Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2257 21.12.2017 (Ausgegeben am 02.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Strafvollzugsplan und Vollzugsplanfortschreibung Kleine Anfrage - KA 7/1247 Vorbemerkung des Fragestellenden: Im Rahmen des Strafvollzuges wird für Strafgefangene gemäß der § 12 ff. Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt (JVollzGB LSA) ein Vollzugsplan erstellt. Dieser zeigt den Strafgefangenen bereits zu Beginn der Haftzeit unter Berücksichtigung der voraussichtlichen Vollzugsdauer die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf. Dabei ist auf die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen der Strafgefangenen oder der Jugendstrafgefangenen Rücksicht zu nehmen. Gemäß § 14 Abs. 2 JVollzGB LSA soll der Vollzugsplan regelmäßig innerhalb der ersten acht Wochen nach der Aufnahme erstellt werden. Der Vollzugsplan sowie die darin vorgesehenen Maßnahmen sollen für den Strafgefangenen regelmäßig alle sechs Monate, spätestens aber alle zwölf Monate überprüft und fortgeschrieben werden . Bei den Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung soll die Frist sechs Monate nicht übersteigen. Die durchgeführten Maßnahmen sind zu dokumentieren. Die Vollzugsplanung wird mit den Strafgefangenen erörtert und seine Fortschreibungen werden den Strafgefangenen ausgehändigt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung Vorbemerkung: Gesetzliche Grundlage für die Vollzugs- und Eingliederungsplanung ist § 14 Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt (JVollzGB LSA). Der Vollzugs- und Eingliederungsplan dient der Konkretisierung des Vollzugsziels im Hinblick auf die einzelnen Straf- und Jugendstrafgefangenen und ist zentrales Ele- 2 ment eines auf die Eingliederung in das Leben in Freiheit ausgerichteten Vollzugs. Der Vollzugs- und Eingliederungsplan sowie die Fortschreibungen bilden sowohl für die Straf- und Jugendstrafgefangenen als auch für die Bediensteten einen Orientierungsrahmen im Sinne eines „Fahrplans für den Vollzugsverlauf“. Grundlage des Vollzugsplans sind die Ergebnisse des Diagnoseverfahrens gemäß § 13 JVollzGB LSA. Der Vollzugsplan enthält die konkrete Umsetzung der dort gewonnenen Erkenntnisse in die erforderlichen vollzuglichen Maßnahmen und trifft Aussagen zu deren zeitlicher Abfolge. 1. Wie viele Strafgefangene, Strafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung, Jugendstrafgefangene und Jugendstrafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung befinden sich derzeit in Justizvollzugsanstalten des Landes Sachsen- Anhalt? Zum Stichtag 01.11.2017 waren in den Justizvollzugsanstalten 1226 Strafgefangene und 19 Strafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung inhaftiert. In der Jugendanstalt waren zum Stichtag 01.11.2017 116 Jugendstrafgefangene untergebracht. Jugendliche mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung gab es zum Stichtag nicht. 2. Wie viele und welche mitwirkenden Personen innerhalb und außerhalb des Vollzugs, z. B. Psycholog*innen, Sozialarbeiter*innen sind in der Vollzugsplanerstellung involviert? Bitte je nach Justizvollzugsanstalt getrennt aufschlüsseln. § 14 Abs. 5 S. 1 und 2 JVollzGB LSA legt fest, dass die Erstellung des Vollzugs- und Eingliederungsplans sowie seine Fortschreibungen in einer Konferenz mit den an der Vollzugsgestaltung maßgeblichen Beteiligten zu erfolgen haben. Neben dem Gefangenen sind regelmäßig folgende Personen an der Erstellung des Vollzugs- und Eingliederungsplans in den einzelnen Anstalten beteiligt: Anstaltsleiter und/oder Vollzugsleiter, Vollzugsabteilungsleiter, Vollzugsabteilungshelfer, Anstaltspsychologe , Sozialarbeiter, Sicherheitsdienstleiter, Mitarbeiter des Landesbetriebs für Beschäftigung und Bildung der Gefangenen, ggf. Bezugsbetreuer und weitere an der Behandlung des Gefangenen beteiligte Mitarbeiter (z. B. Suchtberatung, Familientherapie ). Dadurch sollen verschiedene fachliche Sichtweisen über die Straf- und Jugendstrafgefangenen zusammengeführt und ausgetauscht werden. Zu diesem Zweck schafft das Gesetz auch die Möglichkeit, die bisher zuständigen Bewährungshelfer an der Konferenz zu beteiligen. Eine Differenzierung nach Anstalt wird hierbei nicht vorgenommen, der Teilnehmerkreis der an der Vollzugsplanung Beteiligten variiert lediglich um die an der Vollzugsgestaltung und Behandlung des einzelnen Gefangenen beteiligten Mitarbeiter. 3 3. Wurde in den letzten fünf Jahren die zwölfmonatige Frist gemäß § 14 Abs. 3 JVollzGB LSA zur Planfortschreibung verzögert? Wenn ja, Warum? Und bitte je nach Justizvollzugsanstalt getrennt aufschlüsseln. Statistische Datenerhebungen im Sinne der Fragestellung erfolgen nicht. Nach Auskunft der Justizvollzugsanstalten wird die Frist gem. § 14 Abs. 3 JVollzGB grundsätzlich eingehalten. 4. Wie lang war die durchschnittliche, wie lang die kürzeste und wie lang die längste Bearbeitungszeit für die Erstellung einer Vollzugsplanfortschreibung ? Bitte je nach Justizvollzugsanstalt getrennt aufschlüsseln und für die Jahre 2015, 2016 und 2017 angeben. Statistische Datenerhebungen im Sinne der Fragestellung liegen nicht vor. Die Bearbeitung für die Erstellung einer Vollzugsplanfortschreibung hängt von dem konkreten Einzelfall ab. 5. Wann, durch wen und wie erfolgt eine Erörterung des Vollzugsplanes bzw. der Vollzugsplanfortschreibung im Sinne des § 14 Abs. 4 JVollzGB LSA? Die Erörterung des Vollzugsplanes bzw. der Vollzugsplanfortschreibung mit dem Gefangenen erfolgt in der Regel bereits im Vorfeld der Vollzugsplan-(fortschreibungs-) konferenz, anschließend in der Vollzugsplankonferenz selbst - unabhängig davon, ob der Gefangene daran teilnehmen möchte - und schließlich bei der Aushändigung des Vollzugsplans an den Gefangenen. Sie obliegt in der Regel dem zuständigen Vollzugsabteilungsleiter bzw. Wohngruppenleiter . Dem Gefangenen werden gemäß § 14 Absatz 8 JVollzGB LSA der Vollzugsplan und seine Fortschreibungen ausgehändigt. 6. Wann werden die Vollzugspläne bzw. die Vollzugsplanfortschreibung im Sinne des § 14 Abs. 8 JVollzGB LSA den Strafgefangenen ausgehändigt? Bitte nach durchschnittlicher, kürzester und längster Wartezeit für die Strafgefangenen 7. und je nach Justizvollzugsanstalt getrennt aufschlüsseln. Eine statistische Datenerhebung im Sinne der Fragestellung erfolgt nicht. Die Wartezeit für die Aushändigung des Vollzugsplans bzw. der Vollzugsplanfortschreibung hängt von dem konkreten Einzelfall ab. 8. Wie und auf welcher Grundlage erfolgt die Dokumentation des Therapieverlaufs von Strafgefangenen, Strafgefangenen mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung, Jugendstrafgefangene und Jugendstrafgefangene mit angeordneter oder vorbehaltener Sicherungsverwahrung ? Die Dokumentation des Verlaufs der „Therapie“ i. S. d. Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG) erfolgt in Therapieakten, die gesondert und getrennt von den Gefangenenpersonalakten geführt und besonders gesichert aufbe- 4 wahrt werden. Die Dokumentation obliegt dem Therapeuten, welcher gemäß § 630 f Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) verpflichtet ist, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte zu führen. Zudem regeln die Richtlinien des Psychologischen Dienstes des Justizvollzugs und die Berufsordnung der Ostdeutschen Psychotherapeutenkammer (OPK) die Dokumentationspflicht. 9. Wie und wann wird das Erreichen von in den Vollzugsplänen festgeschriebenen Zielen mit den Strafgefangenen kommuniziert? Der vollzugliche Werdegang, die Behandlungsfortschritte und der Behandlungsstand werden regelmäßig, insbesondere anlässlich der Vollzugsplanfortschreibung mit dem Gefangenen erörtert und können jederzeit auch seitens des Gefangenen im Rahmen eines Einzelgesprächs mit den am Vollzug Beteiligten initiiert werden. Weiterhin erhält der Gefangene bei Teilnahme an anstaltsinternen Behandlungsmaßnahmen , z. B. Suchtberatung, eine Teilnahmebescheinigung. Bei Nichtbestehen einer Maßnahme oder eines Maßnahmeabbruchs erfolgt in jedem Fall eine Auswertung durch das für den Gefangenen zuständige Betreuungspersonal. Grundsätzlich steht eine einzelfallbezogene Betrachtung im Vordergrund, d. h. die vollzugliche Entwicklung eines Gefangenen bedingt die zu veranlassenden Maßnahmen und nicht eine statische Fristvorgabe. 10. Was geschieht, wenn alle im Vollzugsplan nach § 14 JVollzGB LSA festgeschriebenen Ziele erreicht wurden? § 14 JVollzGB LSA zeigt dem Gefangenen im Rahmen der Vollzugs- und Eingliederungsplanung die zur Erreichung des Vollzugsziels erforderlichen Maßnahmen auf, die darauf ausgerichtet sind, den Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Es ist selten festzustellen, dass Gefangene alle im Vollzugsplan nach § 14 JVollzGB LSA festgeschriebenen Maßnahmen erfolgreich absolviert haben. Soweit dem Gefangenen eine günstige Legalprognose bescheinigt werden kann, kann dies Auswirkungen auf die Frage nach vollzugsöffnenden Maßnahmen und auf die Frage der Strafaussetzung zur Bewährung haben. 11. Inwiefern fließen therapeutische Fortschritte, die von den Therapeut*innen u. a. auch in Protokollen dokumentiert werden, in Vollzugsplanfortschreibungen oder in Stellungnahmen für Gerichte ein? Behandlungsfortschritte und erfolgreiche Beendigungen von Maßnahmen finden - ebenso wie auch Behandlungsrückschritte, Behandlungsabbrüche oder Mitarbeitsverweigerungen - nicht nur Berücksichtigung bei den Vollzugsplanfortschreibungen, sondern sind vielmehr die Grundlage für eine aussagekräftige Vollzugsplanung und werden auch bei Stellungnahmen an Gerichte weitergegeben. 5 12. Welche Qualifikationen müssen Therapeut*innen vorweisen, um die nach den Strafvollzugsgesetzen vorgesehenen Therapien durchführen zu können und welche Qualifikationen haben die derzeit tätigen Therapeut*innen tatsächlich? Bitte nach Vollzugsanstalten differenziert angeben. Die „Therapie“ i. S. e. Psychotherapie nach dem Psychotherapeutengesetz (PsychThG), findet insbesondere in der sozialtherapeutischen Abteilung der JVA Burg und in der sozialtherapeutischen Abteilung der JA Raßnitz statt. Die psychotherapeutischen Behandlungsmethoden orientieren sich an den nach dem Psychotherapeutengesetz anerkannten Verfahren und dienen der Behandlung von Gefangenen, die neben der Behandlung der kriminogenen Faktoren auch der Behandlung hinsichtlich einer krankhaften seelischen Störung bedürfen. In der JVA Burg sind vier approbierte Psychotherapeuten tätig, davon drei in der sozialtherapeutischen Abteilung und einer im Vollzug der Sicherungsverwahrung. In der jugendsozialtherapeutischen Abteilung der JA Raßnitz verfügt eine Psychologin über die Qualifizierung zur systemischen Familientherapeutin und ein Psychologe befindet sich in der Ausbildung zum Tiefenpsychologen. Weiterhin findet derzeit das Einstellungsverfahren für jeweils einen weiteren Psychologen /-in für die beiden sozialtherapeutischen Abteilungen statt.