Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2077 09.11.2017 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 10.11.2017) Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage Wiederansiedlung des Wolfes - Konflikte und Koexistenz von Mensch und großem Beutegreifer in einer dicht besiedelten Kulturlandschaft Große Anfrage Fraktion CDU - Drs. 7/1644 Vorbemerkung der Fragestellenden: Deutschland ist eine von Menschen geprägte Kulturlandschaft und zählt zu den Ländern mit einer besonders hohen Besiedlungsdichte. Mit 226,5 Menschen je km² ist die Bevölkerungsdichte doppelt so hoch wie der EU-Durchschnitt. Die hohe Besiedlungsdichte in Deutschland führte in vielen Generationen zu Eingriffen in den Naturhaushalt und zu Kulturlandschaften, welche auf die Siedlungsdichte sowie Gewohnheiten und Bedürfnisse der Menschen ausgerichtet war. Nicht nur Städte und Dörfer, auch Landschaften, Wälder oder Schutzgebiete wurden gezielt gestaltet und bewirtschaftet. Die Bewirtschaftung diente insbesondere auch der Sicherstellung von Nahrung und Ressourcen für den Menschen in der Moderne. Indem Tierarten, insbesondere die großen Beutegreifer Luchs und Wolf wieder angesiedelt und unter Schutz gestellt werden, greift der Mensch erneut in den Naturhaushalt ein. Dies führt zu Veränderungen im Naturhaushalt und zu Konflikten sowie wachsenden finanziellen Aufwendungen, welche von privaten und öffentlichen Kostenträgern zu schultern sind. Durch den Wolf verursachte Schäden und Kosten für die Nutztierhalter wachsen von Jahr zu Jahr ebenso wie die Wildunfälle mit Bezug zum Wolf. Die Sichtung von Wölfen in besiedelten Gebieten sowie Risse unmittelbar in Siedlungsgebieten führen zunehmend zu Akzeptanzproblemen für eine Wolfspolitik in Deutschland. „Desto weiter weg vom Wald, umso größer die Wolfsliebe“, ist bereits ein geflügeltes Wort. Einwohner im ländlichen Raum und Landwirte beklagen zunehmend Schäden und Gefahren. Eine Evaluierung bisheriger Maßnahmen und Regeln sowie ein professionelles Management sind erforderlich, um gesellschaftliche Akzeptanz für die Koexistenz von Mensch und Wolf zu bekommen. 2 Vorbemerkung der Landesregierung Die Zahl der sich in Sachsen-Anhalt ansiedelnden Wölfe steigt seit einigen Jahren. Der Wolf erobert sich immer mehr Regionen als Verbreitungsgebiet zurück und wurde im Gegensatz zum Luchs nicht wiederangesiedelt, sondern hat von allein den Weg nach Deutschland und Sachsen-Anhalt gefunden. Entsprechend wächst das gesellschaftliche Konfliktpotenzial durch Übergriffe von Wölfen auf Weidetiere. Trotz seines hohen internationalen Schutzstatus wird über die Zukunft des Wolfes in der Bundesrepublik Deutschland entscheiden, ob es gelingt, gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Das erfordert nicht nur Vermittlung von Verhaltensregeln in Wolfsgebieten , sondern auch einen Interessenausgleich mit Bewohnern des ländlichen Raumes, mit Weidetierhalterinnen und Weidetierhaltern sowie der Jägerschaft. Grundvoraussetzung für den Umgang mit dem Wolf ist seine gesellschaftliche Akzeptanz , die unter anderem durch die drei Dinge: Beraten, Schützen, Entschädigen erreicht werden soll. Kern des Wolfsmanagements ist das Wolfskompetenzzentrum (WZI) in Iden, das seine Arbeit zum 15. Februar 2017 aufgenommen hat. Auch wenn die Beratung, die Förderung des Herdenschutzes und der Schadensausgleich nicht ohne bürokratischen Aufwand zu betreiben sind, so sieht die Landesregierung doch in der Bündelung der Kompetenzen einen positiven Effekt. I. Entstehung der Wiederansiedlungspolitik 1. Auf Basis welcher Rechtsgrundlagen werden die beiden großen Beutegreifer Wolf und Luchs auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts heute geschützt ? Wann wurden welche Rechtsnormen hierzu in Kraft gesetzt? • VERORDNUNG (EG) Nr. 338/97 DES RATES vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels • RICHTLINIE 92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (FFH- Richtlinie) • Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (Bundesnaturschutzgesetz -BNatSchG) vom 29. Juli 2009 • Verordnung zur Neufassung der Bundesartenschutzverordnung und zur Anpassung weiterer Rechtsvorschriften vom 16. Februar 2005 Des Weiteren gelten für den Luchs jagdrechtliche Vorschriften (keine Jagdzeit): • Bundesjagdgesetz vom 29. November 1952 • Verordnung über die Jagdzeiten vom 2. April 1977 Die Landesregierung geht davon aus, dass sich die Fragen 3 bis 5 auf den Schutzstatus der Arten Wolf, Bär und Luchs gemäß der FFH-Richtlinie beziehen, da sich aus der VERORDNUNG (EG) Nr. 338/97 DES RATES vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwa- 3 chung des Handels keine Beziehungen zu den hier vorliegenden Fragestellungen ergeben . 2. Wie wurden o. g. Rechtsnormen begründet und welche Schutzgüter wurden wie abgewogen? Die bundes- und landesrechtlichen Regelungen erfolgen in Umsetzung der Europäischen Richtlinien. Die im Rahmen dieser genannten europäischen Rechtsnormen im Prozess ihrer Entwicklung diskutierten, abgewogenen und entschiedenen Sachverhalte sind der Landesregierung nicht bekannt. 3. In welchen EU-Mitgliedstaaten gab es bei der Implementierung vom Schutzstatus Abweichungen von der Anwendung der für Deutschland geltenden Rechtsnormen in Bezug auf den Schutz großer Beutegreifer und wie wurden bzw. werden diese begründet? Ausnahmen gelten gemäß Anhang II: Für den Wolf (Canis lupus), für die estnische Population; griechische Populationen: nur die Populationen südlich des 39. Breitengrades; spanische Populationen: nur die Populationen südlich des Duero; lettische, litauische und finnische Populationen, für den Bär (Ursus arctos), für die estnischen, finnischen und schwedischen Populationen , für den Luchs (Lynx lynx), für die estnischen, lettischen und finnischen Populationen. Ausnahmen gelten gemäß Anhang IV: Für den Wolf (Canis lupus), für die griechischen Populationen nördlich des 39. Breitengrades; die estnischen Populationen, die spanischen Populationen nördlich des Duero; die bulgarischen, lettischen, litauischen, polnischen, slowakischen und finnischen Populationen innerhalb des Rentierhaltungsareals im Sinne von Paragraf 2 des finnischen Gesetzes Nr. 848/90 vom 14. September 1990 über die Rentierhaltung ), für den Luchs (Lynx lynx), für die estnische Population. Ausnahmen gelten gemäß Anhang V: Für den Wolf (Canis lupus), für die spanischen Populationen nördlich des Duero, griechische Populationen nördlich des 39. Breitengrades; finnische Populationen innerhalb des Rentierhaltungsareals im Sinne von Paragraf 2 des finnischen Gesetzes Nr. 848/90 vom 14. September 1990 über die Rentierhaltung, bulgarische, lettische, litauische, estnische, polnische und slowakische Populationen, für den Luchs (Lynx lynx), für die estnische Population. Die Entscheidungsgründe für die Aufnahme der Regelungen sind der Landesregierung nicht bekannt. 4 4. Wann steht eine Evaluierung der den Schutzstatus begründenden Regelungen an? In Art. 19 der FFH-Richtlinie ist ein Verfahren zur Änderung (Novellierung) der Anhänge als Anpassung an den "technischen und wissenschaftlichen Fortschritt" vorgesehen . Diese Änderungen werden (abgesehen von Beitrittsverhandlungen bei der Neuaufnahme von Mitgliedstaaten) nur in größeren Zeitabständen erfolgen und bedürfen eines einstimmigen Beschlusses des Rates der Europäischen Union. Hierbei können auch Anpassung der Artenlisten an den aktuellen Kenntnisstand der Taxonomie und Systematik erfolgen. Über anstehende Änderungen liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Siehe auch Antwort zur Frage 77. Am 17. Juni 2017 hat sich die 86. UMK in Berlin vor dem Hintergrund des sogenannten Fitness-Checks für die unveränderte Beibehaltung der EU-Naturschutzrichtlinien ausgesprochen. 5. Wer ist für Evaluierung bzw. Durchsetzung der Bestimmungen in o. g. Regelwerken zuständig? Für die Evaluierung der Anhänge der FFH-Richtlinie ist gemäß Art. 19 der FFH- Richtlinie die Europäische Kommission zuständig. Darin ist geregelt, dass die Änderungen , die zur Anpassung der Anhänge I, II, III, V und VI an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, vom Rat auf Vorschlag der Kommission mit qualifizierter Mehrheit beschlossen werden. Die Änderungen, die zur Anpassung des Anhangs IV an den technischen und wissenschaftlichen Fortschritt erforderlich sind, werden vom Rat auf Vorschlag der Kommission einstimmig beschlossen . Für daran anknüpfende Änderungen sind die jeweiligen Mitgliedstaaten gemäß dem dort geltenden Staatsrecht zuständig. Im Ergebnis eines Überprüfungsprozesses durch die Kommission einschließlich einer öffentlichen Konsultation von April bis Juli 2015 hat die Kommission am 7. Dezember 2016 nochmals bekräftigt, dass die FFH-Richtlinie derzeit nicht geändert wird und somit der Wolf in Anhang IV verbleibt. Die gegenwärtig rechtliche Grundlage biete ausreichend Flexibilität zum Umgang mit Problemtieren. Es gehe eigentlich um die Koexistenz, so der Vertreter der EU-Kommission, darum, dass der Mensch wieder lerne, mit großen Raubtieren zusammen zu leben. Das gelte für Arten in Anhang IV und V. 6. Warum muss nach Ansicht der Landesregierung in einer so dicht besiedelten Kulturlandschaft wie Deutschland die Wiederansiedlung des Wolfes mit einem Schutzstatus unterstützt werden, welcher unabhängig von Siedlungsdichte , gewollter Weidetierhaltung und Landschaftspflege, Gefährdungspotenzial und Schutz anderer Arten auch noch flächendeckend und ganzjährig gilt? Der Wolf ist eine heimische Art, die sehr anpassungsfähig an die Kulturlandschaft ist. Die in Deutschland lebende Population ist in keinem günstigen Erhaltungszustand. Daraus ergeben sich entsprechende rechtliche Konsequenzen, die sich systematisch aus den europäischen Rechtsnormen ableiten. Die Ansicht der Landesregierung ist in diesem Kontext nicht maßgebend. 5 7. Als der strenge Schutzstatus für den Wolf vor 25 Jahren eingeführt wurde, gab es keinen einzigen Wolf in Deutschland. Muss ein viertel Jahrhundert später, bei rasant wachsendem Wolfsaufkommen sowie den hiermit im Zusammenhang stehenden Konflikten und Kosten nicht dringend der Schutzstatus und das Wolfsmanagement evaluiert und verändert werden, um eine Akzeptanz zu gewinnen und den Prozess beherrschen zu können? Die Ministerinnen, Minister und Senatoren der Agrarressorts der Länder haben auf der Agrarministerkonferenz im März das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gebeten, mit dem Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) eine Einschätzung zum Erhaltungszustand der jeweiligen Populationen der Tierarten Kormoran, Wolf und Biber in Deutschland bis zur Herbst-Agrarministerkonferenz schriftlich vorzulegen. Außerdem wurde das BMUB von verschiedenen Ländern, unter anderem von Sachsen-Anhalt gebeten, sich auf dieser Grundlage gegebenenfalls bei Wolf und Biber für eine Veränderung der Einstufung von Anhang IV in Anhang V der FFH-Richtlinie einzusetzen. Auf der Agrarministerkonferenz im September 2017 haben die Länder den Bund gebeten , im Rahmen länderübergreifender Bemühungen zu einem gemeinsamen Monitoring und Management des Wolfes für die gemeinsame Population zu kommen. Um den Erhaltungszustand der europäischen Populationen realistisch einschätzen zu können, sei die gemeinsame Bewertung der Populationen nach einheitlichen Kriterien unerlässlich. Ein einheitliches Monitoring sei hierfür zwingend erforderlich und sollte nach Möglichkeit für den neuen Berichtszeitraum ab 2019 realisiert werden. 8. Was wurde bisher für die Aufklärung und Akzeptanz hinsichtlich der Wiederansiedlung großer Prädatoren in Sachsen-Anhalt veranlasst? Wie werden Ergebnisse und Aufwendungen eingeschätzt? Zur Umsetzung des Wolfsmanagements wurde eine Leitlinie erstellt und inzwischen mehrfach überarbeitet, in die zahlreiche Vorschläge der Verbände eingeflossen sind. In der Leitlinie sind unter anderem neue Erkenntnisse im Rahmen der Wolfsabwehr, zum Herdenschutz und zur Definition einzelner verhaltensauffälliger Wölfe eingeflossen . Besonders bedeutsam ist dabei die Klärung von Zuständigkeiten. Es muss deutlich werden, wer in welchem Fall welche Entscheidungen zu treffen hat und wer die Verantwortung trägt. Dazu sind Anpassungen weiterer Rechtsvorschriften erforderlich , die das Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie (MULE) bereits in die Wege geleitet hat. Kern des Wolfsmanagements in Sachsen- Anhalt ist das Wolfskompetenzzentrum (WZI) in Iden, das seine Arbeit zum 15. Februar 2017 aufgenommen hat. Das WZI arbeitet seit dem 1. September 2017 mit fünf Mitarbeitern, welche die u.a. die Bereiche Monitoring, Herdenschutz, Nutztierrissbegutachtung sowie Informations- und Öffentlichkeitsarbeit abdecken. Seit dem 1. August 2017 wurden elf individuelle Herdenschutzberatungen vor Ort durchgeführt, zuzüglich diverser öffentlicher Veranstaltungen und Anfragen über Telefon und E-Mail. Im Jahr 2017 wurden vom WZI bislang ca. 45 Info- und Öffentlichkeitsveranstaltungen durchgeführt. Außerdem ist das WZI in ständigem Kontakt und Austausch mit den Wolfsberatern/-betreuern der anderen Bundesländer sowie den Behörden und beruflichen Interessengruppen in Sachsen-Anhalt. 6 Eine Einschätzung der Ergebnisse ist nach so kurzer Frist noch nicht möglich. Grundsätzlich wird die Arbeit des WZI von dem betroffenen Personenkreis positiv bewertet. II. Wissenschaftliche Grundlagen, Datenerhebungen 9. Auf Basis welcher wissenschaftlichen Erkenntnisse werden Schutzstatus sowie stabile Populationsgrößen bei Wolf und Luchs begründet? Die Festlegung des Schutzstatus des Wolfes in Europa erfolgte auf Grundlage internationaler Konventionen bzw. deren Umsetzung in Europa-, Bundes- und Landesrecht durch den Gesetzgeber. Dabei wurden in betreffenden Artikeln/Paragraphen jeweils die Begründungen angegeben. • VERORDNUNG (EG) Nr. 338/97 DES RATES vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels Artikel 1 • Berner Konvention: Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (1979) insbesondere Präambel, Artikel 1 bis 3, Artikel 5 bis 7 in Verbindung mit Anhang II (Wolf) und Anhang III (Luchs) • RICHTLINIE 92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen Präambel • Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD), UN 1992 Präambel Artikel 8 In-situ-Erhaltung • Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 § 1 Ziele des Naturschutzes und der Landschaftspflege § 37 Aufgaben des Artenschutzes Hauptziel der Konventionen bzw. Gesetzgebungen sind zu ergreifende Schutz- und Erhaltungsmaßnahmen, um der Gefährdung der Biologischen Vielfalt sowie einzelner Arten einschließlich Wolf und Luchs entgegenzuwirken. Nach Einschätzung der Landesregierung ist der Schutzstatus von Wolf und Luchs aus folgenden Gründen zielführend: • Wolf und Luchs haben erst einen eingeschränkten Teil ihrer jeweiligen angestammten Areale in Europa bzw. in Deutschland wiederbesiedelt. • Die zentraleuropäische Flachlandpopulation des Wolfs hat eine noch geringe Zahl adulter geschlechtsreifer Individuen. Auch die Luchspopulationen in Deutschland haben jeweils noch geringe Individuenzahlen. • Die Wolfs- und Luchspopulationen sind infolge der Ausrottungsphase vielfach 7 noch stark isoliert voneinander. Bestehender Individuenaustausch ist nicht oder nur ungenügend demographisch in den Populationen wirksam. Dies gilt insbesondere auch für die zentraleuropäische Flachlandpopulation des Wolfes . • Die Bestände von Wolf und Luchs unterliegen in Europa bzw. Deutschland starken Beeinträchtigungen (Verkehrsopfer, illegale Verfolgung). Aufgrund der Gesamtsituation wurde der Erhaltungszustand des Wolfs sowie des Luchses im Sinne der FFH-Richtlinie für die Bundesrepublik Deutschland bislang als ungünstig eingeschätzt. Der Schutzstatus ist daher erforderlich. Im auf Wolf und Luchs bezogenen wissenschaftlichen Diskurs bzw. in der Naturschutzgesetzgebung ist der Terminus „Stabile Populationsgröße“ von Wolf und Luchs als solcher nicht explizit definiert, so dass nicht sicher auf die Intention des Fragestellers geschlossen werden kann. Seitens der Naturschutzverwaltungen von Bund und Ländern gab es nach Kenntnis des LAU keine Festlegungen auf eine theoretische „stabile Populationsgröße“. Bezogen auf Wolf und Luchs ist festzuhalten: • Beide Arten haben nach der weitgehenden, überregional wirksamen Ausrottungsphase noch nicht wieder das ursprüngliche bzw. ökologisch heute geeignete Verbreitungsgebiet wiederbesiedelt. Beide Arten haben das biologische Potential für weitere Bestandszunahme und weitere Ausbreitung. • Der Umfang weiterer Bestandszunahmen bzw. Ausbreitung hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab, darunter neben natürlichen Faktoren auch entgegen gerichtete indirekte und direkte menschliche Einflussnahme (Gefährdungen, Beeinträchtigungen, Managementmaßnahmen). Aussagen über eine künftig zu erwartende „stabile Populationsgröße“ wären daher in hohem Maße spekulativ und nur bedingt naturwissenschaftlich begründbar. Hinweis: Breiten Raum im wissenschaftlichen und naturschutzrechtlichen Diskurs nimmt jedoch der günstige Erhaltungszustand im Sinne der FFH-Richtlinie ein. Zur Erreichung bzw. Wahrung eines günstigen Erhaltungszustands ist neben anderen Kriterien auch eine minimale Bestandsgröße erforderlich, die unabdingbar ist, um eine Gefährdung der Populationen langfristig auszuschließen. Diese Bestandsgröße, (bei Wolf und Luchs definiert als Zahl der adulten, geschlechtsreifen Individuen) ist aber ausdrücklich als Untergrenze für eine dauerhaft ungefährdete Population zu verstehen, nicht als „Stabile Populationsgröße“. Derartige Erwägungen orientieren sich an den Gefährdungskriterien der IUCN und den dort formulierten Rahmenbedingungen und Definitionen (IUCN 2012, LINNELL et al. 2008). Quellen: VERORDNUNG (EG) Nr. 338/97 DES RATES vom 9. Dezember 1996 über den Schutz von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels (ABl. L 61 vom 3.3.1997, S. 1) Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention on Biological Diversity CBD), UN 1992 Berner Konvention: Übereinkommen über die Erhaltung der europäischen wildlebenden Pflanzen und Tiere und ihrer natürlichen Lebensräume (1979) FFH-Richtlinie: RICHTLINIE 92/43/EWG DES RATES vom 21. Mai 1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (ABl. L 8 206 vom 22.7.1992, S. 7) Bundesnaturschutzgesetz vom 29. Juli 2009 (BGBl. I S. 2542) IUCN (2012): Red List categories and criteria. Version 3.1. Prepared by the IUCN Species Survival Commission. IUCN, Gland, Switzerland - http://s3.amazonaws.com/iucnredlistnewcms /staging/public/attachments/3097/redlist_cats_crit_en.pdf LINNELL J., V. SALVATORI & L. BOITANI (2008): Guidelines for population level management plans for large carnivores in Europe. A Large Carnivore Initiative for Europe report prepared for the European Commission (contract 070501/2005/424162/MAR/B2). 10. Gibt es Pläne der Landesregierung oder der Bundesregierung die DNA von Canis lupus und ggf. seiner Unterarten nach internationalen Kriterien eindeutig zu definieren und als Standard für Referenzlabore auszuweisen? Der Prozess der genetischen Analyse von DNA-Proben erfolgt nach den anerkannten genetischen Methoden auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Die Senckenberg -Wildtiergenetik ist eine der profiliertesten Forschungseinrichtungen auf diesem Fachgebiet in Europa und kooperiert mit den anderen international einschlägig tätigen Einrichtungen. Die Forschungsergebnisse unterliegen dem in der Forschung üblichen fachlichen Diskurs; Veröffentlichungen erscheinen in international anerkannten Fachpublikationen nach einem peer review-Prozedere. Die genetische Analyse erfolgt allein nach wissenschaftlichen Kriterien durch eine neutrale Forschungseinrichtung . Die Senckenberg-Wildtiergenetik wurde als Ergebnis einer Prüfung durch Bund und Länder von der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA) als deutsche Referenzeinrichtung für genetische Untersuchungen an Wolf und Luchs festgelegt. Die Landesregierung beabsichtigt nicht, auf die fachlichen Aussagen der genetischen Untersuchungen inhaltlich Einfluss zu nehmen. 11. Welche Referenz-DNA dient derzeit zur Untersuchung der Wölfe in Deutschland? Die genetische Analyse erfolgt als Analyse der mitochondrialen DNA (mtDNA, Haplotyp ) sowie als Analyse von Mikrosatelliten-DNA des Zellkerns (Genotyp). Weitere genetische Verfahren (SNPs) sind in der Erprobung. In Kombination der Methoden, die zum gegenwärtigen methodischen Standardrepertoire zählen, können Zuordnungen zu Populationen bis hin zu Einschätzungen familiärer Zugehörigkeit (Eltern- Nachkommen, Geschwister etc.) von Individuen erfolgen. Im Zuge der Untersuchungen werden Vergleiche mit der DNA von Wölfen anderer Populationen in Europa vorgenommen. Die Populationszuordnung bzw. Verwandtschaftsanalysen beruhen auf dem Vergleich der genetischen Strukturen im Gesamtdatensatz aller vorliegenden Proben. Des Weiteren erfolgt ein Abgleich mit international zugänglichen Gendatenbanken . 12. Wurden IUCN-Kriterien für die Beurteilung des Erhaltungszustandes der Wolfspopulation herangezogen? Die Bewertung des Erhaltungszustandes des Wolfes erfolgt durch eine Arbeitsgruppe der Bundesländer unter Beteiligung des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) (Arbeits- 9 kreis der Erfahrenen Personen im Großraubtiermonitoring) bei einem jährlichen bundesweiten Treffen (Nationales Bewertungstreffen Großraubtiere). Die Bewertung erfolgt auf Ebene Deutschlands, nicht der einzelnen Bundesländer. Die Bewertung erfolgt unter Berücksichtigung der Vorgaben der Europäischen Kommission (DocHab); Kriterien der Large Carnivore Initiative for Europe (LCIE) der IUCN (LINNELL et al. 2008) werden dabei herangezogen. Quellen: DocHab: EUROPEAN COMMISSION, DIRECTORATE-GENERAL ENVIRONMENT (2005): Assessment, monitoring and reporting of conservation status – Preparing the 2001-2007 report under Article 17 of the Habitats Directive (DocHab-04-03/03 rev.3) LINNELL J., V. SALVATORI & L. BOITANI (2008): Guidelines for population level management plans for large carnivores in Europe. A Large Carnivore Initiative for Europe report prepared for the European Commission (contract 070501/2005/424162/MAR/B2). 13. Wie gesichert sind die Daten der amtlichen Wolfsstatistik und wie werden diese erhoben? Die Erhebung der Daten erfolgt durch passives Monitoring (Sammlung eingehender, nicht gezielt erhobener Daten) sowie aktives Monitoring (gezielte Datenerhebung im Gelände). Passives Monitoring kommt auf der gesamten Landesfläche zum Einsatz, aktives Monitoring dort, wo Wolfsterritorien nachgewiesen sind oder dringender Verdacht besteht. Die Intensität des aktiven Monitorings richtet sich zudem nach den praktischen Möglichkeiten (Personal, Finanzen, Begehbarkeit von Flächen). Sämtliche Daten werden protokolliert und auf Plausibilität und Aussagewert geprüft, wobei die SCALP-Kriterien (REINHARDT et a. 2015) zur Anwendung kommen. Die Erhebungsmethodik richtet sich nach dem jeweiligen Hinweistyp (Sichtbeobachtungen, Losungen, Spuren etc.). Die Auswertung der vorliegenden Hinweise erfolgt nach dem Grundsatz, dass die einzelnen Aussagen sicher belegt und überprüfbar oder logisch hergeleitet sein müssen . Spekulationen sowie nicht belegbare Vermutungen werden unabhängig von ihrer theoretischen Möglichkeit vermieden. In Bezug auf Individuenzahlen sind die Angaben des Wolfsmonitorings aus diesem Grund sicher belegte Werte. In diesen Zahlen sind allerdings die Dismigranten, d.h. Tiere, die auf Wanderung gehen und neue Areale aufsuchen, nicht erfasst. Siehe auch Antwort auf Frage 14. Die Verfahrensweise, Einzelheiten der jeweiligen Entscheidungsfindung sowie der Datenumfang und spezielle Datenquellen sind in den Monitoringberichten des Landes ausführlich dokumentiert. Zudem erfolgt eine inhaltliche Abstimmung mit alle beteiligten Mitarbeitern und Institutionen. Die Sicherheit der Aussagen des Wolfsmonitorings des Landes beruht auf den Hinweisen und Daten, die den Mitarbeitern des Wolfsmonitorings zugänglich sind bzw. die im Gelände erhoben wurden. Die Sicherheit der Aussagen für die bekannten Wolfsterritorien wird bis zum Monitoringjahr 2015/16 als sehr hoch eingeschätzt, da das aktive Monitoring im deutschlandweiten Vergleich mit sehr guter Intensität und hoher Effizienz durchgeführt wurde. 10 Quellen: REINHARDT, I.; KACZENSKY, P.; KNAUER, F.; RAUER, G.; KLUTH, G.; WÖLFL, S.; HUCK- SCHLAG, D. & WOTSCHIKOWSKY, U. (2015): Monitoring von Wolf, Luchs und Bär in Deutschland. - BfN-Skripten 413: 1-94. 14. Wie erklärt das zuständige Ministerium die Diskrepanz zwischen der statistischen Bestandsdynamik und den steigenden Sichtungsmeldungen und Rissschäden, welche den Eindruck vermitteln, dass die Zahl der in Sachsen -Anhalt lebenden Wölfe, Rudel und Paare deutlich höher sei, als es die amtliche Statistik vermittelt? Vorbemerkung: Die Entwicklung eines Bestandes ist ein natürlicher Prozess, der unter der Voraussetzung einer weitestgehend fehlenden anthropogenen Einflussnahme durch schwankende innere und äußere Faktoren auf die Individuen der Population und deren Lebensgeschichte einwirken. Beim Wolf ist die derzeitige Populationsgenese im Sinne einer Gründerpopulation in einem freien Areal zu verstehen, d. h. das ursprüngliche Areal (also der geeignete Lebensraum), der zuvor nur durch anthropogene Maßnahmen über lange Zeiträume hinweg „wolfsfrei“ gehalten wurde, konnte nun durch den strengen Schutz des Wolfes und der Einstellung der Verfolgung von diesem wiederbesiedelt werden. Momentan ist dieser Prozess ganz am Anfang der Entwicklung und erfolgt dadurch relativ rasant. Mit zunehmender Besiedlungsdichte greifen populationsinterne Regulatorien, wie z. B. Stress unter den Rudelnachbarn. Es ist zu erwarten, dass sich die Entwicklung der Population im Tempo, nicht aber in der Qualität (Rudelbildung, Arterhalt) verringert bis die Kapazitätsgrenze erreicht ist. Im Einzelnen: Auf der Suche nach einem geeigneten Territorium haben die Individuen derzeit relativ freie räumliche Auswahl, die allein über das Nahrungsangebot und geeignete störungsfreie Rückzugsräume limitiert ist. Bei der Suche nach einem Territorium streifen die Tiere bekanntermaßen weit umher, so dass diese Individuen und/oder ihre Hinterlassenschaften (wie Spuren oder Kot oder Rissfunde) durchaus von verschiedenen Menschen in verschiedenen Regionen wahrgenommen werden können, obwohl sie ggf. nur von einem oder wenigen Individuen stammen. Dass insbesondere dismigrierende Tiere weiträumig um bestehende Territorien herumstreifen, ist aus verschiedenen deutschen und europäischen Telemetriestudien bekannt. Ein durchschnittliches Rudelterritorium in Deutschland liegt zwischen 150 und 250 km² in Abhängigkeit von oben genannten notwendigen Ressourcen. Für einen Menschen, der sich nicht mit Wölfen beschäftigt, sind die Laufleistungen von bis zu 80 km pro Aktivitätsphase erfahrungsgemäß unüberschaubare körperliche Leistungen. Hier wird oft in deutlich geringeren Dimensionen gedacht, oft anhand der Erfahrungen mit anderen Tierarten (z. B. Schalenwild, kleinere Raubsäuger). Deren Aktionsradien liegen meist weit unter dem Vermögen des Wolfes. Gefühlt ergeben sich daraus höhere Individuenzahlen, als durch wissenschaftliche Studien nach Standardmethoden belegbar sind. Im Rahmen der Monitoringberichte wird immer wieder darauf verwiesen, dass nur territoriale Individuen und deren Welpen sowie die im Rudel verbliebenen älteren Geschwister/Verwandten zahlenmäßig ermit- 11 telt werden können Die umherschweifenden Dismigranten könnten nur über zeit-, personal- und finanziell aufwändige Telemetrie- bzw. Genetikstudien erfasst werden. Sobald diese Individuen aber ein Territorium innerhalb Sachsen-Anhalts besetzen, werden sie, soweit erste Hin-/Nachweise gemeldet werden, durch das aktive Monitoring erfasst und gehen in die Zählungen/Berichte ein. 15. Fließen in das Monitoring des Wolfes in Sachsen-Anhalt sowie in das Wolfsmanagement neben aktuellen wissenschaftlichen Faktoren auch historische Erkenntnisse oder gegenwärtige Erfahrungen von Ländern mit steten Wolfsvorkommen ein? Wenn nein, warum nicht? Wenn ja, welche? Basis des Wolfsmonitorings sind historische und aktuelle wissenschaftliche Studien und deren daraus abgeleitete international anerkannte und verwendete Methodenstandards für Großraubtiere. Während der Einrichtung des Monitorings in Sachsen- Anhalt wurde zunächst nach KACZENSKY et al. (2009) inzwischen aktualisiert nach REINHARDT et al. (2015) vorgegangen. Diese Methodenstandards sind bindend für die europäische Union. Dennoch bilden weitere Literaturquellen die Grundlage des Artverständnisses, im jährlichen Treffen der Monitoringverantwortlichen der Länder wird der nationale (und internationale) Austausch gewährleistet, Methoden und Ergebnisse werden überprüft und mit beteiligten Institutionen und wissenschaftlichen Einrichtungen abgestimmt. Bei den Monitoringverantwortlichen der Länder handelt es sich zudem meist um langjährig mit der Art vertraute und mit den Standardmethoden und -Bewertungen erfahrene Personen. Aufgrund ihrer Tätigkeit, ihrer Vernetzung mit anderen Artbearbeitern und/oder Wissenschaftlern und durch die Teilnahme an länderübergreifenden Beratungen und Qualifizierungen ist eine andauernde Fortbildung und Aktualisierung des Kenntnisstandes gegeben. Die im Monitoring angewandten Methoden und Standards der Datenbewertung orientieren sich an den Erkenntnissen aus einer Vielzahl von Ländern einschließlich Staaten mit historisch nicht unterbrochener Wolfspräsenz. Diese Kenntnisse sind in der einschlägigen Fachliteratur zugänglich. Insbesondere für das Gebiet der Europäischen Union wurde eine entsprechende Studie von der EU-Kommission beauftragt (LINNELL et al. 2008). Zusammenfassende Darstellung über Vorgehensweisen in anderen Staaten finden sich u.a. auch in KACZENSKY et al. 2009, REINHARDT et al. 2007, 2013, 2015, ….. In der LCIE der IUCN findet ein regelmäßiger fachlicher Austausch auf europäischer Ebene statt. Das Ergebnis spezieller Abstimmungen zwischen Polen und Deutschland ist veröffentlicht in REINHARDT et al. 2013). Auf die Antwort zu den Fragen 10 und 11 wird verwiesen. Berücksichtigte Erfahrungen beziehen sich auf: • Allgemeine Kenntnis der Biologie und Sozialstruktur des Wolfs, • Ausbreitungsverhalten, • Gefährdungspotential/Gefährdungswahrnehmung durch Menschen, • Nahrungsspektrum, • Managementmaßnahmen und ihre Wirksamkeit, • Methoden der Hinweiserhebung im Gelände, • Methoden der Plausibilitätsprüfung von Hinweisen, • Methode der genetischen Analyse, Populationen in Europa. 12 Des Weiteren sei stellvertretend auf einige Publikationen verwiesen, die ihrerseits eine Vielzahl Veröffentlichungen wissenschaftlich ausgewertet haben bzw. zugänglich machen (s. u.). Quellen: BIBIKOV, D.I. (1990): Der Wolf. – Die Neue Brehm-Bücherei, A. Ziemsen-Verlag Wittenberg Lutherstadt, 198 S. BUTZECK, S.; STUBBE, M.; PIECHOCKI, R. (1988): Beiträge zur Geschichte der Säugetierfauna der DDR. Teil 3: Der Wolf Canis lupus L., 1758. - Hercynia N.F. 25: 278-317. CHAPRON, G.; KACZENSKY, P.; LINNELL, J.D.C.; VON ARX, M.; HUBER, D.; ANDRÉN, H.; LÓPEZ-BAO, J.V.; ADAMEC, M.; ÁLVARES, F.; ANDERS, O.; BALČIAUSKAS, L.; BALYS, V.; BEDŐ, P.; BEGO, F.; BLANCO, J.C.; BREITENMO- SER, U.; BRØSETH, H.; BUFKA, L.; BUNIKYTE, R.; CIUCCI, P.; DUTSOV, A.; ENGLEDER, T.; FUXJÄGER, C.; GROFF, C.; HOLMALA, K.; HOXHA, B.; ILIOPOU- LOS, Y.; IONESCU, O.; JEREMIĆ, J.; JERINA, K.; KLUTH, G.; KNAUER, F.; KOJO- LA, I.; KOS, I.; KROFEL, M.; KUBALA, J.; KUNOVAC, S.; KUSAK, J.; KUTAL, M.; LIBERG, O.; MAJIĆ, A.; MÄNNIL, P.; MANZ, R.; MARBOUTIN, E.; MARUCCO, F.; MELOVSKI, D.; MERSINI, K.; MERTZANIS, Y.; MYSŁAJEK, R.W.; NOWAK, S.; ODDEN, J.; OZOLINS, J.; PALOMERO, G.; PAUNOVIĆ, M.; PERSSON, J.; POTOČNIK, H.; QUENETTE, P.Y.; RAUER, G.; REINHARDT, I.; RIGG, R.; RYSER, A.; SALVATORI, V.; SKRBINŠEK, T.; STOJANOV, A.; SWENSON, J.E.; SZEME- THY, L.; TRAJÇE, A.;TSINGARSKA-SEDEFCHEVA, E.; VÁŇA, M.; VEEROJA, R.; WABAKKEN, P.; WÖLFL, M.; WÖLFL, S.; ZIMMERMANN, F.; ZLATANOVA, D.; BO- ITANI, L. (2014): Recovery of large carnivores in Europe's modern human-dominated landscapes. – Science 346, 1517-1519. HINDRIKSON, M.; REMM, J.; PILOT, M.; GODINHO, R.; STRONEN A. V.; BAL- TRUNAITÉ, L.; CZYRNOMSKA, S. D.; LEONARD, J. A.; RANDI E.; NOWAK, C.; AKESSON, M.; LÓPEZ-BAO, J. V.; ÁLVARES, F.; LLANEZA, L.; ECHEGARAY, J.; VILÀ, C.; OZOLINS, J.; RUNGIS, D.; ASPI, J.; PAULE, L. SKRBINSEK, T & SAAR- MA, U. (2016): Wolf population genetics in Europe: a systematic review, metaanalysis and suggestions for conservation and management. - Biol. Rev. (2016), doi: 10.1111/brv. 12298 KACZENSKY, P.; CHAPRON, G.; VON ARX, M.; HUBER, D.; ANDRÉN, H.; LIN- NELL, J. 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Das betrifft in erster Linie das Monitoring, aber auch die damit im Zusammenhang stehende Bearbeitung der Wolfsgenetik (aus Monitoring und Nutztier-Rissbegutachtung) und die pathologische Untersuchung tot aufgefundener Wölfe. Für alle drei Themenfelder liegen die relevanten wissenschaftlichen Standards zugrunde. Das für Deutschland ausgewählte Referenzgenetiklabor Senckenberg befindet sich in Gelnhausen, die pathologischen Untersuchungen erfolgen am Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin. Für das Wolfsmanagement in Sachsen-Anhalt ist seit kurzem das Wolfskompetenzzentrum in Iden zuständig, dieses ist dem Landesamt für Umweltschutz Sachsen-Anhalt zugeordnet, welches dem Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie untersteht. 17. Ist bekannt, ob und in welchem Umfang sich der Wolf in seinem Wesen in Deutschland verändert hat? Es gibt sowohl aus den Ländern Europas, in denen der Wolf kontinuierlich vorkam und nie ausgerottet war, sowie aus den vom Wolf auf natürlichem Wege wiederbesiedelten Gebieten Europas - Deutschland eingeschlossen - keine Erkenntnisse darüber , dass der Wolf sich in seinem Wesen verändert hat. Es gibt außerdem: a) keine Belege dafür, dass vom Wolf ein gegenüber den allgemeinen, alltäglichen Lebensrisiken signifikant erhöhtes Risiko für Menschen ausgeht. Grundsätzlich sind Gefährdungen von Menschen weltweit als extrem seltene Ereignisse anzu- 14 sehen. In Deutschland sind seit Beginn der Wiederbesiedlung durch den Wolf keine für Menschen gefährlichen Situationen eingetreten. b) keine Belege dafür, dass in Sachsen-Anhalt Existenzgefährdungen von Tierhaltern durch den Wolf zu verzeichnen sind. Bezüglich der bislang zu verzeichnenden Schäden sowie geleisteten Präventionszahlungen des Landes wird auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 7/251 in der Drucksache 7/549 verwiesen. 18. Haben die Umstände, dass sich der Wolf als intelligenter Beutegreifer seiner Umgebung anpasst (er lernt schnell aus Verhaltensweisen Dritter, Nahrungsangeboten und Lebensbedingungen in einem Habitat ohne Jagddruck ) einen erkennbaren Einfluss auf sein Verhalten gegenüber Menschen , Haustieren, Nutztieren und Siedlungsräumen? Wenn ja, welche Veränderungen sind zu erwarten? Das Verhalten des Wolfes hängt grundsätzlich von diversen und vielschichtigen Aspekten ab. Sowohl positive als auch negative Erfahrungen tragen zum individuellen Verhalten des jeweiligen Individuums bei. Ebenso Erkrankungen und/oder Verletzungen , die ein an die körperliche Verfassung angepasstes Verhalten verlangen und/oder Lerneffekte. Neugier und Spielverhalten sind außerdem vor allem bei jüngeren Individuen (wie bei allen Säugetieren) wichtige Grundlagen für das Verknüpfen von situationsbedingten Erfahrungen und Lernprozessen. Insbesondere unvernünftiges menschliches Handeln im Umgang mit Wildtieren kann erfahrungsgemäß zu unerwünschtem Verhalten führen (Habituierung). Dazu zählt u.a. die Fütterung (bewusstes Anfüttern oder unbewusstes Futter bereitstellen, z. B. an Kirrungen und/oder Luderplätzen, offenen Komposthaufen, frei zugänglichen Küchen- oder Gartenabfällen , wilde Deponien etc.). Individuen, welche solche Futterstellen zu nutzen lernen, können den menschlichen Geruch mit der Futterquelle in Verbindung bringen und ggf. gezielt Siedlungsnähe aufsuchen, um an weitere Ressourcenquellen zu gelangen . Das ist hinlänglich bekannt und gilt nicht nur für den Wolf, sondern auch für andere Arten. Bisher gab es in Deutschland nur wenige Fälle, die auf eine Habituierung durch Fütterung hinweisen. Der bekannteste Fall ist der des Wolfes „Kurti“ aus Niedersachsen . Der Großteil der Wölfe in Sachsen-Anhalt verhält sich bisher unauffällig. Individuelle Lernprozesse finden fortlaufend statt, was besonders Schutzmaßnahmen für die Nutztierhaltung erfordert. Ungeschützte oder schlecht geschützte Nutztiere können von den Wölfen als einfache Nahrungsquelle erkannt und entsprechend genutzt und/oder gezielt aufgesucht werden. Verhaltensänderungen im Sinne von Lerneffekten durch Bejagung sind aus europäischen Ländern, die eine Bejagung durchführen nicht bekannt (z. B. Schweden, Rumänien ). Die der Bejagung zum Opfer fallenden Individuen können ihre Erfahrung naturgemäß nicht an andere Individuen weitergeben. 19. Wie und durch wen werden evtl. Veränderungen von Verhaltensweisen erfasst und ausgewertet? Im Rahmen des Monitorings, des Herdenschutzes und der Nutztier- Rissbegutachtung, für welche seit kurzem das WZI verantwortlich ist, werden alle einlaufenden Informationen gesammelt, in einer zentralen Datenbank gespeichert und mit dem Ministerium sowie den Experten im nationalen ggf. internationalen Austausch abgestimmt. Im Falle von Auffälligkeiten erfolgt eine hausinterne Abstimmung (WZI, LAU, MULE) der weiteren Vorgehensweise zur Entscheidungsfindung im Ein- 15 zelfall, so wie in der aktuellen Leitlinie zum Umgang mit dem Wolf festgeschrieben ist. 20. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse werden bei der Beurteilung der Verhaltensweisen sowie bei der Beurteilung der Gefahrenpotenziale des derzeit in Deutschland lebenden Wolfes herangezogen? Die Wölfe in Sachsen-Anhalt werden anhand internationaler Methodenstandards in Abhängigkeit wissenschaftlicher und freilandbiologischer Methoden und finanzieller Rahmenbedingungen überwacht. Der Austausch mit den nationalen und internationalen Experten ist gewährleistet. Recherchen zur Biologie, zu den Verhaltensweisen und zur Populationsdynamik erfolgen anhand wissenschaftlicher Studien und der weltweit veröffentlichten themenrelevanten Literatur (s. auch Antwort zur Frage 15). 21. Wie wirkt sich eine vom Menschen ausgehende Gefahr auf das Wesen des Wolfs aus? Welche Auswirkungen können in Bezug auf Mensch und Haustiere erwartet werden? Wölfe vermeiden grundsätzlich den direkten Kontakt zum Menschen. Möglicherweise spielt in diesem Zusammenhang die Jahrtausende lange Präsenz des Menschen als zunächst überlegener Konkurrent und später auch als direkter Feind des Wolfes eine Rolle. Wie bei anderen Wildtieren auch sind Wolfs-Beobachtungen aus Fahrzeugen heraus oder vom Hochsitz herab nicht ungewöhnlich. In den meisten dieser Fälle ist davon auszugehen, dass Wölfe die Anwesenheit von Menschen nicht bemerkt haben . Insbesondere Fahrzeuge werden von Wölfen, wie von allen anderen Wildtieren auch, nicht mit Menschen in Verbindung gebracht. Der Mensch im Fahrzeug kann wahrscheinlich nicht separat wahrgenommen werden. Sobald Wölfe jedoch die Witterung eines Menschen wahrnehmen, werden sie in der Regel sofort misstrauisch und suchen die Quelle der Wahrnehmung zu ergründen. Stellen sie eine Person auf dem Hochsitz fest, flüchten sie meist zügig. Das belegen zahlreiche Handyfotos/-Videos aus der Jägerschaft. Anders gelagerte/zufällige direkte Begegnungen von Mensch und Wolf münden oft in der sofortigen Flucht des Wolfes, dies auch bereits im Welpenalter (eigene Feststellung WZI). Neugierige jüngere Individuen können aber durchaus mal stehen bleiben und versuchen, die Begegnung zu ergründen. Das erfolgt meist in einem Abstand, der dem Sicherheitsbedürfnis des Wolfes entspricht. Für den menschlichen Beobachter können sich daraus in Abhängigkeit seiner Natur Stresssituationen aufbauen. Habituierte Wölfe können sich im Einzelfall anders verhalten (s. u.). In Abhängigkeit der Intensität einer direkten Bedrohung eines Wolfsindividuums durch einen Menschen ist eine Reaktion des Wolfes unterschiedlich möglich. Zufällige Begegnungen innerhalb der individuellen Fluchtdistanz lösen für gewöhnlich eine hochgradige Fluchtreaktion aus. Einengungen bis in den individuellen Schutzraum eines Tieres (wenige Meter um das Tier herum) hingegen können intensive Fluchtversuche , Drohverhalten und/oder Schutzreflexe (u.a. auch beißen) oder die völlige Aufgabe auslösen. Diese Situation ist grundsätzlich für alle betroffenen Tierindividuen (unabhängig von der Art) hochgradig stressig und wird durch das natürliche Verhalten der Flucht und in gesunder Körperkonstitution vom Tier unter natürlichen Umständen vermieden. Überstandene Stresssituationen solchen Ausmaßes werden vom betroffenen Tier mit Sicherheit künftig gemieden. Fluchtmöglichkeiten bestehen in der normalen Kulturlandschaft (Offenland und/oder Wald) problemlos. Eine künstlich 16 provozierte Situation dagegen (bewusst oder unbewusst) mit fehlenden Fluchtmöglichkeiten (z. B. in Zäunungen oder Käfigen) kann entsprechende Reaktionen des gefangenen Tieres hervorrufen. Das wäre dann nicht ungewöhnlich, sondern reiner Selbstschutzreflex. Für den Fall des Eintretens von ungewöhnlichen Verhaltensauffälligkeiten im natürlichen Umfeld ohne künstliche Einengung (Annäherung an Mensch und/oder Hund, Habituierung, unerwünschte Lernprozesse) gibt die aktuelle Leitlinie zum Umgang mit dem Wolf die entsprechend Handlungsempfehlungen vor. Es bleibt vorauszuschicken , dass ein vernünftiger sachlicher Umgang mit Wildtieren den besten Schutz vor Konfliktsituationen bietet. III. Aufwand und Kostentransparenz 22. Welche finanziellen Mittel wurden aus dem Landeshaushalt in den letzten zehn Jahren für das Thema Wolf zur Verfügung gestellt? Bitte Auflistung nach Haushaltsjahren, Haushaltstiteln, Programmen. Im Zeitraum von 2008 bis 2017 wurden Ausgaben für Sachkosten in Höhe von 853.458 € für das Thema Wolf geleistet. Einzelheiten sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. HH- Jahr Kapitel/Titel Höhe der HH- Mittel Verwendung der Haushaltsmittel/kurze Projektbeschreibung 2008 1502/681 02 - € Erschwernisausgleich 1502/681 03 - € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1509/TG 83 - € 1509/533 01 - € Gesamt - € 2009 1502/681 02 - € Erschwernisausgleich 1502/681 03 - € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1509/TG 83 - € ELER: 0908/98175 1511/98171 1502/68362 15.852 € LAU-Projekt: Datenrecherche, Gebietsbewertung Gesamt 15.852 € 2010 1502/533 10 1504/535 01 und 535 02 38.488 € LAU: Monitoring/Bestandserfassung: Arten -Monitoring nach Artikel 11 und 17 der FFH-Richtlinie in Sachsen-Anhalt: Monitoring des Wolfes im Umfeld der Altengrabower Heide/Sachsen-Anhalt - Monitoringdurchgang 2010 inkl. Sachkosten 1502/681 03 - € Sachschadensausgleich Großraubtiere 17 HH- Jahr Kapitel/Titel Höhe der HH- Mittel Verwendung der Haushaltsmittel/kurze Projektbeschreibung 1509/TG 83 - € 1509/533 01 - € Gesamt 38.488 € 2011 1502/681 02 Erschwernisausgleich 1502/681 03 4.859 € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1504 533 04; 1504 381 04; 1502 533 62 12.864 € Monitoring/Bestandserfassung: Untersuchung des Raum-Zeit-Verhaltens von Wölfen in Sachsen-Anhalt unter Einbeziehung eventueller Abwanderung von Jungwölfen mit Hilfe von GPS-GSM-Telemetrie 1509/TG 83 - € 1509/533 01 - € Gesamt 17.723 € 2012 1502/681 02 Erschwernisausgleich; 1502/681 03 171 € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1504 533 04; 1504 381 04; 1502 533 62 17.095 € Monitoring/Bestandserfassung: Untersuchung des Raum-Zeit-Verhaltens von Wölfen in Sachsen-Anhalt unter Einbeziehung eventueller Abwanderung von Jungwölfen mit Hilfe von GPS-GSM-Telemetrie 1509/535 83 456 € Messer für Schafuntersuchung, Wildkamera 1509/533 01 Gesamt 17.722 € 2013 1502/681 02 118.000 € Maßnahmen zum präventiven Herdenschutz (59 Bewilligungen für Schafhalter) 1502/681 03 1.715 € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1509/ TG 83 - € ELER: 0908/98175 1511/98171 9.771 € LAU-Projekt: Erarbeitung Wolfsbroschüre ELER: 0908/98175 1511/98171 13.840 € LAU-Projekt: Ersterfassung und genetische Charakterisierung neuer Wolfsvorkommen in Sachsen-Anhalt ELER: 0908/98175 1511/98171 3.482 € LAU-Projekt: Analyse der Nahrungszusammensetzung von Wölfen in Sachsen- Anhalt 18 HH- Jahr Kapitel/Titel Höhe der HH- Mittel Verwendung der Haushaltsmittel/kurze Projektbeschreibung ELER: 0908/89375 1511/89371 1502/88362 56.100 € WWF-Projekt: Akzeptanzschaffung für die FFH-Art Wolf in Sachsen-Anhalt, u.a. Anschaffung von Wolf-Notfall-Sets, Erstellung eines Informationshandbuches für Nutztierhalter in Sachsen-Anhalt zum Schutz vor dem Wolf, Informationsveranstaltungen Gesamt 202.908 € 2014 1502/681 70 6.016 € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1502/683 70 115.257 € Maßnahmen zum präventiven Herdenschutz (65 Bewilligungen für Schafhalter, 1 Bew. Für Ziegenhalter) 1502 533 10 12.391 € Monitoring/Bestandserfassung: Genetische Untersuchungen Großraubtiere - Beauftragung zur Analyse von Proben aus Sachsen-Anhalt 2014 1504/ 535 01 und 535 02 765 € Sachkosten Monitoring 1509/525 83 194 € Fortbildung Wolf 1509/534 83 20 € Probenbeutel ELER: 0908/98175 1511/98171 37.834 € LAU-Projekt (Fortsetzung): Ersterfassung und genetische Charakterisierung neuer Wolfsvorkommen in Sachsen-Anhalt ELER: 0908/98175 1511/98171 3.000 € LAU-Projekt (Fortsetzung): Analyse der Nahrungszusammensetzung von Wölfen in Sachsen-Anhalt ELER: 0908/89375 1511/89371 1502/88362 75.058 € WWF-Projekt (Fortsetzung): Akzeptanzschaffung für die FFH-Art Wolf in Sachsen -Anhalt, u.a. Anschaffung von Wolf- Notfall-Sets, Erstellung eines Informationshandbuches für Nutztierhalter in Sachsen-Anhalt zum Schutz vor dem Wolf, Informationsveranstaltungen Gesamt 250.534 € 2015 1502/533 10 14.579 € Monitoring/Bestandserfassung: Genetische Untersuchungen Großraubtiere - Beauftragung zur Analyse von Proben aus Sachsen-Anhalt 2015 1502/533 10 6.420 € Monitoring/Bestandserfassung: Analyse der Nahrungszusammensetzung von Wölfen in Sachsen-Anhalt durch Losungsauswertung 1504/535 01 und 535 02 6.180 € Sachkosten Monitoring 19 HH- Jahr Kapitel/Titel Höhe der HH- Mittel Verwendung der Haushaltsmittel/kurze Projektbeschreibung 1504/533 01 15.140 € Monitoring/Bestandserfassung: Erwerb von Nutzungsrechten sowie Aufbereitung vorliegender Daten zum Wolf für das Monitoringjahr 2014/15 1502/533 70 449 € Dienstleistungen Außenstehender, z. B. für die Untersuchung von Nutztierrissen 1502/681 70 7.581 € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1502/683 70 115.257 € Maßnahmen zum präventiven Herdenschutz (58 Bewilligungen für Schafhalter, 7 Bew. für Gehegewildhalter, 2 Bew. für Ziegenhalter ) 1509/511 83 50 € Kosten Handy Wolfsreferenzstelle 1509/525 83 367 € Fortbildung Rissbegutachtung 1509/527 83 97 € Fahrten zur Rissbegutachtung 1509/534 83 963 € genetische Untersuchungen ELER: 0908/89375 1511/89371 1502/88362 47.105 € WWF-Projekt (Fortsetzung): Akzeptanzschaffung für die FFH-Art Wolf in Sachsen -Anhalt, u.a. Anschaffung von Wolf- Notfall-Sets, Erstellung eines Informationshandbuches für Nutztierhalter in Sachsen-Anhalt zum Schutz vor dem Wolf, Informationsveranstaltungen Gesamt 171.869 € 2016 1502 533 10 23.005 € Monitoring/Bestandserfassung: Genetische Untersuchungen Großraubtiere - Beauftragung zur Analyse von Proben aus Sachsen-Anhalt 2016 1502/533 70 959 € Dienstleistungen Außenstehender, z. B. für die Untersuchung von Nutztierrissen 1502/681 70 20.198* € Sachschadensausgleich Großraubtiere 1502/683 70 93.119 € Maßnahmen zum präventiven Herdenschutz (15 Neuantragsteller) 1504/535 01 und 535 02 4.816 € Sachkosten Monitoring 1509/511 83 50 € Kosten Handy Wolfsreferenzstelle 1509/525 83 37 € Fortbildung Rissbegutachtung 1509/527 83 389 € Fahrten zur Rissbegutachtung 1509/534 83 3.745 € genetische Untersuchungen 1509/535 83 359 € Wildkamera Gesamt 123.672 € 20 HH- Jahr Kapitel/Titel Höhe der HH- Mittel Verwendung der Haushaltsmittel/kurze Projektbeschreibung 2017 1502/533 10 13.106 € Monitoring/Bestandserfassung: Erwerb von Nutzungsrechten sowie Aufbereitung vorliegender Daten zum Wolf für das Monitoringjahr 2016/17 1502/533 70 195 € lt. HH-Plan: 15.000 €, Dienstleistungen Außenstehender, z. B. für die Untersuchung von Nutztierrissen 1502/681 70 6.758 *€ 20.000 € lt. Haushalts-Plan, Sachschadensausgleich Großraubtiere 1502/683 70 - € 180.000€ lt. Haushalts-Plan, Maßnahmen zum präventiven Herdenschutz (Antragsverfahren läuft noch bis 20.10.2017) 1509/ 511 83 25 € Kosten Handy Wolfsreferenzstelle 1509/514 83 4.500 € Wegeunfall zur Rissbegutachtung 1509/ 534 83 3.211 € genetische Untersuchungen (536 € + 2.675 €) Gesamt 14.689 € 2008- 2017 Gesamt 853.458 € *vorläufig 23. In welchem Verhältnis stehen die aufwachsenden finanziellen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Thema „Wolf in Sachsen-Anhalt“ zu den Mitteln aus dem Landeshaushalt bezüglich Artenschutz anderer bedrohter Tierarten? In den Jahren 2012 bis 2017 betrugen im Geschäftsbereich des Ministeriums die Aufwendungen für den Wolf 781.394 € und für den Schutz anderer bedrohter Tierarten 6.466.751 €. Die Einzelpositionen sind der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen. Hier die zusammenfassende Gegenüberstellung: Jahr Aufwendungen für den Wolf (Sachkosten in €) Aufwendungen für den Schutz bedrohter Tierarten (Sachkosten in €) 2012 17.722 911.586 2013 202.908 1.824.492 2014 250.534 1.494.040 2015 171.869 771.522 2016 123.672* 698.366 2017 14.689* 766.745 Gesamt 781.394 6.466.751 *vorläufig 21 24. Wie hoch ist die Summe aller Mittel im Landeshaushalt 2017/2018 für das Thema Wolf? Wie hoch ist die Summe aller Mittel im Landeshaushalt für den Schutz anderer bedrohter Tierarten? Die Summe aller geplanten Mittel im Landeshaushalt 2017/2018 für das Thema Wolf betragen: Ansatz 2017 in € Ansatz 2018 in € 287.500 289.100 Die Summe aller Mittel im Landeshaushalt 2017/2018 für den Schutz anderer bedrohter Tierarten betragen: Ansatz 2017 Ansatz 2018 VE 2017 VE 2018 1.702.525 578.540 398.600 65.000 25. Welche durch den Wolf verursachten wirtschaftlichen Schäden wurden in den Jahren 2012 bis 2017 bei Weidetierhaltern/Nutztierhaltern registriert? Es wurden folgende Sachschäden Großraubtiere beim LVWA registriert: Jahr Schadenshöhe gesamt in € Anmerkungen Wolf bestätigt oder als Verursacher nicht auszuschließen 2012 170,50 2013 1.715 2014 6.016 2015 7.581 2016 20.198* 2017 6.758* *vorläufig 26. Welche Kosten, Aufwendungen und Verluste wurden im Zusammenhang mit dem Wolf bekannt gemacht? Dazu liegen der Landesregierung keine Daten vor. Kosten und Aufwendungen werden an verschiedenen Stellen im Haushaltsplan veröffentlicht. Die Bekanntmachung von Verlusten ist nicht vorgeschrieben. 27. Welche Kostenfolgeabschätzung wurde hinsichtlich der Unterschutzstellung des Wolfes durch wen und wann vorgenommen? 22 Eine „Unterschutzstellung“ durch das Land Sachsen-Anhalt erfolgte nicht. Der Schutz des Wolfes ergibt sich vielmehr aus internationalen Richtlinien, EU-Recht und Bundesrecht . Die hier vorgelegten Daten stehen im Zusammenhang mit der Einwanderung des Wolfes nach Sachsen-Anhalt. Kostenfolgeabschätzungen auf EU- oder Bundesebene sind hier nicht bekannt. Im Rahmen der Haushaltsplanung werden von den verschiedenen Behörden in den jeweiligen Positionen Haushaltsmittel geplant, die auf Schätzungen oder (soweit möglich ) auf Erfahrungswerten beruhen. 28. Zu welchen Kostenfolgeabschätzungen hinsichtlich der Unterschutzstellung des Wolfes kommt die Landesregierung bei der Berechnung des Finanzbedarfs für den Landeshaushalt in den Jahren 2017/2018 sowie für die Folgejahre? Es wird auf die Antwort zu Frage 24 verwiesen. Im Rahmen der Haushaltsplanung für die Jahre 2019 ff erfolgen Planungen aufgrund von Erfahrungswerten, feststehender Bedarfe bzw. Schätzungen. 29. Wie wird der Finanzbedarf für alle Aufwendungen aus dem Landeshaushalt für das Thema „Wolf“ ermittelt und zu welchem Ergebnis kommt man? Bei der Aufstellung der Haushaltspläne wird der Bedarf aufgrund von Erfahrungswerten , feststehender Positionen bzw. Schätzungen ermittelt und entsprechende Beträge veranschlagt. 30. Wie wird sichergestellt, dass alle finanziellen und wirtschaftlichen Auswirkungen der derzeit praktizierten Unterschutzstellung des Wolfes erfasst werden und öffentlich bekannt gegeben werden? Die Ausgaben, die dem Land Sachsen-Anhalt entstehen, sind als Ist-Ausgaben der Vorjahre in den einzelnen Positionen der Haushaltspläne zu finden. 31. Während verursachte Schäden (durch den Wolf) bei der Nutztierhaltung teilweise mit öffentlichen Mitteln gemildert werden, bleiben Jäger – verschuldensunabhängig schadenersatzpflichtig und auf größeren Schäden durch Großrudelbildung und erschwerter Jagd sitzen. Die Verbiss- und Schälschadensituation droht ebenso weiter anzuwachsen. Gedenkt die Landesregierung diesen Umstand im Wolfsmanagement zu berücksichtigen ? Der Landesregierung liegen keine belastbaren Erkenntnisse und Daten vor, nach denen es durch die Anwesenheit des Wolfes zu Verhaltensänderungen bei bestimmten Wildarten (zum Beispiel die Bildung von Großrudeln bei Dam- und Rotwild) kommt, in deren Folge größere ersatzpflichtige Wildschäden bzw. eine Erschwernis der Bejagung des Schalenwildes festzustellen sind. Gleiches gilt für die Verbiss- und Schälschadensituation. Wildschäden bzw. ein Anwachsen der Verbiss- und Schälschadensituation kann auch auf örtlich oder regional überhöhte Wildbestände zurückgeführt werden. Nach den Jagdstreckenergebnissen der zurückliegenden Jahre kann in Sachsen-Anhalt von einem kontinuierlichen Anstieg der Schalenwildbestände (au- 23 ßer Muffelwild), auch in Nicht-Wolfsgebieten, ausgegangen werden. So wurde im Ergebnis des Jagdjahres 2016 (1. April 2016 bis 31. März 2017) mit 101.281 Stück Schalenwild das derzeit höchste Streckenergebnis in Sachsen-Anhalt erzielt. Die Auswirkungen des Wolfes auf wildlebende Schalenwildpopulationen und mittelbar auf die Bejagung von Schalenwild und das Auftreten von Wildschäden bei Anwesenheit des Wolfs sind nach Quantität und Qualität zu unbestimmt, als dass hieraus ein konkreter Handlungsbedarf im Sinne einer Berücksichtigung beim Wolfsmanagement abgeleitet werden könnte. 32. Sollten jagdlich geführte Hunde im durch Wölfe herbeigeführten Schadensfall versicherungstechnisch bzw. bei Entschädigungsregelungen Nutztieren gleichgestellt werden? Für jagdlich geführte Hunde erfolgt im durch Wölfe herbeigeführten Schadensfall ein Ausgleich für Sachschäden durch Großraubtiere gemäß RdErl. des MLU vom 6.5.2015 – 44.42/22482-15-02. Ausgleichsfähig sind auch in diesem Zusammenhang entstehende Tierarztkosten sowie die Kosten der Entsorgung von Tierkörpern. Ein Schadensausgleich kann bis zur Höhe des aktuellen Marktwertes erfolgen. Sie sind damit den Nutztieren und Hobbytieren gleichgestellt. Sachschäden an Haustieren werden nur ausgeglichen, wenn die hierfür erforderliche Sorgfaltspflicht eingehalten wurde (z. B. Leinenpflicht für Hunde in der freien Landschaft, sofern es sich nicht um Dienst- und Gebrauchshunde im Rahmen der Dienst- und Jagdausübung handelt). IV. Herkunft und genetischer Austausch 33. Welche Position vertritt die Landesregierung bzgl. Nachweis und Definition einer separaten „mitteleuropäischen Flachlandpopulation“ – populationsbiologisch /biogeographisch? Die Populationsabgrenzung in Europa ist das Ergebnis langjähriger Forschung durch namhafte international arbeitende Forschungseinrichtungen bzw. anerkannte Spezialisten (s. auch Antwort auf Fragen II.10, II.15). Die Landesregierung erkennt den aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand uneingeschränkt an. Quellen: CHAPRON, G.; KACZENSKY, P.; LINNELL, J.D.C.; VON ARX, M.; HUBER, D.; ANDRÉN, H.; LÓPEZ-BAO, J.V.; ADAMEC, M.; ÁLVARES, F.; ANDERS, O.; BALČIAUSKAS, L.; BALYS, V.; BEDŐ, P.; BEGO, F.; BLANCO, J.C.; BREITENMO- SER, U.; BRØSETH, H.; BUFKA, L.; BUNIKYTE, R.; CIUCCI, P.; DUTSOV, A.; ENGLEDER, T.; FUXJÄGER, C.; GROFF, C.; HOLMALA, K.; HOXHA, B.; ILIOPOU- LOS, Y.; IONESCU, O.; JEREMIĆ, J.; JERINA, K.; KLUTH, G.; KNAUER, F.; KOJO- LA, I.; KOS, I.; KROFEL, M.; KUBALA, J.; KUNOVAC, S.; KUSAK, J.; KUTAL, M.; LIBERG, O.; MAJIĆ, A.; MÄNNIL, P.; MANZ, R.; MARBOUTIN, E.; MARUCCO, F.; MELOVSKI, D.; MERSINI, K.; MERTZANIS, Y.; MYSŁAJEK, R.W.; NOWAK, S.; ODDEN, J.; OZOLINS, J.; PALOMERO, G.; PAUNOVIĆ, M.; PERSSON, J.; POTOČNIK, H.; QUENETTE, P.Y.; RAUER, G.; REINHARDT, I.; RIGG, R.; RYSER, A.; SALVATORI, V.; SKRBINŠEK, T.; STOJANOV, A.; SWENSON, J.E.; SZEME- 24 THY, L.; TRAJÇE, A.;TSINGARSKA-SEDEFCHEVA, E.; VÁŇA, M.; VEEROJA, R.; WABAKKEN, P.; WÖLFL, M.; WÖLFL, S.; ZIMMERMANN, F.; ZLATANOVA, D.; BO- ITANI, L. (2014): Recovery of large carnivores in Europe's modern human-dominated landscapes. – Science 346, 1517-1519. 34. Verfolgt die Landesregierung beim Wolfsmanagement ein klares biologisch und insbesondere genetisch begründetes Populationskonzept? Wenn ja, welches? Zielstellungen und konzeptionelle Herangehensweise in Bezug auf den Wolf sind in der Leitlinie Wolf des Landes niedergelegt. Die Leitlinie Wolf (2017) formuliert: „Ziel des Wolfsschutzes in Sachsen-Anhalt ist es: • einen günstigen Erhaltungszustand der Population in einem kulturell und wirtschaftlich stark vom Menschen geprägten Umfeld zu erreichen und zu sichern, wozu Sachsen-Anhalt einen angemessenen Beitrag im Kontext mit den anderen Ländern und Nachbarstaaten leistet, • den Verbund zwischen den einzelnen Vorkommen in Deutschland und den angrenzenden Ländern zu gewährleisten, • ein bundesdeutsches und europaweites Wolfsmanagement zu unterstützen • und die Bevölkerung über die tatsächlichen Risiken, die empfohlenen Verhaltensregeln , die Möglichkeiten der Prävention und des Schadensausgleichs zu informieren, um damit Konflikte zwischen Mensch und Wolf zu vermeiden bzw. zu minimieren. Dabei ist Folgendes zu beachten: • Der Prozess der natürlichen Wiederbesiedlung wird ohne örtliche oder sachliche Beschränkungen zugelassen und begleitet. • Der Schutz des Wolfes erfolgt auf der gesamten Landesfläche. • Es erfolgt keine aktive Ansiedlung von Wölfen in Sachsen-Anhalt. • Ein Monitoring durch das Wolfskompetenzzentrum und Forschungsergebnisse tragen zur Umsetzung des Wolfsschutzes bei.“ Die Kriterien für den günstigen Erhaltungszustand liefern den Rahmen für Minimalanforderungen bzgl. des Wolfsbestandes aus genetischer und populationsbiologischer Sicht. Quelle: Leitlinie Wolf. Handlungsempfehlungen zum Umgang mit Wölfen. – MULE 06.07.2017 35. Ist bekannt, ob Wolfsvorkommen auf Truppenübungsplätzen durch Menschen , (welche nicht unmittelbar im Auftrag von Behörden handelten) „betreut “ oder „zwecks Blutauffrischung“ durch umgesetzte Wölfe ergänzt wurden? Für derartige Vorfälle gibt es keine durch Fakten belegten Anhaltspunkte. Die Wiederetablierung des Wolfes erfolgt als natürlicher Prozess. Eine Unterstützung durch gezielte aktive Ansiedlung durch den Menschen findet in Deutschland nicht statt und ist nicht vorgesehen. 25 36. Gibt es Beobachtungen, in welchem Umfang die aktuelle Wolfspopulation von Hybridisation betroffen ist? Wird hier Hinweisen nachgegangen? Wenn ja, wie und durch wen? Der Wolfsbestand in Sachsen-Anhalt sowie in Deutschland wird im Rahmen des Monitorings kontinuierlich auf das Auftreten von Hybriden überwacht. Jedem fachlich begründeten Verdachtsfall wird durch das WZI (früher LAU und Referenzstelle Wolfsschutz) unverzüglich nachgegangen. Auf diese Weise wurden in den vergangenen Jahren mehrfach auch Sichtungen freilaufender, wolfsähnlicher Wolfshunde in Sachsen-Anhalt überprüft. Im Zuge der genetischen Analysen wird stets eine Prüfung auf Hybridisierung vorgenommen. Im genetischen Datenbestand der Senckenberg- Wildtiergenetik gibt es keine Hinweise auf Hybridisierung im deutschen Wolfsbestand . Zu Hybridisierung kam es erstmalig zu Beginn der natürlichen Wiederetablierung des Wolfes in Sachsen. Die dort zur Welt gekommenen Hybriden kamen zu Tode bzw. wurden aus der Natur entnommen. Aktuell wurde in Thüringen die Hybridisierung von sechs Nachkommen der Wölfin in Ohrdruf festgestellt. Die Welpen sollen auf Empfehlung der DBBW entnommen werden. Im Nachbarland Tschechien wurde ein Fall von Hybridisierung im Jahr 2016 festgestellt. Die Entnahme der Mischlinge wurde von den tschechischen Behörden beauftragt (http://www.wolf-sachsen.de/de/aktuelles-wolfsvorkommensachsen ). 37. Wird bei der DNA-Analyse verendeter Wölfe auch deren Herkunft festgestellt ? Wenn eine DNA-Analyse mit entsprechendem Auftrag vorgenommen wird, erfolgt eine Verwandtschaftsanalyse. Sofern nahe verwandte Individuen ermittelt werden, deren Herkunft bekannt ist, kann auf die Herkunft des konkret untersuchten Tieres geschlossen werden. 38. Wie viele Wölfe sind erforderlich, um einen Genaustausch sowie einen stabilen Bestand der Wolfspopulation zu gewährleisten? Um für eine Population zu beurteilen, wie gut sie gegen das Risiko in einem bestimmten Zeitraum auszusterben abgesichert ist, braucht man umfangreiche Daten: Geburts- und Sterberaten, Zu- und Abwanderungsraten, Krankheiten/Gefahren und deren Wahrscheinlichkeit/Ausmaß etc. Informationen zum genetischen und gesundheitlichen Zustand der Population. Mit diesen Daten lässt sich im Rahmen einer PVA (Population Viability Analysis) abschätzen, wie groß die Population mindestens sein muss, damit ihr Risiko in den nächsten hundert Jahren auszusterben, sehr gering ist (z. B.: < 5 %). Das Ergebnis ist die MVP, die Minimum Viable Population - sie stellt das absolute Minimum der für ein langfristiges Überleben nötigen Populationsgröße dar. In Ermangelung solcher umfassenden und genauen Daten nicht nur zur Populationsgröße , sondern auch zu ihrer Struktur und ihrem Gesundheitszustand, ist es nach den Guidelines for Population Level Management, die 2008 von Linnell et al. entwickelt wurden, möglich, sich an die Rote Liste-Kriterien der IUCN zu halten, um eine Mindestgröße für eine Population festzulegen, um für diese ein vergleichbar geringes Aussterberisiko zu kalkulieren wie über eine PVA. Damit eine Population oder eine 26 Tierart sich nach der FFH-Richtlinie im "günstigen Erhaltungszustand" befindet, muss sie verschiedene Kriterien erfüllen, bzgl. ihrer Größe, ihres Verbreitungsgebietes, ihres Habitats und ihrer Zukunftsaussichten. Das heißt, die Populationsgröße ist nur einer von verschiedenen Parametern. 39. Kann man den Erhaltungszustand einer Art, hier insbesondere des Wolfes, überhaupt innerhalb nationaler Grenzen erfassen? Sollte der Erhaltungszustand einer Art nicht unabhängig von Staatsgebieten, also vielmehr in Verbreitungsgebieten mit natürlicher Reproduktion erfasst und beurteilt werden ? Art nicht unabhängig von Staatsgebieten, also vielmehr in Verbreitungsgebieten mit natürlicher Reproduktion erfasst und beurteilt werden? Wenn die Population einer Tierart über Staatsgrenzen hinweg verbreitet ist, ist es im Prinzip sinnvoll, ihren Erhaltungszustand dann auch in diesem biologischen Zusammenhang zu betrachten. Damit dies im Rahmen der FFH-Richtlinie geschehen kann, müssen aber eine Reihe von Vorgaben erfüllt sein (die Möglichkeit, über Staatsgrenzen hinweg gemeinsam zu berichten wurde erst neu geschaffen). So müsste in beiden Ländern ein vergleichbares Monitoring vergleichbare Daten zum Bestand liefern und das Management müsste auch vergleichbar sein. Darüber hinaus müssten beide Länder gemeinsam berichten wollen. Im Rahmen der Berichtspflicht an die Kommission wird für die jeweiligen biografischen Regionen (in Deutschland drei) unterschiedlich und differenziert berichtet. Gleichzeitig ist es aber durchaus möglich und auch sinnvoll, den Erhaltungszustand einer Art innerhalb der Staatsgrenzen eines Mitgliedsstaates zu beurteilen - vor dem Hintergrund, welche Potenziale die Art in dem jeweiligen Mitgliedsstaat hat, welcher Art die Gefährdungen sind, die sie bedrohen etc. Dies kann innerhalb des Mitgliedsstaates beurteilt werden, auch wenn er nur einen Teil der Population beherbergt. 40. Ist der in Deutschland wieder lebende Wolf eine eigenständige Population – isoliert von anderen Vorkommen? Wenn ja, wie wird dies begründet? Die in den letzten 17 Jahren zu beobachtende Rückkehr der Wölfe nach Deutschland nahm in der Lausitz, im Grenzgebiet von Sachsen, Brandenburg und Polen ihren Ausgang. Gegründet wurde das erste Rudel von Tieren aus Polen, deren Vorfahren aus dem Nord-Osten des Landes stammten. Von der Lausitz aus verbreiteten sich die Nachkommen dieses Rudels sowohl erfolgreich nach Nordwesten (nach Deutschland hinein) als auch nach Nordosten (nach Polen hinein). Mit den Jahren wanderten immer wieder einzelne weitere Tiere aus Westpolen, darüber hinaus auch einig wenige aus Ostpolen zu, und verpaarten sich mit den in Deutschland lebenden Wölfen. Diese Zuwanderung (und erfolgreiche Reproduktion) war aber so selten, dass die in Deutschland lebenden Wölfe genetisch eindeutig von den Wölfen ihres genetischen Ursprungs getrennt werden können. Dies hat mit dem Phänomen des "genetischen Flaschenhalses" zu tun, den die Population durchlaufen hat als sie in der Lausitz ihren Ursprung nahm und dessen Folgen immer noch deutlich sind. Für die kommenden Jahre ist bei weiterer erfolgreicher Ausbreitung in Richtung Nordosten damit zu rechnen, dass mehr Wölfe zwischen der mitteleuropäischen Flachlandpopulation und der im Nordosten von Polen beginnenden Baltischen Population hin und her wandern und sich auch erfolgreich in der jeweils anderen Population fortpflanzen . Dies ist aus Artenschutzsicht erfreulich, da es für die genetische Gesund- 27 heit einer Population förderlich ist, wenn sie im genetischen Austausch mit anderen Populationen steht. 41. Wie viele reproduzierende Einheiten des unter Schutz stehenden Wolfes gibt es derzeit in Deutschland, wie viele in Nord- und Osteuropa? Nach den aktuellsten deutschlandweit abgestimmten Zahlen der Bundesländer gab es im Monitoringjahr 2015/16 47 Rudel und 22 Paare (immer aktuell vorgehalten unter www.dbb-wolf.de). Die Zahlen für das Monitoringjahr 2016/17 werden Anfang November veröffentlicht. In Westpolen gab es im vergleichbaren Zeitraum 2015/16 westlich der Weichsel 43 reproduzierende Rudel und 10 Paare/Rudel ohne Reproduktion. In anderen Ländern Osteuropas werden wird die Anzahl der reproduzierenden Einheiten nicht erhoben . In Skandinavien wurden im Winter 2015/16 insgesamt 41 Rudel und 29 Paare gezählt . Davon lebten 34 Rudel und 24 Paare in Schweden, 7 Rudel und 4 Paare in Norwegen und 4 Rudel und 1 Paar grenzübergreifend in beiden Staaten. 42. In welchem Radius kann ein genetischer Austausch der in Deutschland lebenden Population als wissenschaftlich anerkannt angenommen werden? Im Sommer 2017 konnte zum ersten Mal bestätigt werden, dass sich ein aus der Alpenpopulation stammender Wolfsrüde in Deutschland erfolgreich reproduziert hat, und zwar im Nationalpark Bayerischer Wald. Ob sich aus der mitteleuropäischen Flachlandpopulation stammende Wölfe bisher in der Alpenpopulation oder der baltischen Population erfolgreich fortgepflanzt haben, ist nicht bekannt. 43. In welchem Umfang gedenkt man die Verfahren „zur Entnahme von Wölfen mit problematischen Verhaltensmustern“ zu beschleunigen? Bund und Länder streben eine noch engere Abstimmung in Fragen des Wolfsmanagements an. Der Bund hat die Dokumentations- und Beratungsstelle zum Thema Wolf eingerichtet, die die zuständigen Stellen der Länder in Bewertungsfragen berät, so dass die Länder auf dieser Grundlage weitere Maßnahmen einleiten können. Die Bundesländer streben ein einheitliches Vorgehen beim Umgang mit „verhaltensauffälligen “ Wölfen an. Das Halten von Schafen auf Deichen sowie die Wanderschäferei als auch die Haltung von Rindern in Naturschutzgebieten stellen einen wichtigen Beitrag zum Hochwasser- und/oder Naturschutz dar und liegen damit auch im öffentlichen Interesse. Es müssen Lösungen für diejenigen Regionen entwickelt werden, die mit der Ausbreitung des Wolfes ein Problem haben. Wenn zunehmend Konflikte mit der Ausbreitung der Wölfe in diesen Regionen auftreten, können im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen auch Eingriffe auf der Grundlage der Ausnahmen von Art. 16 FFH-Richtlinie sowie § 45 Abs. 7 Bundesnaturschutzgesetz erfolgen. Hierzu kann in letzter Konsequenz als Einzelmaßnahme auch die Entnahme mehrerer Tiere eines Rudels gehören, wenn die gemeinschaftliche jagenden Individuen gelernt haben , sämtliche der empfohlenen und zumutbaren Schutzmaßnahmen zu überwinden, soweit die übrigen Ausnahmevoraussetzungen erfüllt sind. 44. Ist es für die Bemühungen des Natur- und Artenschutzes in der Gesellschaft wirklich sinnvoll, den Wolf flächendeckend mit allen Interessenkon- 28 flikten einzuführen? Wäre es nicht sinnvoller, auf vitale, stabile und biologisch starke Wolfspopulationen in enger Zusammenarbeit mit den regionalen Landnutzern zu setzen? Der Wolf wurde nicht „eingeführt“ sondern hat das Gebiet von Sachsen-Anhalt wieder besiedelt, nachdem er im letzten Jahrhundert ausgerottet worden war. Beachte auch Antworten insbesondere zu den Fragen 1, 3 und 6. 45. Wie gedenkt man einer stärkeren Rudelbildung von Schalen- und Damwild entgegenzutreten, um Schäden für die Landwirtschaft zu minimieren? Es gibt seitens der Landesregierung keine Bestrebungen einer möglicherweise auftretenden stärkeren Rudelbildung entgegenzutreten. Im Rahmen eines Forschungsprojektes „Wölfe, Schalenwild und Jagd in Sachsen-Anhalt“ sollen im Jahr 2018 die Auswirkungen überprüft werden. Ein wissenschaftlich fundierter Nachweis, dass die genannten Großrudelbildungen kausal auf die Anwesenheit des Wolfes zurückzuführen sind, liegt nicht vor. Auf die Antwort zu Fragen 70 und 71 wird verwiesen. V. Krankheiten und Gefahrenabwehr 46. Gab es in der Vergangenheit gezielte Maßnahmen, um die Wolfspopulation vor Infektionskrankheiten zu schützen? Nein, es gab in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren keine gezielten Maßnahmen. 47. Ist bekannt, ob und in welchem Umfang Wölfe von für diese Art typischen Infektionskrankheiten (Tollwut, Staupe, Räude oder der Aujeszkysche Erkrankung ) betroffen sind? An jedem Wolf der tot aufgefunden wird, wird am Institut für Zoo- und Wildtierforschung in Berlin (IZW) eine pathologische Untersuchung durchgeführt. Es erfolgt routinemäßig eine Untersuchung auf Parvovirose, Staupe, Trichinellose, Aujeszkysche Krankheit sowie Hepatitis Contagiosa canis, Zur Frage der Tollwutübertragung durch Wölfe lässt sich sagen, dass Wölfe dieselben Krankheiten bekommen können wie Hunde – somit auch Tollwut. Jedoch gehören nach Einschätzung des nationalen Tollwut-Referenzlabor am Friederich Löffler-Institut auf der Insel Riems, in welchem alle toten Wölfe auf Tollwut untersucht werden, Wölfe nicht zur Risikogruppe für eine Tollwutübertragung. Alle bisher in Deutschland untersuchten Wölfe gelten als tollwutfrei . Vielmehr kommt dem Fuchs als „Tollwutreservoir“ die Hauptbedeutung bei der Tollwutausbreitung zu. Die Symptome, die Tollwut mit sich bringt, führen nach einer Inkubationszeit von wenigen Tagen bis hin zu mehreren Wochen oder gar Monaten zu einer extremen Verhaltensänderung des infizierten Tiers. Würde sich ein Wolf in einem anderen Land infizieren, hätte der rasante Krankheitsverlauf zur Folge, dass das Tier schnell sehr schwach würde. Trotz der Fähigkeit des Wolfes weite Strecken zurückzulegen, würde ein infiziertes Tier mit großer Wahrscheinlichkeit nicht die deutsche Grenze erreichen. Das Risiko sich durch einen Wolf mit Tollwut zu infizieren wird als äußerst gering eingeschätzt. 29 Eine größere Tollwutgefahr für den Menschen geht von illegalen Tierimporten sowie von Auslandsaufenthalten in Regionen mit Tollwut aus. Dort sind die Hauptinfektionsquellen nicht geimpfte Hunde und Katzen. Eine Infektion mit dem Virus der Aujeszkysche Krankheit wäre für den Wolf wie auch für den Hund ein „Dead End“. Das Tier würde binnen weniger Tage versterben. Die Infektion ist jedoch recht unwahrscheinlich. Hofhunde von Landwirtschaftlichen Betrieben haben sich in früheren Jahren an Abortmaterial und Nachgeburten von Schweinen infiziert. Heutzutage ist dies auch eher unwahrscheinlich, da die Hausschwein -Bestände regelmäßig auf Aujeszkysche Krankheit untersucht werden. Wenngleich eine Infektion durchaus einmal vorkommen kann, müssten die Wölfe schon ein virämisches Wildschwein fressen bzw. Abortmaterial oder Nachgeburtsanteile aufnehmen. Eine Infektion mit dem Staupevirus wurde in Deutschland in bisher fünf Fällen nachgewiesen , wobei nur in einem Fall die Todesursache die Staupevirusinfektion war. Die Räude wurde in elf Fällen nachgewiesen, allerdings zum Teil in Abheilung. Eine Räudeinfektion führt nur in Verbindung mit der Auszehrung zum Tode, dies war in drei Fällen der Fall. Für die Staupeinfektion und die Räudeinfektion kann man jedoch eines klar erkennen . Wenn gerade eine Infektionswelle durch die jeweilige Region bei Füchsen, Marderhunden und anderen Karnivoren zieht, scheint die Wahrscheinlichkeit für Wölfe an dieser Erkrankung ebenfalls zu erkranken höher. Eine statistische Aufarbeitung diesbezüglich gibt es aber nach Kenntnis der Landesregierung nicht. 48. Welche Handlungsszenarien sind in den Managementplänen hinsichtlich des Umgangs mit dem Wolf bzgl. epidemiologisches und parasitologisches Geschehen verankert? Aufgrund der fehlenden Erfordernisse sind bisher in der Leitlinie keine Handlungsszenarien verankert. Wenn eine anzeigepflichtige Erkrankung bei Wölfen festgestellt würde, gäbe es auf der Grundlage des Tierseuchenrechts höherrangige Vorschriften zur Seuchenbekämpfung. 49. Besteht die Gefahr, ähnlich wie beim Luchs, dass der Wolf durch Überpopulation Krankheiten befördern kann? Aus epidemiologischer Sicht ist eine Übertragbarkeit von Krankheiten immer abhängig von der Anzahl der empfänglichen Individuen. So ist eine Übertragung von Milben denkbar. 50. Gibt es im Rahmen der Gefahrenabwehr einen Maßnahmenplan des Landes , der eine Übertragung von Infektionskrankheiten des Wolfes auf Nutztiere und den Menschen verhindert? Prinzipiell können bei Wölfen folgende Erkrankungen auftreten: Tollwut, Staupe, Räude und Aujeszkysche Krankheit. Tollwut und Aujeszkysche Krankheit wurden bisher nicht nachgewiesen. Beide Untersuchungen erfolgen am Friedrich-Löffler- Institut (FLI). 30 Für die Staupeinfektion und die Räudeinfektion kann man jedoch eines klar erkennen . Wenn gerade eine Infektionswelle durch die jeweilige Region bei Füchsen, Marderhunden und anderen Karnivoren zieht, scheint die Wahrscheinlichkeit für Wölfe an dieser Erkrankung ebenfalls zu erkranken höher. Eine statistische Aufarbeitung diesbezüglich gibt es nach bisherigen Erkenntnissen nicht. Es existiert kein Maßnahmenplan des Landes zur Verhinderung der Übertragung von Infektionskrankheiten. Die Beantwortung dieser Frage ergibt sich auch aus den Antworten zu den Fragen 47, 48 und 49. 51. Ist eine Beeinflussung der Wolfspopulation auf Truppenübungsplätzen z. B. durch gezielte Umsetzungen von Einzeltieren aus anderen Beständen bekannt ? Nein, diesbezüglich liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 52. Ist in Sachsen-Anhalt geplant, Wölfe mit Sendern und Kameras auszustatten ? Die Besenderung von Wölfen ist in den Fällen vorgesehen, in denen ein problematisches Individualverhalten auftritt. Bisher gab es keinen derartigen Fall. Telemetrie an Wölfen wurde in Sachsen-Anhalt bisher im Rahmen eines ELER- Projektes des LAU im Jahr 2011 durchgeführt. Dazu erfolgten Untersuchungen des Raum-Zeitverhaltens von Wölfen in Sachsen-Anhalt unter Einbeziehung eventueller Abwanderung von Jungwölfen mit Hilfe von GPS-GSM-Telemetrie sowie genetischer Charakterisierung. Hierbei wurden auf dem TrÜbPl Altengrabow zwei Jung-Wölfinnen (zum Fangzeitpunkt noch Welpen) gefangen und mit GPS-GSM-Sendern markiert. Die ursprüngliche Senderlaufzeit war auf zwei Jahre veranschlagt. Eine Wölfin wanderte ab Mai 2011 in Richtung Niedersachsen ab und verschwand bald darauf spurlos . Die andere Wölfin blieb noch bis Herbst im Territorium. Vermutlich fiel der Sender im Herbst technisch bedingt aus; auch dieses Tier wurde nicht wieder aufgefunden . Kurzberichte bzw. Projektmitteilungen wurden seinerzeit veröffentlicht und befinden sich auf der Internetseite des LAU. Des Weiteren hat die Hochschule für Nachhaltige Entwicklung Eberswalde 2017 eine Wölfin in der Glücksburger Heide besendert (ohne finanzielle Beteiligung des Landes ). In der Regel ist Telemetrie eine Methode der biologischen Grundlagenforschung. Im Rahmen des Managements dürfte Telemetrie aufgrund des sehr hohen personellen und finanziellen Aufwandes nur ausnahmsweise zum Einsatz kommen. 53. Wie viele Wolfsangriffe wurden in den Jahren 2013 bis einschließlich Juni 2017 registriert? Es gab keine Wolfsangriffe gegenüber Menschen. Die Zahl der Wolfsangriffe auf Nutztiere ergibt sich aus der Beantwortung der Frage 62. 31 VI. Artenschutz, Tierwohl und Habitatbeeinflussung 54. Da Artenschutz nicht teilbar ist, stellt sich die Frage der Erhaltung anderer Arten vor dem Hintergrund der Wiederansiedlung großer Beutegreifer in Sachsen- Anhalt. Welchen Einfluss haben Luchs und Wolf auf die Wildtierbestände in Sachsen-Anhalt? Der Luchs wurde in Niedersachsen gezielt wieder angesiedelt und hat sich auch nach Sachsen-Anhalt ausgebreitet. Gleichwohl ist der Luchs im Harz eine heimische Tierart in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet. Der Wolf wurde nicht ausgewildert und vom Menschen angesiedelt. Es wird dazu auch auf die Antwort zur Kleinen Anfrage 7/613 verwiesen. Nach bisherigen Erfahrungen haben Wolf und Luchs keine gravierenden Auswirkungen auf Rot- und Damwild-Bestände. Die jährlichen Streckenergebnisse beim Schalenwild (Rot-, Dam-, Reh- und Schwarzwild) sind hoch. Ein Einfluss des Wolfes oder Luchses ist außer ganz lokal nicht erkennbar. Insbesondere auf kleinere Populationen des Muffelwildes in der Altmark hat der Wolf Auswirkungen. Im Bereich des Flämings wird von den Jägern darauf hingewiesen, dass der Wolf Einfluss auf das Vorkommen des Damwildes hat. In diesen Gebieten werden jedoch nur landeskulturell überhöhte Wildbestände etwas reduziert. 55. Wie wird der Einfluss von Luchs und Wolf auf die Muffelwildbestände (Ovis ammon musimon) in den wohl bedeutendsten Gebieten ihres Vorkommens im Ostharz und der Börde eingeschätzt? Welche Veränderungen bei Bestandszahlen und Alterszusammensetzung werden registriert? Für die Muffelwildbestände in den genannten Gebieten und deren Alterszusammensetzung liegen, abgesehen von den amtlichen Jagdstrecken, keine belastbaren Daten vor. Ein direkter Rückschluss auf die tatsächliche Höhe der vorhandenen Muffelwildbestände aus den vorliegenden Jagdstrecken ist nicht möglich. Ebenso ist es nicht möglich, zu verzeichnende Streckenrückgänge beim Muffelwild allein auf den Einfluss von Luchs und Wolf zurückzuführen. Denn auch das veränderte Verhalten der Jagdausübungsberechtigten - von der Abschussplanung bis hin zum Aussetzen der Bejagung des Muffelwildes - trägt zu einem Streckenrückgang bei. Die Räuber- Beute-Beziehung zwischen Luchs/Wolf und Muffelwild folgt natürlichen ökologischen Zusammenhängen in freier Natur, die sich einer vollständigen Beobachtung und annähernd genauen Quantifizierung durch den Menschen weitgehend entziehen. Diese Schwierigkeit kann auch durch eine Schätzung nicht behoben bzw. umgangen werden . 56. Droht eine Ausrottung der Muffelwildbestände im Ostharz, wenn nach dem Luchs nun auch der Wolf hier ansässig wird? Verträgt das Muffelwild einen zweiten großen Beutegreifer im Harz? Welchen Einfluss der Wolf nach einer dauernden Ansiedlung im Ostharz zusätzlich zum Luchs auf die Muffelwildbestände im Ostharz haben würde, lässt sich nicht genau vorhersehen. Dies gilt insbesondere für die Frage, ob nach einem Ansässigwerden des Wolfes im Harz ein Erlöschen der Muffelwildbestände droht. 32 Ebenso wenig lässt es sich vorhersehen, ob das Muffelwild in der Lage sein wird, kurzfristig sowohl individuelle als auch soziale Schutzstrategien gegen die Beutegreifer Luchs und Wolf zu entwickeln, um diesen Fressfeinden rechtzeitig entgehen zu können. In den Ursprungsgebieten Korsika und Sardinien entkommen die Wildschafe dem Wolf aufgrund ihrer tradierten exakten Habitatkenntnisse, indem sie geschickt Felspartien mit Klippen aufsuchen, in die der Wolf nicht folgen kann. Die Herausbildung eines ähnlichen Verhaltens wäre in Teilbereichen des Harzes (zum Beispiel in Steillagen des Bode- und Selketales) zumindest denkbar. Im überwiegenden Teil des Ostharzes dürfte es das Mufflon bei Anwesenheit eines zweiten großen Beutegreifers in demselben Lebensraum allerdings noch schwerer haben, sich als Art dauerhaft zu behaupten, da es nicht über das entsprechende Verhaltensrepertoire verfügt, um - wie z. B. Rot- und Rehwild - mit der Bedrohung durch Wolf und Luchs leben zu können. In der Ökologie ist unter Ausrottung das Verschwinden von biologischen Arten durch direkten oder indirekten Einfluss des Menschen zu verstehen. Da der Wolf selbstständig ehemalige Vorkommensgebiete zurückerobert und nicht in Sachsen-Anhalt angesiedelt wurde, wäre ein möglicher Rückgang einschließlich eines Erlöschens von Muffelwildbeständen durch den Wolf nicht auf den Einfluss des Menschen zurückzuführen bzw. es könnte nicht von einer Ausrottung gesprochen werden. (Siehe dazu auch die Antwort auf Frage 68). 57. Das Muffelwild ist seit mindestens 200 Jahren in Kontinentaleuropa und seit spätestens 1903/1906 in Norddeutschland ansässig. Es zählt nach der Definition des Bundesnaturschutzgesetzes als heimische Art. Wie kann verhindert werden, dass das Muffelwild durch die Wiederansiedlung von zwei großen Beutegreifern in Norddeutschland und insbesondere auf dem Gebiet Sachsen-Anhalts nicht ausgerottet oder in einen ungünstigen Erhaltenszustand gebracht wird? Aus fachlicher Sicht ist das Mufflon nicht als einheimische/autochthone Wildtierart einzustufen, da dieses in Deutschland künstlich eingebracht wurde. Für Arten, die in den Anhängen II, IV und V der FFH-Richtlinie gelistet sind, besteht die Verpflichtung die Arten in einem günstigen Erhaltungszustand zu erhalten bzw. diesen wiederherzustellen. Das Mufflon (Ovis ammon musimon) ist jedoch nur mit seinen natürlichen Populationen auf Korsika und Sardinien in den FFH Anhängen II und IV gelistet und hat außerhalb dieser Regionen keinen Schutzstatus, der Deutschland verpflichten würde, einen günstigen Erhaltungszustand für diese Art zu erhalten bzw. wieder zu erreichen. Aus Naturschutzsicht und nach Naturschutzrecht bestehen in der Regel keine Erhaltungsverpflichtung und kein Erhaltungsinteresse für nicht autochthone Arten. Siehe dazu auch die Antworten zu Fragen 55 und 56. 58. Wie haben sich die Muffelwildbestände durch den Einfluss des Luchses im Raum Harz, Altmark, Fläming und Börde entwickelt? Für die Muffelwildbestände liegen, abgesehen von Jagdstrecken, keine in diesem Sinne belastbaren Grundlagen für Bestandsdaten vor. Rückschlüsse auf die Muffelwildbestände aus der Streckenentwicklung sind nicht möglich. Siehe dazu auch Antwort zu Frage 55. 33 59. Welche Erkenntnisse gibt es aus dem Zusammentreffen von Wolf und Muffelwild in Brandenburg und Sachsen? Der Landesregierung sind die Ausführungen von Professor Dr. Hans-Dieter Pfannenstiel in seiner vor kurzem veröffentlichten gutachterlichen Stellungnahme „Der Wolf (Canis lupus L. 1758) -Stellungnahme zum Umgang mit dieser Tierart in der Kulturlandschaft Deutschlands“ hierzu bekannt. Darüber hinaus liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 60. Welche Maßnahmen sind zu ergreifen, um eine Ausrottung des Muffelwildes durch den Wolf zu verhindern? Aus Sicht der Landesregierung besteht derzeit keine Möglichkeit für die Ergreifung konkreter Maßnahmen, die geeignet wären, den Einfluss des Wolfes auf die Muffelwildbestände im Land in irgendeiner Weise zu verhindern oder zu steuern. Insbesondere sieht die Landesregierung angesichts der daran geknüpften rechtlichen Anforderungen keine Handhabe für einen Eingriff in die Wolfspopulation zum Schutz des Muffelwildes. 61. Sollten Muffelwildeinstandsgebiete festgelegt werden? Die (erneute) Festlegung von Muffelwildeinstandsgebieten hält die Landesregierung nicht für sinnvoll. Gemäß der Richtlinie für die Hege und Bejagung des Schalenwildes (Hegerichtlinie) - RdErl. des MLU vom 7.4.2011 – 41-65001/4 (MBl. LSA 2011, S. 183; ber. S. 514) – ist Muffelwild (wie im Übrigen Rot- und Damwild) nur in geeigneten Lebensräumen mit einer artgerechten Naturausstattung zu hegen. Die Lebensräume müssen die Voraussetzung für ein dauerhaftes und nachhaltiges Vorkommen bieten. Größe, Ausstattung und Äsungskapazität der Lebensräume sind maßgebend für die Höhe des örtlich anzustrebenden Wildbestandes und für die Festsetzung des Abschussplanes. Eine frühere so genannte jagdliche Raumordnung in Sachsen- Anhalt in Form einer administrativen Abgrenzung von Wildeinstandsgebieten (Bewirtschaftungsgebiete ) für bestimmte Schalenwildarten (Rot-, Dam- und Muffelwild) hat sich nach Erfahrungen der Vergangenheit nicht bewährt und wurde deshalb wieder aufgehoben. Unabhängig davon ist ergänzend anzumerken, dass ein Schutz des Muffelwildes vor großen Beutegreifern von der Festlegung von Muffelwildeinstandsgebieten nicht ausgehen und folglich auch nicht erwartet werden kann. 62. Trifft es zu, dass der Wolf regelmäßig bei der Jagd auf Weidetiere oder Nutztiere in Stallungen mehr Tiere tötet, als zur Befriedigung des Nahrungsbedarfes erforderlich sind? Welche Erkenntnisse über die Zahl der Wolfsangriffe, Risse, getötete Tiere (Nutztiere, Haustiere, Wildtiere) liegen aus den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 vor? Übergriffe auf Nutztiere traten bislang ausschließlich auf Weideflächen in der offenen Landschaft auf. Vorfälle, bei denen Wölfe versucht haben, in Stallungen eindringen, sind nicht bekannt. Körperlich bedingt, sind Schafe nicht in der Lage, sich Wölfen durch Flucht zu entziehen oder werden durch Weidezäune daran gehindert. Letzteres trifft auch auf Gatterwildhaltungen zu. Dadurch wird der Jagdtrieb immer wieder ausgelöst und mehrfach Nutztiere getötet. 34 Dies war z. B. bei einem Übergriff auf ein Wildgatter bei Walsleben, LK Stendal, im Februar 2016 der Fall, bei dem 25 Dammtiere getötet wurden. Erstmals im Jahre 2016 traten Übergriffe auf Kälber auf. Überwiegend sind dabei Kälber in den ersten Lebenswochen betroffen. Bei der bisherigen Praxis, Weidezäune mit nur einer stromführenden Litze in Höhe von einem Meter über dem Erdboden, wird ein Eindringen von Wölfen auf die Weidefläche nicht verhindert. Häufig entweichen Kälber aus der Umzäunung, was durch die Auffindeorte von getöteten Kälbern außerhalb der umzäunten Bereiche dokumentiert wurde. Gegenwärtig wird durch das WZI ein Pilotprojekt mit zwei Agrargenossenschaften im LK Jerichower Land vorbereitet, bei dem fünflitzige Weidezäune eingesetzt werden sollen. Wildtierrisse werden statistisch nicht erfasst. Statistik der Nutztierrisse in Sachsen-Anhalt: Jahr Schafe Ziegen Rinder Gatterwild sonstige gesamt Anz. Übergriffe 2008 1 0 0 0 0 1 1 2009 1 0 0 0 0 1 1 2010 2 0 0 0 0 2 1 2011 33 0 1 0 0 34 4 2012 4 0 0 1 0 5 3 2013 22 0 3 7 0 32 10 2014 56 0 1 9 0 66 9 2015 68 0 3 6 0 77 23 2016 108 2 18 25 0 153 44 2017* 52 43 10 1 (Pferd) 106 55 Summe 347 2 69 58 1 477 151 *vorläufig 63. Wie viele Mehrfachrisse wurden in den Jahren 2013, 2014, 2015, 2016, 2017 bei Nutztieren registriert? Die Landesregierung geht davon aus, dass mit „Mehrfachrisse“ solche Fälle gemeint sind, bei denen Betriebe mehrfach in kurzer Folge von Übergriffen betroffen sind. 35 Zeitraum der Vorfälle Betriebssitz/Ort des Übergriffs Landkreis Anzahl Vorfälle im gleichen Betrieb im Jahr Mai bis Dezember 2013 Stackelitz WB 2 Juli-August 2013 Vockerode/Kapen WB 3 Oktober 2014 Jeggau SAW 2 November-Dezember 2015 Bone bei Zerbst ABI 3 Dezember 2015 – Februar 2016 Hohenziatz/Möckern JL 3 März 2015 Körbelitz JL 2 Januar-Februar 2016 Möckern, OT Zerbst JL 2 März-April 2016 Burgstall/Uchtdorf BK 3 Mai 2016 Bellingen SDL 4 April-Juni 2016 Karow JL 8 Januar- August 2017 Schopsdorf JL 9 2013-2016 Streetz DE jeweils 1 Übergriff pro Jahr Dezember 2015 - Januar 2016 Hohenziatz JL 2 März - April 2017 Lostau JL 2 Juni-Juli 2016 Kassieck SAW 2 November 2016-Januar 2017 Potzehne/Uthmöden BK 4 April- Juni 2016 Randau-Calenberge MD 2 Juni -Juli 2017 Piplockenburg BK 3 Oktober 2016 Nedlitz ABI 2 März 2017 Gardelegen SAW 2 Januar-Februar 2017 Kassieck SAW 2 Dezember 2016- März 2017 Salzwedel SAW 2 April bis Juni 2017 Tuchheim JL 4 64. Trifft es zu, dass nach Wolfsangriffen auf Koppeln und Weiden eine große Anzahl von schwer verletzten Nutztieren mit durchbissenen Knochen, herausgerissenem Fleisch registriert wurden, welche große Qualen erleiden 36 mussten bis sie verendeten bzw. von Jäger oder Tierarzt erlöst wurden? Wie hoch ist die Zahl der schwer verletzten Tiere, welche vom Wolf gerissen , aber nicht unmittelbar getötet wurden? Schwerverletzte, noch lebende Tiere mit durchgebissenen Knochen sind bei Nutztierrissbegutachtungen nicht zu verzeichnen gewesen, jedoch treten immer wieder verletzte Tiere auf, welche zumeist in der Folge notgeschlachtet werden müssen. Diese weisen zumeist Bissverletzungen an den Extremitäten oder im Halsbereich auf. In ca. ein Drittel der Nutztierrissvorfälle (bisher insgesamt 151) sind auch verletzte Tiere zu verzeichnen. 65. Was kann getan werden, um Wölfen einen qualvollen, langsamen Tod zu ersparen, welcher bei Wildunfällen droht, weil eine schnelle Erlösung durch den zuständigen Jäger, nicht wie bei anderen Wildunfällen erfolgen kann? Im Einvernehmen mit dem MULE wird demnächst vom Ministerium für Inneres und Sport ein Erlass veröffentlicht, der Handlungsanweisung beim Umgang mit verhaltensauffälligen , verletzten oder getöteten Wölfen gibt: Die Entscheidung über den Umgang mit aufgefundenen durch ein Unfallereignis verletzten Wölfen obliegt dem Wolfskompetenzzentrum (WZI). Es entscheidet ggf. unter Hinzuziehung tierärztlichen Sachverstandes, ob der verletzte Wolf behandlungsfähig ist. In Zusammenarbeit mit der Tierärztekammer haben sich 18 Tierärztinnen und Tierärzte aus verschiedenen Landkreisen/Städten ihre Bereitschaft erklärt, im Fall eines verletzt aufgefundenen Wolfes tätig zu werden. Erfordern die Verletzungen eine stationäre Behandlung, veranlasst und organisiert das WZI den Transport in eine Tierarztpraxis bzw. in eine geeignete Pflegeeinrichtung . Wird eingeschätzt, dass der Wolf getötet werden muss, erteilt das WZI eine Ausnahmegenehmigung nach § 45 Abs. 7 BNatschG. Nach Erteilung dieser Ausnahmegenehmigung soll der Wolf durch eine Tierärztin oder einen Tierarzt getötet werden. Besteht die Möglichkeit der medikamentösen Euthanasie durch einen Tierarzt – ohne dass dadurch eine erhebliche zeitliche Verzögerung entsteht – ist diese vorrangig, um das Gebot der Betäubung vor der Tötung gemäß § 4 Abs. 1 TierSchG einzuhalten. Ist die vorherige Betäubung durch einen Tierarzt wegen des aggressiven Verhaltens des verletzten Wolfes oder aus sonstigen Gründen nicht oder nicht rechtzeitig möglich, kommt der gezielte Tötungsschuss durch die Polizei im Rahmen der Vollzugshilfe nach den Regelungen über den Schusswaffengebrauch gegen Tiere in Betracht (siehe Nr. 65.1 Abs. 6 der Ausführungsbestimmungen zum Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt). Soweit die Gefahrenabwehr durch das WZI nicht rechtzeitig möglich erscheint, trifft die Polizei die bis zum Eintreffen eines Verwaltungsvollzugsbeamten des WZI erforderlichen Maßnahmen (siehe § 2 Abs. 2 SOG LSA, Eilfallzuständigkeit). Hierzu zählen insbesondere die Veranlassung einer gegebenenfalls erforderlichen tierärztlichen Notversorgung und Anordnungen gegenüber einem Störer zur Duldung der Notversorgung . Aufgefundene durch ein Unfallereignis verletzte Wölfe können durch die Polizei im Rahmen der Eilfallzuständigkeit unmittelbar getötet werden, soweit ein Handeln durch das WZI sowie die Hinzuziehung tierärztlichen Sachverstandes durch die Polizei nicht oder nicht rechtzeitig möglich erscheint und tatsächliche Anhaltspunkte die 37 Annahme rechtfertigen, dass sie sonst unter erheblichen Qualen verenden würden. Tatsächliche Anhaltspunkte hierfür sind: a) Fehlen wesentlicher Teile einer Gliedmaße, b) deutlich sichtbares Heraustreten von Knochen bzw. Knochenenden infolge von Frakturen (offene Frakturen), c) deutlich sichtbare Eröffnung der Brusthöhle (Brüche von mehreren Rippen; Einsicht in die eröffnete Brusthöhlenseite, Pneumothorax einseitig), d) eröffnete Bauchhöhle mit vorgefallenen inneren Organen wie zum Beispiel Darm, e) erhebliche Verletzungen im Kopfbereich (zum Beispiel Fehlen des Unterkiefers, eröffnete Schädelhöhle), f) anhaltende Blutungen aus Nase und Mundhöhle oder aus eröffneter Bauch- oder Brusthöhle oder g) Agonie (Anzeichen hierfür sind: keine Reaktion des Tieres auf das Herantreten des Menschen, kaum noch sichtbare Atmung, stoßweise Atmung mit weit geöffneter Maulhöhle, unkoordinierte Bewegungen der Gliedmaßen). 66. Welche Habitat-Veränderungen sind durch die Wiederansiedlung von Luchs und Wolf zu erwarten oder ggf. schon festgestellt worden? Zu nachweisbaren Habitatveränderungen durch die Wiederansiedlung von Luchs und Wolf liegen bislang keine belastbaren Daten vor. Am ehesten ist zu erwarten, dass die Anwesenheit von Großraubtieren über eine Veränderung des Verhaltens sowie der Bestände von wiederkäuenden Paarhufern, diese stellen die Hauptbeute der betreffenden Arten dar, Auswirkungen auf den Verbiss von Pflanzenarten hat. Dadurch kann z.B. die Naturverjüngung von Baum- und Straucharten beeinflusst werden. Es ist zu erwarten, dass sich der Verbissdruck der Pflanzenfresser bei Anwesenheit von Großraubtieren räumlich und zeitlich anders verteilt und sich wahrscheinlich auch insgesamt reduziert. Dies könnte Auswirkungen auf die Bodenvegetation der Wälder (eventuell Förderung verbissempfindlicher Pflanzenarten einschließlich davon abhängiger Insektenarten), die Naturverjüngung und Waldentwicklung haben. Daneben bewirkt das Vorhandensein von Großraubtieren einen regelmäßigen erheblichen Anfall nicht verwerteter Beutereste von denen Aasfresser wie kleinere Raubsäger, Krähenvögel und Greifvögel sowie eine Vielzahl von Insektenarten profitieren. Ein Einfluss auf mittelgroße Raubtiere, deren Bestände durch Konkurrenz und direkte Prädation von Großraubtieren begrenzt werden, ist wahrscheinlich und wird in der wissenschaftlichen Literatur diskutiert (Prugh et al. 2009). Dies kann wiederum bestimmte Beutetiere solcher mittelgroßen Raubtiere fördern. Es ist zu erwarten, dass sich durch das Vorhandensein von Großraubtieren insgesamt die natürliche Dynamik Ökosysteme gefördert wird. Eine andere Problematik ist mit Blick auf die derzeitig in der Landschaftspflege tätigen Tierhalter, insbesondere der Schaf- und Ziegenhalter denkbar. Während Luchsangriffe auf derartige Haustiere seltene Ereignisse darstellen, bedarf es zum Schutz dieser Haustiere vor dem Wolf erheblicher Aufwendungen. Ob diese Aufwendungen, auch wenn sie durch staatliche Unterstützung abgefedert werden, von allen betroffenen Tierhaltern leistbar sind, ist derzeit nicht sicher. Käme es dadurch zu verstärkter Aufgabe der ohnehin rückläufigen Weidehaltung von Schafen und Ziegen, könnte das negative Auswirkungen auf die Erhaltung gefährdeter Offenland -Lebensräume wie Trocken- und Halbtrockenrasen sowie Heiden haben. 38 Quellen: Prugh, L. R., Stoner, C. J., Epps, C. W., Bean, W. T., Ripple, W. J., Laliberte, A. S., & Brashares, J. S. (2009). The rise of the mesopredator. Bioscience, 59(9), 779-791. 67. Welchen Einfluss hat der Wolf auf die Biozönose? Der Wolf ist als Prädator evolutiv an Schalenwild als Hauptbeute angepasst. Die Nutzung von Schalenwildbeständen der verschiedenen Arten erfolgt in Abhängigkeit von unterschiedlichen Faktoren. Der Eingriff in die Schalenwildbestände hat komplexe Auswirkungen auf das jeweilige Ökosystem. Grundsätzlich ist zu betonen, dass der Wolf ein natürliches integrales Element der heimischen Biozönosen bzw. Ökosysteme ist und daher in der Selbstregulation der Ökosysteme eine notwendige Rolle spielt. Bei der Einschätzung des Einflusses des Wolfs müssen in der Regel gleichzeitig wirkende anthropogene Einflüsse berücksichtigt werden. Auf die Antwort zu den Fragen 66, 68 und 69 wird verwiesen. 68. Sind Habitat-Verschlechterungen langfristig zu befürchten? Der Terminus „Habitat-Verschlechterungen“ zielt nicht auf eine ökologische Beschreibung von ggf. zu erwartenden Veränderungen, sondern vielmehr auf eine Wertung ab. Das Ergebnis dieser Wertung hängt naturgemäß ab • von der jeweils betrachteten potenziell betroffenen Organismenart/-gruppe • von der praktischen Interessenlage des Fragenden, der indirekt betroffen ist oder sich betroffen fühlt. Aus Sicht des Naturschutzes sind keine direkten negativen Auswirkungen auf Habitate , Ökosysteme sowie generell die naturraumtypische biologische Eigenart und Vielfalt zu erwarten. Der Wolf ist ein typisches Element der Ökosysteme bzw. Lebensgemeinschaften , die sich in naturhistorisch langen Zeiträumen in gemeinsamer, gegenseitiger Anpassung entwickelt haben. Er spielt bei der Selbstregulation der Ökosysteme eine notwendige Rolle. Die natürliche Rückkehr des Wolfes stellt für die naturraumtypischen Habitate und Lebensgemeinschaften aus biologischer Sicht Normalität dar. Aus Naturschutzsicht kann der Wolf als Regulator überhöhter Schalenwildbestände eine positive Rolle spielen, was zur ökologischen Stabilisierung standortangepasster Waldlebensräume beitragen könnte. Wechselwirkungen mit jagdlichen, land- und forstwirtschaftlichen Einflüssen (Nährstoffeinträge, jagdliche Maßnahmen zur Tierbestandsstützung , waldbauliche Maßnahmen) sind dabei aber zu berücksichtigen. Zu den erhöhten Aufwendungen bei der Weidehaltung insbesondere von Schafen und Ziegen in Wolfsgebieten und mögliche sich daraus ergebende indirekte negative Auswirkungen auf Offenlandlebensräume wird auf die Antwort auf die Frage 66 verwiesen . 69. Ist damit zu rechnen, dass andere Arten durch die rasante Zunahme von Wolfsvorkommen gefährdet oder stark gemindert werden? 39 Die natürliche Rückkehr des Wolfes (und Luchses) stellt für die naturraumtypischen Habitate und Lebensgemeinschaften aus biologischer Sicht Normalität dar. Die naturraumtypischen Arten einschließlich des Wolfes sind evolutiv aneinander angepasst und koexistieren unter normalen Verhältnissen langfristig. Es ist möglich, dass das Mufflon als eine aus jagdlicher Motivation eingeführte, teilweise auch aus Haltung verwilderte, fremdländische Tierart (Neozoon) von Wölfen lokal stark im Bestand reduziert werden kann bis zur lokalen Bestandsvernichtung. Dies ist als natürlicher biologischer Regulationsmechanismus zu verstehen, denn das Mufflon als fremdländische, nicht ausreichend an den mitteleuropäischen Naturraum und seine Habitate und Lebensgemeinschaften angepasste Tierart ist hier auf Dauer nicht selbständig überlebensfähig. Der Terminus „gefährdet“ ist auf das Mufflon in Deutschland resp. Sachsen-Anhalt nach den internationalen Kriterien der IUCN nicht anwendbar. Die IUCN (2012) gibt hierzu folgende Erläuterung: “The categorization process should only be applied to wild populations inside their natural range, and to populations resulting from benign introductions. The latter are defined in the IUCN Guidelines for Re-introductions (IUCN 1998) as ‘...an attempt to establish a species, for the purpose of conservation, outside its recorded distribution, but within an appropriate habitat and eco-geographical area. This is a feasible conservation tool only when there is no remaining area left within a species ’historic range‘.” Quellen: IUCN (2012): Red List categories and criteria. Version 3.1. Prepared by the IUCN Species Survival Commission. IUCN, Gland, Switzerland - http://s3.amazonaws.com/iucnredlistnewcms /staging/public/attachments/3097/redlist_cats_crit_en.pdf IUCN (1998): Guidelines for Re-introductions. Prepared by the IUCN/SSC Reintroduction Specialist Group. IUCN, Gland, Switzerland and Cambridge, UK. - https://portals.iucn.org/library/efiles/documents/PP-005.pdf 70. Werden Berichte von verändertem Wildtierverhalten und Großrudelbildung aus Jägerschaft und Forst registriert und wurden hierzu durch das Fachministerium Erkundigungen eingeholt? Wenn nein, warum nicht? Dem Fachministerium sind Berichte von verändertem Wildtierverhalten und Großrudelbildung aus verschiedenen Mitteilungen bekannt. Die obere Jagdbehörde hat bei einem Erfahrungsaustausch mit den Kreisjägermeistern (§ 41 LJagdG) des Landes Sachsen-Anhalt im August dieses Jahres um eine Einschätzung der Situation in den Landkreisen und kreisfreien Städten im Hinblick auf ein verändertes Wildtierverhalten und die Bildung von Großrudeln (Größen ab 50 Stücken) gebeten. Danach stellt sich die Situation wie folgt dar: 1. Es gab auch schon Großrudel vor dem Auftreten des Wolfes. So haben sich zum Beispiel in den klassischen Muffelwildverbreitungsgebieten des ehemaligen Staatlichen Forstwirtschaftbetriebs Ballenstedt Ende der 1980er Jahre ohne Einfluss 40 von Großprädatoren (Luchs, Wolf) zeitweise größere Muffelwildrudel gebildet. Im Bereich des Hayn-Schwendaer Plateaus im Harz treten auch jetzt noch vorzugsweise im Winterhalbjahr auf den Rapsflächen Äsungsgemeinschaften des Rotwildes in Größenordnung von 60 bis 80 Stücken auf, die auch beim Einwechseln in den Wald zusammenbleiben. Im Bördekreis wurden auch schon vor dem Auftreten des Wolfes einzelne Meldungen von Großrudeln registriert, insbesondere bei Dam- und Muffelwild in und um das Hohe Holz. Auch im Bereich der Dübener Heide (Krina, Schwemsal, Rösa, Schköna) kam es schon vor dem Auftreten des Wolfes zur Großrudelbildung, insbesondere in den Wintermonaten als Äsungsgemeinschaften auf den Rapsschlägen. Ähnliches wird aus dem Landkreis Stendal berichtet. So traten auch dort schon früher Rotwildrudel von 30 bis 40 Stücken auf. In den letzten Jahren kam es im Burgenlandkreis zur Bildung von Großrudeln beim Damwild. 2. Aktuelle Großrudel Landkreis Wittenberg: - Im Bereich der Glücksburger Heide, Südheide, Seyda, Zahna zwei Rudel Rotwild mit 50 bis 130 Stück. - Im Bereich Glücksburger Heide (DBU-Flächen und Landeswald), Nordheide - zwei Rudel Rotwild mit 50 bis 100 Stück. - Im Bereich Glücksburger Heide, Gentha, Seyda ein Rudel Rotwild über 50 Stück. - Im Bereich der Annaburger Heide (Landeswald) ein Rudel Rotwild über 50 Stück (offensichtlich aus dem Kerngebiet der Annaburger Heide verdrängt). - Im Bereich Dübener Heide, Radis, Uthhausen zwei Rotwildrudel über 50 Stück (auffällig seit Januar/ Februar 2017). Ein verstärktes Auftreten von Rotwild ist im Bereich der Kulturstiftung Wörlitz zu verzeichnen. Offensichtlich sucht das Rotwild auch neue Einstände. Landkreis Anhalt-Bitterfeld: - Ein Rudel von 40 bis 50 Stück. im Bereich Dübener Heide, Gemarkungen Krina , Schwemsal, Rösa, Schköna. Landkreis Börde: - Aktuell treten Großrudel Rotwild im Bereich der Colbitz-Letzlinger Heide auf. Häufig wurden dabei Größen von bis zu 100 Stücken beobachtet. Landkreis Stendal: - Im Bereich der Colbitz-Letzlinger Heide (in den Revieren des LK Stendal) Rudel von 80 bis 90 Stücken. - Im Bereich der Hegegemeinschaft „Mahlitzer Heide“ am Rande des TÜP Klietz treten drei Rotwildrudel mit bis zu 150 Stücken auf. - im nördlichen Bereich des LK Stendal angrenzend an Niedersachsen (Karper Moor) seit Auftreten des Wolfes ein Rudel mit bis zu 100 Stücken. Altmarkkreis Salzwedel: - Im Bereich Gardelegen, Region Jävenitz, Jerchel, Kenzendorf und Potzene treten mehrere Großrudel Rotwild mit Größen von 80 bis 120 Stücken auf. 41 Ein wissenschaftlich fundierter Nachweis, dass die genannten Großrudelbildungen kausal auf die Anwesenheit des Wolfes zurückzuführen sind, liegt nicht vor. 71. Wie wird die Großrudelbildung in Regionen mit Wolfsvorkommen beurteilt? Großrudel erschweren die Bejagung, da in Folge dieser Konzentration in anderen Bereichen bzw. Jagdbezirken das Rot- und gegebenenfalls auch Damwild seltener oder kaum noch vorkommt. Weiterhin ist bei Großrudeln ein sicherer Schuss ohne Inkaufnahme der Verletzung eines weiteren Stückes häufig erschwert. Durch Großrudelbildung kann es örtlich zu einer Verschärfung der Wildschadenssituation in Wald und Feld durch das konzentrierte Auftreten vieler Tiere auf kleiner Fläche kommen. VII. Kooperation, Koordination und Länder übergreifende Zusammenarbeit 72. In welchem Umfang kooperieren Behörden und Institutionen des Bundes und des Landes im Rahmen der a. statistischen Erfassung der Entwicklung der Wolfspopulation in Deutschland, b. der Erfassung von Rissschäden, c. bei der Schadensregulierung betreffs Weidetierhalter, Nutztierhalter, d. bei der Erfassung etwaiger Krankheiten oder auffälliger Verhaltensmuster e. sowie im Rahmen präventiver Maßnahmen? Die Behörden und Institutionen des Bundes und des Landes kooperieren in Bezug auf den Wolf. Es existiert eine von der Umweltministerkonferenz beauftragte Arbeitsgruppe zum Wolfmanagement auf Staatssekretärsebene in welcher Vertreter des MULE mitarbeiten. Außerdem nehmen Vertreter des MULE am „Runden Tisch“ des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit sowie an der Arbeitsgemeinschaft „Erfahrungsaustausch Wolfsmanagement“ der vom Wolf betroffenen Bundesländer aktiv teil. Durch Mitarbeiter des Landesamtes für Umweltschutz erfolgt Mitarbeit im Arbeitskreis der erfahrenen Personen im Großraubtier- Monitoring. 73. Wie werden Wolfsbestände und Bestände anderer großer Beutegreifer in anderen Ländern Europas reguliert? Bitte Auflisten nach EU- Mitgliedsländer und Nicht-EU-Mitgliedsländer Schweiz, Albanien, Norwegen . Beispiel Schweden: Der Wolf befindet sich im Anhang IV. Der Bestand wird geschätzt. Schweden führt mit der Begründung der Schäden an Elchen, Jagdhunden und Nutztieren Schutzjagden durch sowie eine quotenbasierte Lizenzjagd, bei der eine bestimmte Anzahl von Wölfen in den Regionen zum Abschuss freigegeben wird. Die Abschussgenehmigungen wurden teilweise durch nationale Gerichte gestoppt. Die EU-Kommission hegt Zweifel am Vorgehen Schwedens gegen den Wolf und hat im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens eine mit Gründen versehene Stellungnahme an Schweden gerichtet. 42 Spanien: In Spanien lebt die größte Wolfs-Population nördlich des Duero. Die Kommission wies im Petitionsausschuss ausdrücklich darauf hin, dass gemäß FFH-RL die „Bewirtschaftung “ des Wolfes in diesem, wie auch in den anderen in Anhang IV als Ausnahmegebiete genannten Regionen, auch Jagd bedeuten kann. Nach informellen Informationen der spanischen Regierung (Berichtspflichten gem. Art 17 FFH-RL) befindet sich der Wolf in Spanien in einem günstigen Erhaltungszustand mit Ausnahme in der Sierra Modena im Süden des Landes. Finnland: In Finnland sind die Populationen innerhalb des Rentierareals im Sinne von Paragraf 2 des finnischen Gesetzes vom 14.9.1990 über die Rentierhaltung in Anhang V der FFH-RL gelistet, ansonsten in Anhang IV. Seit 2014 Quotenjagd auch in Anhang IV – Gebieten. Begründung: Wilderei einschränken, Akzeptanz schaffen. Die EU-Kommission verfolgt die Entwicklung skeptisch, weil der Wolfsbestand sinkt, aber hat noch kein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. Frankreich: Populationsgrößenabschätzung und Abschätzung der Wachstumsrate. Auf dieser Basis Quotenberechnung und Freigabe von Abschüssen in ‚hot spots‘. Dadurch aber keine Entlastung bei Übergriffen auf Nutztiere. Der Erhaltungszustand wird als günstig angesehen. Frankreich hat einen nationalen Aktionsplan für Wölfe 2013 - 20 vorgelegt; dieser löst den vorherigen Plan von 2008 - 2012 ab. Die EU-Kommission werde die Entwicklung der Wolfspolitik und die Umsetzung des Aktionsplans in Frankreich weiter verfolgen; insbesondere auch die Anwendung der Ausnahmefälle. Italien: Der Wolf ist in Italien Teil des Anhanges IV der FFH-Richtlinie. Verstärkung des Herdenschutzes führt zur Verminderung von Übergriffen, insbesondere in der Region Piemont. Griechenland: MdEP Noti Marias (ECR, Griechenland) berichtete im Petitionsausschuss, dass hunderte von Viehhaltern in Nordgriechenland Protestschreiben an das Landwirtschaftsministerium gerichtet hätten. Darin gehe es um den Viehverlust durch Wölfe. Er stellte fest, dass es bisher enorme Schäden und Einschränkungen für die Viehhalter in den griechischen Berggebieten gegeben habe und prognostizierte weitere Petitionen aus dieser Richtung. Es gehe um Koexistenz, um Schutz für den Wolf, aber auch für die Viehhalter. Er sah in Ausgleichszahlungen ein wichtiges Mittel, für diesen Ausgleich zu sorgen. Polen: Der Wolf ist in Polen im Anhang V der FFH-Richtlinie, gleichzeitig durch polnisches Naturschutzrecht streng geschützt. Ausnahmen zur Entnahme sind möglich bei Gefährdung von Menschen und Schäden trotz erfolgter Prävention. Keine Abschüsse seit 2013 (außer von Hybridwölfen). 43 Slowakei: In der Slowakei ist der Wolf in Anhang V und im Jagdrecht. Zwischen Polen und der Slowakei wurde ein 23 km breiter Korridor eingerichtet, in dem die Wolfsjagd untersagt ist. In Tschechien gibt es derzeit ein nachgewiesenes Rudel und ein territoriales Paar. Schweiz: 2016 lebten ca. 40 Wölfe in der Schweiz. Das Calandarudel zog bereits zum fünften Mal in Folge erfolgreich Nachwuchs auf. Auch bei der zweiten Wolfsfamilie im Tessin , im Valle Morobbia, wurden dieses Jahr wieder mindestens drei Welpen bestätigt. Im August wurde eine dritte Wolfsfamilie im Wallis in der Augst-Bordregion bestätigt. F14 und M59 zogen erstmals mind. vier Welpen auf. 2016 kamen zwei Wölfe durch Wilderei und zwei Wölfe durch legalen Abschuss ums Leben Im Juli wurde im Kanton UR nach diversen Rissen der Rüde M68 legal geschossen und am 21. Dezember wurde beim ersten Walliser Wolfsrudel bereits eine Rudelregulierung bewilligt. Ein Tag später war die Jungwölfin F22 erlegt. Die Fristen von zwei erteilten Abschussbewilligungen in den Kantonen GR (Rudelregulierung von zwei Jungwölfen) und im Kanton VS verstrichen ohne dass ein Wolf geschossen werden konnte. Norwegen: Im letzten Winter wurde das Vorhaben für 47 Wölfe eine Abschusslizenz zu vergeben zurückgewiesen. Der Umweltminister Vidar Helgesen senkte die Quote auf 15 Wölfe, alle außerhalb der Wolfszone. Innerhalb der Wolfszone soll die kommende Winterjagd im Zeitraum vom 1. Januar bis zum 15. Februar erfolgen. Außerhalb der Wolfszone ist bereits ein Zeitraum vom 1. Oktober bis zum 31. März vorgesehen. Über die Regulation großer Beutegreifer anderer Staaten liegen der Landesregierung keine weiteren Informationen vor und wären nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu beschaffen. 74. Welche Erfahrungen haben andere Länder mit der Vergrämung von Wölfen gemacht? Können diese Erfahrungen in Deutschland angewendet werden, um beispielsweise Wölfe von Schulen, Kindergärten und Besiedlungen oder gar Weidetierhaltungen fernzuhalten? Die Fragestellung vermischt unzulässigerweise Verhaltensauffälligkeiten gegenüber Menschen mit dem Überwinden von Herdenschutzmaßnahmen. Das sind aus der Sicht der Landesregierung völlig getrennt zu sehende Sachverhalte, für die es jeweils sachgerechte unterschiedliche Lösungswege gibt. Eine Vermischung dieser unterschiedlichen Verhaltensweisen und deren einheitliche Bewertung und Behandlung als Wölfe mit für Menschen problematischem Verhalten (problematische Wölfe) ist in der Sache nicht zu rechtfertigen. Die Beobachtung von Wölfen in Siedlungsbereichen kann gehäuft auftreten und ist nicht zwangsläufig problematisch. Es ist eine lebensfremde und sachlich nicht gerechtfertigte Festlegung, jedes Durchqueren von Siedlungsbereichen als gefährlich einzustufen. Auch die Nahbeobachtung, wie sie in letzter Zeit mehrfach aus Autos 44 heraus erfolgte, stellt keine Verhaltensauffälligkeit dar, da der Wolf den Menschen oft gar nicht wahrnimmt. Da problematisches Wolfsverhalten selten ist und eine Vergrämung noch seltener in Frage kommt, ist es notwendig, die Expertise und Erfahrung bei der Vergrämung zusammen zu führen. Dies sollte zum einen bundeslandübergreifend erfolgen und zum anderen im Austausch mit Personen aus dem Ausland. Eine Expertengruppe, die mit ihren Erfahrungen und ihrem theoretisches Wissen die zuständigen Behörden in den Bundesländern auf Anfrage unterstützen kann, sollte zum einen aus Wolfsfachleuten und zum anderen aus Personen bestehen, die Routine im Umgang mit Waffen haben . In den nächsten Jahren ist es sinnvoll, auch weiterhin für Einsätze auf die Expertise des Schwedischen Wolfsbüros zurückzugreifen, da in Deutschland bislang kaum eigene Erfahrungen bei der Vergrämung von Wölfen vorliegen. Derzeit werden in internationaler Abstimmung in mehreren europäischen Ländern ähnliche Konzepte zum Umgang mit auffälligen Wölfen entwickelt. Aktuell ist es geplant einen europäischen Workshop zu diesem Thema zu organisieren, um die Terminologie abzustimmen und zu gemeinsamen Einschätzungen zu kommen, welches Wolfsverhalten in Bezug auf die Gefährdung von Menschen als problematisch einzustufen ist. Der einzige offiziell bekannte Versuch in Deutschland einen verhaltensauffälligen Wolf zu vergrämen, stammt aus Niedersachsen. Dazu wurde ein Wolfsexperte aus Schweden hinzugezogen, um einen Wolf vergrämen, der jede Scheu vor Menschen verloren hatte. Doch der genannte Rüde hielt Abstand und bekam keine Gummigeschosse ab. Der Experte ist spezialisiert auf Wölfe, die dem Menschen zu nahekommen . Er arbeitet für das Swedish Wildlife Damage Centre in Grimsö, laut Umweltministerium NI die einzige Institution in Europa, die über entsprechende Erfahrung mit Wölfen verfügt. Laut Experten sei eine Vergrämung letztlich nur in deutlich weniger als 30 Prozent der Fälle erfolgreich. Wölfe sind äußerst flexible und lernfähige Beutegreifer, Spezialisten darin, ihre Chance zu nutzen, wenn sich eine solche bietet. Daher sind einfache Rezepte, den Wölfen von Rindern abzuhalten, wie etwa Knallkörper oder Gummigeschosse, nicht erfolgversprechend. Zudem müsste man dafür zur Zeit des Angriffs vor Ort sein, was Wölfe gewöhnlich mitbekommen. Tatsächlich bleiben daher die auch bei Schafen bewährten Maßnahmen, die Rinder etwa hinter mehrlitzigen Elektrozäunen zu halten , zumindest in der Nacht, bzw. die Anwesenheit eines Hirten und/oder der Einsatz von Herdenschutzhunden. Letzteres funktioniert gerade in schwierigem Gelände. Guter Herdenschutz ist die beste Methode, um Wolfsangriffe zu verhindern. 75. Wie kann der Wolfsbestand reguliert werden, wenn ein guter Erhaltungszustand festgestellt wurde? 76. Welche konkreten Maßnahmen gedenkt die Landesregierung zu ergreifen, wenn ein guter Erhaltungszustand festgestellt wurde und eine Regulierung der Wolfsbestände erforderlich wird? Welche Vorbereitungen laufen diesbezüglich ? Die Fragen 75 und 76 werden aufgrund des Zusammenhangs gemeinsam beantwortet . Die NATURA 2000 Richtlinien beinhalten keinen Automatismus, der bei Errei- 45 chen eines „günstigen Erhaltungszustands“ eine automatische Abstufung der Arten in den Anhang V der FFH-Richtlinie bzw. den Anhang II der Vogelschutzrichtlinie zur Folge hätte. Für die Bewahrung des „günstigen Erhaltungszustands“ ist in den meisten Fällen die Aufrechterhaltung eines hohen Schutzniveaus nötig. Die Richtlinien lassen Ausnahmen von den Schutzvorschriften zu, die in der Praxis genutzt werden können. Da eine Regulierung der Wolfbestände über die Entnahme von auffälligen Tieren hinaus (noch) nicht erforderlich ist, laufen diesbezüglich keine Vorbereitungen . 77. Das Bundesnaturschutzgesetz definiert einen „günstigen Erhaltungszustand “ als „Zustand im Sinne von Artikel 1 Buchstabe e und i der Richtlinie 92/43/EWG und von Artikel 2 Nummer 4 der Richtlinie 2004/35/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. April 2004 über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden (ABl. L 143 vom 30.4.2004, S. 56), die zuletzt durch die Richtlinie 2009/31/EG (ABl. L 140 vom 5.6.2009, S. 114) geändert worden ist.“ Wie definiert die Landesregierung einen „günstigen Erhaltungszustand des Wolfes“ allgemeinverständlich interessierten Bürgern? Vor 25 Jahren, im Jahr 1992, haben sich die damaligen Mitgliedstaaten der Europäischen Union darauf verständigt, die Natur mit ihrer Vielzahl an Tier- und Pflanzenarten zu schützen. Hierfür unterzeichneten die Politiker ein Regelwerk, in dem aufgelistet ist, welche Tiere, Pflanzen und Lebensräume in besonderem Maße geschützt werden sollen, die Fauna-Flora-Habitat- Richtlinie, kurz FFH-Richtlinie genannt. In dieser Richtlinie werden in den verschiedenen Anhängen diejenigen Tiere, Pflanzen und Lebensräume aufgeführt, die aus Sicht der EU von gemeinschaftlichem Interesse sind und daher von allen Mitgliedstaaten besonders gut geschützt werden sollen. Ziel der Richtlinie ist die Erhaltung oder Wiederherstellung des „günstigen Erhaltungszustandes " der in den Anhängen gelisteten Tiere, Pflanzen und Lebensräume. Der Wolf gehört zu den in den Anhängen verzeichneten streng geschützten Tierarten . Auf den Wolf übertragen lässt sich der günstige Erhaltungszustand wie folgt formulieren : „Wölfe leben jetzt und auch in Zukunft überall dort, wo sie von Natur aus leben können; der Lebensraum und das Nahrungsangebot jetzt und auch zukünftig wird ausreichen, um das Überleben der Wölfe langfristig zu sichern. Die Anzahl der Wölfe ist außerdem ausreichend groß, dass die Wölfe auch in Zukunft nicht wieder aussterben können, z. B. durch Krankheiten, Verkehrsunfälle oder Wilderei." Für die Bewertung und Einstufung des Erhaltungszustandes sind demnach mehrere Merkmale von Bedeutung: das Verbreitungsgebiet, der Bestand („Population"), der Lebensraum und die Zukunftsaussichten. Bei der Ermittlung des Gesamturteils ist wesentlich, welches dieser vier Einzelmerkmale am schlechtesten ausgeprägt ist. Alle 6 Jahre wird EU-weit diese Bewertung des Erhaltungszustandes der in den Anhängen der FFH-Richtlinie gelisteten Tiere, Pflanzen und Lebensräume durchgeführt. Die Erhebung wird nicht nur für jeden Mitgliedstaat durchgeführt, sondern orientiert sich auch an den so genannten biogeographischen Regionen. In Deutschland gibt es davon drei: die atlantische, die kontinentale und die alpine biogeographische Region. In jeder dieser Regionen wird für den Wolf überprüft, wo dieser vorkommt und wie viele Wölfe es gibt. Für die Erhebung dieser Daten (das so genannte Monitoring) sind 46 die Bundesländer zuständig. Der letzte Bericht mit allen diesen Daten zum Erhaltungszustand wurde im Jahr 2013 erstellt und an die Europäische Union übersandt. Damals wie heute gab es nur wenige Wölfe in der atlantischen biogeographischen Region und mehr Wölfe in der kontinentalen biogeographischen Region. In der alpinen biogeographischen Region gibt es keine sesshaften Wölfe. Trotz der Vermehrung der Wölfe in Deutschland wurde aufgrund der noch zu geringen Anzahl und Verbreitung der Wölfe deren Erhaltungszustand mit „ungünstig bis schlecht" bewertet .