Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1987 18.10.2017 (Ausgegeben am 18.10.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Berücksichtigung von Verpflegungs- und Bekleidungsgeldzahlungen als Entgelte nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) durch das Land Sachsen-Anhalt als Sonderversorgungsträger Kleine Anfrage - KA 7/1117 Vorbemerkung des Fragestellenden: In dem Berufungsurteil vom 27. April 2017 (Az.: L 1 RS 3/15) stellt das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt fest, dass das an die Beschäftigten der Deutschen Volkspolizei der DDR gezahlte Verpflegungs- und Bekleidungsgeld ein festzustellendes Arbeitsentgelt nach §§ 6, 8 AAÜG ist. Es handelt sich um Arbeitsentgelt i. S. v. § 14 SGB IV. Zudem ist nach dieser Entscheidung das Ermessen des Versorgungsträgers zur Korrektur eines Feststellungsbescheids im Rahmen von § 44 SGB X auch für den Zeitraum vor dem Antrag nach § 44 SGB X regelmäßig auf Null reduziert. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Die Landesregierung hat bisher, wie auch die Länder Berlin, Mecklenburg-Vorpommern , Sachsen, Thüringen und der Bund, die Rechtsauffassung vertreten, dass ein Anspruch auf Einbeziehung des Verpflegungsgeldes, des Bekleidungsgeldes und von Prämien in die Sonderversorgung nicht bestünde, da es sich nicht um Arbeitsentgelte nach § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG handelt. Einzig das Land Brandenburg erkennt seit 2008 das Verpflegungs- und Bekleidungsgeld sowie Prämien als Arbeitsentgelt im Sinne des AAÜG an. 2 Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) hat nunmehr in seinem Urteil vom 27. April 2017, L 1 RS 3/15, festgestellt, dass Verpflegungs- sowie Bekleidungsgeld Arbeitsentgelt im Sinne von § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist. Die Landesregierung setzt diese gerichtliche Entscheidung nunmehr um. Für die ehemaligen Angehörigen der Deutschen Volkspolizei bedeutet dies, dass ihre Entgeltbescheide auf Antrag (einschließlich der bereits vorliegenden Anträge) durch den zuständigen Sonderversorgungsträger, die Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord, hinsichtlich der Berücksichtigung des Verpflegungs- bzw. Bekleidungsgeldes überprüft werden. Die Betreffenden erhalten einen Änderungsbescheid, dessen Inhalt gleichzeitig an die Deutsche Rentenversicherung Bund gemeldet wird. Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt aufgrund der Neuberechnung des tatsächlich erzielten Arbeitsentgelts die Rentenberechnung und die Berechnung der Nachzahlung incl. Zinsen durch. Es wird davon ausgegangen, dass die Rentenversicherung Bund bei der Berechnung des Zeitraums, für den rückwirkend Leistungen zu erbringen sind, § 44 Abs. 4 SGB X anwendet. Für die Berechnung der Nachzahlung wird also ein Zeitraum von vier Jahren ab Antragsdatum zugrunde gelegt. Die tatsächlichen Ausgaben der Deutschen Rentenversicherung Bund für die Sonderversorgung werden zunächst vom Bundesverwaltungsamt erstattet. Diese Erstattungen werden anteilig aufgrund der jeweiligen Einwohnerzahl auf die neuen Bundesländer umgelegt. Der Anteil des Landes Sachsen-Anhalt beträgt derzeit 16,13 %. 1. Wie groß ist die Zahl der Betroffenen dieser Entscheidung des Landessozialgerichts in der Zuständigkeit des Landes Sachsen-Anhalt als Sonderversorgungsträger ? Das Land Sachsen-Anhalt hat seit Inkrafttreten des AAÜG am 1. August 1991 etwa 75.600 Überführungsbescheide erteilt. Davon ausgehend und von den Erfahrungswerten des Landes Brandenburg, das 73.000 Überführungsbescheide erstellt und innerhalb von vier Jahren 12.000 Überprüfungsanträge bearbeitet hat, kann mit etwa einer Zahl von 12.000 Überprüfungsanträgen gerechnet werden. Bisher sind bei der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord ca. 3.600 Anträge eingegangen. 2. In welcher Höhe sind voraussichtlich Nachzahlungen an die Betroffenen aus Frage 1 zu leisten? Eine verlässliche Aussage zur Höhe der Nachzahlungen an die Betroffenen ist nicht möglich. Eine derartige Aussage setzt die genaue Kenntnis u. a. der Anzahl der zukünftigen Antragsteller, der Höhe des Anspruchs der einzelnen Berechtigten und der rentenrechtlich relevanten Daten, die lediglich der Deutschen Rentenversicherung Bund vorliegen, voraus. Die Versorgungsfälle unterscheiden sich in der Dauer der Zugehörigkeit der Versorgungsempfänger zur Deutschen Volkspolizei, in der Höhe des tatsächlich gewährten Verpflegungs- bzw. Bekleidungsgeldes und auch darin, ob der Antragsteller der Versorgungsempfänger oder ein Hinterbliebener ist. Zudem ist ab etwa dem Dienstgrad „Hauptmann“ davon auszugehen, dass die Versorgungsempfänger aufgrund ihres damaligen Verdienstes die Beitragsbemessungs- 3 grenze (Anlage 3 des AAÜG) überschreiten und damit die Anerkennung des Verpflegungs- und Bekleidungsgeldes keine finanziellen Auswirkungen hätte. 3. In welchen Zeiträumen wird das Land Sachsen-Anhalt die sich aus dem Urteil ergebene Korrektur der ergangenen Feststellungsbescheide vornehmen ? Ein konkreter Zeitraum kann angesichts der vielen Faktoren, die Einfluss auf die Gesamtbearbeitungszeit haben, nicht benannt werden. Mit der aktuellen Personalausstattung des Sonderversorgungsbereiches der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord ist derzeit eine zeitlich angemessene Abarbeitung der bereits vorliegenden und zukünftigen Überprüfungsanträge nicht möglich. Es wird daher geprüft, inwieweit der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord geeignetes Personal zugeführt werden kann. Zum Vergleich: Das Land Brandenburg hatte mit insgesamt elf Bediensteten innerhalb von vier Jahren 12.000 Überprüfungen vorgenommen.