Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1842 13.09.2017 (Ausgegeben am 14.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Roi (AfD) Outlet-Center Sandersdorf-Brehna Kleine Anfrage - KA 7/1022 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das „Halle Leipzig The Style Outlets“-Center in Sandersdorf-Brehna soll laut Zeitungsberichten der MZ vom 5. April 2017 erweitert werden und mehr Kunden anlocken . Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung Frage 1: Wie viele Läden und Firmen und dergleichen sind momentan dort bereits für Kunden geöffnet? Nach Angaben des Unternehmens sind derzeit 45 Shops und 3 Gastronomiebetriebe für Kunden geöffnet. Frage 2: Wie viele Läden und Firmen und dergleichen sind für die Zukunft insgesamt geplant? Nach Angaben des Unternehmens wird die zweite Bauphase, die bis 2018 abgeschlossen sein soll, zusätzlich über 7.000 qm vermietbare Fläche und somit Platz für etwa weitere 40 Shops im Halle Leipzig The Style Outlet schaffen. Frage 3: Wie viele Läden und Firmen sind ursprünglich aus Sachsen-Anhalt und zahlen hier Steuern? Hierbei handelt es sich um interne Unternehmensinformationen. Angaben hierzu liegen der Landesregierung nicht vor. 2 Frage 4: Wie hoch sind die Steuereinnahmen durch das Outlet-Center? Die Stadt Sandersdorf-Brehna hat im Haushaltsjahr 2017 erstmalig Vorauszahlungen zur Gewerbesteuer durch Gewerbetreibende des Outlet-Centers in Höhe von 1.501,90 € erhalten. Der prozentuale Anteil der Gewerbesteuerzahlung durch das Outlet-Center an den bisherigen Gesamterträgen zur Gewerbesteuer 2017 liegt derzeit bei lediglich 0,029%. Die Stadt Sandersdorf-Brehna hat für das Haushaltsjahr 2017 keine Mehrerträge zur Gewerbesteuer aufgrund des Outlet-Centers in ihrem Haushalt eingeplant. Aufgrund der Geringfügigkeit der bisherigen Vorauszahlungen im Haushaltsjahr 2017 wird aufgrund dessen auch in den Folgejahren kein Mehrertrag bei den Gewerbesteuern im Haushalt eingestellt. Weiterhin hat die Stadt Sandersdorf-Brehna Erträge aus der Grundsteuer B zu verzeichnen bzw. eingeplant. Die entsprechenden Erträge sind der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen: Grundsteuer B Planansatz Istergebnis 2013 61.200 € 61.286,12 € 2014 61.200 € 61.286,12 € 2015 31.000 € 29.667,40 € 2016 20.000 € 13.401,36 € 2017 64.000 € 64.902,48 € 2018 - 2021 (mifri Finanzplanung ) 64.900 € (pro Jahr) - Aufgrund von Bau- bzw. Umbaumaßnahmen am Objekt erhielt die Stadt Sandersdorf -Brehna, bedingt durch die Änderung des Einheitswertes, in den Jahren 2015 und 2016 geringere Grundsteuerzahlungen. Ab 2017 sind diese jedoch fast identisch wie in den vorangegangenen Jahren bis einschließlich 2014. Frage 5: Welche Auswirkungen hinsichtlich Umsatzentwicklung im Einzelhandel hat das Outlet-Center auf die Region, insbesondere auf die Nachbarstadt Bitterfeld- Wolfen? Im Rahmen des Baugenehmigungsverfahrens wurde ein Gutachten zu den möglichen städtebaulichen Auswirkungen des Outlet-Centers vorgelegt, in dem nachgewiesen wurde, dass keine städtebaulichen Auswirkungen i. S. v. § 34 Abs. 3 Baugesetzbuch (BauGB) auf die benachbarten Kommunen, hier auch auf Bitterfeld-Wolfen, zu erwarten sind. Im Ergebnis des Gutachtens wurde in der Baugenehmigung die maximale, für die untersuchten Städte verträgliche Verkaufsfläche, untergliedert in Bekleidung/Sport, Schuhe/Lederwaren und sonstige Randsortimente festgeschrieben. 3 Frage 6: Mit welchen Veränderungen ist in den Innenstädten der Nachbarkommunen zu rechnen? Wurde diesbezüglich evaluiert, welche negativen Auswirkungen ein solches Outlet-Center auf die Innenstädte der Region haben könnte? Wenn ja, mit welchen Kriterien wurde dort gearbeitet? Die Baugenehmigung für das Gesamtvorhaben „Factory Outlet-Center“ erfasst sowohl den ersten Bauabschnitt mit den unter der Antwort zu Frage 1 benannten 48 Ladeneinheiten als auch den in der MZ vom 05.04.2017 erwähnten zweiten Bauabschnitt mit den noch zu errichtenden Läden. Das Gutachten zu den zu erwartenden Auswirkungen auf die benachbarten Gemeinden wurde ebenfalls für das Gesamtvorhaben erstellt. Hierin wurden Auswirkungen auf die Städte im Landkreis Anhalt-Bitterfeld (u. a. Bitterfeld-Wolfen, Köthen, Zörbig, Sandersdorf-Brehna) und auf umliegende größere Städte (z. B. Halle, Leipzig, Dessau, Delitzsch) untersucht. Aufgrund von Klagen der Städte Leipzig und Dessau-Roßlau erfolgte eine gerichtliche Überprüfung des Vorhabens und der dazu erteilten Baugenehmigung. Die Klagen hatten keinen Erfolg. Im Urteil des VG Halle vom 24.04.2012, Aktenzeichen 2 A 189/11 HAL, betreffs der Stadt Dessau-Roßlau heißt es u. a.: „In Anwendung dieser Grundsätze lässt sich nicht feststellen, dass von dem Vorhaben der Beigeladenen schädliche Auswirkungen im Sinne des § 34 Abs. 3 BauGB auf die Innenstadt oder Nebenzentrum im Stadtgebiet der Klägerin als zentrale Versorgungsbereiche ausgehen. (...) Es steht aber zur Überzeugung der Kammer fest, dass das streitige Vorhaben keine schädlichen Auswirkungen auf die zentralen Versorgungsbereiche der Klägerin erwarten lässt. Dabei stützt sich die Kammer insbesondere auf die Ergebnisse des von dem Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachtens der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung mbH GMA vom Februar 2011.“ Eine inhaltliche identische Entscheidung traf das VG Halle mit Urteil vom 24.04.2012, Aktenzeichen 2 A 169/11 HAL, betreffs der Klage der Stadt Leipzig. Der Betreiber des Outlet-Centers wurde in der Baugenehmigung beauflagt, jede Nutzungsaufnahme /Nutzungsänderung in den einzelnen Läden mit Angabe des Sortiments und der entsprechenden Verkaufsfläche separat zu beantragen. Frage 7: Welche Summe wurde bisher investiert und wie hoch sind die geplanten Investitionen ? Hierbei handelt es sich um interne Unternehmensinformationen. Angaben zu getätigten Investitionen und/oder geplanten Investitionen liegen der Landesregierung nicht vor. 4 Frage 8: Welche Fördermittel und in welcher Höhe sind in das Outlet-Center bisher geflossen ? Bitte Förderbedingungen beifügen. Das Outlet-Center hat keinerlei Fördermittel von der Investitionsbank Sachsen-Anhalt erhalten und ist demzufolge nicht in der Datenbank der Investitionsbank als Kunde erfasst. Frage 9: Wie haben sich die Besucherzahlen seit Eröffnung entwickelt? Nach Angaben des Unternehmens wurden am Eröffnungstag die Erwartungen mit 20.000 Besuchern übertroffen, seither hält sich der Besucherzustrom stabil auf sehr hohem Niveau. In den ersten sechs Wochen kamen über 300.000 Besucher, in den ersten Monaten nach der Eröffnung zählte das Outlet ca. 930.000 Besucher, inzwischen über eine Million Besucher (Stand: 04.04.2017). In den ersten 12 Monaten werden über 1 Million Besucher erwartet, mittelfristig sollen jährlich über 2 Millionen Besucher das Center aufsuchen. Frage 10: Wie bewertet die Landesregierung die Behauptung, das Outlet-Center würde nicht im Einklang mit dem Landesentwicklungsplan stehen? Das Outlet-Center steht nicht im Einklang mit dem Landesentwicklungsplan. Gemäß Ziel 46 ist die Ausweisung für eine spezifische Form für großflächige Einzelhandelsbetriebe , Hersteller-Direktverkaufszentren (Factory-Outlet-Center - FOC), nur an integrierten Standorten in zentralen Orten der oberen Stufe vorzusehen, wobei die Attraktivität der Innenstädte dadurch nicht gefährdet werden darf. Daher ist das Outlet-Center bereits aufgrund der Tatsache landesplanerisch unzulässig , dass die Stadt Sandersdorf-Brehna keinerlei zentralörtliche Funktion hat. Trotz dieser klaren Regelung hatte die Landesregierung jedoch keine Handhabe, die Entstehung des Outlet-Centers an dem vorgesehenen Standort zu verhindern. Denn die Regelung des Landesentwicklungsplanes gilt für Einrichtungen der vorliegenden Art nur für die städtebauliche Planung am Standort. Hier hat allerdings das Verwaltungsgericht Halle im Rahmen von Eilverfahren der benachbarten Oberzentren Dessau -Roßlau und Halle festgestellt, dass der Standort nach § 34 BauGB als sog. unbeplanter Innenbereich zu bewerten ist. Im Rahmen dieser Vorschrift gehören die Belange der Raumordnung ausdrücklich nicht zu den Zulässigkeitsvoraussetzungen. Des Weiteren ist mittlerweile höchstrichterlich geklärt, dass Hersteller-Direktverkaufszentren zwar eine Sonderform des großflächigen Einzelhandels sind und den hierfür geltenden Regelungen unterliegen, sodass das vorhergehende Vorhandensein eines normalen großflächigen Einkaufszentrums vom Grundsatz her die Zulässigkeit des Outlet-Centers selbst nach § 34 BauGB begründet hat.