Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1846 13.09.2017 (Ausgegeben am 14.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Jan Wenzel Schmidt (AfD) Berechtigte Asylverfahren in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1061 Vorbemerkung des Fragestellenden: Laut § 16a Abs. 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (GG) genießen politisch Verfolgte in unserem Land Asylrecht. Laut Absatz 2 Satz 1 des Paragrafen kann sich darauf nicht berufen, „[...] wer aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist.“ Derzeit gelten alle direkten Nachbarstaaten der Bundesrepublik als sogenannte sichere Drittstaaten. Weiter lautet es in Satz 3: „In den Fällen des Satzes 1 können aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden.“ In § 18 Abs. 2 Asylgesetz heißt es weiterhin: „(2) Dem Ausländer ist die Einreise zu verweigern, wenn er aus einem sicheren Drittstaat (§ 26a) einreist […].“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Wie viele Asylbewerber wurden dem Land Sachsen-Anhalt in den vergangenen 5 Jahren zugeteilt, die nicht über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sind? Bitte nach Jahren getrennt angeben. In den Jahren 2012 bis 2016 wurden in der Zentralen Anlaufstelle für Asylbewerber des Landes Sachsen-Anhalt und den Landesaufnahmeeinrichtungen insgesamt 55.754 Asylerstantragsteller registriert. Eine Ermittlung der von den Asylantragstellern genutzten Reisewege könnte nur im Wege einer umfangreichen Einzelauswertung der entsprechenden Ausländerakten bei den Ausländerbehörden des Landes erfolgen, wovon mit Blick auf den damit verbundenen erheblichen 2 Verwaltungsaufwand aus Gründen der Verhältnismäßigkeit abgesehen wurde. Die Angaben wären auch nicht innerhalb der für die Beantwortung von Kleinen Anfragen zur Verfügung stehenden Frist ermittelbar. 2. Wie viele Asylbewerber wurden dem Land Sachsen-Anhalt in den vergangenen 5 Jahren zugeteilt, die über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland eingereist sind? Bitte nach Jahren getrennt angeben. Auf die Antwort auf Frage 1 wird verwiesen. 3. Wie vielen über sichere Drittstaaten eingereiste Asylbewerber wurde in den vergangenen 5 Jahren in Sachsen-Anhalt die Asylberechtigung oder Flüchtlingseigenschaft zuerkannt? Bitte jeweils für die einzelnen Jahre getrennt angeben. Über Asylanträge entscheidet das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge auf der Grundlage des Asylgesetzes, des Aufenthaltsgesetzes sowie europäischer Verordnungen und Richtlinien. Der Landesregierung liegen dementsprechend keine Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung vor. 4. Macht die Landesregierung von § 16a Abs. 2 GG Gebrauch? In welchem Umfang wurden in den vergangenen 5 Jahren über sichere Drittstaaten eingereiste Asylbewerber abgeschoben oder wieder an sichere Drittstaaten überstellt? In den Jahren 2012 bis 2016 erfolgten insgesamt 1.282 Dublin-Rücküberstellungen aus Sachsen-Anhalt, die sich wie folgt auf die Jahre aufteilen: 2012: 288 Rücküberstellungen, 2013: 146 Rücküberstellungen, 2014: 278 Rücküberstellungen, 2015: 280 Rücküberstellungen, 2016: 290 Rücküberstellungen. Im Übrigen wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 5. Wie bewertet die Landesregierung den Umstand, dass über sichere Drittstaaten einreisende Asylbewerber die Einreise nicht verwehrt wird, obwohl dies nach § 18 Abs. 2 AsylG zwingend notwendig wäre. § 18 Abs. 2 Nr. 1 AsylG verpflichtet die Grenzbehörde grundsätzlich, die Einreise aus einem sicheren Drittstaat zu verweigern. Diese nationale Regelung wird durch höherrangiges Recht, die Dublin-III-Verordnung (Dublin-III-VO), überlagert. Nach Art. 3 Abs. 1 Dublin-III-VO sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, jeden Antrag auf internationalen Schutz zu prüfen, den ein Drittstaatsangehöriger in seinem Hoheitsgebiet stellt. Das gilt auch für Asylanträge an der Grenze. Auch bei diesen muss nach den Vorgaben der Dublin-III-VO zumindest geprüft werden, ob Deutschland oder ein anderer Mitgliedstaat zuständig ist. Für diese Zuständigkeitsprüfung ist die Einreise zu gewähren, wenn nicht bereits an der Grenze Feststellungen vorliegen, aus denen sich eindeutig die Zuständigkeit des Nachbarlandes ergibt, aus dem die Einreise erfolgt. Die unionsrechtliche Prüfpflicht 3 würde übergangen, wenn unmittelbar an der Grenze die Zurückweisung in den zwar sicheren, möglicherweise aber unzuständigen Drittstaat erfolgte. 6. Wie viele Asylverfahren wurden in den vergangenen 5 Jahren in Sachsen- Anhalt durchgeführt, obwohl durch das Dublin-Verfahren bereits ein anderer Staat als zuständig bestimmt wurde? Auf die Antwort auf Frage 3 wird verwiesen.