Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/1429 29.05.2017 (Ausgegeben am 29.05.2017) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Abgeordneter Hendrik Lange (DIE LINKE) Asbest-Entsorgung in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/773 Vorbemerkung des Fragestellenden: Asbest in ein natürlich vorkommendes Mineral, das u. a. in Brandschutzplatten, Leichtmörtelputz, Wasserrohren, Bodenbelägen und Elektrogräten vielfältig eingesetzt wurde. Beim Umgang mit Asbest können einzelne Fasern in die Atemwege gelangen . Aufgrund des besonderen Risikos für die Gesundheit als krebserregender Stoff gehört Asbest zu den gefährlichen Abfällen (Sondermüll). Asbest wurde 1993 in der BRD und 2005 in der EU verboten. Die Deponierung des praktisch unverrottbaren Materials erzeugt Folgeprobleme für Boden- und Grundwasserschutz. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Umwelt, Landwirtschaft und Energie 1. Welche Position vertritt die Landesregierung hinsichtlich der Deponierung von Asbest als Entsorgungslösung und dem Widerspruch zu den Intentionen des Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetzes, der stofflichen Verwertung von Abfällen Vorrang vor der Beseitigung auf Deponien einzuräumen ? Das Kreislaufwirtschaftsgesetz1 legt für Maßnahmen der Vermeidung von Abfällen sowie der Vorbereitung zur Wiederverwendung, des Recyclings, der sonstigen Verwertung und der Beseitigung von Abfällen eine grundsätzliche Rangfolge fest (§ 6 Abfallhierarchie). Es soll diejenige Maßnahme Vorrang haben, die den Schutz von Menschen und Umwelt bei der Erzeugung und Bewirtschaftung von Abfällen unter Berücksichtigung des Vorsorge- und Nachhaltigkeitsprinzips 1 Kreislaufwirtschaftsgesetz vom 24. Februar 2012 (BGBl. I S. 212), das durch Artikel 1 des Gesetzes vom 27. März 2017 (BGBl. I S. 567) geändert worden ist 2 am besten gewährleistet. Bei der Betrachtung der Auswirkungen sind unter anderem die technische Möglichkeit, die wirtschaftliche Zumutbarkeit und die sozialen Folgen der Maßnahme zu beachten. Im Fall der Entsorgung von asbesthaltigen Abfällen steht im Vordergrund, dass die Freisetzung und das Einatmen von Asbestfasern weitestgehend verhindert werden müssen. Dies kann geschehen durch Faserzerstörung oder durch die dauerhafte Fernhaltung von der Umwelt. Die Ablagerung auf dafür zugelassenen Deponien oder Deponieabschnitten ist ein in Deutschland übliches Verfahren, das dem Stand der Technik entspricht. Verfahren, die die Fasern zerstören und zugleich eine stoffliche Verwertung ermöglichen, haben sich bislang nicht durchsetzen können. Um einen möglichst ländereinheitlichen Vollzug in Deutschland bei der Entsorgung asbesthaltiger Abfälle sicherzustellen, hat die Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Abfall (LAGA) die Mitteilung 232 herausgegeben („Vollzugshilfe zur Entsorgung asbesthaltiger Abfälle“), die regelmäßig aktualisiert wird. 2. Auf welchen Deponien des Landes wird Asbest abgelagert? 3. Wie viel Asbest befindet sich auf den Deponien? Mit welchen zunehmenden Mengen rechnet die Landesregierung zukünftig? Die Fragen 2 und 3 werden zusammen beantwortet. Nachfolgend sind die Deponien (zusätzlich in Klammern Angabe der Deponieklasse nach Deponieverordnung3) aufgelistet, auf denen asbesthaltige Abfälle abgelagert werden und in welcher Menge im Zeitraum 2000 bis 2015 (Angaben in Tonnen): Lindenberg-Gardelegen (DK II) 8.222,29 Nißma (DK II) 7.838,10 Roitzsch (DK II) 29.751,57 Hängelsberge-Magdeburg (DK II) 1.203,38 Reesen (DK I) 29.211,93 Ausgehend von der Prognose bis 2025 im Entwurf des Abfallwirtschaftsplanes, Teilplan gefährliche Abfälle4, ist mit folgendem Rückgang der im Land Sachsen- Anhalt zu entsorgenden Asbestabfälle zu rechnen: 2014: 19.644 Tonnen 2020: 18.500 Tonnen 2025: 17.600 Tonnen 2verfügbar im Internet: http://www.laga-online.de/servlet/is/23874/M23_final_Juni_2015.pdf?command =downloadContent&filename=M23_final_Juni_2015.pdf 3 Deponieverordnung vom 27. April 2009 (BGBl. I S. 900), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 4. März 2016 (BGBl. I S. 382) geändert worden ist 4 Entwurf AWP, Stand 14.03.2017: https://lvwa.sachsen-anhalt.de/fileadmin/Bibliothek/Politik _und_Verwaltung/LVWA/LVwA/Dokumente/landwirtschaftumwelt/401/abfall/awp_tp_gefaehrliche .pdf 3 4. Woher kommen die asbesthaltigen Abfälle (Bauabfälle öffentlicher Gebäude , Bauabfälle privater Gebäude, Altlastensanierung, Industrieprodukte etc.)? Die Herkunft asbesthaltiger Abfälle wird durch die in der Abfallverzeichnis- Verordnung5 definierten Abfallarten umrissen. Danach sind folgende als gefährlich eingestufte Abfallarten für asbesthaltige Abfälle einschlägig: 06 07 01* asbesthaltige Abfälle aus der Elektrolyse, 06 13 04* Abfälle aus der Asbestverarbeitung, 10 13 09* asbesthaltige Abfälle aus der Herstellung von Asbestzement, 15 01 11* Verpackungen aus Metall, die eine gefährliche feste poröse Mat rix (z. B. Asbest) enthalten, einschließlich geleerter Druckbehält- nisse, 15 02 02* Aufsaug- und Filtermaterialien (einschließlich Ölfilter a. n. g.), Wischtücher und Schutzkleidung, die durch gefährliche Stoffe verunreinigt sind, 16 01 11* asbesthaltige Bremsbeläge, 16 02 12* gebrauchte Geräte, die freies Asbest enthalten, 16 02 15* aus gebrauchten Geräten entfernte gefährliche Bestandteile, 17 06 01* Dämmmaterial, das Asbest enthält, 17 06 05* asbesthaltige Baustoffe. Entsprechende Abfälle stammen aus dem privatwirtschaftlichen, industriellen oder gewerblichen Bereich, aus öffentlichen Einrichtungen einschließlich der Altlastensanierung sowie aus privaten Haushalten. 5. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um die Kontaminierung des Bodens und Grundwassers einzudämmen? Die wesentlichen Anforderungen und die zu ergreifenden Maßnahmen bei der Ablagerung asbesthaltiger Abfälle ergeben sich aus der Deponieverordnung. Dazu gehören unter anderem Anforderungen an den Standort und an die Abdichtungssysteme , an das Personal, an die finanzielle Sicherheit sowie an die Sickerwasser- und Deponiegasfassung. 6. Welche Art von Kontrollen erfolgt von wem in welchen zeitlichen Abständen auf den privatwirtschaftlich betriebenen Deponien? Die Anforderungen an die abfallrechtliche Überwachung der Abfallentsorgung sind im Teil 6 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes abschließend geregelt. Die Überwachung umfasst die folgenden Bestandteile: a. Für gefährliche Abfälle sind obligatorisch Entsorgungs- oder Sammelentsorgungsnachweise sowie Begleitscheine nach den Anforderungen der Nachweisverordnung6 zu führen. Die Entsorgungs-/Sammelentsorgungsnachweise beinhalten eine Verantwortliche Erklärung des jeweiligen Erzeu- 5 Abfallverzeichnis-Verordnung vom 10. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3379), die zuletzt durch Artikel 2 der Verordnung vom 22. Dezember 2016 (BGBl. I S. 3103) geändert worden ist 6 Nachweisverordnung vom 20. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2298), die zuletzt durch Artikel 7 der Verordnung vom 2. Dezember 2016 (BGBl. I S. 2770) geändert worden ist 4 gers/Besitzers und eine Annahmeerklärung des vorgesehenen Entsorgers. Sie sind vor Beginn der Entsorgung von der zuständigen Abfallbehörde (Landesverwaltungsamt) zu bestätigen und gelten längstens fünf Jahre. b. Alle Abfallentsorger sowie Erzeuger/Besitzer (ausgenommen private Haushalte ), Sammler/Beförderer und Händler/Makler von gefährlichen Abfällen haben über die jeweiligen abfallwirtschaftlichen Vorgänge Register zu führen , die in der Regel aus einer zeitlich geordneten Sammlung der unter 1. genannten Nachweise und Begleitscheine nach den Vorgaben der Nachweisverordnung besteht. Die Register sind grundsätzlich drei Jahre, durch Sammler/Beförderer ein Jahr aufzubewahren. c. Die allgemeine abfallrechtliche Überwachung von abfallwirtschaftlich tätigen Unternehmen wie Deponien ist in § 47 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes geregelt . Diese Überwachungsmaßnahmen sind in Sachsen-Anhalt für Industrieemissionsanlagen , die der Richtlinie 2010/75/EU7 (IED) unterliegen (dazu gehören die in der Antwort zu Frage 2 genannten Deponien), in dem auf der Webseite8 des Landesverwaltungsamtes veröffentlichten IED-Überwachungsplan sowie Überwachungsprogramm für die in Sachsen-Anhalt betriebenen Deponien vorgegeben. Die Art der Kontrollen und Zuständigkeiten ergeben sich aus dem Überwachungsplan. Der Turnus der Regelüberwachung ist zweimal pro Jahr. 7. Wie viele Meldungen, Klagen und Beschwerden gab es von Anwohner *innen im Umfeld der Deponien im Zusammenhang mit der Asbest- Entsorgung? Welche Maßnahmen wurden ergriffen? Eine belastbare statistische Erfassung dieser Angaben liegt der Landesregierung nicht vor. Eine Abfrage des Landesverwaltungsamtes hat ergeben, dass es dort in Bezug auf die Anlieferungen von asbesthaltigen Abfällen keine Meldungen , Klagen und Beschwerden gab. 8. In welchen Mengen importiert Sachsen-Anhalt asbesthaltiges Material? Woher kommt das Material? 9. In welchen Mengen exportiert Sachsen-Anhalt asbesthaltiges Material? Wohin wird es verbracht? Die Fragen 8 und 9 werden zusammen beantwortet. Die nachfolgend dargestellten Bilanzzahlen beziehen sich auf das Jahr 2015, da die Bilanz für 2016 noch nicht abschließend belastbar vorliegt. Die in Sachsen -Anhalt 2015 angefallenen und entsorgten asbesthaltigen Abfallarten wurden in folgenden Mengen (Angaben in Tonnen) aus bzw. in Anlagen in andere Bundesländer oder Staaten verbracht: 7 Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung), ABl. EG L 334, S. 17–119 8 https://lvwa.sachsen-anhalt.de/aktuelles/ueberwachung-von-industrieemissions-anlagen-ie-anlagen/ 5 Abfallart Import aus Export nach 15 01 11* 0,013 1,154 Thüringen Sachsen 22,132 Sachsen 16 02 12* - 3 Berlin 17 06 01* 10,8 189,2 Irland Berlin 103,56 7,12 Thüringen Sachsen 17 06 05* 1818,1 91,97 629,14 20,08 78,02 Italien Sachsen Niedersachsen Brandenburg Mecklenburg- Vorpommern 3332,3 522,89 1514,2 444,68 840,54 Sachsen Thüringen Niedersachsen Brandenburg Mecklenburg- Vorpommern