Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1867 18.09.2017 (Ausgegeben am 19.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Henriette Quade (DIE LINKE) Abgeordnete Eva von Angern (DIE LINKE) Nichtverurteilung wegen unzureichender Beweise Kleine Anfrage - KA 7/1053 Vorbemerkung der Fragestellenden: Am Mittwoch, dem 2. August 2017, wurde der frühere Berliner NPD-Vorsitzende Sebastian Schmidtke vom halleschen Amtsgericht vom Vorwurf der versuchten Körperverletzung freigesprochen, obwohl Richter Petersen keinen Zweifel an seiner Schuld hatte. Wegen unzureichenden Beweisen konnte er Schmidtke nicht verurteilen. Die Polizei hatte Namen und Adresse des einzigen Zeugen „verschlampt“, nur ein Foto würde noch existieren, so berichtete die Zeit Online vom 4. August 2017. Aufgrund dessen konnten ausschließlich die Beamten, welche die Anzeige aufnahmen, als Zeugen geladen werden. Die Anzeigen waren an diesem Tag durch die Beamten jedoch nur mündlich entgegengenommen und erst im Nachhinein verschriftlicht worden. Dadurch hatten sich möglicherweise Fehler eingeschlichen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Wie schätzt die Landesregierung den im Eingangstext der Kleinen Anfrage beschriebenen Sachverhalt ein? 2. Teilt die Landesregierung die Einschätzung, dass insbesondere aufgrund des Agierens der Polizei vor Ort eine Nichtverurteilung des Angeklagten wegen unzureichender Beweise seitens des Richters erfolgen musste? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet: 2 Die rechtsprechende Gewalt ist gemäß Artikel 92 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland den Richtern anvertraut. Nach Artikel 97 Absatz 1 des Grundgesetzes und Artikel 83 Absatz 2 der Verfassung des Landes Sachsen -Anhalt sind die Richter unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Die richterliche Unabhängigkeit gebietet es, dass sich die Exekutive einzelfallbezogener wertender Stellungnahmen zum Verfahren und zur Entscheidung eines Gerichts enthält. Da sich der Eingangstext auf die Beweiswürdigung durch das Gericht bezieht, ist die Landesregierung aus grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Erwägungen gehindert, hierzu Stellung zu nehmen. Dies betrifft auch die Frage, ob der Sachverhalt in der Kleinen Anfrage zutreffend wiedergegeben ist. Die Fragen berühren, soweit sie die Schilderung der Entscheidung des Amtsgerichts Halle (Saale) und das der Entscheidung zugrunde liegende gerichtliche Verfahren betreffen, jeweils den verfassungsrechtlich geschützten Kernbereich richterlicher Unabhängigkeit, da eine wertende Auseinandersetzung mit dem von der Fragestellerin behaupteten Sachverhalt gleichzeitig als Wertung der Entscheidung des Gerichts in der Rechtsache, namentlich der Beweiswürdigung , ausgelegt werden könnte. 3. Welche Fehler hätten aus Sicht der Landesregierung seitens der Polizei vermieden werden können bzw. müssen? Laut der Aussagen des Geschädigten soll es einen weiteren Zeugen gegeben haben, der ausweislich eines Fotos, welches ihn im Gespräch mit einem Polizeibeamten zeigt, vor Ort Angaben gemacht haben soll. Die Personalien des vermeintlichen Zeugen sind nicht zur Akte gelangt, so dass im Verfahren diese Person nicht vernommen werden konnte. Nach Auffassung der Landesregierung hätten die Personalien des möglichen Zeugen durch die Polizei aufgenommen und im Ermittlungsvorgang fixiert werden müssen. 4. Waren bei dem benannten Einsatz zu wenige Polizeibeamt*innen vor Ort? Die Anzahl der eingesetzten Polizeikräfte entsprach der Lagebeurteilung der zuständigen Polizeidienststelle. 5. Kann die Landesregierung bestätigen, dass die Staatsanwaltschaft im benannten Fall entschieden hat, von der Ladung des einzigen Zeugen abzusehen ? Wenn ja, aus welchen Gründen? Die Staatsanwaltschaft hat nicht entschieden, von der Ladung des einzigen Zeugen abzusehen. In der Hauptverhandlung entscheidet allein das Gericht, welche Zeugen gehört werden sollen. In der Hauptverhandlung wurde seitens aller Verfahrensbeteiligten (auch des Nebenklagevertreters) auf die Vernehmung eines weiteren Polizeibeamten, der am Tag der Hauptverhandlung verhindert war und das Geschehen auch nicht selbst beobachtet hatte, verzichtet. 3 6. Wie gedenkt die Landesregierung, derartige Vorkommnisse künftig möglichst auszuschließen bzw. zu vermeiden? Durch den amtierenden Präsidenten der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Süd wurde der Sachverhalt mit den Leitern der nachgeordneten Dienststellen kritisch besprochen. Im Weiteren wird der Sachverhalt im Rahmen der nächsten Dienstbesprechung des Ministeriums für Inneres und Sport mit den Abteilungsleitern Polizei und vergleichbaren Vertretern der Behörden und Einrichtungen lösungsorientiert erörtert.