Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2295 05.01.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 09.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Matthias Büttner (AfD) Druckluftspeicherung für die Elektrizitätsversorgung, Projekt ADELE Kleine Anfrage - KA 7/1315 Vorbemerkung des Fragestellenden: In einer Pressemitteilung an den Salzland-Kurier der Magdeburger Volksstimme vom 21. März 2015 teilte RWE mit, dass die Pläne für den Bau einer großtechnischen Demonstrationsanlage am Standort Staßfurt mangels konkreter Marktperspektive eingestellt wurde. Das Kraftwerk Huntorf bei Elsfleth in Niedersachsen ist ein kombiniertes Druckluftspeicher - und Gasturbinenkraftwerk. Das Kraftwerk war bei seiner Inbetriebnahme 1978 das erste kommerziell genutzte Druckluftspeicherkraftwerk der Welt. Durch Veränderungen am Energiemarkt nach dem Jahr 2000 wurde das Kraftwerk wieder rentabel und im Jahr 2006 wurde das Kraftwerk sogar ertüchtigt und die Leistung der Turbine von ehemals 290 auf neu 321 MWel erhöht. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Vorbemerkung der Landesregierung: Das Landesamt für Geologie und Bergwesen Sachsen-Anhalt (LAGB) als nachgeordnete Behörde des Ministeriums für Wirtschaft, Wissenschaft und Digitalisierung ist die zuständige Aufsichtsbehörde gemäß Bundesberggesetz für den Erdgas- Kavernenspeicher Staßfurt. 2 Der Erdgas-Kavernenspeicher befindet sich im Land Sachsen-Anhalt, Landkreis Salzlandkreis, an der Verbindungsstraße zwischen den Ortschaften Unseburg und Staßfurt, ca. 0,5 km entfernt von dem Ortsteil Neustaßfurt. Im Zeitraum vom 01.04.2010 bis zum 31.08.2016 wurde der Erdgasspeicher Staßfurt durch die RWE Gasspeicher GmbH einer Tochter des RWE Konzerns betrieben. Davor war die Kavernenspeicher Staßfurt GmbH Betreiber des Speichers. Zum 01.09.2016 erfolgte eine Neuorganisation des RWE Konzerns. Die RWE Gasspeicher GmbH wurde zum 01.09.2016 in innogy Gas Storage NWE GmbH umbenannt . Im Rahmen der Umbenennung erfolgte eine Namensänderung der RWE international SE als herrschendes Unternehmen in innogy SE. Von dem Projekt ADELE erhielt das LAGB erstmals im Jahre 2012 im Zuge eines vorgesehenen Raumordnungsverfahrens Kenntnis. Das Raumordnungsverfahren wurde jedoch eingestellt. Von Seiten des RWE Konzerns wurden die Pläne für den Bau eines Druckluftspeichers als Demonstrationsanlage am Standort Staßfurt aus wirtschaftlichen Gründen im Jahre 2015 aufgegeben. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Werden gegenwärtig Solekavernen am Standort Neu-Staßfurt für die Gasspeicherung genutzt? Wenn ja, durch welche Unternehmen (Name und Anschrift), welche Kavernen (Kavernen-Id. Nr. und zugelassenes max. Gasspeichervolumen in m3) und für welche Gasart (chemische Zusammensetzung , Gasdruck)? Ja, am Standort Neu-Staßfurt werden Kavernen im Zechstein zur Erdgasspeicherung betrieben. Die Kavernen werden durch die Firma innogy Gas Storage NWE GmbH mit Sitz in 44139 Dortmund, Flamingoweg 1 als Untergrundspeicher genutzt. Die Anschrift des Speichers lautet: innogy Gas Storage NWE GmbH Kavernenspeicher Staßfurt Neustaßfurt Nr. 30 39418 Staßfurt Gemäß dem gültigen und durch das LAGB zugelassenen Hauptbetriebsplan (HBP) für den Geltungszeitraum 2017/2018 für den Erdgas-Kavernenspeicher Staßfurt werden derzeit über die Obertageanlage des Speichers insgesamt acht Kavernen (Kaverne S 105, S 106, S 107, S 108, S 109, S 110, S 111 und S 112) zur Erdgasspeicherung genutzt. Das Arbeitsgasvolumen der Kavernen S 105 bis S 112 beträgt insgesamt ca. 536,4 Mio. m³ unter Normaldruck [Vn] und das Kissengasvolumen ca. 3 131,6 Mio. m³ [Vn]. Damit beträgt das Gesamtspeichervolumen für diese Kavernen circa 668,0 Mio. m³ [Vn]. Derzeit werden alle Kavernen zur Erdgasspeicherung genutzt. Das Erdgas wird dem Speicher über zwei an die Obertageanlage des Speichers angebundene Ferngasleitungen zugeführt. Bei den Kavernen S 106 bis S 112 handelt es sich um tiefer angelegte Kavernen (in Teufen von min. 930 m bis max. 1148 m). Diese können bis zu einem Druck von pmax = 170 bar betrieben werden. Die Kaverne S 105 ist eine sogenannte flache Kaverne (Teufe 430 m - 560 m). Diese kann auf Grund der geringen Teufe nur bis zu einem Druck von pmax = 75 bar betrieben werden. Das Erdgas aus den Ferngasleitungen muss gemäß DVGW-Regelwerk einen definierten Brennwert haben, der abhängig ist vom Methangehalt des Erdgases. Hier gibt es Vorgaben, die einzuhalten sind. Unabhängig davon hat jeder Speicherbetreiber auf seiner Obertageanlage Messeinrichtungen installiert, wo an den Übergabestellen vom Rohrleitungsnetz des Netzbetreibers zur Obertageanlage des Speicherbetreibers über Gaschromatographen alle chemischen Bestandteile des Erdgases in ihrer prozentualen Zusammensetzung und den entsprechenden Mengen elektronisch erfasst werden . 2. War das Land Sachsen-Anhalt an dem Projekt ADELE finanziell und/oder fachlich beteiligt? Wenn ja, in welcher Weise und mit welchem Ergebnis? Eine finanzielle Beteiligung jeglicher Art durch das Land Sachsen-Anhalt bestand zu keinem Zeitpunkt. Nach der unternehmerischen Entscheidung von RWE, den geplanten Druckluftspeicher ADELE mit einer installierten Leistung von 250 MW nicht zu bauen, erfolgten im Jahr 2015 Gespräche auf Fachebene unter Beteiligung des damaligen Ministeriums für Wissenschaft und Wirtschaft und dem Ministerium für Landwirtschaft und Umwelt. Es sollten Fördermöglichkeiten eruiert werden, um eine verkleinerte Forschungsanlage zu errichten. Eine entsprechende Projektskizze wurde offiziell bei der Investitionsbank Sachsen -Anhalt bisher nicht eingereicht. Das LAGB hat im Rahmen seiner bergrechtlichen Zuständigkeit für die Speicherkavernen an den Vorbesprechungen des Vorhabensträgers teilgenommen und war insofern fachlich beratend tätig. Da das Projekt jedoch nicht über die grundlegende Machbarkeitsstudie hinaus weiter verfolgt wurde, kam es auch nicht zu einer fachlich vertiefenden Befassung im Rahmen eines bergrechtlichen Betriebsplanverfahrens für die Kavernennutzung. 3. Wer ist Eigentümer (Name, Anschrift) der zu nennenden Solekavernen (Kavernen-ID), die für das Projekt ADELE genutzt wurden bzw. vorgesehen waren? Für das Projekt ADELE sollte die Kaverne S 105 genutzt werden, da sie ein relativ kleines Speichervolumen aufweist und aufgrund ihrer geringen Teufe auch nur mit einem geringeren Druck gefahren werden kann. 4 Eigentümer der Kaverne S 105 ist die innogy Gas Storage NWE GmbH mit Sitz in 44139 Dortmund, Flamingoweg 1. 4. Ist der Landesregierung die Wirtschaftlichkeitsberechnung und darauf fußende Marktperspektive von RWE bekannt, aufgrund derer das Projekt ADELE nicht großtechnisch umgesetzt wurde? Wenn nein, warum hat sich die Landesregierung nicht die erforderlichen Informationen von RWE oder ggf. von der Bundesregierung (Fördermittelstelle) beschafft? Wenn ja, welche konkret zu nennenden Faktoren (Kosten-/Einnahmearten und ihre angenommene Höhe in TEUR) ließen RWE zu der Schlussfolgerung kommen, dass es für die Druckluftspeicherung am Standort Neu-Staßfurt keine konkrete Marktperspektive gäbe? Im Jahr 2015 erhielt die Landesregierung von Seiten RWE grobe Schätzungen zu einer ADELE Versuchsanlage (5 MW). Diese wurden auf Fachebene diskutiert und es wurden detaillierte Fragen an RWE bezüglich dieser Unterlagen gestellt. Auf diese Nachfragen seitens der Landesregierung im Juni 2015 gab es von Seiten RWE keine Reaktionen. Die Frage nach den Wirtschaftlichkeitsberechnungen von RWE zur Umsetzung des Projektes ADELE stellen Betriebs- und Geschäftsgeheimisse dar, an deren Geheimhaltung RWE unter Bezugnahme auf Art. 53 Abs. 4 VerfLSA ein schutzwürdiges Interesse hat. Denn mit einer Weitergabe von Wirtschaftlichkeitsberechnungen würden zum einen Geschäftsgeheimnisse von RWE preisgegeben , also umfänglich geschützte Daten des Unternehmens u. a. zu Umsätzen , Ertragslagen, Marktstrategien, Einnahmen/Ausgaben, Kostenkalkulationen etc. offen gelegt. Aber auch Betriebsgeheimnisse im Sinne von technischem Wissen wären durch Weitergabe von Forschungsergebnissen zur grundlegenden Machbarkeit der Anlagetechnik verletzt. 5. Ist die Druckluftspeicherung in Solekavernen - ggf. auch nach dem „Modell Huntorf“ - für die Elektrizitätsspeicherung und -versorgung in Sachsen -Anhalt aus Sicht der Landesregierung eine notwendige Zukunftstechnologie , um Elektroenergie aus Windkraft- und Photovoltaikanlagen zu speichern? Wenn nein, warum nicht? Aus Sicht der Landesregierung kommt Stromspeichern eine wichtige Rolle bei der Integration erneuerbarer Energien zu. Diese stehen jedoch mit anderen Flexibilitätsoptionen, wie Lastmanagement und flexibler Einsatz von Biomasseanlagen , in wirtschaftlicher Konkurrenz in einem liberalisierten Energiemarkt. Der Standort Staßfurt bietet aufgrund geologischer Bedingungen gute Voraussetzungen für die Nutzung der Druckluftspeichertechnologie. Daher hat sich die Landesregierung seinerzeit politisch und fachlich für das Forschungs- und Demonstrationsvorhaben eingesetzt. Die aktuellen Marktbedingungen erschweren einen wirtschaftlichen Betrieb von Speichern, da sie noch vergleichsweise hohe Kosten zur Bereitstellung von Regel - und Ausgleichsenergie haben. 5 6. Wenn zu 5. ja: Welche Maßnahmen (u. a. auch durch Kooperationen, Fördermittel EU/Bund) wird die Landesregierung ab wann ergreifen, um mit dem technischen Prinzip der Druckluftspeicherung doch noch ein wirtschaftliches Projekt am Standort Neu-Staßfurt initiieren bzw. umsetzen zu können? Die Wirtschaftlichkeit einer Druckluftspeicheranlage wird maßgeblich durch die Rahmenbedingungen beeinflusst. Die Investitionsentscheidung obliegt dem Betreiber . Der Landesregierung ist derzeitig kein derartiges Vorhaben in Sachsen- Anhalt bekannt.