Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2015 23.10.2017 (Ausgegeben am 24.10.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Mario Lehmann (AfD) Gewaltübergriffe und Einschüchterungshandlungen durch Migranten an der Sekundarschule Thale Nord Kleine Anfrage - KA 7/1122 Vorbemerkung des Fragestellenden: Durch Bürgerinformationen und mediale Berichterstattung wurde bekannt, dass es am 25. August 2017, gegen 10:45 Uhr, zu einem Gewaltübergriff auf einen 16-jährigen Schüler der Sekundarschule Thale Nord gekommen ist. Ein hinzueilender Mitschüler , welcher den Angegriffenen schützen wollte, wurde ebenfalls durch Einsatz mitgeführter Schlag- und Stichwaffen verletzt. Bei den ermittelten Tatverdächtigen soll es sich um vier Schüler der Sekundarschule Thale Nord mit Migrationshintergrund handeln sowie zwei weiteren Migranten, die nicht Schüler dieser Schule sind. Wie bereits erwähnt, verwendeten diese sechs Angreifer Schlag- und Stichwerkzeuge , mit denen sie den beiden Opfern erhebliche Verletzungen beigefügt hatten, sodass eine Notfallbehandlung im Harzklinikum Quedlinburg unerlässliche Folge war. Nach ersten Erkenntnissen war nicht akzeptabler Auslöser eine Provokationshandlung eines angeblich 13-jährigen Migranten aus dieser Schlägergruppe, der das spätere Opfer am Vortage in einem Supermarkt mit Kartoffeln beworfen haben soll. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Hat sich der eingangs geschilderte Sachverhalt in der beschriebenen Form ereignet? Wenn nein, welche Details sind zu korrigieren oder zu ergänzen ? Am 25. August 2017 begegneten sich gegen 10:45 Uhr mehrere Schüler vor der Sekundarschule Thale/Nord. Nach einem Wortwechsel soll es zu wechsel- 2 seitigen tätlichen Auseinandersetzungen gekommen sein, wobei ein Beteiligter einen Stock als Werkzeug eingesetzt haben soll. Mehrere Beteiligte wurden anschließend ambulant ärztlich behandelt. In diesem Zusammenhang werden bei der Staatsanwaltschaft Magdeburg - Zweigstelle Halberstadt - folgende Ermittlungsverfahren gegen insgesamt vier Personen geführt: - ein Verfahren gegen zwei jugendliche Beschuldigte mit ausländischer Staatsangehörigkeit wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von zwei Geschädigten mit deutscher Staatsangehörigkeit und - ein weiteres Verfahren gegen zwei jugendliche Beschuldigte mit deutscher Staatsangehörigkeit wegen des Verdachts der gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von zwei Geschädigten mit ausländischer Staatsangehörigkeit. Es handelt sich um die Gegenanzeige zum zuerst genannten Verfahren.  Weitere Angaben zum Tatgeschehen können im Hinblick auf die laufenden Ermittlungen und das jugendliche Alter der Beschuldigten und Geschädigten nicht gemacht werden. 2. Haben alle Tatverdächtigen einen Migrationshintergrund? Handelt es sich hierbei um Personen, die zum Zeitpunkt der Einreise in Deutschland als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge (MUFL) erfasst wurden? Soweit zutreffend , wird um Angabe des derzeitigen Alters und der Nationalität gebeten . Wurde die angegebene Nationalität überprüft? Zwei Beschuldigte haben einen Migrationshintergrund, sind 17 Jahre alt und albanischer bzw. syrischer Nationalität. Der albanische Beschuldigte ist als unbegleiteter minderjähriger Ausländer (UMA) in Deutschland eingereist, der syrische Beschuldigte als Flüchtling mit seiner Familie. Beide verfügen über einen geprüften Reisepass. 3. Basiert die Altersangabe der Täter allein auf den Aussagen dieser Personen ? Sind Zweifel an den Altersangaben der Täter augenscheinlich berechtigt ? Welche Maßnahmen wurden oder werden veranlasst, um das tatsächliche Alter der Täter festzustellen? Dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lagen jeweils Identitätsdokumente vor. 4. Handelt es sich bei den Tatverdächtigen um MUFL, welche im Raum Thale in Wohngruppen untergebracht sind? Der albanische UMA ist in der evangelischen Stiftung Neinstedter Anstalten untergebracht . Der syrische Flüchtling wohnt mit seiner Familie in eigenem Wohnraum . 5. Gegen welche Personen wird gegenwärtig zu welchen Tatbeständen ermittelt ? Es wird auf die Antwort auf Frage 1 verwiesen. 3 6. Welche Präventionsmaßnahmen wurden parallel zu den polizeilichrepressiven Ermittlungen veranlasst? Sind forcierte Abschiebemaßnahmen in Erwägung gezogen worden? Wenn nicht, bitte begründen. In den Tagen nach dem Vorfall wurden der Schulbeginn, die Pausen sowie der Schulschluss durch eine verstärkte sichtbare Präsenz der Regionalbereichsbeamten begleitet. Konkrete Präventionsangebote der Polizei wurden der Schule unterbreitet. Der albanische Tatverdächtige verfügt über eine Duldung nach § 60a Abs. 2 S. 3 des Gesetzes über den Aufenthalt, die Erwerbstätigkeit und die Integration von Ausländern im Bundesgebiet (AufenthG). Abschiebungsmaßnahmen wurden bisher aus Gründen des § 58 Abs. 1a AufenthG nicht eingeleitet. Demnach hat sich die Behörde vor der Abschiebung eines UMA zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird. Hierzu liegen bisher keine Ergebnisse vor. Zum syrischen Tatverdächtigen wurden ebenfalls keine Abschiebungsmaßnahmen eingeleitet, da er als Flüchtling (noch ohne Bestandskraftmitteilung des Verwaltungsgerichts, daher im Ausländerzentralregister noch ohne Aktualisierung ) anerkannt wurde und Gründe, die zu einer Versagung der Aufenthaltserlaubnis führen würden, nicht vorliegen. 7. Da es sich nicht um den ersten Übergriff von Migranten zum Nachteil deutscher Schüler handelt, stellt sich die Frage, welche Maßnahmen vonseiten der Schulleitung, der Justiz, der Polizei und der kommunalen Ordnungsbehörden gebündelt und abgestimmt unternommen werden, um weitere Gewaltentwicklungen zum Nachteil deutscher Kinder und Jugendlicher , insbesondere im Raum Thale zu unterbinden? Die Schule hat neben der Vermittlung von Wissen und Bildung auch die pädagogische Aufgabe, Schülerinnen und Schülern soziales Lernen zu ermöglichen, damit sie Rücksicht auf Andere nehmen, Verständnis füreinander entwickeln, kooperieren und fair miteinander umgehen und sie in ihrer Fähigkeit zur friedlichen Konfliktlösung zu stärken. Der im § 1 Abs. 2 des Schulgesetzes Sachsen -Anhalt (SchulG LSA) geregelte Bildungs- und Erziehungsauftrag enthält verschiedene fächerübergreifende Festlegungen, die in Präventionsaufträge münden. Dazu gehört auch die Prävention von Gewalt mit all ihren Facetten. Eine bewährte Form der Gewaltprävention ist das Programm Schulmediation /Streitschlichtung. Die Mediation ist ein Verfahren zur Vermittlung von Streitfällen . Sie begleitet die Kontrahenten beim Finden einvernehmlicher Lösungen für ihre Probleme. Unparteiische Dritte (insbesondere qualifizierte Schülerstreitschlichter ) unterstützen die Kontrahenten dabei, Argumente auszutauschen, Vereinbarungen zu treffen und einen Weg zu finden, miteinander umzugehen. Das Thema Gewaltprävention wird in jeder Schulform und in allen Regionen Sachsen-Anhalts aufgegriffen. Insgesamt haben 309 aller allgemein- und berufsbildenden Schulen des Landes die Thematik der Gewaltprävention/Mediation in ihren schulischen Alltag integriert. Der Landkreis Harz ist mit Blick auf die Gesamtsituation im Land einer der Landkreise, der schulformübergreifend im Landesvergleich durch eine hohe Angebots- und Projektvielfalt im Bereich der 4 Gewaltprävention/Mediation hervorsticht. Insbesondere im Bereich der Grundschulen ist der Landkreis Harz prozentual betrachtet der Landkreis mit den meisten Angeboten/Projekten zur Gewaltprävention/Mediation im Land Sachsen -Anhalt. Es bestehen zahlreiche Kooperationen für regionale Gewaltpräventionsangebote mit externen Partnern, wobei diese in Eigenverantwortung der Schulen entstehen. Diese Kooperationspartner sind insbesondere regionale soziale Träger und Vereine, regionale Polizeidienststellen, Sportvereine und Krankenkassen. Die Servicestelle „Interkulturelle Bildung“, die beim Landesnetzwerk der Migrantenorganisationen (LAMSA) angesiedelt ist, kann Schulen im Umgang mit Migration durch eigene Beratung und Vermittlung von Angeboten unterstützen. Die Landeszentrale für politische Bildung (LpB) verfügt ebenfalls über Möglichkeiten , im Rahmen des Schulnetzwerkes „Schule ohne Rassismus“ (SOR) Hilfestellung zu leisten. Auch die Netzwerkstelle „Lernen durch Engagement“ kann hier genannt werden. Im Einzelfall kann auch auf Beispiele guter Praxis der Netzwerke der Europaschulen bzw. der UNESCO-Projektschulen zurückgegriffen werden. Speziell an der Sekundarschule in Thale/Nord arbeitet eine Streitschlichtergruppe , die von der Vertrauenslehrerin angeleitet, regelmäßig Probleme aus dem Schulalltag aufnimmt und aktiv löst. Gemeinsam mit dem Sozialzentrum „Bode“ in Thale werden regelmäßig Projekte durchgeführt, die Probleme des gesellschaftlichen Bereiches, wie Probleme der Berufsfindung, Vermeidung von Schulverweigerung, Zusammenarbeit mit den umliegenden Kinderheimen, ehrenamtliche Tätigkeiten und andere Gebiete thematisieren. Darüber hinaus ist am 13. September 2017 eine Gemeinsame Erklärung von den kommunalen Spitzenverbänden und dem Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt zur intensiveren Kooperation von Kommunen und Polizei unterzeichnet worden.1 Zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung sowie zur Intensivierung der Prävention in den Kommunen wird es darin u. a. als erforderlich angesehen, dass Kriminalitätsursachen vor Ort erkannt und behoben werden, Kriminalität und Ordnungswidrigkeiten entschlossen verfolgt und auch Unordnungszuständen verstärkt entgegengetreten wird. Die bereits bestehende gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit von Polizei und Kommunen soll unter Berücksichtigung der aktuellen lokalen Gegebenheiten und des Sicherheitsgefühls der Bürgerinnen und Bürger konsolidiert, intensiviert und fortentwickelt werden. Hierzu ist deshalb u. a. vereinbart worden, dass zur Stärkung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine engere Vernetzung zwischen Kommunen und Polizei angestrebt wird. Dabei geht es vorrangig um den direkten, zeitnahen und regelmäßigen Informationsaustausch über regionale Kriminalitäts- und Verkehrssicherheitsschwerpunkte und die daraus resultierende Ableitung geeigneter Präventionsmaßnahmen. Ziel ist es, in den Kommunen den Entstehungsbedingungen von Kriminalität entgegenzuwirken. 1 MBl. LSA Nr. 38/2017 vom 25. 9. 2017, S. 584. 5 Die Staatsanwaltschaft ist verpflichtet, wegen aller verfolgbarer Straftaten einzuschreiten , sofern zureichende tatsächliche Anhaltspunkte vorliegen. Es gehört nicht zu ihrem gesetzlichen Auftrag, präventiv tätig zu werden. 8. Sind in Anbetracht des Phänomens steigender Migrantengewalt gegen deutsche Bürger gesellschaftlich gebündelte Maßnahmen „runder Tische“ und „Netzwerke“, bestehend aus Kommunalpolitikern, Kirchen, Polizei, Justiz, Vereinen, wie wir sie aus dem Kampf gegen rechte Gewalt her kennen , geplant? Falls nicht, wird um Angabe der Gründe gebeten. Entsprechende Maßnahmen sind zurzeit nicht geplant, weil sich diesbezüglich kein Schwerpunkt in der Kriminalitätslage darstellt. 9. Im August 2016 gab es bereits einen Zwischenfall mit einem sexuellen Übergriff von Mitgliedern einer MUFL-Wohngruppe der Diakonie aus Neinstedt zum Nachteil einer Schülerin derselben Sekundarschule Thale Nord, über den nur sehr knapp auf Nachdrängen der AfD-Fraktion in einer Selbstbefassung des Innenausschusses berichtet worden ist, mit der Begründung , dass es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handele. Da nach Ablauf eines Jahres vom Abschluss des Ermittlungsverfahrens ausgegangen werden kann, wird gebeten, in diesem Zusammenhang aussagekräftig nachzuberichten. Wegen des angesprochenen Vorfalls ist mit Verfügung vom 4. Januar 2017 Anklage gegen einen seinerzeit 15-jährigen Jugendlichen erhoben worden. Das Hauptverfahren ist mit Gerichtsbeschluss vom 5. Juli 2017 eröffnet und Hauptverhandlungstermin im Oktober 2017 anberaumt worden. Weitere Angaben zum Tatgeschehen können im Hinblick auf das laufende Strafverfahren und das jugendliche Alter des Angeklagten nicht gemacht werden.