Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1747 16.08.2017 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 16.08.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Erasmus+ in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/896 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Bildungsprogramm Erasmus+ der Europäischen Union soll Kompetenzen und Beschäftigungsfähigkeit verbessern und die Modernisierung der Systeme der allgemeinen und beruflichen Bildung und der Kinder- und Jugendhilfe voranbringen. Außerdem soll es der Umsetzung der Ziele der Europa 2020-Strategie dienen für mehr Wachstum, soziale Gerechtigkeit und Integration. Vor allem im Schulbereich soll unter anderem mit diesem Programm die Schulabbrecher*innenquote gesenkt, die berufliche Kompetenz von Lehrkräften und Schulleitungen gestärkt werden und die Teilnahme an und die Qualität der frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung verbessert werden. Im Hochschulbereich sollen Kooperationen und Internationalisierungsmaßnahmen unterstützt werden und auch im Sport sollen Kooperationspartnerschaften und gemeinnützige europäische Sportveranstaltungen gefördert werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Mit der Einführung des EU-Bildungsprogramms ERASMUS+ für allgemeine und berufliche Bildung, Jugend und Sport im Jahr 2014 wurde ein integriertes Programm 2 geschaffen, das eine Reihe von Vorgängerprogrammen zu einem Programmkomplex von sieben Programmen zusammenführte. Die Vorgängerprogramme für lebenslanges Lernen mit den Programmen Comenius (Schulbildung), Erasmus (Hochschulbildung ), Grundtvig (Erwachsenenbildung), Leonardo da Vinci (Berufsbildung), Jugend und Sport sowie die europäischen Kooperationsprogramme im Hochschulbereich wurden integriert. Eine stärkere Ausrichtung auf die Bildungsziele der Europa 2020- Strategie war damit beabsichtigt. Mit einer vereinheitlichten Struktur sollten die Antragsverfahren und das Management der einzelnen Bildungsprogramme vereinfacht und transparenter gestaltet werden. Es sollten außerdem mehr Synergien, u. a. durch die Entwicklung sektorübergreifender Projekte, ermöglicht werden. Eine Einschätzung der ersten Halbzeit des ERASMUS+-Programms wird die EU-Kommission auf der Grundlage einer Zwischenevaluierung, die bis zum 31.05.2017 stattfand, vornehmen . Für die Programmdurchführung und damit auch für die Bereitstellung von Daten sind in Deutschland vier Nationale Agenturen zuständig. Frage 1: Wie viele Organisationen und Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt haben eine finanzielle Unterstützung im Rahmen des Erasmus+-Programms beantragt und erhalten? Antwort: In den Programmjahren 2014 bis 2016 haben 79 Organisationen und Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt eine finanzielle Unterstützung beantragt und erhalten: Institutionen des Hochschulbereichs: 9 Institutionen der Erwachsenenbildung: 7 Institutionen des Sports: 1 Institutionen der beruflichen Aus- und Weiterbildung: 23 Institutionen der Allgemeinbildung: 21 Institutionen im Jugendbereich: 18 Die Angaben für 2017 wurden noch nicht von allen zuständigen Nationalen Agenturen vorgelegt, deshalb ist dieses Programmjahr nicht berücksichtigt. Frage 2: Wie bewertet die Landesregierung diese Zahlen im Vergleich zu anderen Bundesländern ? Antwort: Von den mit der Durchführung des Programms beauftragten Nationalen Agenturen wird ein Ländervergleich nicht vorgenommen. Eine detaillierte Bewertung auf der Grundlage von Vergleichsdaten ist deshalb nicht möglich. Die Landesregierung bewertet diese Zahlen für den Hochschulbereich positiv. Die Tatsache, dass acht Hochschulen des Landes erfolgreich an dem Programm teilgenommen haben, zeigt, dass das Programm und seine Regularien den Hochschulen bekannt sind und diese auch über ausreichende Erfahrungen verfügen, um erfolgreiche Anträge zu stellen. In der Leitaktion 1 (Mobilität von Einzelpersonen) liegt der 3 jährliche Bewilligungsanteil1 für Sachsen-Anhalt bei Aktionen mit Programm- und Partnerländern bei 2 % (2016 nur 1 %). Die Hochschulen Sachsen-Anhalts konnten hier im Vergleich zum Vorjahr die eingeworbenen Mittel wieder beachtlich erhöhen und nutzen damit in höherem Maße das Programm als Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland, Schleswig-Holstein oder Bremen. Gleichwohl könnten aus Sicht der Landesregierung die Hochschulen noch stärker an dem Programm partizipieren, indem sie die Anzahl der erfolgreich eingeworbenen Projekte steigern. Die Beteiligung schulischer Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt ist mit der der anderen mitteldeutschen Länder vergleichbar, liegt jedoch insgesamt im unteren Bereich und bietet Potenzial für Steigerungen. Im Bereich Jugend von ERASMUS+ gehört Sachsen-Anhalt sowohl mit der Zahl der Projekte als auch nach dem Umfang der eingeworbenen Mittel zur Spitzengruppe der deutschen Länder. Frage 3: Für welche Bereiche/Leitaktionen wurden Fördermittel aus dem Programm Erasmus+ von Organisationen und Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt beantragt ? Bitte unterteilen nach Leitaktionen. Antwort: Für ERASMUS+ im Hochschulbereich wurden Fördermittel wie folgt beantragt: Leitaktion 1 (Mobilität von Einzelpersonen): Mobilität mit Programmländern (KA 103) und Mobilität mit Partnerländern (KA 107) Erasmus Mundus Joint Master Degrees Leitaktion 2 (Partnerschaften und Kooperationsprojekte): Erasmus+ Strategische Partnerschaften (KA 203) Kapazitätsaufbauprojekte Leitaktion 3 (Politikunterstützung): Die Projekte für die Leitaktion 3 werden, ebenso wie die zuvor genannten Kapazitätsaufbauprojekte der Leitaktion 2, direkt in Brüssel beantragt, daher liegen keine Angaben vor. Aus Sachsen-Anhalt ist nach Auskunft des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) aber eine Hochschule, die nicht näher benannt wird, in der Leitaktion 3 als Partner an einem Projekt beteiligt. Im Programmbereich „ERASMUS+ Jugend in Aktion“ wurden Fördermittel in den Leitaktionen 1 „Lernmobilität von Einzelpersonen“ und 3 „Politikunterstützung“ beantragt . Im Programmbereich „ERASMUS+ - Schulbildung“ wurden Fördermittel in den Leitaktionen 1 „Mobilitätsprojekte für Schulpersonal - Europäische Fortbildungen“ und 2 „Strategische Partnerschaften“ beantragt. 1 Anteil der bewilligten Mittel für Hochschulen in Sachsen-Anhalt an den insgesamt für alle deutschen Hochschulen bewilligten Mitteln  4 Im Programmbereich „ERASMUS+ - Berufsbildung“ wurden Fördermittel in den Leitaktionen 1 „Individuelle Mobilität“ und 2 „Strategische Partnerschaften“ beantragt. Im Programmbereich „ERASMUS+ - Erwachsenenbildung“ wurden Fördermittel in den Leitaktionen 1 „Mobilität“ und 2 „Strategische Partnerschaften“ beantragt. Frage 4: Wie viele Menschen aus Sachsen-Anhalt konnten in dieser Förderperiode (2014 bis 2020) bisher an dem Programm Erasmus+ partizipieren? Bitte untergliedern , falls bekannt, nach Leitaktion. Antwort: ERASMUS+ im Hochschulbereich: Leitaktion 1 (Mobilität von Einzelpersonen): Mobilität mit Programmländern (KA 103): 2014 partizipierten 885 Personen. Für die Jahre 2015 bis einschließlich 2017 wurden Mobilitäten für insgesamt 2.723 Personen bewilligt. Da diese Projekte noch nicht abgerechnet sind, sind die endgültigen Zahlen noch nicht bekannt. Mobilität mit Partnerländern (KA 107): für die Jahre 2015 bis 2017 wurden Mobilitäten für insgesamt 256 Personen bewilligt . Da diese Projekte noch nicht abgerechnet sind, sind die endgültigen Zahlen noch nicht bekannt. Erasmus Mundus Joint Master Degrees Hierzu liegen dem DAAD keine Angaben vor. Leitaktion 2 (Partnerschaften und Kooperationsprojekte): Bei der Leitaktion 2 (Strategische Partnerschaften und Kapazitätsaufbauprojekte) handelt es sich um Kooperationen zu fachlichen Themen. Mobilitäten können damit verbunden sein, in der Regel werden diese in der Leitaktion 1 berücksichtigt. Es liegen dem DAAD keine weiteren Angaben vor. Leitaktion 3 (Politikunterstützung): Primäre Zielstellung ist nicht die Mobilität von Einzelpersonen. Es liegen keine Angaben vor. „ERASMUS+ Jugend in Aktion“: An den aus Landesmitteln unterstützten Projekten konnten rund 1.100 Teilnehmende partizipieren. Für die übrigen Programmbereiche liegen keine Zahlenangaben vor. Frage 5: Sind der Landesregierung Probleme in Bezug auf das Antragsverfahren, z. B. bezüglich Länge und Aufwand des Verfahrens, bekannt? Antwort: 5 Die Antrags-, Förder- und Berichtsverfahren wurden für das Gesamtprogramm vereinheitlicht , was dazu führt, dass alle Einrichtungen, unabhängig von Größe und Struktur, dieselben Verwaltungsverfahren durchlaufen müssen. Das neue komplexe Verfahren stellt einen deutlich erhöhten Aufwand dar, dessen bürokratisches Antragsverfahren allgemein kritisiert wird, da zu viele Personalkapazitäten gebunden werden. Insbesondere in kleineren Hochschulen wird oftmals das Stammpersonal für die Umsetzung des Programms eingesetzt, weil die aus dem Programm den Hochschulen zugewiesenen Mittel nicht ausreichen, um eigenes Erasmus+-Personal einzustellen. Des Weiteren sind die mit dem Programm neu eingerichteten IT-Instrumente relativ aufwendig und können kleinere Hochschulen überfordern . Sie seien außerdem in der Anlaufphase des Programms nicht voll funktionsfähig gewesen. Für die Bereiche der schulischen und beruflichen Bildung wie auch für die Erwachsenenbildung treten diese Probleme deutlich verstärkt auf, da die Verwaltungsverfahren der Realität im Schulbereich nicht entsprechen und lediglich das freiwillige Engagement von Lehrkräften sowie von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zur Verfügung steht, um den erheblichen Aufwand zu bewältigen. Frage 6: Inwieweit setzt sich die Landesregierung für einen vereinfachten Zugang und eine bessere Finanzierbarkeit im Rahmen des Erasmus+-Programms auf Bundesebene ein? Antwort: 2017 führt die EU-Kommission zur Halbzeit des Programms ERASMUS+ eine Zwischenevaluation durch. In enger Abstimmung der Länder mit der Nationalen Agentur für „ERASMUS+ - Schulbildung“ wurden die Kritikpunkte in der deutschen Stellungnahme deutlich angesprochen. Ziel ist es, Verbesserungen für den Schulbereich für die laufende Programmperiode, auf jeden Fall jedoch für die nächste, zu erreichen. Fragen der Umsetzung und der Finanzierung von „Erasmus+ - Hochschulbildung“ werden in der Kultusministerkonferenz erörtert. In engem Kontakt mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung wird die Problemsicht der Länder kommuniziert . Sofern im Rahmen von Erasmus+ auf nationaler Ebene die Erstellung von Berichten /Evaluationen o. ä. erforderlich ist, wirkt das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung über die Kultusministerkonferenz an der Erarbeitung mit. Insbesondere Forderungen nach vereinfachtem Zugang und besserer Finanzierbarkeit können auf europäischer Ebene effizienter geltend gemacht werden, wenn Bund und Länder gemeinsam handeln. Die Länder wirken außerdem durch den Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Frage 7: Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Partizipation von Einrichtungen und Organisationen aus Sachsen-Anhalt am Programm Erasmus+ zu erhöhen? 6 Antwort: Das Ministerium für Bildung informiert die schulischen Einrichtungen regelmäßig und führt in Zusammenarbeit mit weiteren Partnern Informations- und Monitoringveranstaltungen sowie Einzelberatungen durch. Daran beteiligt sind u. a. die ERASMUS+- Moderatoren für den Schulbereich, das Landesschulamt, die EU Service-Agentur bei der Investitionsbank Sachsen-Anhalt und das Europäische Jugend-Kompentenzzentrum Sachsen-Anhalt „GoEurope“. Es kann davon ausgegangen werden, dass allen Schulen das Programmangebot bekannt ist. In Zusammenarbeit mit der Nationalen Agentur im Pädagogischen Austauschdienst wird auf vereinfachte Verfahren, eine schulgerechte Ausrichtung und eine bessere Mittelausstattung hingewirkt. Den Hochschulen ist das Programm Erasmus+ sehr gut bekannt. Um eine erhöhte Partizipation an dem Programm zu erreichen, müssten auch die von der EU bereitgestellten Programmmittel erheblich erhöht werden. Aktuell ist in allen Bildungsbereichen die Nachfrage größer als das zur Verfügung stehende Budget. Das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung unterstützt, wie andere Länder auch, die Bestrebungen der Kultusministerkonferenz zur Erhöhung der Programmmittel . Darüber hinaus sind die Hochschulen durch die mit ihnen abgeschlossenen Zielvereinbarungen aufgefordert, ihr internationales Engagement auf allen Ebenen zu verstärken und dem Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung hierzu regelmäßig zu berichten. Im Landeshaushalt 2017/2018 wurden aus dem Europäischen Sozialfonds, zusätzlich zu Erasmus+, Mittel in Höhe von insgesamt 16,5 Millionen Euro für Internationalisierungsmaßnahmen bereitgestellt, die beispielsweise für die Einrichtung von Graduiertenschulen , aber auch für die verbesserte Ausstattung der Hochschulen mit Humanressourcen, genutzt werden können. Der Landessportbund wird regelmäßig über das Programm ERASMUS+ informiert. Das Europäische Jugend-Kompetenzzentrum Sachsen-Anhalt „GoEurope“ berät junge Menschen und Träger der Jugendarbeit über Mobilitätsmöglichkeiten im Rahmen europäischer Programme (Europäischer Freiwilligendienst, Jugendaustausch, etc.). Frage 8: Wie viele Schulen oder vorschulische Einrichtungen aus Sachsen-Anhalt haben sich im Rahmen des eTwinning an einem Erasmus+-geförderten Kooperationsprojekt beteiligt? Antwort: Unter dem Programmtitel „eTwinning“ werden virtuelle Schulpartnerschaften in Europa unterstützt. Schulen können über die eTwinning-Plattform mit europäischen Partnerklassen Austausch- und Unterrichtsprojekte durchführen, indem sie in einem geschützten virtuellen Klassenraum („TwinSpace“) zusammen arbeiten. Diese Zusammenarbeit kann unabhängig von einem ERASMUS+ geförderten Projekt durchgeführt werden. Von 2014 bis 2016 haben sich 221 Lehrkräfte und 134 Schulen aus Sachsen-Anhalt bei eTwinning registriert. Aktuell unterhalten 133 Schulen Partnerschaften auf dieser 7 Grundlage und es wurden 62 eTwinning-Projekte registriert. Ein Abgleich, welche oder wie viele dieser Projekte oder Partnerschaften mit ERASMUS+ verbunden sind, wird durch die Nationale Agentur nicht vorgenommen. Frage 9: Beteiligt sich die Landesregierung an der Online-Befragung zur Halbzeit des EU-Bildungsprogramms Erasmus+? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Die Belange des Hochschulbereichs, sofern sie von grundsätzlicher Bedeutung sind, werden entweder über den Bundesrat oder über die Kultusministerkonferenz kommuniziert . Im vorliegenden Fall war das Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung über die Kultusministerkonferenz an der Erstellung des Nationalen Berichts beteiligt, der anlässlich der Halbzeitevaluation von Erasmus+ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von der Kultusministerkonferenz gemeinsam der Europäischen Kommission übergeben wurde. Das Ministerium für Bildung war in vergleichbarer Weise an der Erstellung des Nationalen Berichts im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Nationalen Agentur im Pädagogischen Austauschdienst der Kultusministerkonferenz und über den Bundesrat beteiligt.