Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2405 30.01.2018 Hinweis: Die Drucksache steht vollständig digital im Internet/Intranet zur Verfügung. Bei Bedarf kann Einsichtnahme in der Bibliothek des Landtages von Sachsen-Anhalt erfolgen oder die gedruckte Form abgefordert werden. (Ausgegeben am 31.01.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Matthias Büttner (AfD) Oxidierender Staub in Staßfurt Kleine Anfrage - KA 7/1300 Vorbemerkung des Fragestellenden: In einem Artikel der Volksstimme vom 20. August 2015 mit der Überschrift „Mysteriöse Ablagerungen in Staßfurt“ wird von Anwohnern der Förderstedter Straße berichtet , die Schäden durch eine unbekannte Substanz auf Fenster und Dächern, Gartenmöbeln und Autos zu beklagen haben. Es handelt sich um eine nicht sichtbare Substanz, die sich in die Oberfläche der Gegenstände hineinfrisst und eine raue Oberfläche hinterlässt. Aus weiteren Artikeln und Medienberichterstattung in verschiedenen Medien ist zu entnehmen, dass die verursachten Schäden im fünfstelligen Euro-Bereich liegen und Versicherungen für diese Art Schäden nicht aufkommen. Weiter ist herausgekommen , dass es sich bei den schadenverursachenden Staubablagerungen um Substanzen handelt, die durch metallverarbeitende Prozesse wie Gießen oder Schweißen entstehen und das vermutet wird, dass metallverarbeitende Betriebe im Umfeld der Anwohner aus dem anliegenden Gewerbegebiet Atzendorfer Straße in Staßfurt die verursachenden Stoffe emittieren und durch Wind aus westlicher Richtung in Richtung Osten zu den Geschädigten tragen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie Vorbemerkung: Der in der Vorbemerkung des Fragestellenden beschriebene Sachverhalt aus dem Jahre 2015 ist der Landesregierung bekannt. Die Landesregierung hat allerdings 2 keine Kenntnis darüber, dass sich die Situation in den Jahren 2016 und 2017 fortgesetzt hätte oder sogar derzeit noch anhält. Trotz intensiver Bemühungen einer ganzen Reihe von Behörden der öffentlichen Verwaltung gelang damals kein zweifelsfreier Nachweis der Kausalität. Rechtsgrundlage für das Verwaltungshandeln der Behörde ist insbesondere das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG), was auch für den damaligen Fall galt. Zweck des BImSchG ist der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen. Die Auswertung der umfangreichen Überprüfungen und Beprobungen ergab keine Hinweise auf zur Erfüllung des Gesetzeszwecks zu treffende Maßnahmen. Insofern betrachtet die Landesregierung die Vorgänge aus dem Jahre 2015 hinsichtlich des behördlichen Handlungsbedarfs als abgeschlossen. 1. Welche im Gewerbegebiet Atzendorfer Straße in Staßfurt ansässigen namentlich zu nennenden metallverarbeitenden Unternehmen gibt es? In diesem Gewerbegebiet sind folgende metallverarbeitende Betriebe vorhanden. In Zuständigkeit des Landesverwaltungsamtes: Firma: Emde Industrie-Technik GmbH Gießereianlage mit - Elektro-Schmelzbetrieb, Gießerei mit Putzerei und Schrottplatz (genehmigungsbedürftige Anlage nach BImSchG) In Zuständigkeit des Landkreises Salzlandkreis: Firma: Emde Industrie-Technik GmbH Behälterbauanlage mit - Montagehalle mit Strahl- und Lackierhallen, Edelstahlbeizanlage, Blechlager, Lagerplatz für Fertigprodukte (Windkraftanlagentürme) - Anlagen zur Herstellung von Großbehältern für diverse Industriezweige, Bohranlagen , Windkraftanlagentürme usw. Zurichterei mit - Anlagen zum Trennschweißen, Schweißen und Walzen der Stahlbleche Firma: ABS Apparate- und Behälterbau GmbH und Firma: a-tec Anlagen- und Behältertechnik GmbH - Entwicklung, Herstellung und Vertrieb von chemischen Apparaten, Druck- und Lagerbehältern, Wärmeübertragern, Autoklaven für Härte- und Sinterprozesse unter Überdruck und Vakuum (ABS) - Herstellung und Montage von Großbehältern, Filterapparaten, Eindickern, Industrieschornsteinen , Zementsilos und Drehsprengern sowie technologischem Stahlbau jeglicher Art (a-tec) - Anlagen zum Trennschweißen und Lackieren, keine Strahlanlage 3 Firma: Krüger & Gothe GmbH - Automaten- bzw. manuelle Bestückung von Leiterplatten, getaktete Montage von SAT-Receivern und LCD-Fernsehern mit Funktionsprüfung, Verpackung und Versand, Development-Finish - mehrere SMD-Linien, diverse Reflow- und Wellenlötanlagen, bleihaltige und ROHS-konforme Gesamtprozesse, Verguss- und Lackierungsanlagen usw. Firma: G+V Bau- und Industrieservice GmbH - die Haupttätigkeit liegt auf den Geschäftsfeldern Verkauf, Vermietung und Service von Baumaschinen und Baugeräten, Lohndreherei und Industrieservice an Arbeitsmaschinen sowie Krananlagen - diverse Dreh-, Schleif- und Fräsanlagen für Werkstücke bis zu 5 m und 4 t 2. Welcher dieser metallverarbeitenden Unternehmen aus dem Gewerbegebiet Atzendorfer Straße in Staßfurt kommen aus Sicht der Landesregierung als Verursacher infrage? Aus Sicht des Landesverwaltungsamtes (LVwA) kommen alle im Gewerbegebiet ansässigen metallverarbeitenden Betriebe infrage. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass ein Risiko für das Auftreten von Flugrost auch in der Nähe von Eisenbahnanlagen und Gleisen besteht. Somit kommen auch die Bahnbetriebe als Verursacher infrage, die die Gleisanlagen am Gewerbegebiet in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Wohngrundstücken in der Förderstedter Straße nutzen. 3. Sind neue Erkenntnisse über den Verursacher der beschriebenen Schäden bekannt? Es war weder klar festzustellen, dass es einen konkreten Verursacher für die Schäden gab, noch konnten Anliegerbetriebe des Gewerbegebietes zweifelsfrei als (Mit-)Verursacher ausgeschlossen werden. Neue Erkenntnisse gibt es dazu nicht. 4. Welche Maßnahmen will die Landesregierung ergreifen, um endlich für eine lückenlose Aufklärung und eine Ermittlung des Verursachers zu sorgen? Zu den bisher getroffenen Maßnahmen siehe Antwort zur Frage 8. Andere Maßnahmen , die noch zur Ursachenermittlung führen könnten, sind nicht ersichtlich und nicht vorgesehen. 5. Ist der Landesregierung die prekäre Situation der geschädigten Anwohner bekannt? Im LVwA gingen bis Ende 2015 etwa 20 konkrete Beschwerden von Anwohnern bzw. Nutzern umliegender Gärten ein, die größtenteils materielle Oberflächenschäden an Fahrzeugen und diversen Gegenständen beklagten. Die Beschwerdesituation ist somit durchaus bekannt und wurde durch die zuständigen Behörden entsprechend bearbeitet. Siehe dazu auch Antwort zur Frage 8. 4 6. Gibt es Hilfsprogramme oder andere Unterstützungen, die von Geschädigten in diesem Fall in Anspruch genommen werden können? Wenn ja, welche ? Ein Hilfsprogramm, das für den vorliegenden Fall beansprucht werden könnte, ist nicht bekannt. 7. Gibt es gegenwärtig oder zukünftig für die Geschädigten vom Land Sachsen -Anhalt Hilfe und Unterstützung in Form von zum Beispiel finanziellen Zuwendungen oder anderen Maßnahmen? Ein Schadenersatz könnte nur gegenüber einem festgestellten Verursacher beansprucht werden, wenn er gegen Vorsorgepflichten des BImSchG verstoßen hätte. Eine finanzielle oder andere Hilfe durch das Land kann nicht erbracht werden. 8. Warum hat das Landesverwaltungsamt keine Entnahme von Proben von beschädigten Oberflächen veranlasst oder genommen, um die Ergebnisse und so ermittelten reagierenden Stoffe mit entnommenen Proben von infrage kommenden Verursachern im Gewerbegebiet Atzendorfer Straße in Staßfurt vorzunehmen oder abzugleichen, um so den Emittenten bzw. Verursacher zu ermitteln? Die mit der Frage getroffene Aussage bezüglich der Probennahmen ist so nicht zutreffend . Im Zeitraum von September 2015 bis September 2016 fanden Beprobungen durch das Landesamt für Umweltschutz (LAU) statt. Zusätzlich zur bereits in Staßfurt, nordöstlich des Gewerbegebiets Atzendorfer Straße, vorhandenen Messstelle für Staubniederschlag, wurden am 09.09.2015 durch das LAU zwei weitere Staub- Auffangstellen eingerichtet, eine davon im Garten eines Beschwerdeführers in der Förderstedter Straße, die andere bei der EMDE Industrie-Technik GmbH in ca. 50 Meter Entfernung. Die Beprobung der Messstellen erfolgte monatlich. Bei den Auswertungen wurden hinsichtlich der Staubinhaltsstoffe keine Überschreitung der zulässigen Frachten der Bundes-Bodenschutzverordnung (BBodSchV) sowie der Immissionswerte für Schadstoffdepositionen der TA Luft festgestellt. Der Immissionsvergleichswert für Eisen, Jahresmittelwert von 35 mg/m²·d, wurde weit unterschritten . Staubemissionen sind technologiebedingt und es gab speziell bei der Firma Emde Industrie-Technik GmbH keine Anhaltspunkte für erhöhte Emissionen, die nicht gemäß Betriebsgenehmigung zulässig sind. Durch das LAU wurden den Filtereinrichtungen der Gießereianlage Staubproben entnommen und analysiert. Außerdem wurden durch das LVwA im Januar 2016 Materialproben von mehreren Oberflächen im Gewerbegebiet Atzendorfer Straße in Staßfurt entnommen und im LAV-Labor Dessau-Roßlau analysiert. 5 Da von den Anwohnern Befürchtungen geäußert wurden, es könne zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Einatmen des Staubes oder durch Verzehr des Obstes aus den umliegenden Kleingärten kommen, galt es eine mögliche Gesundheitsgefährdung durch die Staubablagerungen zu überprüfen. Durch das Gesundheitsamt des Salzlandkreises wurde dazu die Beprobung und analytische Untersuchung von Obst und von Gartenböden veranlasst, Die Bodenproben wurden nach den Parametern der BBodSchV untersucht, dazu gehören z. B. Polychlorierte Biphenyle (PCB), Schwerflüchtige Chlorkohlenwasserstoffe, Schwermetalle und Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK). Weiterhin wurde Eisen als zusätzlicher Parameter mituntersucht. Die BBodSchV gibt Grenzwerte für Schadstoffe im Boden vor und unterscheidet hier auch nach der Nutzungsform des Geländes. Eisen unterliegt laut BBodSchV keinem Grenzwert, da Eisen für die menschliche Gesundheit keine Gefahr darstellt. In Auswertung der Bodenproben wurde festgestellt, dass bei allen Schwermetallen die Prüfwerte für Kinderspielplätze weit unterschritten werden. Auch die nochmals strengeren Vorsorgewerte werden nicht erreicht. Nur bei Eisen wurden signifikante Werte ermittelt, wobei sich jedoch kein zeitlicher Zusammenhang ermitteln ließ. Die Eisenablagerungen können auch durch die langjährige Ansiedlung der metallverarbeitenden Industrie seit ca. 50 bis 60 Jahren entstanden sein. Die Lebensmittelproben wurden gemäß Vorgaben von Lebensmittelverordnung- und -gesetzbuch untersucht. Dabei wurden Schwermetalle und Eisen analysiert. Im Ergebnis konnten Blei, Cadmium, Quecksilber und Arsen nicht nachgewiesen werden. Die Analysewerte für Kupfer, Zink und Eisen lagen unterhalb von den natürlich in Lebensmitteln vorkommenden Gehalten dieser Elemente. Daher waren weder die untersuchten Lebensmittel zu beanstanden noch eine erhöhte Kontamination der Böden gegenüber den geltenden Grenzwerten festzustellen. Nach Aussage des Gesundheitsamtes waren Gesundheitsgefährdungen nicht zu befürchten . Ein Zusammenhang zu gesundheitlichen Beschwerden, die einzelne Beschwerdeführer mit den Staubablagerungen in Verbindung brachten, wurde auch in keinem Fall durch ärztliches Attest belegt. 9. Wurden in metallverarbeitenden Unternehmen im Gewerbegebiet Staßfurt Atzendorfer Straße Proben genommen und wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zur Frage 8. 10. Hat die Landesregierung den wirklichen Anspruch den Verursacher der Schäden zu ermitteln? Nach vorliegendem Erkenntnisstand wurden zur Ursachenermittlung alle möglichen Maßnahmen auf dem Gebiet des anlagenbezogenen Immissionsschutzes durchgeführt , die in der Zuständigkeit des LVwA liegen. 11. Wie lautet der wortwörtliche Inhalt der Untersuchungsberichte des Landesverwaltungsamtes zu der beschriebenen Emissionsproblematik? Eine Kopie des Berichts als Antwort ist ausreichend. Die Untersuchungsergebnisse sind in der Antwort zur Frage 8 dargelegt.