils eine gesonderte Wartefrist bis zur erstmaligen Gewährung von Finanzhilfe bzw. bis zur erstmaligen Auszahlung der Ausbildungskosten gemäß §§ 30 Abs. 1 oder 31 Abs. 1 PflBG zu durchlaufen? Falls ja, gilt dies dann jeweils auch für bereits staatlich anerkannte Träger von freien Alten- oder Krankenpflegeschulen? Hinsichtlich der Festlegungen zu diesen Verwaltungsverfahren wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. 4 c. Inwieweit sind die im Pflegeberufegesetz vorgesehenen Regelungen zu den Pflegeschulen in freier Trägerschaft mit den Vorgaben von Art. 7 Abs. 4 Grundgesetz, Art. 28 Abs. 2 Landesverfassung und der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu den Ersatzschulen aus der Sicht der Landesregierung kompatibel? Anhaltspunkte, dass die Regelungen zu den Pflegeschulen in freier Trägerschaft verfassungsrechtlich bedenklich sind, werden nicht gesehen. 7. Falls die Pflegeschulen ab dem 1. Januar 2020 einheitlich unter der Aufsicht des Landesministeriums für Arbeit, Soziales und Integration geführt werden sollen: a. Behalten die bisherigen Altenpflegeschulen ihren Ersatzschulstatus? b. Welche Regularien gelten für die Neugründung von Pflegeschulen in freier Trägerschaft und inwieweit könnten derartige Neugründungen begrenzt werden? c. Wären dann weiterhin öffentliche Pflegeschulen an bestimmten staatlichen Berufsschulzentren zu finden? Falls ja, an welchen konkreten Standorten? d. Inwieweit würde dann das Landesschulamt weiterhin als Träger im Sinne von § 178 SGB III für Maßnahmen zur Förderung der beruflichen Weiterbildung (in diesem Fall Umschulung von Leistungsempfängern nach den SGB II + III in Pflegeberufen) fungieren, wenn diese von Pflegeschulen in öffentlicher Trägerschaft angeboten werden? Auch diese Fragen betreffen den schulrechtlichen Status und mit diesem im Zusammenhang stehende Aspekte (z. B. Verwaltungsverfahren, Einbindung des Landesschulamtes ); sie werden erst nach der Zuständigkeitsfestlegung beantwortet werden können (vgl. Antwort zu Frage 3). 8. § 29 Abs. 3 PflBG schreibt vor, dass die Pflegeausbildung in der Region nicht gefährdet werden darf und sieht Regelungen vor, wie zu verfahren ist, falls eine Pflegeschule gefährdet ist, obwohl sie in der Region erforderlich ist. Gibt es gegenwärtig aus der Sicht der Landesregierung im Land Sachsen -Anhalt Regionen, wo die Sicherstellung der Pflegeausbildung gegenwärtig oder künftig gefährdet sein könnte? Falls ja, um welche Regionen handelt es sich dabei und welche Gegenmaßnahmen plant die Landesregierung ? Gegenwärtig sind keine Regionen in Sachsen-Anhalt bekannt, in der die Sicherstellung der Pflegeausbildung gefährdet ist. Auch im Rahmen der Umsetzung des Pflegeberufegesetzes wird der Landesregierung die Pflegeausbildung im Land ein wichtiges Anliegen bleiben.