Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2258 21.12.2017 (Ausgegeben am 02.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) Auswirkungen des Familiennachzuges in Sachsen-Anhalt (II) Kleine Anfrage - KA 7/1251 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Beantwortung der Kleinen Anfrage Drs. 7/1898 ließ die Landesregierung wissen , dass sie bezüglich des Familiennachzuges sogenannter „Flüchtlinge“ nur wenige bzw. keine Erkenntnisse darüber habe, wie hoch etwa der Zuwanderungsdruck sowie die daraus bestehenden Belastungen sind. Jedoch gab die Landesregierung an, dass auch minderjährige Ehepartner zuzugsberechtigt sind. Überdies wurde mitgeteilt , dass im „Rahmen des privilegierten Familiennachzuges […] ein Nachweis der Lebensunterhaltssicherung weder von dem Stammberechtigten noch den nachzugsberechtigten Personen zu erbringen [ist]. Die Fragen beziehen sich, wie auch der Titel beider Anfragen verdeutlicht, auf sämtliche Formen des Familiennachzuges, mit denen Ausländern ein Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland zugestanden wird. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Vorbemerkung der Landesregierung: Der Anfragesteller der Kleinen Anfragen 7/1046 und 7/1251 äußert in seiner Vorbemerkung , seine Anfragen bezögen sich jeweils „auf sämtliche Formen des Familiennachzugs , mit denen Ausländern ein Aufenthaltsrecht für die Bundesrepublik Deutschland zugestanden wird“. Die Landesregierung hatte in der Antwort (LT-Drs. 7/1898) auf die Kleine Anfrage 7/1046 dargelegt, warum sich ihre Antwort auf den privilegierten Familiennachzug bezieht. Darüber hinaus hat sich die Landesregierung , entgegen der Vorbemerkung des Anfragestellers, nicht zum Familiennachzug 2 „sogenannter Flüchtlinge“, sondern ausschließlich zu den konkreten Fragen geäußert . Der Terminus „sogenannte Flüchtlinge“ verkennt, dass gerade im Ausländerrecht eine Differenzierung zwischen Personengruppen und Tatbeständen unerlässlich ist. Dies lässt sich besonders gut am Themenkomplex „Familiennachzug“ verdeutlichen . Der Familiennachzug umfasst eine Vielzahl von Tatbeständen und Fallkonstellationen , die ihren Ursprung nicht in Fluchtbewegungen haben. So findet Familiennachzug seine Grundlage etwa auch in internationalen Familienkonstellationen, wie Familiennachzug zu Deutschen (§ 28 Aufenthaltsgesetz [AufenthG]) oder zu Ausländern, die sich aus beruflichen oder wissenschaftlichen Gründen in Deutschland aufhalten und eine entsprechende Aufenthaltserlaubnis besitzen, die nicht auf Asylgründen beruht (z. B. Inhaber einer Blauen Karte EU, ICT-Karte, Mobile-ICT- Karte, Niederlassungserlaubnis). Es ist daher nicht möglich, Daten des gesamten Familiennachzuges heranzuziehen, um den „Zuwanderungsdruck sogenannter Flüchtlinge“ beziffern zu können. Insofern wird auch auf die Antwort der Landesregierung in der LT-Drs. 7/1998 verwiesen. 1. Welches Mindestalter gibt es für minderjährige Ehepartner, die im Rahmen des Familiennachzuges in die Bundesrepublik Deutschland bzw. das Land Sachsen-Anhalt nachgeholt werden? Das Alter wird neben anderen Aspekten im Visumverfahren, das in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes liegt, geprüft. Zur einheitlichen Handhabung hat das Auswärtige Amt in seinem Visumhandbuch Regelungen und Vorgehensweisen beschrieben, nach denen auch im Falle der Beantragung eines Visums zum Familiennachzug die Familienzugehörigkeit geprüft wird. Zum Umgang mit minderjährigen Ehegatten trifft es dort folgende Festlegungen: „Nach § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und § 28 Abs. 1 S. 4 AufenthG ist für den Ehegattennachzug zu Ausländern und zu Deutschen Voraussetzung, dass beide Ehegatten das 18. Lebensjahr vollendet haben. Die Regelung soll insbesondere Zwangsverheiratungen von jungen Frauen mit Auslandsbezug entgegenwirken und allgemein die Integrationsfähigkeit fördern (z. B. Abschluss der Schulbildung im Heimatstaat). Nach anwendbarem Recht wirksame Eheschließungen der Betroffenen in jüngerem Alter sind für den Ehegattennachzug anzuerkennen , können aber vor Erreichen des Mindestalters nicht zu einem Aufenthalt in Deutschland führen. Die Antragstellung kann ggf. auch vor Erreichen des 18. Lebensjahres erfolgen; maßgeblich ist das Erreichen des 18. Lebensjahres des Ehegatten zum Zeitpunkt der Visumerteilung. Generell ausgenommen vom Mindestaltererfordernis ist der Ehegattennachzug zu den in § 30 Abs. 1 S. 2 AufenthG genannten Ausländern. Darüber hinaus kann gemäß § 30 Abs. 2 AufenthG nach Ermessen in Abstimmung mit der beteiligten Ausländerbehörde zur Vermeidung einer besonderen Härte vom Mindestaltererfordernis abgesehen werden. Die eheliche Lebensgemeinschaft in Deutschland muss dabei das geeignete und notwendige Mittel sein, um die besondere Härte zu vermeiden. Nach Art und Schwere müssen die vorgetragenen ,besonderen‘ Umstände so deutlich von den sonstigen Fällen des Ehegattennachzugs abweichen, dass das Festhalten am Mindestaltererfordernis im Hinblick auf das geltend gemachte Interesse der Führung der Lebensgemeinschaft in Deutschland - bei Vorliegen aller übrigen Zuzugsvoraussetzungen - unverhältnismäßig wäre (Einzelfallbetrachtung ). Dabei ist auch zu berücksichtigen, wieweit das Alter des/der Betroffenen das Mindestaltererfordernis im Zuzugszeitpunkt unterschreitet.“ (Vi- 3 sumhandbuch des Auswärtigen Amtes, Stand: Juli 2017, 33. Ergänzungslieferung , Stichwort: „Mehrehen, Mindestalter von 18 Jahren des zuziehenden Ehegatten “). 2. Wenn die betroffenen Ausländer keinen Nachweis über eine Lebensunterhaltssicherung vorweisen müssen, welche Sozialleistungen und gesetzliche Versicherungsleistungen können durch auf dem Wege des Familiennachzuges zusammengeführte Familien in Anspruch genommen werden? Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. Grundsätzlich gelten für die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen im Familiennachzug die Regelerteilungsvoraussetzungen des § 5 AufenthG, zu denen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG auch die Lebensunterhaltssicherung zählt. Gesetzliche Ausnahmen von den Regelerteilungsvoraussetzungen werden in bestimmten Fallkonstellationen , wie z. B. im Falle des privilegierten Familiennachzugs, gemacht. In solchen Konstellationen stehen den zugezogenen Familienangehörigen die dem Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, zustehenden gesetzlichen Sozialleistungen und Versicherungen zu. 3. Welche Möglichkeiten oder Ansprüche haben Ausländer, deren Antrag auf Familiennachzug positiv beschieden wurde bzw. die nachzugsberechtigten Familienmitglieder, auf eine Unterstützung zur Umsetzung des Familiennachzuges (etwa bezüglich Reisekosten oder Bereitstellung von Transportmöglichkeiten )? Im Rahmen des Familiennachzugs bestehen keine Ansprüche auf Bereitstellung von Reisekosten oder Bereitstellung von Transportmöglichkeiten. Die Kosten des Familiennachzuges sind von den Berechtigten oder deren Angehörigen aufzubringen. 4. Wie vielen Personen wurde in den Jahren 2012 bis 2017 eine Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen erteilt? Bitte nach jeweiligem Jahr aufgeschlüsselt darstellen. Auf die Vorbemerkung der Landesregierung wird verwiesen. Eine Statistik, die darüber Auskunft gibt, wie vielen Personen eine Aufenthaltserlaubnis im Familiennachzug nach §§ 27 ff. AufenthG erteilt wurde, wird in Sachsen-Anhalt nicht geführt. Zur Beantwortung der Anfrage können daher nur Daten aus dem Ausländerzentralregister (AZR) zur Verfügung gestellt werden. Das AZR ist allerdings eine Bestands-, keine Verlaufsstatistik. Verlässliche Rückschlüsse auf die Entwicklung der Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen im Familiennachzug lassen sich damit nicht ziehen. Die AZR-Statistik berücksichtigt neben den Zuzügen auch unterjährig gemeldete Fortzüge und wird darüber hinaus durch die Wandlung von Aufenthaltserlaubnissen, etwa zugunsten der Erteilung von Niederlassungserlaubnissen an ursprünglich im Familiennachzug Zugereiste, beeinflusst . Vor diesem Hintergrund kann daher in der nachfolgenden Tabelle nur die Anzahl der Personen angegeben werden, die laut AZR zu den jeweiligen Stichtagen (2012-2016; jeweils zum 31. Dezember; für 2017 ist Stichtag der 31. Oktober 2017) in Sachsen-Anhalt aufhältig waren und im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis aus familiären Gründen sind: 4 2012 2013 2014 2015 2016 2017 6.507 6.517 6.740 7.376 8.574 10.082