Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2100 16.11.2017 (Ausgegeben am 16.11.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dr. Andreas Schmidt (SPD) Kommunalaufsichtliche Überprüfung von Personaleinstellungen durch den Oberbürgermeister der Stadt Halle (Saale) am 1. Dezember 2012 Kleine Anfrage - KA 7/1171 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am Samstag, dem 1. Dezember 2012, dem Tag seines Dienstantritts als Oberbürgermeister , stellte Herr Dr. Bernd Wiegand vier Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Büro des Oberbürgermeisters ein: ‐ Referentin des Oberbürgermeisters (TVöD-Entgeltgruppe E 13), ‐ Referenten des Oberbürgermeisters (TVöD-Entgeltgruppe E 13), ‐ Referenten für strategische Grundsatzfragen (TVöD-Entgeltgruppe E 14), ‐ Büroleiterin des Oberbürgermeisters (TVöD Entgeltgruppe E 15) ein. Die Stellenbesetzungen erfolgten ohne Ausschreibungen. Die Arbeitsverträge wurden durch Herrn Dr. Wiegand persönlich ausgefertigt und unterschrieben. Der Fachbereich Personal der Stadtverwaltung war nicht eingebunden. Drei der vier Stelleninhaber wurden in ihren Entgeltgruppen in die Erfahrungsstufe 5 eingestuft, ein Stelleninhaber in die Erfahrungsstufe 2 seiner Entgeltgruppe. Die Einstufungen wurden durch Herrn Dr. Wiegand persönlich durchgeführt. Herr Dr. Wiegand machte die Begründungen für die vorgenommenen Einstufungen nicht aktenkundig . Die Arbeitsverträge wurden dem Personalrat der Stadtverwaltung Halle (Saale) am 11. Dezember 2012 ohne Begründung für die Einstufungen vorgelegt. Der Personalrat widersprach den jeweils mit der Erfahrungsstufe 5 in der betreffenden Entgeltgruppe vorgenommenen Einstellungen wegen der aus seiner Sicht nicht durch die beruflichen Vorerfahrungen der drei Eingestellten gerechtfertigten Einstufungen in die damals höchste im TVöD vorgesehene Erfahrungsstufe. 2 Eine Einigung mit dem Personalrat kam nicht zustande. Herr Dr. Wiegand setzte sich mit der Abgabe einer qualifizierten Begründung nach § 62 Abs. 7 Satz 2 PersVG des Landes Sachsen-Anhalt am 30. Mai 2013, über die Einwände des Personalrates hinweg. Bereits zum 30. April 2013 erklärte Herr Dr. Wiegand die Probezeit der drei neu eingestellten Mitarbeiter für vorzeitig beendet. In Unkenntnis dieses Umstandes hatte die Kommunalaufsichtsbehörde im Landesverwaltungsamt Anfang Mai 2013 eine Verfügung vorbereitet, die die Kündigung von zwei der vier Mitarbeiter durch die Stadtverwaltung erwirken sollte. Die Ausfertigung und der Versand dieser Verfügung wurden am Morgen des 8. Mai 2013 durch den Präsidenten des Landesverwaltungsamtes gestoppt. Dem vorausgegangen war ein Gespräch des damaligen Staatssekretärs im Innenministerium Prof. Dr. Ulf Gundlach mit dem Präsidenten des Landesverwaltungsamtes . Die genannten Personaleinstellungen sind gegenwärtig Gegenstand eines Strafprozesses gegen Herrn Wiegand vor dem Landgericht Magdeburg und eines Disziplinarverfahrens gegen ihn, dass durch das Landesverwaltungsamt geführt wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport 1. Entspricht es den Tatsachen, dass die Kommunalaufsichtsbehörde im Landesverwaltungsamt beabsichtigte, die Kündigung zweier der am 1. Dezember 2012 durch den Oberbürgermeister eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu erwirken? Ja. 2. Wenn ja, um welche der vier Einstellungen handelte es sich hierbei? Es sollte dem Referenten für strategische Grundsatzfragen und der Referentin für Ordnung und Sicherheit gekündigt werden. 3. Wenn ja, aus welchen Gründen hielt die Kommunalaufsichtsbehörde die beiden Einstellungen für rechtswidrig und die Beendigung der Arbeitsverhältnisse für geboten? Zum Zeitpunkt der erfolgten Neueinstellung hatte die Stadt Halle (Saale) in Umsetzung der Verfügung des Landesverwaltungsamtes (LVwA) vom 17. August 2012 zur Haushaltssatzung 2012 die Vorschriften einer haushaltswirtschaftlichen Sperre bzw. einer vorläufigen Haushaltsführung bis zur Beschlussfassung und Bestätigung des Haushaltes des Jahres 2013 zu beachten. Danach waren gemäß der Festlegung des Oberbürgermeisters die Regeln der vorläufigen Haushaltsführung entsprechend anzuwenden. Während der vorläufigen Haushaltsführung darf externes Personal nur eingestellt werden nach Prüfung der Möglichkeit interner Stellenbesetzung und der Unabdingbarkeit zur Aufrechterhaltung der Arbeitsfähigkeit des Büros des Oberbürgermeisters im Sinne des § 104 Absatz 1 Nr. 1 Kommunalverfassungsgesetz des Landes Sachsen-Anhalt (KVG LSA). Beides konnte nicht nachgewiesen werden. Mithin stellten diese Stellenbesetzungen 3 einen Rechtsverstoß gegen die strikt zu beachtenden Regelungen der vorläufigen Haushaltsführung dar und dieser war durch Kündigung der beiden Arbeitsverhältnisse zu korrigieren. 4. Aus welchen Gründen hielt die Kommunalaufsichtsbehörde im Landesverwaltungsamt die Erwirkung einer Kündigung der dritten in der Erfahrungsstufe 5 eingestellten Person nicht für geboten? Die Stelle der Büroleiterin des Oberbürgermeisters wurde als besondere Vertrauensstelle als unaufschiebbar im Sinne des § 104 Absatz 1 Nr. 1 KVG LSA vom Oberbürgermeister gewertet. Diese Bewertung war nicht zu beanstanden. Vorsorglich sei darauf hingewiesen, dass zum Zeitpunkt der Erwägung der Kündigung der zum 1. Dezember 2012 eingestellten Beschäftigten die Einstufung in die Erfahrungsstufe noch nicht im Vordergrund stand. Üblicherweise wird die Erfahrungsstufe nicht im Arbeitsvertrag festgeschrieben. 5. Traf der Präsident des Landesverwaltungsamtes am 8. Mai 2013 die Entscheidung , eine Anweisung des Landesverwaltungsamtes an die Stadt zur Kündigung der am 1. Dezember 2012 durch den Oberbürgermeister eingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unterbinden, selbstständig oder auf Weisung von Herrn Prof. Dr. Gundlach? Nach Auskunft des LVwA erfolgte die Entscheidung in Abstimmung mit dem damaligen Staatssekretär, Herrn Prof. Dr. Gundlach. 6. Wurde diese Entscheidung in der Annahme getroffen, dass die betreffenden Einstellungen im Rahmen eines beschlossenen und bestätigten Haushaltsplans der Stadt Halle (Saale) erneut hätten vorgenommen werden können und dann statthaft gewesen wären? Die Entscheidung, die Ersatzvornahme nicht durchzuführen, wurde vor dem Hintergrund getroffen, dass am 7. Mai 2013 feststand, dass der Haushalt unter einer aufschiebenden Bedingung genehmigt werden konnte. Am 29. Mai 2013 - nach damaligem Kenntnisstand des LVwA - vor Ablauf der Kündigungsfrist, wurde der entsprechende Haushaltsbeschluss des Stadtrates gefasst. Danach hätte der Oberbürgermeister die beiden Mitarbeiter wieder einstellen können. 7. Wenn nein, aus welchen Gründen wurde entschieden, die betreffende Anweisung an die Stadtverwaltung zu stoppen? Es wird auf die Antwort auf die Fragen 5 und 6 verwiesen.