Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2196 13.12.2017 (Ausgegeben am 13.12.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Prof. Dr. Angela Kolb-Janssen (SPD) Abgeordneter Andreas Steppuhn (SPD) Ausbildungsabbruch - vorzeitige Vertragslösungen bei beruflicher Ausbildung Kleine Anfrage - KA 7/1213 Vorbemerkung des Fragestellenden: Das System der dualen Berufsausbildung, die Kombination von betrieblicher Praxis und Berufsschule, ist ein Erfolgsmodell für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Industrie und Handwerk suchen Auszubildende als kommende Fachkräfte. Leider werden in Sachsen-Anhalt ca. 33 % der beruflichen Ausbildungsverträge vorzeitig gelöst; in einigen Berufen ist die Quote noch höher. Trotz gesunkener Zahl an Auszubildenden sinkt die Quote der vorzeitigen Vertragslösung nicht und viele Ausbildungsplätze bleiben unbesetzt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration 1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung für die vorzeitige Vertragslösung von Ausbildungsverträgen? Im aktuellen Berufsbildungsbericht des Landes Sachsen-Anhalt (Berichtszeitraum 2015 und 2016) werden in den Tabellen A-52 bis A-56 die Lösungszahlen ausführlich dargestellt. Diese gliedern sich nach den Zuständigkeitsbereichen für das Jahr 2016 wie folgt: Auszubildende am 31.12.2016 Vorzeitig gelöste Ausbildungsverhältnisse in der Zeit vom 01.01.-31.12.2016 IHK Halle-Dessau und Magdeburg 16.831 2.294 HWK Halle und Magdeburg 6.983 1.294 Land- und Hauswirtschaftsbereich 1.268 184 2 Zu dieser Statistik der vorzeitigen Vertragslösungen ist Folgendes anzumerken: Für die Berufsbildungsstatistik werden umfangreiche Daten zur betrieblichen Berufsausbildung erhoben. Somit stellt sie eine zentrale Datenquelle für die Planung und Ordnung der Berufsbildung, die Berufsbildungsforschung und die Berufsbildungspraxis dar. Die Berufsbildungsstatistik erhebt u. a. Daten zu den Ausbildungsverhältnissen der betrieblichen Berufsausbildung (nach Berufsbildungsgesetz bzw. Handwerksordnung). Hierzu werden u. a. Merkmale zu den Auszubildenden (Geschlecht, Staatsangehörigkeit, Geburtsjahr, Vorbildung) und zu Aspekten des Ausbildungsverlaufs (Monat und Jahr ausbildungsrelevanter Ereignisse sowie Prüfungserfolg) erfasst. Aufgrund der momentanen Methodik in der Erhebung zur Berufsbildungsstatistik ist die Aussagekraft der Daten in Bezug auf die Frage der Vertragslösungen begrenzt, da in der Statistik keine individuellen Verlaufsdaten bereitgestellt werden. So werden weder die Gründe der Vertragslösung noch die nachfolgenden Schritte im Ausbildungs- und Erwerbsleben in der Berufsbildungsstatistik ersichtlich . Ein erheblicher Mangel besteht darin, dass vollständige Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung nur für solche Auszubildenden erfasst werden, die keine Vertragslösung aufweisen und auch nicht aus sonstigen Gründen (Mehrfachausbildung/Fortführung einer zweijährigen Ausbildung) mehr als einen Ausbildungsvertrag innehaben. Die Daten aus den verschiedenen Verträgen einer Person können nicht verknüpft werden. So wird eine auf eine Auflösung folgende Vertragsneuschließung in einem anderen Kammerbereich oder Kammerbezirk nicht ersichtlich. Aus einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) und der IHK Halle-Dessau wird jedoch ersichtlich, dass zum überwiegenden Anteil Vertragsneuschließungen auf Vertragsauflösungen folgen. Belastbare Daten für das gesamte Bundesland liegen der Landesregierung nicht vor1. 2. Wie viele Jugendliche sind in den Jahren 2015, 2016 und 2017 ohne Ausbildungsplatz geblieben? Die Statistik der Bundesagentur für Arbeit unterteilt in versorgte und unversorgte Bewerber/innen. Letztere werden auch als „Bewerber/innen ohne Alternative zum 30.09.“ bezeichnet. Im aktuellen Berufsbildungsbericht des Landes Sachsen -Anhalt (Berichtszeitraum 2015 und 2016) werden in den Tabellen A-14 und A-15 die Verbleibe der Bewerber/innen ausführlich dargestellt. Diese sind der folgenden Tabelle zu entnehmen. Ausbildungsjahr 2014/2015 2015/2016 2016/2017 Einmündende Bewerber /innen 7.663 7.753 7.443 Andere ehemalige Bewerber/innen 3.925 3.745 3.528 1 siehe Quelle: Kropp, Per; Danek, Simone; Purz, Sylvia; Dietrich, Ingrid; Fritzsche, Birgit (2014): Die vorzeitige Lösung von Ausbildungsverträgen * eine Beschreibung vorzeitiger Lösungen in Sachsen-Anhalt und eine Auswertung von Bestandsdaten der IHK Halle-Dessau. (IAB-Forschungsbericht, 13/2014), Nürnberg) 3 Ausbildungsjahr 2014/2015 2015/2016 2016/2017 Bewerber/innen mit Alternative zum 30.09. 949 1.070 955 Bewerber/innen ohne Alternative bzw. unversorgte zum 30.09. 279 292 338 Insgesamt 12.816 12.860 12.264 3. Welche Ausbildungsberufe weisen eine besonders hohe vorzeitige Vertragslösung auf? Bitte für die letzten drei Jahre für die 15 häufigsten Berufsgruppen , die jeweiligen Standorte und überbetriebliche Ausbildungsstätten sowie getrennt nach Geschlecht auflisten. Wie im aktuellen Berufsbildungsbericht des Landes Sachsen-Anhalt (Berichtszeitraum 2015 und 2016) auf S. 45 dargestellt, weisen folgende 15 Berufsgruppen die höchsten Lösungsquoten auf: Berufsgruppe Lösungsquote 2014 in % Lösungsquote 2013 in % Friseur/in 67,9 66,3 Metallbauer/in (alle Fachrichtungen) 54,4 62,6 Koch/Köchin 54,0 58,2 Tischler/in 53,5 50,8 Elektroniker/in (alle Fachrichtungen) 51,9 48,7 Hotelfachleute 50,9 48,6 Anlagenmechaniker/innen für Sanitär -, Heizungs- und Klimatechnik 46,7 42,3 Fachverkäufer/in im Lebensmittelhandwerk 45,4 k.A. Verkäufer/in 39,2 38,3 Kraftfahrzeugmechatroniker/in (ggf. mit Vorgängerberuf) 38,7 38,3 Fachlagerist/in 35,3 35,8 Kaufleute für Büromanagement 35,1 35,7 Landwirt/in 34,1 33,1 Zahnmedizinische(r) Fachangestellte (r) 32,3 32,3 Kaufleute im Einzelhandel 28,9 28,6 (Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung 2015, IAB Sachsen-Anhalt-Thüringen 04/2016) Aktuellere Daten liegen der Landesregierung nicht vor. In die Analyse wurden nur Berufe mit mehr als 100 Neuabschlüssen im Jahr 2014 einbezogen. Die Lösungsquoten für die einzelnen Ausbildungsberufe umfassen jeweils alle Fachrichtungen 4 und alle Ausbildungsbereiche. Sie wurde auf der Grundlage des Schichtenmodells des Bundesinstitutes für Berufsbildung berechnet. 4. Welche Berufe in welchen Regionen weisen eine besonders hohe vorzeitige Vertragslösung von Ausbildungsverträgen auf? Bitte für die letzten drei Jahre für alle Landkreise auflisten. Eine nach Berufen, Regionen und Jahren differenzierte Auswertung der vorzeitigen Lösung von Ausbildungsverträgen liegt der Landesregierung nicht vor. Die Vertragslösungsquoten in sechs Ausbildungsbereichen für die Jahre 2013 bis 2015 differenziert nach Landkreisen bzw. kreisfreien Städten können der folgenden Tabelle entnommen werden. Aktuellere Daten differenziert nach Regionen und Branchen stehen nicht zur Verfügung. Vertragslösungsquoten 2015 Landkreis/kreisfreie Stadt Insgesamt Industrie und Handel Handwerk Landwirtschaft Öffentlicher Dienst Freie Berufe Hauswirtschaft Dessau-Roßlau 34,3 32,9 45,5 23,5 5,9 30,0 16,7 Halle (Saale) 33,7 29,7 52,3 12,9 5,9 34,7 18,2 Magdeburg 33,8 32,3 44,5 22,4 5,2 25,2 73,1 Altmarkkreis Salzwedel 40,1 37,3 44,1 51,5 - 22,2 - Anhalt-Bitterfeld 33,1 29,1 49,1 17,4 - 37,4 44,4 Börde 31,1 28,2 36,5 31,8 - 51,4 60,0 Burgenlandkreis 25,9 22,5 40,7 24,2 - 14,2 83,3 Harz 34,6 34,8 39,6 21,4 - 18,5 63,2 Jerichower Land 36,5 36,7 43,9 32,2 4,8 33,3 - Mansfeld-Südharz 30,8 29,5 33,2 37,0 - 35,4 40,2 Saalekreis 32,4 27,7 47,3 22,5 20,6 24,9 39,3 Salzlandkreis 34,6 32,1 42,8 47,0 11,1 25,9 12,5 Stendal 31,0 34,1 33,1 20,4 7,1 5,6 14,3 Wittenberg 36,6 35,2 46,5 43,6 - 26,6 25,0 5 Vertragslösungsquoten 2014 Landkreis/kreisfreie Stadt Insgesamt Industrie und Handel Handwerk Landwirtschaft Öffentlicher Dienst Freie Berufe Hauswirtschaft Dessau-Roßlau 33,2 29,2 54,5 36,0 - 29,2 - Halle (Saale) 33,3 26,1 65,9 13,3 6,8 33,0 27,6 Magdeburg 32,2 32,8 37,3 21,4 2,4 34,9 25,5 Altmarkkreis Salzwedel 34,8 33,8 37,6 37,2 - 19,1 - Anhalt-Bitterfeld 37,2 30,8 58,2 40,0 - 18,7 71,1 Börde 27,6 25,9 31,5 36,9 - 22,2 26,2 Burgenlandkreis 30,9 27,5 45,7 17,0 13,3 34,4 - Harz 36,0 35,4 43,1 37,3 - 27,8 16,7 Jerichower Land 33,1 34,1 41,9 17,7 - 12,5 - Mansfeld-Südharz 32,6 25,9 49,6 29,3 11,1 23,0 59,1 Saalekreis 35,1 26,2 60,5 43,0 8,3 23,2 9,1 Salzlandkreis 32,5 30,5 37,5 49,4 - 17,1 92,1 Stendal 37,3 34,2 44,7 31,7 7,1 39,7 38,3 Wittenberg 35,3 30,5 54,6 36,3 - 29,7 75 6 Vertragslösungsquoten 2013 Landkreis/kreisfreie Stadt Insgesamt Industrie und Handel Handwerk Landwirtschaft Öffentlicher Dienst Freie Berufe Hauswirtschaft Dessau-Roßlau 35,5 32,8 55,1 30,6 - 23,7 44,4 Halle (Saale) 34,2 29,5 58,1 15,3 1,4 39,1 30,0 Magdeburg 33,6 33,2 41,3 27,1 7,1 33,9 20,8 Altmarkkreis Salzwedel 36,4 33,7 41,9 44,4 - 11,1 - Anhalt-Bitterfeld 33,0 27,2 49,1 38,0 - 41,1 30,0 Börde 34,3 31,4 39,6 54,9 12,5 5,6 46,2 Burgenlandkreis 30,3 28,8 44,9 16,8 6,7 16,8 - Harz 32,6 33,9 33,5 23,1 - 29,6 42,0 Jerichower Land 31,0 29,9 30,6 49,5 19,1 32,7 40,0 Mansfeld-Südharz 35,7 36,4 41,4 23,3 - 33,8 9,1 Saalekreis 31,8 28,0 44,9 30,0 - 33,1 11,1 Salzlandkreis 25,5 22,0 36,0 25,3 - 25,4 12,5 Stendal 35,2 34,0 37,9 25,9 6,2 34,4 42,8 Wittenberg 32,7 31,7 42,5 24,6 - 13,6 87,5 (Quelle: www.bildungsmonitoring.de des Statistischen Bundesamtes) 5. Gibt es einen Zusammenhang zwischen dem Alter bei Ausbildungsbeginn , Geschlecht, Ausbildungsvergütung und Entfernung zur Berufsschule bei der vorzeitigen Vertragslösung? Bitte nach einzelnen Berufsgruppen , Regionen und Standorten der Ausbildungsstätten und Berufsschulen , die Auffälligkeiten aufweisen, auflisten. Der Landesregierung liegen keine entsprechenden multivariaten Auswertungen der Ausbildungsvertragsauflösungen vor. 6. Wie viele Auszubildende haben im Jahr 2016 und 2017 Zuwendungen in welcher Höhe für die auswärtige Unterbringung sowie zu Fahrtkosten aus Anlass des Besuchs einer auswärtigen Berufsschule in Anspruch genommen und wie viele Antragsteller gab es? Bitte nach Berufen und Standort der Berufsschulen aufschlüsseln. Nachfolgend sind die Anträge und Kosten zur Beschulung für die auswärtige Unterbringung und zu den Fahrtkosten aus Anlass des Besuchs einer auswärtigen Berufsschule landesweit für die Jahre 2016 und 2017 dargestellt. 7 2016 2017 Anzahl der Antragsteller/innen 631 678 Anzahl der bezuschussten Antragsteller/innen 511 538 Gesamtzuschuss 113.770,97 € 124.558,47 € durchschnittliche Bezuschussung 222,64 € 231,52 € Eine detaillierte Aufschlüsselung nach Berufen und Standorten der Berufsschulen kann durch das Landesschulamt als antragsbearbeitende Behörde aus organisatorischen , datenschutzrechtlichen und verwaltungsrechtlichen Gründen nicht zur Verfügung gestellt werden. 7. Wie viele Mittel für die Zuschüsse für die Kosten der Beförderung und Unterbringung bei Blockunterricht sind im Einzelplan 07, Titel 681 02 127, für die Jahre 2016, 2017 und 2018 eingestellt. In den Haushaltsplänen 2016 bzw. 2017/2018 sind folgende Zuschüsse für die Kosten der Beförderung und Unterbringung bei Blockbeschulung ausgebracht: Ansatz 2016: 110.000,00 €, Ansatz 2017: 120.000,00 €, Ansatz 2018: 120.000,00 €.