Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1981 17.10.2017 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Die Anlage ist in Word als Objekt beigefügt und öffnet durch Doppelklick den Acrobat Reader. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 18.10.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Ehrenamtliche Bürgermeister in Ortsteilen mit mehreren tausend Einwohnern Kleine Anfrage - KA 7/1109 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am 31. August 2017 berichtete das Naumburger Tageblatt zur Bürgermeisterwahl in Laucha (Unstrut) unter der Überschrift „Ehrenamt offenbar nicht verlockend“, dass sich zum Ende der Bewerbungsfrist kein Herausforderer gefunden habe und schon vor der Wahl feststehe, dass der bisherige Bürgermeister auch der künftige sein werde. Der Bericht fährt fort, der eigentliche Grund, dass sich niemand bereitfände zu kandidieren, läge wohl darin, dass man eine Stadt wie Laucha (Unstrut) einfach nicht im Ehrenamt führen könnte. Dabei wird der bisherige und wohl auch künftige Bürgermeister mit den Worten zitiert: „Das ist ein Haufen Arbeit, nach der sich keiner drängt“. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Liegen ihr Erkenntnisse vor, dass in Ortschaften mit ehrenamtlichen Bürgermeistern in den letzten fünf Jahren bei Bürgermeisterwahlen nur ein Bewerber/oder gar kein Bewerber zur Wahl antrat? 1.1 Wenn ja, wie oft kam das vor, dargestellt nach Jahresscheiben? 1.2 Wenn ja, wie groß waren in diesen Fällen die Ortschaften nach Einwohnern ? 2 Direktwahlen im Sinne der Anfrage erfolgen bei ehrenamtlichen Bürgermeistern in Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden (§ 96 Kommunalverfassungsgesetz Sachsen-Anhalt). Gesetzlich ist eine Erfassung dieser Daten nicht vorgesehen . Statistische Angaben hierzu liegen daher weder beim Ministerium für Inneres und Sport noch beim Statistischen Landesamt vor. Der Landesregierung sind für den Zeitraum ab dem Jahr 2012 insgesamt 49 Fälle in den insgesamt 114 Mitgliedsgemeinden von Verbandsgemeinden bekannt, in denen nur ein Bewerber für das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters kandidierte. Diese Fälle sind in der Anlage - nach Jahresscheiben und Einwohnern aufgeschlüsselt - dargestellt. Angaben, ob es Fälle gab, in denen kein Bewerber für das Amt des ehrenamtlichen Bürgermeisters kandidierte, liegen der Landesregierung nicht vor. Der Landesregierung ist jedoch bekannt, dass mit Stand März 2017 in keiner Gemeinde in Sachsen-Anhalt das Amt des Bürgermeisters unbesetzt war (vgl. Anlage 1 zur LT-Drs. KA 7/685 vom 09.03.2017). 2. Worin liegen ihrer Auffassung nach die Gründe, dass sich offensichtlich immer weniger Bürger bereitfinden, als ehrenamtlicher Bürgermeister zu kandidieren? Der Landesregierung liegen keine empirischen Daten vor, die die Annahme rechtfertigen können, dass sich immer weniger Bürger bereitfänden, als ehrenamtliche Bürgermeister zu kandidieren. Ungeachtet dessen entziehen sich auch die erfragten etwaig bestehenden Gründe, für ein kommunales Ehrenamt zu kandidieren bzw. dies zu unterlassen, einer Bewertung seitens der Landesregierung . Die Motivlage hierfür erscheint vielschichtig; sowohl der demographische und gesellschaftliche Wandel im Allgemeinen als auch persönliche Umstände können ursächlich sein. Unbestritten ist zudem anzuerkennen, dass das Amt eines ehrenamtlichen Bürgermeisters ein hohes persönliches Engagement voraussetzt, das mit beachtlichem Zeit- und Arbeitsaufwand verbunden ist. 3. Ist ihr bekannt, dass der Zeitaufwand ehrenamtlicher Bürgermeister über die ihnen im allgemeinen obliegenden Aufgaben dann weit hinausgeht, wenn die Ortsteile seit Jahrhunderten Stadtrechte besaßen, über ein reges Vereinsleben verfügen, sich der Tradition historischer Ereignisse besonders verpflichtet fühlen und das kulturelle Leben ihrer Region durch bedeutende Stadtfeste beleben? Der Landesregierung ist bekannt, dass neben der Einwohnerzahl auch die sonstigen örtlichen Verhältnisse bei der Ermittlung einer angemessenen Aufwandsentschädigung der ehrenamtlichen Bürgermeister zu berücksichtigen sind. Teil 2 Nr. 1.1 des Runderlasses des Ministeriums für Inneres und Sport „Aufwandsentschädigung für in ein Ehrenamt oder sonstiger ehrenamtlicher Tätigkeit Berufene (RdErl. des MI vom 16.6.2014 [MBl. LSA S. 264])“ sieht daher in jeder - anhand der Einwohnerzahl der Gemeinde bestimmten - Größenklasse eine Bandbreite bei der möglichen monatlichen Aufwandsentschädigung vor. 3 4. Gibt es seitens der Landesregierung Überlegungen, die finanziellen Rahmenbedingungen zu verbessern und dabei nicht nur die Einwohnerzahl zugrunde zu legen, sondern auch den unter Ziff. 3 aufgeführten Umständen Rechnung zu tragen, um das Ehrenamt des Bürgermeisters zu stärken ? Die derzeitigen Entschädigungsregelungen berücksichtigen neben der Einwohnerzahl die sonstigen örtlichen Verhältnisse. Die finanziellen Rahmenbedingungen wurden zuletzt im Jahr 2014 im Zusammenhang mit der Neufassung der Entschädigungsregelungen durch den angegebenen Runderlass angepasst. Eine erneute Überprüfung und - soweit erforderlich - Anpassung der Höchstsätze wird turnusgemäß im Jahr 2019 erfolgen. Der angegebene Runderlass lässt unabhängig hiervon in Ausnahmefällen eine Überschreitung der festgesetzten Höchstbeträge zu. In diesen Fällen ist der zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde eine Aufstellung des mit dem Ehrenamt oder der sonstigen ehrenamtlichen Tätigkeit verbundenen tatsächlichen Aufwandes , der in einem Erhebungszeitraum von mindestens sechs Monaten ermittelt wurde, zur Prüfung vorzulegen. 5. Ist die Landesregierung bereit, hierüber mit dem Städte- und Gemeindebund in ein Gespräch einzutreten, um eine aus Sicht des Fragestellers dringend notwendige Verbesserung der Entschädigungsrahmenrichtlinien für ehrenamtliche Bürgermeister herbeizuführen? Im Rahmen der Überprüfung der Entschädigungsregelungen im Jahr 2019 werden die kommunalen Spitzenverbände beteiligt. Unabhängig davon befindet sich die Landesregierung in einem ständigen Austausch mit dem Städte- und Gemeindebund.