Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2210 13.12.2017 (Ausgegeben am 14.12.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hannes Loth (AfD) Definition von Ausnahmen beim Repowering Kleine Anfrage - KA 7/1226 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der 35. Sitzung des Landtages am 29. September 2017 beschloss der Landtag eine Gesetzesänderung des Landesentwicklungsgesetzes Sachsen-Anhalt (LEntG LSA) vom 23. April 2015. In der Aussprache zu dieser Änderung erklärte der Abgeordnete Frank Scheurell in Bezug auf das aktuell gesetzlich geregelte „Repowering im Verhältnis 1:1“: „Es geht uns bei der neuen Regelung also darum, dass alte Windkraftanlagen, welche sich außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten befinden, ausnahmsweise im Verhältnis 1:1 durch die Errichtung neuer Anlagen innerhalb eines Vorrang- und Eignungsgebietes repowert werden können.“ Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr 1. Wie ist diese im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ tatsächlich definiert? In § 4 Nr. 16 Buchst. b) LEntwG ist nun zusätzlich zu der bestehenden Regelung zum Repowering geregelt, dass von einem Repowering auch dann auszugehen ist, wenn nur eine Altanlage ersetzt wird, soweit sich diese im Land Sachsen- Anhalt und außerhalb der hierfür festgesetzten Vorrang- und Eignungsgebiete befindet. Es bleibt deshalb grundsätzlich dabei, dass von einem Repowering im Sinne des Landesentwicklungsgesetzes nur dann ausgegangen werden kann, wenn zwei Altanlagen in einem gewissen räumlichen Kontext zu der neu zu errichtenden Anlage ersetzt werden. Ausnahmsweise genügt jedoch der Abbau einer Anlage, wenn sich diese außerhalb der hierfür regionalplanerisch festgelegten Windgebiete befindet. 2 2. In welchem Gesetz ist die im Beitrag des Abgeordneten Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ tatsächlich im Einzelnen benannt und wie lautet der Gesetzestext der entsprechenden Regelung? Durch die Ergänzung von § 4 Nr. 16 Buchst. b) LEntwG innerhalb der dort getroffenen Regelung des 1:2-Repowering wurde die bereits in der Antwort zu Frage 1 dargelegte Ausnahme kodifiziert. Der Begriff des Repowering selbst ist gesetzlich gleichfalls nur in § 4 Nr. 16 Buchst. b) LEntwG definiert. Auf diese Bestimmung verweist wiederum § 6 Abs. 8 Bauordnung des Landes Sachsen-Anhalt, der Sonderregelungen der Abstandflächen für den Fall des Repowering enthält. 3. Auf wie viele Windenergieanlagen des Landes Sachsen-Anhalt, die sich außerhalb von Windvorrang- und Eignungsgebieten befinden, wird diese vom Abgeordneten Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ angewandt bzw. auf wieviele Anlagen trifft diese Ausnahme zu? Die entsprechenden Windenergieanlagen bitte nach Landkreisen und Standorten zuordnen. Die Frage kann nicht beantwortet werden, weil es grundsätzlich in der unternehmerischen Freiheit des Verfügungsberechtigten über die zu repowernde Windenergieanlage liegt, ob und wann er entweder selbst ein Repowering durchführt oder die Altanlage einer Person zur Verfügung stellt, die ihrerseits eine neue Windenergieanlage innerhalb eines hierfür vorgesehenen Vorrang- oder Eignungsgebietes errichtet. Die Windenergieanlagen können daher nicht im Einzelnen benannt werden. In Betracht kommen alle außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten liegenden Windenergieanlagen. Insoweit wird auf die Drs. 7/1055 verwiesen, der als Anlage 1 die Liste aller außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten errichteten Windenergieanlagen beigefügt war. 4. Würde die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ auch für die 142 Windenergieanlagen (WEA) des Landes Sachsen-Anhalt gelten, für die keine Daten zur Inbetriebnahme vorliegen ? Antwort bitte begründen für „ja“- bzw. „nein“-Option. Auch für die 142 Windenergieanlagen außerhalb von Vorranggebieten und Eignungsgebieten , deren Inbetriebnahme nicht bekannt ist, gilt die Ausnahme, dass ein Repowering auch bei dem Verhältnis 1:1 möglich ist. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass derjenige, der die Anlage repowert und damit in einem Vorrangbzw . Eignungsgebiet errichtet, über eine entsprechend außerhalb liegende Windenergieanlage verfügt, die er frühestens fünf Jahre vor und spätestens fünf Jahre nach der Inbetriebnahme der neuen Anlage vollständig beseitigen muss. 3 5. Für welches vorgeschlagene Repowering-Szenario (Szenario 25, 20 oder 15, vgl. Drs. 7/426) des Landes Sachsen-Anhalt gilt die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ bzw. wurden für alle Szenarien Berechnungen angestellt, die eine Quantifizierung von Windenergieanlagen für die einzelnen Szenarien zulassen? Bitte Berechnungen anfügen. Die neue gesetzliche Regelung gilt für alle Szenarien gleichermaßen. 6. Wie ist die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung des Landes Sachsen-Anhalt vereinbar? Bei der Begründung bitte auch die Erkenntnisse zur räumlichen Steuerung von Windenergieanlagen und zum Repowering in Drs. 7/426 in Kapitel 4.1.4 - Stand der Anlagentechnik - berücksichtigen und die Zusammenhänge begründen . Die Ziele und Grundsätze der Raumordnung im Land Sachsen-Anhalt ergeben sich zum einen aus dem LEntwG selbst und zum anderen aus dem Landesentwicklungsplan LEP 2010 vom 16.02.2011. § 4 LEntwG enthält die gesetzlichen Grundsätze für die Raumplanung im Land Sachsen-Anhalt. Da der Grundsatz zum Repowering um die 1:1-Regelung erweitert wurde, ist insoweit eine Übereinstimmung festzustellen. Auch mit den im Landesentwicklungsplan formulierten Grundsätzen und Zielen befindet sich die modifizierte Regelung zum Repowering im Einklang. Denn es bleibt bei der räumlichen Steuerung der Errichtung von Windenergieanlagen in hierfür von den Regionalen Planungsgemeinschaften zu planenden Vorrangund Eignungsgebieten und insbesondere bleibt auch Z 113 des LEP 2010 bestehen , wonach ein Repowering nur in Vorrang- und Eignungsgebieten zulässig ist. Die angeführte Landtagsdrucksache (Drs. 7/426) hat den Beschluss des Landtages zum Inhalt, mit dem dieser die Landesregierung um Prüfung von Einzelfragen zum Repowering bittet. Sie enthält weder Erkenntnisse zur räumlichen Steuerung von Windenergieanlagen noch zum Repowering. 7. Wie ist die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ generell rechtlich zu bewerten, wenn denn in den Regionalen Entwicklungsplänen (REP) bisher keine Vorranggebiete zum Repowering festgelegt wurden? „Nach Aussage der Regionalen Planungsgemeinschaften (RPG) sind alle verfügbaren Flächen zur Nutzung der Windenergie bereits als Vorranggebiete zur Nutzung der Windenergie als Eignungsgebiete ((VR/EG) ausgewiesen. Somit hätte das Instrument zur Festlegung von Vorranggebieten zum Repowering von WEA bereits bei der Planaufstellung der Pläne vor etwa 10 Jahren Einzug finden müssen“ (Drs. 7/426). Bitte den Sachverhalt begründen. Es wird auf die Antwort der Landesregierung auf die KA 7/1222 verwiesen. Wie bereits in der Antwort zu Frage 1 aufgeführt kann das Repowering sowohl im Verhältnis 2:1 als auch für Anlagen außerhalb der entsprechenden Vorrang- und 4 Eignungsgebiete im Verhältnis 1:1 erfolgen. Hierbei ist die Errichtung der neuen Windenergieanlagen, die die alten ersetzen sollen, nur in den für die Errichtung von Windenergieanlagen vorgesehenen Vorrang- und Eignungsgebieten möglich . Eine Beschränkung auf die nunmehr nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 LEntwG festsetzbaren Gebiete für Repowering von Windenergieanlagen gibt es nicht. Es kommt deshalb nicht darauf an, dass die Regionalen Planungsgemeinschaften von der erst mit Inkrafttreten des Landesentwicklungsgesetzes am 1.7.2015 bestehenden Möglichkeit Vorranggebiete für das Repowering festzusetzen noch keinen Gebrauch gemacht haben. 8. „Die Durchführung eines Repowerings ist im Übrigen eine unternehmerische Entscheidung, die auf Grundlage der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Einzelfalles durch den jeweiligen Betreiber getroffen wird. Da aber eine ökonomische und technische Bewertung der eingesetzten Typen mit Blick auf ein infrage kommendes Repowering allein Sache des Betreibers ist“ (Drs. 7/1055), stellt sich die Frage: Wie ist die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannte „Ausnahme des Repowering“ generell - im Hinblick auf die notwendige Entscheidung des Betreibers der Windenergieanlage - für eine einzelne Windenergieanlage bzw. auch im Hinblick auf die in Frage 4 bis 7 aufgeworfenen Aspekte - umsetzbar? Bitte den Sachverhalt und mögliche Vorgehensweisen bei der Ausnahme begründen. § 4 Nr. 16 Buchst. b) LEntwG gestattet es, die Repoweringregelung dann in Anspruch zu nehmen, wenn man für eine neu zu errichtende Windenergieanlage innerhalb eines Vorrang- bzw. Eignungsgebietes eine alte außerhalb entsprechender Gebiete stehende Anlage abbaut. Der Betreiber wird seine Entscheidung in der Regel danach ausrichten, ob und wo er über entsprechende Altanalgen verfügt. Befinden sich diese innerhalb eines Vorrang- oder Eignungsgebietes , wird er zwei Anlagen abbauen. Verfügt er über eine Altanlage außerhalb der entsprechenden Gebiete, wird er nur eine Anlage abbauen. Die Vorgehensweise eines privaten Dritten kann nicht eingeschätzt werden, zumal sich die Situation durch Veräußerungen jederzeit ändern kann. 9. „Das Landesentwicklungsgesetz des Landes (LEntwG) im § 9 Abs. 4 die Möglichkeit, dass die Gemeinde einen Antrag auf Festlegung eines Vorranggebietes für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung eines Eignungsgebietes oder eines Eignungsgebietes für die Nutzung von Windenergie für zulässigerweise außerhalb von Vorranggebieten oder Eignungsgebieten errichtete Windenergieanlagen, für die ein Repowering vorgesehen ist, bei der Regionalen Planungsgemeinschaft stellen kann. Die Regionale Planungsgemeinschaft hat den Antrag in einem Verfahren zur Änderung des Regionalen Entwicklungsplans zu prüfen (Drs. 7/1055). Gilt diese Ausnahmemöglichkeit auch in Kombination mit der im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannten Ausnahme des Repowering oder wird diese Regelung durch die benannte Ausnahme aufgehoben? Bitte den Sachverhalt begründen. Es handelt sich um zwei verschiedene Instrumente. § 9 Abs. 4 LEntwG gewährt der Gemeinde ein Antragsrecht zur Überführung eines Windparks im Wege der Regionalplanung in ein Vorrang- oder Eignungsgebiet. Das Ergebnis eines ent- 5 sprechenden Antrages ist vom Planänderungsverfahren abhängig und bleibt bis zum Schluss offen. Die Gemeinde wird einen entsprechenden Antrag nur stellen, wenn sich ein Investor gefunden hat, der die in dem Windpark befindlichen Anlagen repowern möchte. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die dort befindlichen Anlagen tatsächlich nicht für das 1:1.Repowering verwendet werden, denn jede weggenommene Anlage schmälert die Aussicht auf die Ausweisung eines Vorrang- oder Eignungsgebietes. Die Ausnahmemöglichkeit ist nämlich gerade für die Fälle eines konfliktfreien Windparks von erheblichem Gewicht gedacht. 10. „Gemäß Raumordnungskataster liegen gegenwärtig 955 Windenergieanlagen außerhalb der in den Regionalen Entwicklungsplänen des Landes Sachsen-Anhalt festgelegten oder in Aufstellung befindlichen Vorranggebieten für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten und Eignungsgebieten für die Nutzung mit Windenergie. Der Auswertung wurden die rechtswirksamen Vorrang- und Eignungsgebiete für Windenergie in den Regionalen Entwicklungsplänen Altmark, Harz und Halle und die in Aufstellungsverfahren befindlichen Vorrang- und Eignungsgebiete für Windenergie dr Regionalen Planungsgemeinschaft Anhalt- Bitterfeld-Wittenberg und Magdeburg zugrundegelegt“ (Drs. 7/1055). 10.1 Sind die im Beitrag des Abgeordneten Frank Scheurell benannten „alten Windkraftanlagen, welche sich außerhalb von Vorrang- und Eignungsgebieten befinden“ gleichzusetzen mit den 955 WEA der Antwort aus Drs. 7/1055? 10.2 Wenn nein, auf welche WEA (s. Frage 3) bezieht sich die Ausnahme? 10.3 Wenn ja, wie kann eine für ein Gesetz (hier LEntwG LSA) definierte Ausnahme auf einen rechtlich nicht definierten Tatbestand angewandt werden? Bitte Sachverhalt begründen. Die 955 in der Drucksache 7/1055 genannten Windenergieanlagen sind grundsätzlich für das 1:1-Repowering geeignet. Allerdings hängt eine entsprechende Verwendung von einer Vielzahl von Faktoren z. B. dem Alter und der Rentabilität der Windenergieanlage ab. Die neue Regelung in § 4 Nr. 16 Buchst. b LEntwG ist hinsichtlich des 1:1 Repowering rechtlich klar definiert. Auf die Antwort zu der Frage 3 wird verwiesen .