Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2260 21.12.2017 (Ausgegeben am 02.01.2018) 6 Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dr. Andreas Schmidt (SPD) Gleichstellung und Anerkennung von Bildungsabschlüssen Kleine Anfrage - KA 7/1259 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit den Beschlüssen der Kulturministerkonferenz zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen - Fachschulabschlüsse, Abschlüsse kirchlicher und sonstiger (öffentlicher) Ausbildungseinrichtungen - im Sinne des Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages (Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 7. Mai 1993 i. d. F. vom 9. März 2001) haben sich die Länder von dem Ziel leiten lassen, der Herstellung uneingeschränkter Freizügigkeit auf der Grundlage absoluter Chancengleichheit für alle Deutschen im gesamten deutschen Staatsgebiet zu garantieren. Die Feststellung der Gleichwertigkeit im Sinne des Art. 37 Einigungsvertrag beinhaltet sowohl die Feststellung eines vergleichbaren formalen Qualifikationsniveaus als auch die Feststellung einer hinreichenden materiellen Entsprechung eines in der ehemaligen DDR erworbenen Abschlusses mit den Abschlüssen aus der Bundesrepublik, soweit es sich um Bildungsgänge handelt, die mit einer staatlichen Prüfung abschließen. Bei der Feststellung der Gleichwertigkeit von Bildungsabschlüssen sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil 6 C 7.97 vom 10. Dezember 1997) folgende Kriterien zu beachten: Die in den alten bzw. neuen Ländern befindlichen Bildungseinrichtungen mussten die gleichen oder zumindest etwa gleichwertige Zulassungsvoraussetzungen fordern (Abitur oder 10. Klasse und Facharbeiterabschluss ), der Umfang der absolvierten Ausbildung musste einen ähnlich weit gefassten Rahmen haben (6-semestriges Direktstudium bzw. ein gleichwertiges Fern- oder Abendstudium), das Ausbildungsangebot musste niveaugleich strukturiert sein und die Art der Prüfungen sowie der Studienabschluss bzw. Bildungsabschluss musste in einem vergleichbaren Verfahren erworben worden sein. Für die Feststellung der Gleichwertigkeit eines in der DDR erworbenen Bildungsabschlusses ist das Land zuständig , in dem die Fach- oder Ingenieurschule gelegen war; maßgeblich ist der Hauptsitz. 2 Wer seinen DDR-Abschluss bis 31. Dezember 1990 nachweisen konnte und wenn dieser anerkennungswürdig i. S. der Beschlüsse von 1993 und 2001 war, erhielt im Falle des Fachschulabschlusses die Nachdiplomierung und Anerkennung als Fachhochschulabschluss . Wurde das Studium zu DDR-Zeiten begonnen, aber erst nach dem 31. Dezember 1990 abgeschlossen, musste eine Zusatzausbildung von weiteren 2 Jahren (Direktstudium) aufgenommen werden. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: Frage 1: Welche Rechtsauffassung vertritt die Landesregierung bezüglich der Gleichstellung von Berufsabschlüssen bzw. der hier skizzierten Stichtagsregelung? Antwort: Das Bundesverwaltungsgericht hat mit einem Grundsatzurteil vom 10. Dezember 1997 den Begriff „Gleichwertigkeit“ im Sinne von Art. 37 Abs. 1 des Einigungsvertrages präzisiert. Ausgehend von der besonderen Situation der Deutschen Einheit ist das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass Gleichwertigkeit von Abschlüssen im Sinne des Einigungsvertrages auch bei solchen Abschlüssen anzunehmen ist, denen Ausbildungsgänge zugrunde liegen, die erhebliche fachliche Unterschiede aufweisen . Gleichwertigkeit bedeutet für das Bundesverwaltungsgericht in erster Linie eine formelle und funktionale Gleichheit der Ausbildungen. Inhaltlich setzt sie lediglich eine fachliche Annäherung voraus. Mit der Nachdiplomierung erfolgt eine Zuerkennung eines Fachhochschuldiploms auf dem Verwaltungswege. Eine „Gleichstellung und Anerkennung von Bildungsabschlüssen “ im Rahmen einer Nachdiplomierung ist zeitgleich nicht gegeben. Frage 2: Sind der Landesregierung aktuelle Gerichtsentscheidungen zu diesem Thema im Land Sachsen-Anhalt bekannt? Antwort: Der Landesregierung sind keine aktuellen Gerichtsentscheidungen bekannt. Frage 3: Wie viele Fälle in Sachsen-Anhalt sind der Landesregierung bekannt in denen es nicht zu einer Gleichstellung/Anerkennung von Berufsabschlüssen aufgrund der Stichtagsregelung gekommen ist? Antwort: Es liegen keine entsprechenden Informationen vor. 3 Frage 4: Sind der Landesregierung Fälle bekannt in denen gegen diese Entscheidung gerichtlich vorgegangen wurde/wird? Wenn ja, wie viele? Antwort: Es liegen keine Daten vor. Frage 5: Sind der Landesregierung Regelungen/Gerichtsentscheidungen aus anderen Bundesländern (wie z. B. Thüringen, Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern ) bekannt in denen eine andere Rechtsauffassung zum Thema Stichtagsregelung bei der Gleichstellung und Anerkennung von Berufsabschlüssen vertreten wird? Antwort: Nein. Frage 6: Wie schätzt die Landesregierung diese Regelungen/Gerichtsentscheidungen ein? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 7. Frage 7: Plant die Landesregierung Änderungen bei den Regelungen zur Gleichstellung /Anerkennung von Berufsabschlüssen? Wenn ja, welche? Wenn nein, warum nicht? Antwort: Für die Nachdiplomierung von ehemaligen Fach- und Ingenieurschulabschlüssen der ehemaligen DDR wurde mit Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 21. Juni 2017 (Az.: 6 C 43.16) die sogenannte Stichtagsregelung aufgehoben. Die Verwaltungspraxis wurde dementsprechend im Land Sachsen-Anhalt durch eine Ministerentscheidung angepasst. Ein Wiederaufgreifen des Verfahrens wird bei bereits erfolgten Ablehnungsbescheiden ermöglicht. Frage 8: Wie steht die Landesregierung zu dem Problem, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer aus Sachsen-Anhalt, die keine Gleichstellung/Anerkennung ihrer Berufsabschlüsse aufgrund der Stichtagsregelung erlangt haben, benachteiligt werden im Gegensatz zu Arbeitnehmerinnen und Arbeitern mit einer identischen Berufsausbildung z. B. in Brandenburg oder Mecklenburg-Vorpommern? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 7. 4 Frage 9: Hält die Landesregierung in Zeiten des Fachkräftemangels solche Regelungen für sinnvoll? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 7. Frage 10: Ist die Landesregierung der Meinung, dass durch das Festhalten an der Stichtagsregelung für die Gleichstellung/Anerkennung von Bildungsabschlüssen die nach Art. 37 Einigungsvertrag erstrebte Freizügigkeit und Chancengleichheit erreicht werden kann? Antwort: Siehe Antwort zu Frage 7.