Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2154 29.11.2017 (Ausgegeben am 29.11.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Höse (AfD) Nachfrage zur Kleinen Anfrage KA 7/994 (Drs. 7/1792) Kleine Anfrage - KA 7/1188 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Kleinen Anfrage 7/610 (Drs. 7/1132) bezifferte die Landesregierung die Anzahl der in den Jahren 2013 bis 2016 auf Sachsen-Anhalt verteilten sog. Flüchtlinge auf insgesamt 53.479 Personen. Im Jahr 2017 kamen ausweislich der Statistik über „Bestands - und Zuzugszahlen im Asylbereich“ bis zum 15. Juni weitere 1.747 Personen hinzu. Somit ergibt sich eine Gesamtanzahl von 55.226 Personen, die im betreffenden Zeitraum nach Sachsen-Anhalt kamen. In ihrer Beantwortung zur Kleinen Anfrage KA 7/994 (Drs. 7/1792) erklärt die Landesregierung , dass im Zeitraum von 2013 bis zum 30. Juni 2017 insgesamt „27.888 Antragsteller asylrechtlichen Schutz [erhielten]“. Davon verließen lt. Aussage der Landesregierung 8.965 Personen Sachsen-Anhalt. Damit ergibt sich ein Restbestand von 18.923 Personen. Unbenommen davon hätten bis zum 30. Juni 2017 weiterhin 8.386 Personen Sachsen-Anhalt entweder freiwillig verlassen oder seien abgeschoben worden. Zwischen den bis zum 15. Juni 2017 nach Sachsen-Anhalt gekommenen Personen (55.226) und denen die im gleichen Zeitraum anerkannt worden, abgeschoben worden oder freiwillig ausgereist sind (36.274) ergibt sich eine Differenz von 18.952 Personen . Weiterhin weicht die Zahl der für den 30. Juni 2017 sich in Sachsen-Anhalt aufhaltenden Personen mit „asylrechtliche[m] Schutz“ (18.923) erheblich von der in der Statistik über „Bestands- und Zuzugszahlen im Asylbereich“ genannten Anzahl ab (ca. 12.423). Hier ergibt sich mithin ein Defizit von etwa 6.500 Personen. 2 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Vorbemerkung: Wie bereits in der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 7/994 (LT-Drs. 7/1792) ausgeführt, bedürfte es auch zur Beantwortung der vorliegenden Kleinen Anfrage nach dem Verbleib der einzelnen betroffenen Personen einer fallbezogenen Einzelauswertung, die innerhalb der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit bei fortlaufender Aufgabenerledigung nicht durchführbar war. Die Landesregierung kann daher wiederum nur auf vorliegende stichtagsbezogene statistische Erhebungen des Ausländerzentralregisters (AZR), des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sowie des Landesverwaltungsamtes zurückgreifen , soweit diese Auskunft über den Verbleib des in Rede stehenden Personenkreises geben. 1. Was weiß die Landesregierung über den Verbleib der oben bezifferten 18.952 Personen? Bitte möglichst genau aufgliedern. 2. Wie kommt die unter 1. betrachtete Differenz zustande? Die Fragen 1 und 2 werden zusammen beantwortet. Die Anzahl von 18.952 Personen wurde durch den Anfragesteller aus der Differenz der im Zeitraum von 2013 bis 15. Juni 2017 nach Sachsen-Anhalt gekommenen Personen (55.226) und den Personen, die im gleichen Zeitraum asylrechtlichen Schutz erhielten (27.888) bzw. abgeschoben wurden oder freiwillig ausgereist sind (8.386), errechnet. Von diesen Personen befanden sich zum Stichtag 29. Juni 2017 laut der Statistik über „Bestands- und Zugangszahlen im Asylbereich“ 12.423 Personen, die über eine Aufenthaltsgestattung oder Duldung verfügen bzw. als sogenannte Dublin- Fälle geführt werden, in den Aufnahmekommunen und der Landeserstaufnahme. Darüber hinaus stieg die Zahl der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis ohne asylrechtlichen Schutz von 14.715 am 31. Dezember 2013 auf 19.801 am 30. Juni 2017 (+ 5.086 Personen). Damit ergibt sich folgendes Bild: 55.226 Zugänge von 2013 bis 15. Juni 2017 - 27.888 Personen, die im Erhebungszeitraum asylrechtlichen Schutz erhielten - 8.386 Abschiebungen/freiwillige Ausreisen im Erhebungszeitraum = 18.952 - 12.423 Asylbewerber, Duldungsinhaber und Dublin-Fälle lt. Statistik über „Bestands- und Zugangszahlen im Asylbereich“ vom 29. Juni 2017 - 5.086 Aufwuchs im Erhebungszeitraum der Inhaber einer Aufenthaltserlaubnis (ohne asylrechtlichen Schutz) = 1.443 3 Über den Verbleib der 1.443 Personen gibt das AZR keine Auskunft. Hierin können z. B. Ausreisepflichtige ohne Duldung (Personen, für die eine Ausweisungsverfügung erlassen wurde, bei denen die Abschiebung, Zurückweisung oder Zurückschiebung unmittelbar bevorsteht, eine Feststellung des Verlustes der Freizügigkeit erfolgt ist bzw. bei denen das Visum abgelaufen ist) oder unregistriert ausgereiste sowie untergetauchte Ausländer enthalten sein. Da nach Einführung des Kerndatensystems im Februar 2016 eine doppelte Registrierung im Bundesgebiet ausgeschlossen ist und diese Personen mithin bei Leistungsanträgen in anderen Bundesländern sowie bei ausländerbehördlichen oder polizeilichen Kontrollen ermittelt werden, wird von einem sehr hohen Anteil an unregistrierten Rückreisen in das Herkunftsland oder Weiterreisen in andere Staaten ausgegangen . In diesem Zusammenhang weist die Landesregierung darauf hin, dass es statistische Inplausibilitäten im AZR gibt. Beispielhaft sei hier die Fallkonstellation angeführt , dass ausreisepflichtige Ausländer das Bundesgebiet verlassen, ohne dass sie sich ordnungsgemäß bei der Ausländerbehörde abmelden. Ein Ausländer gilt jedoch grundsätzlich erst dann als freiwillig ausgereist, wenn er eine Grenzübertrittsbescheinigung (GÜB) an die zuständige Ausländerbehörde zurücksendet. Bei Ausreisen auf dem Landweg kann er diese Bescheinigung mangels Grenzkontrollen nicht im Bundesgebiet abgeben, sodass er sie in seinem Heimatland beim zuständigen deutschen Konsulat einreichen muss. Dies erfolgt oft nicht. Auch die Konstellation, dass sich vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer entgegen der Aufenthaltsbeschränkung gemäß § 61 AufenthG in einem anderen Bundesland aufhalten, kann nicht ausgeschlossen werden. In derartigen Fällen erfolgt nach Feststellung der Wohnungsaufgabe regelmäßig eine Fahndungsausschreibung. Dem AZR lässt sich eine statistische Gesamtzahl hierüber nicht entnehmen. Vor dem Hintergrund der teilweise erheblichen Defizite in der Datenlage des AZR findet seit diesem Jahr - veranlasst durch das BAMF - eine systematische sukzessive Bereinigung der Daten des AZR durch die Ausländerbehörden statt. 3. Was weiß die Landesregierung über den Verbleib der oben bezifferten 6.500 Personen? Bitte möglichst genau aufgliedern. 4. Wie kommt die unter 3. betrachtete Differenz zustande? Die Fragen 3 und 4 werden zusammen beantwortet. Wie bereits in der Antwort auf die Kleine Anfrage 7/994 ausgeführt wurde, beinhaltet die Statistik über „Bestands- und Zugangszahlen im Asylbereich“ ausschließlich Asylbewerber, Geduldete, Dublin-Fälle und in Erstaufnahmeeinrichtungen des Landes aufhältige Asylbegehrende. Personen mit asylrechtlichem Schutz sind hier nicht berücksichtigt. Somit besteht die vom Anfragesteller errechnete Differenz nicht. 4 5. Wann haben die in Rede stehenden 8.965 Personen Sachsen-Anhalt verlassen ? Bitte nach Jahren aufgliedern. Bei den genannten 8.965 Personen handelt es sich um Antragsteller, die asylrechtlichen Schutz erhielten und im Zeitraum vom 2013 bis zum 30. Juni 2017 Sachsen-Anhalt verließen. Da es sich bei den zur Verfügung stehenden Statistiken des Ausländerzentralregisters und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge um stichtagsbezogene Auswertungen von Bestandszahlen handelt, ist eine Beantwortung nicht möglich. Eine detaillierte Zu- und Abgangsstatistik des in Rede stehenden Personenkreises wird nicht geführt. 6. Wie viele der unter 5. genannten Personen haben Sachsen-Anhalt nach dem 1. Januar 2016, trotz der seitdem geltenden 3-jährigen Residenzpflicht verlassen und warum? Absatz 1 des § 12a AufenthG, der durch das am 6. August 2016 in Kraft getretene Integrationsgesetz vom 31. Juli 2016 in das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eingefügt wurde, sieht vor, dass Personen, denen seit dem 1. Januar 2016 ein asylrechtlicher Schutzstatus zuerkannt oder erstmalig eine Aufenthaltserlaubnis nach §§ 22, 23 oder 25 Abs. 3 AufenthG erteilt worden ist, grundsätzlich kraft Gesetzes verpflichtet sind, ihren Wohnsitz für drei Jahre in dem Bundesland zu nehmen, in das sie zur Durchführung des Asylverfahrens oder im Rahmen eines Aufnahmeverfahrens zugewiesen worden sind. Diese gesetzliche Verpflichtung besteht allerdings ausnahmsweise nicht, wenn der Ausländer selbst oder ein enger Familienangehöriger durch die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung mit einem Umfang von mindestens 15 Stunden wöchentlich, durch die diese Person mindestens über ein Einkommen in Höhe von zurzeit 723 Euro verfügt, oder durch die Aufnahme einer Ausbildung oder eines Studiums bereits einen wichtigen Beitrag zu ihrer Integration leistet. Darüber hinaus besteht nach § 12a Abs. 5 AufenthG unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, die Wohnsitzverpflichtung nachträglich aufzuheben oder zu ändern. Nach § 12a Abs. 5 AufenthG ist eine Wohnsitzverpflichtung beispielsweise aufzuheben, wenn der Ehegatte, eingetragene Lebenspartner oder minderjährige ledige Kinder an einem anderen Wohnort leben. Die Streichung oder Änderung der Wohnsitzverpflichtung bedarf der vorherigen Zustimmung der Ausländerbehörde des Zuzugsortes. Hieraus ergibt sich, dass nicht alle Ausländer, denen im Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis 30. Juni 2017 ein humanitärer Schutz zuerkannt wurde, einer Wohnsitzverpflichtung unterliegen. Wie viele der in der Kleinen Anfrage 7/1188 genannten 8.995 Personen auf der Grundlage der dargestellten Rechtslage zum Zeitpunkt ihres Wegzuges verpflichtet waren, ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Sachsen-Anhalt zu nehmen, ist statistisch nicht erfasst. Ergänzend wird auf die Vorbemerkung verwiesen.