Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2264 21.12.2017 (Ausgegeben am 02.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Höse (AfD) Abgeordneter Hagen Kohl (AfD) Passversagung und Passentzug nach §§ 7 und 8 Passgesetz (PassG) Kleine Anfrage - KA 7/1274 Vorbemerkung des Fragestellenden: In der Landtagssitzung am 28./29. September 2017 wurde über den Antrag der AfD- Fraktion „Passversagung und Passentzug für Pädophile“ (Drs. 7/1859) verhandelt. In einem Vermerk des Ministeriums für Inneres und Sport, Referat 33, vom 22. September 2017 wird der Standpunkt vertreten, dass es der von der AfD-Fraktion vorgeschlagenen Ergänzung nicht bedürfe, da bereits nach dem jetzigen Wortlaut des § 7 Abs. 1 Nr. 1 PassG, bei Gefahr eines das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schädigenden Verhaltens, wozu auch das Begehen von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern gehöre, die Möglichkeit der Passversagung bzw. des Passentzugs gegeben sei. Im Übrigen führte Innenminister Stahlknecht im Rahmen der Behandlung des Antrages im Plenum aus, dass Passbehörden zur Passversagung bzw. zum Passentzug gerichtsverwertbare Tatsachen zur Verfügung stehen oder belastbare Informationen vorliegen müssen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In wie vielen Strafverfahren gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 bis 184c StGB) wurden im Zeitraum von 2012 bis 30. Juni 2017 wie viele Personen zu einer Haft- oder Geldstrafe verurteilt? Bitte nach Jahren und Anzahl der Verurteilten nach Haft- und Geldstrafe aufschlüsseln. 2 Strafverfahren Verurteilte Geldstrafen Freiheitsstrafen * Sonstige Erledigungen** 2012 159 162 14 119 29 2013 132 134 14 96 24 2014 152 152 19 108 25 2015 112 112 14 74 24 2016 134 140 24 93 23 2017 (1. HJ) 71 71 10 48 13 Summe 760 771 95 538 138 * bedingte und unbedingte Freiheits- und Jugendstrafen ** z. B. Maßregeln nach §§ 63, 64 StGB, Zuchtmittel nach §§ 13ff. JGG 2. In wie vielen Fällen haben im Zeitraum von 2012 bis 30. Juni 2017 Passbehörden in Sachsen-Anhalt von der Möglichkeit der Passversagung oder Passentziehung nach §§ 7 und 8 PassG Gebrauch gemacht? Bitte nach Gründen gem. §§ 7 und 8 PassG und nach Jahren aufschlüsseln. Passversagung (§ 7 PassG) Passentziehung (§ 8 PassG) 2012 1 (§ 7 Abs. 1 Nr. 5) - 2013 - - 2014 - - 2015 1 (§ 7 Abs. 1 Nr. 1) - 2016 1 (§ 7 Abs. 1 Nr. 5) - 2017 1 (§ 7 Abs. 1 Nr. 1) - a) In wie vielen Fällen erfolgte in diesem Zeitraum Passentzug oder die Passversagung jeweils aufgrund richterlicher Anordnung, belastbarer Informationen oder gerichtsverwertbarer Tatsachen? Voraussetzung für die Passversagung ist, dass die Annahme des Vorliegens eines Passversagungsgrundes auf gerichtsverwertbare Tatsachen gestützt werden kann. Dies trifft auf die vier Fälle, in denen ein Pass versagt wurde, zu. 3 b) In wie vielen Fällen erfolgte in diesem Zeitraum der Passentzug oder die Passversagung als Präventionsmaßnahme, weil die Besorgnis der Begehung von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen im Ausland bestand? Auf die Antwort auf Frage 2 a) wird verwiesen. 3. a) Welche Übermittlungsvorschrift regelt den Informationsfluss von Gerichten , Staatsanwaltschaften und Passbehörde untereinander zum Entzug oder Versagung des Passes gem. §§ 7 und 8 PassG? In Strafsachen sind Gerichte und Staatsanwaltschaften nach der gesetzlichen Regelung im Zweiten Abschnitt des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetz (EGGVG) vom 27. Januar 1877 (RGBl. I S. 77), zuletzt geändert durch Gesetz vom 8. Oktober 2017 (BGBl. I S. 3546), mit Wirkung vom 19. Oktober 2017 zur Mitteilung personenbezogener Daten von Amts wegen an öffentliche Stellen für andere Zwecke als die des Strafverfahrens, für die die Daten erhoben worden sind, befugt. Verpflichtet sind sie zu Mitteilungen nur, wenn dies in der bundeseinheitlichen Verwaltungsvorschrift „Anordnung über Mitteilungen in Strafsachen (MiStra)“ in der ab dem 1. Januar 2016 geltenden Fassung so angeordnet oder in besonderen Vorschriften bestimmt ist. Spezielle zur Datenübermittlung an Pass- und Meldebehörden verpflichtende Regelungen enthalten weder das EGGVG noch die MiStra. b) Wie erhalten Pass- und Meldebehörden sowie Gerichte und Strafverfolgungsbehörden Kenntnis von Verurteilungen wegen Sexualdelikten von Deutschen im Ausland? Gerichte und Strafverfolgungsbehörden können auf unterschiedliche Weise Kenntnis von Auslandsverurteilungen von Deutschen wegen Sexualdelikten erhalten . Etwa - durch ein Vollstreckungshilfeersuchen eines ausländischen Staates, wenn also die dort gegen einen Deutschen verhängte Strafe im Inland vollstreckt werden soll, - durch eine Mitteilung in dem Europäischen Strafregisterinformationssystem ECRIS (European Criminal Records Information System), das EU-weite elektronische System für Strafregisterauskünfte als europäischer Verbund nationaler Strafregister, - im Zuge von Fahndungsmaßnahmen, etwa durch INTERPOL, - durch ein Auslieferungsersuchen ausländischer Strafverfolgungsbehörden oder - im Zusammenhang mit eigenen Ermittlungen deutscher Strafverfolgungsbehörden wegen im Ausland begangener Straftaten. 4. Falls die in den Fragen 3 und 4 benannten Verfahrensweisen in Sachsen- Anhalt keine Anwendung finden, wird gebeten darzulegen, auf Grundlage welcher recht-staatlichen Regelung oder welchem Automatismus regelmäßig Passbehörden mit gerichtsverwertbaren Tatsachen oder belastbaren Informationen zum Zwecke der Prüfung der Passversagung bzw. des 4 Passentzuges von Gerichten, Polizei oder anderen öffentlichen Stellen Kenntnis erlangen. Für die Übermittlung relevanter Sachverhalte zu Passversagungsgründen sind die jeweils zuständigen Behörden aufgrund bestehender Übermittlungsvorschriften in den jeweiligen Fachgesetzen verantwortlich. Die Polizei kann den Passbehörden gerichtsverwertbare Tatsachen oder belastbare Informationen zum Zwecke der Prüfung der Passversagung bzw. des Passentzuges auf Grundlage des § 27 Abs. 1 des Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt (SOG LSA) übermitteln. Hiernach ist eine Übermittlung personenbezogener Daten zwischen den Sicherheitsbehörden und der Polizei zulässig, soweit die Kenntnis dieser Daten zur Erfüllung der Aufgaben des Dritten, an den übermittelt wird, erforderlich erscheint . Zu den Sicherheitsbehörden gehören auch die Passbehörden. Der Gesetzgeber hat die Datenübermittlung auf Grundlage des § 27 Abs. 1 SOG LSA in das pflichtgemäße Ermessen der übermittelnden Behörde gestellt. Demzufolge wird die Datenübermittlung grundsätzlich einzelfallbezogen geprüft und veranlasst. Insofern besteht kein Automatismus im Sinne der Kleinen Anfrage . Durch die Polizei erfolgt die Datenübermittlung insbesondere dann, wenn die Gefahr besteht, der Betroffene werde im Ausland Straftaten begehen, die erhebliche Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden. 5. Verfügt die Landesregierung über bundesweite Fallzahlen zur Passversagung oder Passentziehung nach §§ 7 und 8 PassG wegen der Besorgnis eines das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland schädigenden Verhaltens in den Jahren 2012 bis 2016? Falls ja, bitte die Fallzahlen nach Jahren angeben. Nein.