Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2274 03.01.2018 (Ausgegeben am 03.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Rüdiger Erben (SPD) Brand in der Betriebsstätte Wolfen der Fehr Umwelt Ost GmbH am 8./9. August 2017 (III) Kleine Anfrage - KA 7/1283 Vorbemerkung des Fragestellenden: Es wird Bezug genommen auf die Antworten der Landesregierung auf die Kleine Anfragen „Brand in der Betriebsstätte Wolfen der Fehr Umwelt Ost GmbH am 8./9. August 2017“ (Drs. 7/2104) und „Brand in der Betriebsstätte Wolfen der Fehr Umwelt Ost GmbH am 8./9. August 2017 (II)“ (Drs. 7/2122). Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. In ihrer Antwort auf Frage 2 der Kleinen Anfrage „Brand in der Betriebsstätte Wolfen der Fehr Umwelt Ost GmbH am 8./9. August 2017 (II)“ führt die Landesregierung aus, dass die Einrichtung einer Technischen Einsatzleitung (TEL) deshalb nicht erforderlich gewesen sei, weil eine solche nur im Geltungsbereich des Katastrophenschutzgesetzes vorgesehen sei. Wie beurteilt die Landesregierung ihre Aussage vor dem Hintergrund, dass die Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 (Führung und Leitung im Einsatz) die Einrichtung einer TEL auch in sog. Großschadenslagen vorsieht? Handelte es sich in dem vorliegenden Fall um eine Großschadenslage? Die Feuerwehr-Dienstvorschrift 100 (Führung und Leitung im Einsatz) ist in Sachsen-Anhalt nicht eingeführt. Vielmehr findet die Führungsdienstvorschrift für den Feuerwehrdienst sowie für die Bewältigung von Großschadenslagen und Katastrophen (Dienstvorschrift DV 100, Stand: 2011) Anwendung. Danach gibt es Technische Einsatzleitungen nur in Katastrophenfällen. 2 Das Ereignis in Wolfen enthielt weder die Brisanz einer Großschadenslage noch einer Katastrophe. Eine Großschadenslage ist u. a. dadurch gekennzeichnet , dass mehrere Verbände (Bereitschaften) an Einsatzkräften vor Ort im Einsatz sind. Dieses war in Wolfen nicht gegeben. Die Anzahl der zur Brandbekämpfung eingesetzten Kräfte und die Bildung von zwei Einsatzabschnitten entsprachen der Einnahme einer Führungsorganisation nach Führungsstufe B (Führen mit örtlichen Führungseinheiten). Der Oberbürgermeister der Stadt Bitterfeld -Wolfen berichtete zum Ablauf, dass das Feuer am 8. August 2017 gegen 20:00 Uhr unter Kontrolle war, danach begannen die Restablöschung und die Beräumung der Einsatzstelle. 2. In ihrer Antwort auf Frage 4 der Kleinen Anfrage „Brand in der Betriebsstätte Wolfen der Fehr Umwelt Ost GmbH am 8./9. August 2017 (II)“ führt die Landesregierung aus, dass die Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 (Einheiten im ABC-Einsatz) anzuwenden war und auch angewandt wurde. Treffen Informationen zu, dass deren Vorschriften erst angewandt wurden , nachdem erste Einsatzkräfte der Feuerwehren, die ohne den erforderlichen Schutz im Einsatz waren, im Einsatz verletzt wurden? Treffen Informationen zu, dass auch danach der verletzte THW-Helfer ohne die notwendige Schutzausrüstung im Einsatz war? Ein Einsatz der Feuerwehr wird von einer Führungskraft der örtlich zuständigen Feuerwehr oder unter entsprechenden Umständen von einer Führungskraft einer Aufsichtsbehörde geleitet. Die Aufgabe des Einsatzleiters an der Einsatzstelle besteht darin, durch einen immer wiederkehrenden Prozess der Lagefeststellung mittels Erkundung und Kontrolle, der Beurteilung der Lage und Entschlussfassung sowie letztendlich der Befehlsgebung einen optimalen Einsatzablauf zu gewährleisten. Dieser Prozess wird als Führungsvorgang bezeichnet. Er ist ein dynamischer Handlungs- und Entscheidungsprozess, der sich lageabhängig mehrfach wiederholt. Der Einsatzleiter hat während des Führungsvorgangs die einschlägigen Vorschriften zu beachten. Das sind neben einsatztaktischen Gesichtspunkten auch die Regelungen zur Unfallverhütung, die Feuerwehrdienstvorschriften und Regelungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz. Beispielhaft seien hier Atemschutzeinsätze , Arbeiten an elektrischen Betriebsmitteln, Arbeiten in Höhen und Tiefen, Umweltschutzeinsätze, Hitze oder Frost genannt. Alles das hat der Einsatzleiter im Einsatz zu berücksichtigen. Das Beachten und Anwenden der Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 muss nicht zur Folge haben, dass sich die Einsatzkräfte unbedingt mit Chemikalienschutzanzügen (CSA) auszurüsten haben. Die Notwendigkeit der Verwendung von CSA kann sich zudem erst zu einem späteren Zeitpunkt ergeben, nämlich dann, wenn die Lagebeurteilung zu diesem Ergebnis (Anlegen des CSA) führt. Die Landesregierung kann nur mittelbaren Einfluss auf den Einsatzverlauf nehmen , indem sie dafür sorgt, dass die Führungskräfte am Institut für Brand- und Katastrophenschutz Heyrothsberge entsprechend ausgebildet werden. Unter diesen Gegebenheiten ist davon auszugehen, dass der Einsatzleiter neben allen anderen anzuwendenden Vorschriften auch die Feuerwehr-Dienstvorschrift 500 in seinem Führungsvorgang beachtet und mehrfach durchdacht hat. 3 Das THW kam ab dem 9. August 2017 zur Beräumung der Einsatzstelle zum Einsatz. Am 9. August 2017 erfolgte die Beräumung mit persönlicher Schutzausrüstung (PSA) und Pressluft-Atemgerät (PA). Am 10. August 2017 wurde vor Arbeitsaufnahme gegen 7:45 Uhr eine Begehung durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt waren Gefahren im Arbeitsbereich nicht erkennbar, so dass der zusätzliche Einsatz von PA nicht als erforderlich angesehen wurde. Der Bergeräumgerätefahrer des THW stellte bei der Beräumung von Fässern gegen 9:25 Uhr fest, dass sich über den Fässern während der Aufnahme zum Transport eine Gefahrstoffwolke bildete, von der er im nicht durch seine Persönliche Schutzausrüstung geschützten Bereich des Gesichtes erfasst wurde. Nach seiner Versorgung wurde die Beräumung der Fässer unter Chemikalienschutzanzug fortgeführt und beendet.