Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1874 18.09.2017 (Ausgegeben am 19.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dr. Verena Späthe (SPD) Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Rechtmäßigkeit des Handelns der Gemeinde Teutschenthal als Träger von Kindertageseinrichtungen Kleine Anfrage - KA 7/1030 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Ausgabe der Mitteldeutschen Zeitung vom 9. August 2017 wird unter der Überschrift „Wegen Kritik in Ungnade gefallen? Teutschenthaler Bürgermeister wirft Kita-Kinder raus“ berichtet, dass die Gemeinde Teutschenthal zwei Betreuungsverträge über Kita-Betreuungsplätze gekündigt habe. Im Vorfeld hatte ein Taxiunternehmen am 14. Juni 2017 Kinder ohne Kindersitze sowie mit zu wenigen Betreuern transportiert und Eltern hatten dies offenbar öffentlich kritisiert. Die Kündigungen erfolgten nach der Berichterstattung mit einer Frist von lediglich vier Tagen. Zudem sei einem Elternteil auch die Aufstellung zur Wiederwahl als Elternvertreter untersagt worden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung der Landesregierung: Bei einer Kindertageseinrichtung handelt es sich um eine erlaubnispflichtige Einrichtung gem. § 45 SGB VIII. Die Einrichtungen unterstehen der staatlichen Aufsicht. Der Träger einer solchen Einrichtung hat gem. § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII Ereignisse, die geeignet sind, das Wohl der Kinder und Jugendlichen zu beeinträchtigen, unverzüglich der zuständigen Behörde anzuzeigen. Die staatliche Aufsicht für Tageseinrichtungen und Tagespflegestellen wird gem. § 20 KiFöG vom örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenommen, in dessen Gebiet sich die Tageseinrichtung oder Tagespflegestelle befindet. Gem. § 1 Abs. 1 KJHG-LSA sind die Landkreise und kreisfreien Städte die örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe. Mithin liegt die 2 Zuständigkeit für den Sachverhalt beim Jugendamt des Landkreises Saalekreis. Gleichwohl hat sich die Landesregierung bemüht, den Sachverhalt zu eruieren. 1. Ist der Sachverhalt der Landesregierung bekannt und entspricht die in den Vorbemerkungen wiedergegebene Presseberichterstattung den Tatsachen ? Die Landesregierung hat von dem Vorfall Kenntnis erlangt. Der chronologische Ablauf der Ereignisse wurde vom zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, dem Jugendamt des Landkreises Saalekreis, wie folgt dargestellt (Zusammenfassung): Am 14. Juni 2017 fand der Ausflug (Transport) der Kinder statt. Am 16. Juni 2017 wurde die KiTa-Fachaufsicht des Jugendamtes des Landkreises Saalekreis über den Ausflug von einer Mutter in Kenntnis gesetzt. Die Fachaufsicht setzte sich sofort mit dem Träger der Kindertageseinrichtung, der Gemeinde Teutschenthal, wegen des nicht kindeswohlgerechten Transports ins Benehmen . Die Gemeinde räumte den ungeeigneten Transport der Kinder ein und führte ein Gespräch mit der Einrichtungsleitung. Die Gemeinde wurde durch die KiTa-Fachaufsicht um eine schriftliche Stellungnahme gebeten. Am 19. Juni 2017 wurde die KiTa-Fachaufsicht von zwei Müttern informiert, dass am 20. Juni 2017 ein Termin zum persönlichen Gespräch beim Bürgermeister stattfinden wird, um den unsachgemäßen Transport ihrer Kinder zu besprechen. Am 22. Juni 2017 informierte eine der beiden Mütter die KiTa-Fachaufsicht, dass das Gespräch beim Bürgermeister „hitzig“ verlaufen und sehr emotional gewesen sei. Am 26. Juli 2017 informierte eine der Mütter die KiTa-Fachaufsicht, dass ein Elternabend in der KiTa stattgefunden habe, um ein neues Kuratorium zu wählen. Die vorsitzende Elternvertreterin (eine der beiden Mütter) sei nicht eingeladen worden. Ihr sei auch die Aufstellung zur Wahl verwehrt worden. Am 27. Juli 2017 informierte eine der betroffenen Mütter, dass beiden Müttern per Bote die Kündigung ihres KiTa-Platzes zum 31. Juli 2017 überbracht worden sei, sie aber einen Ausweichplatz angeboten bekommen hätten. Am 9. August 2017 fand ein Vororttermin in der Gemeinde mit der KiTa-Fachaufsicht statt. Am 11. August 2017 wurde die Gemeinde Teutschenthal durch die KiTa-Fachaufsicht erneut zur Stellungnahme gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 SGB VIII aufgefordert . Am 14. August 2017 fand ein Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Halle (Saale) statt. Die Parteien kamen überein, beide Kinder in deren Interesse ab 15. August 2017 wieder in der Kindertageseinrichtung „Kleine Riesen“ zu betreuen. Am 15. August 2017 gab der Bürgermeister der Gemeinde an die Kommunalaufsicht des Landkreises Saalekreis eine Stellungnahme ab. Er erklärte , dass für die Kündigung der Betreuungsplätze nicht die berechtigte Kritik am unsachgemäßen Transport der Kinder am 14. Juni 2017 ursächlich gewesen sei, sondern dass dieser Kündigung eine „Vielzahl von Ereignissen“ vorhergegangen wäre. Am 17. August 2017 beantwortete der Bürgermeister die Fragen der KiTa-Fachaufsicht vom 11. August 2017 wie folgt: 1. Wurde Kindern ein Schaden zugefügt? Nein 2. Wann war der Ausflug? Wohin führte er? Am 14. Juni von Teutschenthal Bahnhof nach Teutschenthal Mitte zur Kita „Buratino“ 3. Wie viele Kinder nahmen an dem Ausflug teil? ca. 35 Kinder 3 4. Wurden Taxiunternehmen beauftragt, die keine Kindersitze in den Fahrzeugen vorhalten? Die beauftragten Taxiunternehmen hatten eingebaute Sitzerhöhungen. Aus Kostengründen wurde ein VW-Bus der Volkssolidarität Halle-Saalekreis in Anspruch genommen. Dieses Fahrzeug ist zweimal gefahren, somit sind 15 Kinder betroffen, die ohne Sitzerhöhung transportiert worden. 5. War nicht in jedem Fahrzeug eine pädagogische Fachkraft oder Hilfskraft? In den zwei PKW waren keine Fach- oder Hilfskräfte. Dies erschien den Erzieherinnen auch nicht notwendig, da man die kurze Strecke in Kolonne gefahren ist. 6. Gibt es hinsichtlich der Organisation und Durchführung von Ausflügen mit den Kindern Dienstanweisungen des Trägers? Handlungsleitfaden sind hier die Vorgaben der Unfallkasse. 7. Wenn ja, warum wurde dagegen verstoßen? Nein 8. Welche Maßnahmen wurden bzw. werden von der Gemeinde getroffen, um künftig derartige Kindeswohlgefährdungen zu vermeiden? Der Vorgang wurde sowohl mit den Mitarbeitern der Kita als auch in der Leiterinnentagung ausgewertet. Weitere Anmerkung des Bürgermeisters: Falls Sie es noch nicht durch die Medien erfahren haben, besuchen die Kinder seit Mittwoch wieder die Einrichtung. 2. Sieht es die Landesregierung als rechtmäßig an, einen mit der Gemeinde als Einrichtungsträger geschlossenen Betreuungsvertrag mit einer solchen Frist und mit dieser Begründung in dem vorliegenden Fall zu kündigen ? Wie beurteilt die Landesregierung die Kündigung unter dem Gesichtspunkt von § 24 Abs. 1 KVG LSA? Der Landesregierung liegen keine belastbaren Informationen zur Begründung und Frist der Kündigung des Betreuungsplatzes vor. Mithin kann keine rechtliche Würdigung vorgenommen werden, auch nicht im Lichte des § 24 Abs. 1 KVG LSA. 3. Unter welchen Voraussetzungen können Eltern von der Wahl in eine Elternvertretung bzw. Kuratorium (§ 19 KiFöG) ausgeschlossen werden? Waren diese Voraussetzungen in dem hier vorliegenden Fall erfüllt? Das KiFöG enthält keine Regelung zum Wahlverfahren für das Kuratorium einer Kindertageseinrichtung. In § 19 Abs. 3 KiFöG ist lediglich bestimmt, dass die Elternvertreter /-innen für das Kuratorium einer Einrichtung durch die Elternschaft einer Einrichtung gewählt werden. Unter Elternschaft werden gemeinhin die sorgeberechtigten Eltern der Kinder verstanden, die die jeweilige Kindertageseinrichtung besuchen. Mithin kann zunächst grundsätzlich kein Elternteil von der Wahl in ein Kuratorium ausgeschlossen werden. Das Wahlverfahren zu den Elternvertretungen (Gemeinde- und Kreiselternvertretung ) regelt gem. § 19 Abs. 5 S. 5 KiFöG der örtliche Träger der öffentlichen Jugendhilfe durch Satzung. Der „Satzung über das Wahlverfahren zu den Elternvertretungen für die Kindertageseinrichtungen im Landkreis Saalekreis“ sind keine Ausschlussgründe zu entnehmen.