Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1906 25.09.2017 (Ausgegeben am 26.09.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Phantomzüge bei Abellio auf den Strecken Saalfeld - Leipzig und Erfurt - Leipzig/Halle Kleine Anfrage - KA 7/1051 Vorbemerkung des Fragestellenden: Auf den Bahnstrecken Saalfeld - Leipzig und Erfurt - Leipzig bzw. Halle ist es seit Juni 2017 wiederholt zu unangekündigten Zugausfällen gekommen. Nicht im Internet , nicht auf dem Bahnsteig erfolgten Hinweise auf diese Zugausfälle. Es ist vorgekommen , dass Passagiere sich Minuten vor fahrplanmäßiger Zugabfahrt eine Fahrkarte kauften, ohne vom Schalterbeamten auf den Zugausfall hingewiesen zu werden . Dieser war selbst nicht informiert. Auf dem Bahnsteig gab es - was geradezu gespenstisch anmutet - keine Hinweise auf den konkreten Zugausfall. Erklärungen zum Grund blieben ebenfalls aus. Offensichtlich wurden Informationen über ausfallende Züge von Abellio nicht an die Deutsche Bahn weitergeleitet. Anlass für den Zugausfall soll angeblich Personalmangel beim Netzbetreiber Abellio sein. Besonders kritisch war die Situation zwischen Jena und Naumburg, weil wegen diverser Bauarbeiten weder die ICE noch der Franken-Thüringen-Express (FTX) verkehrte . Ein Umsteigen auf ein anderes Angebot war nicht möglich. Laut Ostthüringer Zeitung vom 1. August 2017 gab es nach Äußerung von Abellio in dieser Zeit keine Zugausfälle in dieser Region. Lediglich am 24. Juni sei es durch eine Baustelle zu Zugausfällen gekommen, was den Schluss nahelegen könnte, auf besagten Bahnstrecken verkehren bisweilen „Phantomzüge“. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Ist der Landesregierung dieser wiederholte Zugausfall während dieser Zeit bekannt geworden? Ja, dem Land sind wiederholte Zugausfälle bekannt geworden. Dem Land werden arbeitstäglich alle operativen Zugausfälle des Vortages bzw. der Vortage unter Angabe der betroffenen Zugnummern, des ausgefallenen Streckenabschnitts und der Ursache des Ausfalls gemeldet. Dem Land ist aus Kundenbeschwerden ebenfalls bekannt, dass für einige dieser Zugausfälle keine oder eine mangelnde Information der Reisenden erfolgte. Eigene Stichproben haben aber gezeigt, dass dies nicht systematisch erfolgte. 2. Falls ja, wie häufig fielen Abellio-Züge aus (differenziert ausgeführt nach den drei oben erwähnten Strecken) im Juni, Juli und im August 2017? Der nachfolgenden Tabelle ist für die betreffenden Linien und Monate aufgeschlüsselt zu entnehmen (Gebiet Sachsen-Anhalt), wie häufig Abellio-Züge im Juni, Juli und August 2017 ausfielen. (Auf den aufgeführten Strecken verkehren mehrere Linien). Juni 2017: Linie Linienbeschreibung Anzahl Zugausfälle ausgefallene Zugkm RB 20 STS Halle (Saale) Hbf - Naumburg - Erfurt - Eisenach 38 2.017,157 RB 24 STS Naumburg Hbf/Großheringen - Saal-feld 2 24,636 RB 59 STS (Bitterfeld-) Sangerhausen - Erfurt Hbf 14 401,698 RE 16 STS Naumburg Hbf - Erfurt 5 58,985 RE 17 STS Leipzig Hbf - Erfurt Hbf 15 344,764 SE 15 STS Leipzig Hbf - Saalfeld 4 104,682 STS 78 2.951,922 3 Juli 2017: Linie Linienbeschreibung Anzahl Zugausfälle ausgefallene Zugkm RB 20 STS Halle (Saale) Hbf - Naumburg - Erfurt - Eisenach 4 206,650 RB 24 STS Naumburg Hbf/Großheringen - Saal-feld 3 36,954 RB 59 STS (Bitterfeld-) Sangerhausen - Erfurt Hbf 8 111,522 RE 16 STS Naumburg Hbf - Erfurt 2 23,594 RE 17 STS Leipzig Hbf - Erfurt Hbf 8 265,506 SE 15 STS Leipzig Hbf - Saalfeld 7 174,979 STS 32 819,205 August 2017: Linie Linienbeschreibung Anzahl Zugausfälle ausgefallene Zugkm RB 20 STS Halle (Saale) Hbf - Naumburg - Erfurt - Eisenach 9 414,724 RB 24 STS Naumburg Hbf/Großheringen - Saal-feld 1 12,318 RB 59 STS (Bitterfeld-) Sangerhausen - Erfurt Hbf 6 113,985 RE 16 STS Naumburg Hbf - Erfurt 4 47,188 RE 17 STS Leipzig Hbf - Erfurt Hbf 4 108,258 SE 15 STS Leipzig Hbf - Saalfeld 7 227,820 STS 31 924,293 Somit fielen im Zeitraum von Juni 2017 - August 2017 von den 11.732 bestellten Zügen insgesamt 141 Züge operativ aus. Das entspricht 1,2 % der Gesamtanzahl der bestellten Zugleistungen. Von den 141 Zugausfällen wurden 113 Zugausfälle durch Personalmangel verursacht. 3. Was sehen die vertraglichen Beziehungen zwischen Land Sachsen-Anhalt und Netzbetreiber Abellio in Fällen von Zugausfällen, insbesondere in Fällen solch gehäufter Zugausfälle rechtlich vor? Die vertraglichen Beziehungen zwischen dem Land Sachsen-Anhalt und dem Eisenbahnverkehrsunternehmen Abellio sehen in Fällen von Zugausfällen folgende rechtliche Regelungen vor: Ausgefallene Leistungen gelten vertraglich als Nichtleistungen und werden unabhängig von der Ausfallursache durch das Land Sachsen-Anhalt generell nicht vergütet. Bei einem Ausfall einer Leistung ist das Unternehmen zur Bereitstellung von Ersatz- 4 verkehr in Form von Schienenersatzverkehr oder auch anderweitigen Zügen verpflichtet . Bei Nichtbereitstellung wird eine zusätzliche Vertragsstrafe erhoben. Über Zugausfälle sind die Fahrgäste unverzüglich zu informieren. Bei Nichteinhaltung drohen Vertragsstrafen. 4. Wird das Land Sachsen-Anhalt von diesen rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch machen und gegebenenfalls von welchen? Das Land macht von allen diesbezüglich vertraglich festgelegten rechtlichen Möglichkeiten Gebrauch. Dies bedeutet: Für die in den Tabellen unter Frage 2 aufgeführten Leistungen hat das Land die vertraglich festgelegten Vergütungen in Höhe von insgesamt 62.319,97 € gekürzt. Hohe Ausfallbeträge bei gehäuft auftretenden Zugausfällen sind für das Unternehmen besonders kritisch, da mindestens alle Fixkosten, ein Teil der variablen Kosten (Personalkosten bei Krankschreibung etc.) sowie die Infrastrukturkosten bei eigens verschuldeten Ausfällen durch das Unternehmen in voller Höhe zu tragen sind. Aufgrund der Nichtbereitstellung von Ersatzverkehr wurden zusätzliche Vertragsstrafen in Höhe von 3.800,30 € in Rechnung gestellt. Eine Vielzahl der auftretenden und aufgetretenen Probleme ist auf die besondere Bausituation zurückzuführen. Bei Vertragsabschluss konnte die aktuelle Bauintensität nicht vorhergesehen werden. Seit der Betriebsaufnahme im Dezember 2015 hat Abellio dadurch mit stetig wechselnden , oft kurzfristig angekündigten Bauzuständen zu kämpfen. Diese erfordern eine ständig wechselnde Personalplanung und erhöhte Personalbedarfe, da die Personalumläufe im Bauzustand oft nur unwirtschaftlich gestaltet werden können. Die Personalbedarfe liegen damit über dem Bedarf, der im Regelbetrieb erforderlich ist und können zeitweise, insbesondere bei erhöhten Krankenständen, nicht mehr abgedeckt werden. Unter den gegebenen Rahmenbedingungen konzentrieren sich nun alle Akteure auf die Wiederherstellung eines für den Fahrgast verlässlichen Verkehrsangebotes. Die nicht vertragsgerechte Information der Reisenden wurde mit Abellio mehrfach ausgewertet und ebenfalls durch die Erhebung von Vertragsstrafen geahndet. 5. Wie glaubt das Land künftig solche Behinderungen der Personenbeförderung im Interesse des öffentlichen Nahverkehrs vermeiden zu können? Das Land steht seit Beginn der Ausfallwelle in engem Kontakt mit Abellio und hat das Unternehmen mehrfach zu Stellungnahmen und Lösungskonzepten aufgefordert. Abellio hat in der ersten Julihälfte 2017 ein umfangreiches Maßnahmenkonzept zur Beseitigung insbesondere der Personalprobleme vorgelegt. 5 Zur Entschärfung des Personalproblems stellt Abellio weiteres Personal ein. Auf dem Arbeitsmarkt steht aktuell jedoch kaum ausgebildetes Personal zur Verfügung. Die nun begonnene Neuausbildung von Personal durch Abellio kann jedoch nicht unmittelbar wirken. Trotzdem konnte aber bereits eine deutliche Reduzierung des Ausfallrisikos erreicht werden. Die aktuell eingeleiteten Maßnahmen von Abellio umfassen neben den Maßnahmen zur Personalverstärkung auch kritische Gespräche mit den Infrastrukturbetreibern zur Verbesserung der Bauplanung und Durchführung der Baumaßnahmen. Das Land ist in diese Gespräche eingebunden.