Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1816 05.09.2017 (Ausgegeben am 06.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Verantwortlichkeit für das Tagebaurestloch Vollert-Süd, sog. „Schwelvollert“ (Stadt Teuchern, Burgenlandkreis) Kleine Anfrage - KA 7/1009 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das Tagebaurestloch Vollert-Süd entstand durch die Auskohlung des Tagebaus Vollert -Süd bis zum Jahr 1949, mit Unterbrechung zu Ende des Zweiten Weltkrieges. Ab 1950 wurden Schwelwässer aus der Braunkohlenveredlung in das Restloch eingeleitet . Zunächst wurden diese nur hier zwischengelagert, um anschließend im Plattendolomit versenkt zu werden, später wurden die Schwelwässer in dem Restloch gestapelt . Wann die Einleitung tatsächlich endete, ist umstritten. Drei der betroffenen Grundstücke befanden sich durchgehend im Eigentum Privater. Zwei der betroffenen Grundstücke sind noch heute im Grundbuch als „Eigentum des Volkes“ eingetragen. Eine Vermögenszuordnung fand für die letztgenannten Grundstücke bislang nicht statt. Aus der Bergaufsicht sei das Restloch bereits nach dem Recht der DDR entlassen worden. Trotzdem wurde die Schwelwasserdeponie aus Mitteln der Braunkohlesanierung des Bundes und des Landes Sachsen-Anhalt durch die Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) saniert. Unabhängig davon gehen aufgrund der mangelnden Standsicherheit der Restlochböschungen , v. a. aber von dem Wasserkörper weiter Gefahren aus, da die eingeleiteten Schwelwässer in dem Restloch verblieben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Vorbemerkung der Landesregierung: Das Tagebaurestloch wurde zu DDR-Zeiten von 1950 bis 1968 als industrielle Absetzanlage durch die Schwelerei Deuben für die Endlagerung von phenolhaltigen 2 Produktionsabwässern genutzt. Im Rahmen des Bund-Länderabkommens zur Braunkohlesanierung wurde das Tagebaurestloch unter Führung der Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) und wissenschaftlicher Begleitung durch das Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle von 1995 bis 2001 teilsaniert . Ursprüngliches Ziel war die Herstellung eines Standwasserbiotops. Nach umfangreichen Sanierungsmaßnahmen gelang es, den oberen Wasserkörper bis - 8 m Tiefe abzureinigen (Sanierungsmethoden: Flockung mit FeCl3, Neutralisierung mit Kalkmilch ). Für die restliche Wassertiefe (- 8 m bis - 27 m Tiefe) sowie für die schadstoffangereicherten Sedimente kam das frühere Regierungspräsidium Halle in seiner fachtechnischen Stellungnahme vom 16. Dezember 2002 zu der Bewertung, dass ab 8 m Tiefe das Tiefenwasser Deponiecharakter mit intensivem Schwel- und Faulgeruch, Dunkelfärbung und mit der Tiefe zunehmende Konzentrationen an NH4, CSB, DOC und Gesamtphenolen aufweist. Das Tiefenwasser ist sauerstofffrei und methanhaltig. Mit dem Ergebnisbericht zum Grundwassermonitoring im Jahr 2003 und dem Nachweis , dass die Hauptgrundwasserleiter 52 und 61 zum damaligen Zeitpunkt keine Schadstoffe aufwiesen, wurde die Sanierung seitens der LMBV als abgeschlossen erklärt. Das Restloch wird als Altlast im Fachinformationssystem „Bodenschutz“ unter der Katasternummer 13237 geführt. Eine gefahrlose Nachnutzung ist derzeit nicht möglich . Frage 1: Wann und auf welcher Rechtsgrundlage wurde das Tagebaurestloch Vollert- Süd aus der Bergaufsicht entlassen? Antwort zu Frage 1: Unterlagen über eine formelle Beendigung der Bergaufsicht liegen dem Landesamt für Geologie und Bergwesen (LAGB) als zuständige Behörde für das Bergwesen im Lande nicht vor. Die Gewinnungsarbeiten in diesem Restloch wurden vor 1945 eingestellt . Auch zu DDR-Zeiten unterlag der Betrieb keinen bergrechtlichen Regelungen und wurde als sog. „Altbergbau ohne Rechtsnachfolger“ in der Verantwortung der damaligen Räte der Bezirke betrachtet. Nach § 169 Abs. 2 des Bundesberggesetzes (BBergG) ist dieses Gesetz weiterhin nicht auf Betriebe anzuwenden, die bei Inkrafttreten des BBergG bereits endgültig eingestellt waren. Frage 2: Welche Gefahren gehen nach Kenntnis der Landesregierung von dem Tagebaurestloch aufgrund mangelnder Standsicherheit der Restlochböschungen aus? Wer ist die zuständige Behörde, welche Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu treffen hätte? 3 Antwort zu Frage 2: Die letzte Kontrollbefahrung des Tagebaurestlochs Vollert-Süd erfolgte durch Mitarbeiter des LAGB am 27. Januar 2015. Dabei wurde kein akuter Handlungsbedarf für die Vornahme von Gefahrenabwehrmaßnahmen festgestellt. Soweit einige wenige und kleinräumige Steilböschungsbereiche mit Standsicherheitsbeiwerten im Grenzbereich vorliegen, sind diese gegen das Betreten durch Warnschilder gesichert. Mit der „Verordnung zur Übertragung von Zuständigkeiten im Altbergbau“ vom 19. Dezember 2007 (GVBl. LSA Nr. 34/2007) wurde dem LAGB die Zuständigkeit für Maßnahmen der Gefahrenabwehr zur Abwehr von Gefahren aus früherer bergbaulicher Tätigkeit in Bereichen stillgelegter Anlagen, die nicht mehr der Bergaufsicht unterliegen , übertragen, soweit es sich dabei um geotechnische Gefährdungen handelt. Frage 3: Inwieweit laufen Grundstückseigentümer der betroffenen Grundstücke Gefahr, als Verantwortlicher nach § 8 Abs. 2 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) zu Gefahrenabwehrmaßnahmen nach Frage 2 in Anspruch genommen zu werden? Antwort zu Frage 3: Bei Vorliegen einer Gefahr i. S. v. § 3 Nr. 3 SOG LSA können auch die Eigentümer der betroffenen Grundstücke nach § 8 Abs. 2 SOG LSA zu Gefahrenabwehrmaßnahmen herangezogen werden. Dabei ist nach § 5 SOG LSA dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung zu tragen. Frage 4: Welche Gefahren gehen nach Kenntnis der Landesregierung von dem Wasserkörper in dem Tagebaurestloch aus? Wer ist die zuständige Behörde, welche Maßnahmen der Gefahrenabwehr zu treffen hätte? Antwort zu Frage 4: Zu den Gefahren des Wasserkörpers wird auf die Vorbemerkung der Landesregierung verwiesen. Zuständig für Maßnahmen zur Gefahrenabwehr ist gem. § 18 Abs. 1 des Ausführungsgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zum Bundes-Bodenschutz die untere Bodenschutzbehörde des Burgenlandkreises. Frage 5: Inwieweit laufen Grundstückseigentümer der betroffenen Grundstücke Gefahr, als Verantwortlicher nach § 8 Abs. 2 SOG LSA zu Gefahrenabwehrmaßnahmen nach Frage 4 in Anspruch genommen zu werden? Antwort zu Frage 5: Nach § 4 Abs. 2 des Bundes-Bodenschutzgesetzes (BBodSchG) können Grundstückseigentümer verpflichtet werden, Maßnahmen zur Abwehr der von ihrem Grundstück drohenden schädlichen Bodenveränderungen zu ergreifen. Gfs. kommt für Grundstückseigentümer nach § 4 Abs. 3 BBodSchG auch die Verpflichtung in Betracht , durch schädliche Bodenveränderungen oder Altlasten verursachte Verunreinigungen von Gewässern zu sanieren. Dabei wird die Belastung des Eigentümers mit den Kosten der Sanierungsmaßnahme durch den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit 4 begrenzt, soweit sie dem Eigentümer nicht zumutbar ist (vgl. Beschluss des Bundesverfassungsgerichts -BVerfG vom 16. Februar 2000 - 1 BvR 242/91 -).