Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2083 14.11.2017 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 14.11.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Lydia Funke (AfD) Bestandsentwicklung der Lachmöwe (Larus ridibundus) Kleine Anfrage - KA 7/1141 Vorbemerkung des Fragestellenden: Die Lachmöwe wird in der Roten Liste der Vögel des Landes Sachsen-Anhalt auf der Vorwarnliste geführt (DORNBUSCH et al., 2004). Die Volksstimme führte am 2. Juli 2012 aus: „Der Mink (Amerikanischer Nerz Neovison vison) ist auf dem Vormarsch und lässt sich dabei Sachsen-Anhalts Lachmöwen schmecken. … Besonders gefährdet ist der Lachmöwen-Nachwuchs. Rund 5 000 junge Vögel fallen den Minks zum Opfer - jährlich“! Im ältesten Naturschutzgebiet Sachsen-Anhalts, dem Schollener See, wurde die Brutkolonie der Lachmöwe vollständig ausgelöscht (Drs. 6/919). Die deutschlandweite Bestandserfassung der Lachmöwe des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten stellte für Sachsen-Anhalt noch 10 Brutplätze mit 4.250 Brutpaaren (aufgerundet) für 1999 fest (BELLEBAUM, 2003). Bis 2012 ging der Bestand mit Schwankungen, auf 11 Kolonien und 1.100 bis 1.200 Brutpaare, zurück (FISCHER und DORNBUSCH, 2014). 2014 waren in 10 Kolonien, erstmals seit 2009, wieder 2.300 bis 2.400 Brutpaare feststellbar (FISCHER und DORNBUSCH, 2015). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Wie verläuft die aktuelle Bestandsentwicklung der Lachmöwe in Sachsen- Anhalt? Bitte als Entwicklung der Anzahl der Brutpaare/Kolonie, Einzelpaare und ausgeflogener Jungvögel/Kolonie seit 2014 angeben. 2 Von 2010 bis 2014 entwickelte sich die Anzahl der Brutpaare der Lachmöwe wie folgt: 2010: ca. 1.400 Brutpaare 2011: ca. 1.100 Brutpaare 2012: ca. 1.100 Brutpaare in 12 Kolonien + 1 Einzelbrut 2013: ca. 1.400 Brutpaare in 15 Kolonien + 1 Einzelbrut 2014: ca. 2.300 Brutpaare in 17 Kolonien + 1 Einzelbrut In den Jahren 2015 bis 2017 wurde der Bestand der Lachmöwe überwiegend erfasst, eine verifizierte Auswertung liegt noch nicht vor. Eine landesweite Erfassung ausgeflogener Jungvögel erfolgte bisher nicht. Mit Bezugsjahr 2010 wurde die langfristige (100 Jahre) Bestandsentwicklung als mehr oder weniger stabil eingeschätzt, die kurzfristige (25 Jahre) Bestandsentwicklung als stark abnehmend (zwischen 20 bis 50 %). Auch in dem in der Vorbemerkung der Fragestellerin angesprochenen Naturschutzgebiet Schollener See brüten wieder Lachmöwen (z. B. 2012 80 Brutpaare und 2014 158 Brutpaare). 2. Wie viele Brutkolonien der Lachmöwe wurden seit 2012 aufgegeben bzw. zerstört? Bitte auflisten nach Standort und Ursache (z. B. Waschbär, Mink) je Brutjahr . Seit 2012 erfolgte die Aufgabe von fünf kleineren Koloniestandorten: Havelaue nordwestlich Jederitz (2013 22 Brutpaare; 2014 aufgege- ben). NSG Cösitzer Teich (2013 21 Brutpaare; 2014 aufgege- ben). Sandgrube Trabitz (2013 9 Brutpaare; 2014 aufgege- ben). Kiesgrube Tornitz (2013 50 Brutpaare; 2014 aufgege- ben). Tagebaurestlöcher östlich Trebnitz (2013 2 Brutpaare; 2014 aufgege- ben). Über die Gründe der Kolonieaufgaben liegen derzeit keine fachlich fundierten Erkenntnisse vor. Gegenüber der Aufgabe erfolgten von 2012 bis 2014 mindestens 10 Neugründungen von Kolonien. Trotz Aufgabe der genannten Koloniestandorte wuchs der Bestand von 2013 zu 2014 deutlich an (siehe Antwort zu Frage 1). Für 2015 bis 2017 liegt noch keine verifizierte Auswertung vor. 3 3. Wie viele Lachmöwen wurden seit 2000 erlegt? Anzahl der Lachmöwen bitte nach Landkreis und erlegten Vögeln auflisten . In der nachstehenden Tabelle sind die auf der Grundlage der Verordnung zur Durchführung des Landesjagdgesetzes für Sachsen-Anhalt (LJagdG-DVO) vom 25. Juli 2005, zuletzt geändert durch Verordnung vom 9. Januar 2015 (GVBl. LSA S. 23), erhobenen Jagdstreckendaten bei der Lachmöwe dargestellt. Danach wurden in den Jagdjahren 2006 bis 2016 insgesamt 143 Lachmöwen als erlegt gemeldet. Daten für die Jagdjahre 2000 bis 2005 liegen nicht vor bzw. könnten nur mit erheblichem Aufwand über die Jagdbehörden ermittelt werden. Angesichts der nicht gegebenen Aussagekraft dieser Daten im Hinblick auf die aktuelle Bestandsentwicklung der Lachmöwe wäre dieser Aufwand nicht gerechtfertigt. Landkreis/ kreisfreie Stadt Jagdjahr (1. April bis 31. März des Folgejahres) 200 6 200 7 200 8 200 9 201 0 201 1 201 2 201 3 201 4 201 5 201 6 Altmarkkreis Salzwedel Anhalt- Bitterfeld 2 3 Börde 2 7 1 8 Burgenlandkreis 1 4 Stadt Dessau -Roßlau Stadt Halle (Saale) Harz Jerichower Land Landeshauptstadt Magdeburg Mansfeld- Südharz 1 Saalekreis 16 19 24 Salzlandkreis 1 2 2 3 1 1 Stendal 6 9 8 14 4 Wittenberg 2 4 4. Welche Schäden verursachten Lachmöwen bzw. wo liegen die Abschussursachen ? Antwort bitte entsprechend Frage 3. Zu verursachten Schäden und den Abschussursachen liegen der Landesregierung keine Informationen vor. Die Lachmöwe unterliegt nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 Bundesjagdgesetz dem Jagdrecht und kann in Sachsen-Anhalt innerhalb der vom Bund mit der Verordnung über die Jagdzeiten vom 2. April 1977 (BGBl. I S. 531), zuletzt geändert durch Artikel 1 der Verordnung vom 25. April 2002 (BGBl. I S. 1487) bestimmten Jagdzeit (1. Oktober bis 10. Februar) erlegt werden. 5. Welche weiteren Daten der geschossenen Lachmöwen wurden erfasst (z. B. Gewicht, Krankheiten)? Wenn erfasst, bitte nach Merkmal und untersuchten Vögeln auflisten. Wenn keine weiteren Erfassungen stattfinden, bitte begründen. Es wurden keine weiteren Daten erfasst. Für eine erweiterte Datenerfassung gibt es keine Rechtsgrundlage. 6. Wie viele gekennzeichnete Vögel befanden sich unter den erlegten Lachmöwen seit 2000? Bitte nach Beringungs-, Erlegungsort und -alter auflisten. Nach Auskunft der Fachbehörde für Naturschutz liegen seit dem Jahr 2000 keine Informationen über gekennzeichnete Lachmöwen, die erlegt wurden, vor. 7. Welche weiterführenden Untersuchungen und Erhebungen zur Entwicklung des Lachmöwenbrutbestandes und zum Einfluss der Prädatoren auf das Brutgeschehen wurden durchgeführt bzw. sind geplant? Antwort bitte nach Maßnahme/Projekt, Laufzeit und Zielsetzung - in Anlehnung an den Erkenntnisgewinn seit Drs. 6/919 - gliedern. Weiterführende Untersuchungen und Erhebungen zur Entwicklung des Lachmöwenbrutbestandes und zum Einfluss der Prädatoren auf das Brutgeschehen wurden nicht durchgeführt bzw. sind nicht geplant. 8. Wie viele Fallen wurden seit 2012 zur Bekämpfung von Mink und Waschbär seitens der Landesregierung ausgegeben bzw. finanziert? Antwort bitte in Anlehnung an Drs. 6/1437 (Herkunft der Mittel). Seit dem Jahr 2012 wurden seitens der Landesregierung keine Fallen zur Bekämpfung von Mink und Waschbär finanziert. Im Ergebnis der Haushaltsberatungen 2017/2018 wurde vom Parlament beschlossen , zur Eindämmung der Ausbreitung invasiver Arten für das Haushaltsjahr 2017 50.000,00 € und für das Haushaltsjahr 2018 100.000,00 € zur Verfügung zu stellen. Mit den Mitteln für das Haushaltsjahr 2017 wird der Ankauf von Lebendfangfallen finanziert. 5 9. Wie gestaltet sich der Erfolg der seit 2012 verstärkten Fallenjagd in den Brutgebieten von Wat- und Wasservögeln mit Lachmöwenvorkommen? Antwort bitte im Hinblick auf Erfahrungswerte bzw. Bestandsentwicklungen von Zielarten. Darüber liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. 10. Gibt es weitere Anreize des Landes Sachsen-Anhalt für Jäger zur Intensivierung der Fallenjagd im Rahmen der Prädatorenbekämpfung - außer der Finanzierung von Fallen? Bitte begründen. Derzeit gibt es keine weiteren Anreize des Landes Sachsen-Anhalt für Jägerinnen und Jäger zur Intensivierung der Fallenjagd. 11. Die Weißbart-Seeschwalbe (Chlidonias hybrida) hatte mit 96 Brutpaaren in 2012 ein Bestandsmaximum. Offenbar fielen alle Jungvögel dem Mink zum Opfer, 2013 fiel die Brut aus und 2014 waren wieder 28 Brutpaare zu verzeichnen (FISCHER und DORNBUSCH, 2015). Wie entwickelte sich das Brutvorkommen seitdem weiter und welche speziellen Schutzmaßnahmen werden am Brutstandort unternommen? Das Brutvorkommen der Weißbart-Seeschwalbe entwickelte sich seit 2015 wie folgt: 2015: 21 Brutpaare 2016: 34 Brutpaare 2017: 38 Brutpaare Spezielle Schutzmaßnahmen sind nicht geplant.