Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2273 03.01.2018 (Ausgegeben am 03.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Dr. Andreas Schmidt (SPD) Veröffentlichung von Urteilen der Strafgerichtsbarkeit in Sachsen-Anhalt II Kleine Anfrage - KA 7/1272 Vorbemerkung des Fragestellenden: Auf die Kleine Anfrage, KA 7/716 „Veröffentlichung von Urteilen der Strafgerichtsbarkeit in Sachsen-Anhalt“ antwortete Frau Ministerin Keding namens der Landesregierung wie folgt: „Ob darüber hinaus in solchen Verfahren ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das eine Veröffentlichung der gerichtlichen Entscheidung rechtfertigt , hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und ist von dem jeweiligen Gericht zu entscheiden . Es ist abzuwägen zwischen dem Interesse der Allgemeinheit an einer Veröffentlichung und den Persönlichkeitsrechten der betroffenen Person.“ (Drucksache 7/1344) Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Ist der Landesregierung die Entscheidung des Bundesgerichtshofes IV AR (VZ) 2/16 vom 5. April 2017 bekannt? Ja. 2. Ergeben sich durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes aus Sicht der Landesregierung Änderungen in der Veröffentlichungspraxis im Land Sachsen-Anhalt? Nein. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 5. April 2017 - IV AR (VZ) 1/16 - gibt keinen Anlass, die an den Vorgaben der Rechtsprechung orientierte Veröffentlichungspraxis im Land Sachsen-Anhalt zu ändern. 2 Der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 5. April 2017 - IV AR (VZ) 1/16 - betrifft die Bekanntgabe anonymisierter Entscheidungen in Zivilsachen auf Anfrage von nicht verfahrensbeteiligten Einzelpersonen. Bei entsprechenden Anfragen prüft das jeweilige Gericht einzelfallbezogen, ob eine Herausgabe erfolgen kann. 3. Ist die Landesregierung der Meinung, dass die Entscheidung des Bundesgerichtshofes auch auf Strafprozesse und deren Veröffentlichung von Urteilen anzuwenden ist? Der Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 5. April 2017 - IV AR (VZ) 1/16 - verhält sich nicht ausdrücklich dazu, ob die in den Gründen für Entscheidungen in Zivilsachen dargestellten Grundsätze auch auf Entscheidungen in Strafsachen anzuwenden sind. Der Bundesgerichtshof vertritt in seiner Entscheidung die Auffassung, dass die Vorschriften der Zivilprozessordnung einer Erteilung von anonymisierten Entscheidungsabschriften in Zivilsachen nicht entgegenstehen. Unmittelbar einschlägig ist die Entscheidung damit vor allem für die Veröffentlichungspraxis in Zivilsachen. Im Rahmen der Darstellung der verschiedenen Rechtsansichten, die zur Überlassung anonymisierter Gerichtsentscheidungen vertreten werden, hat der Senat allerdings auch Rechtsprechung zitiert, die zu Strafsachen ergangen ist. Die Pflicht zur Herausgabe anonymisierter Entscheidungsabschriften hat er mit der allen Gerichten obliegenden Publikationspflicht begründet. Vor diesem Hintergrund kann die Entscheidung so interpretiert werden, dass die in ihren Gründen dargestellten Grundsätze auch bei der Veröffentlichungspraxis in Strafsachen in den Blick zu nehmen sind.