Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2503 27.02.2018 (Ausgegeben am 28.02.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Thomas Lippmann (DIE LINKE) Sicherung des Bildungsangebots und Ausgestaltung der verlässlichen Öffnungszeit an Grundschulen Kleine Anfrage - KA 7/1426 Vorbemerkung des Fragestellenden: Mit Schreiben vom 8. Januar 2018 hat der Schulelternrat der Grundschule Bad Dürrenberg auf seine eingereichte Petition 7-B/00049 vom Petitionsausschuss als Zwischenbescheid die Stellungnahme des Bildungsministeriums zur Kenntnis erhalten. Darin führt die Landesregierung aus, dass die Änderung der Organisationserlasse für die Grundschule zum Schuljahr 2017/2018, mit der Absenkung des schülerzahlbezogenen Faktors um 0,1 Wochenstunden je Schüler „keinerlei Auswirkungen auf die Stundentafel“ hat und damit auch „für die Arbeit an den Grundschulen keine grundsätzlichen Rahmenbedingungen“ geändert wurden. Das Bildungsangebot an den Grundschulen habe sich durch die Absenkung des schülerzahlbezogenen Faktors nicht verschlechtert. Darüber hinaus wird in der Antwort der Landesregierung ausgeführt , dass die Grundschule zur Ausgestaltung der verlässlichen Öffnungszeit bei einem Mangel an eigenem Personal „ergänzend gern Kooperationspartner einbinden (kann)“. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Bildung Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Überlegungen zum Unterrichtsbedarf lagen der Festlegung der Zuweisungsregelungen am Beginn der Umstellung auf eine schülerzahlbezogene Zuweisung an den Grundschulen (Sockelbetrag 22,5 Wochenstunden und schülerbezogener Faktor 1,2/1,3 Wochenstunden) zugrunde? 2 Antwort: Vor der schülerzahlbezogenen Zuweisung von Lehrerwochenstunden (LWS) zur Absicherung des Unterrichts an Grundschulen gab es eine Regelung zur Klassenbildung. Diese Regelung erklärte einen Klassenteiler auf der Jahrgangsstufe und führte zu sehr unterschiedlichen Rahmenbedingungen an Grundschulen. Wenn eine Grundschule auf jeder Jahrgangsstufe den Klassenteiler erreichte, hatte sie mit fast vergleichbarer Schülerzahl nahezu eine doppelte Zuweisung an Lehrerwochenstunden gegenüber einer Grundschule, die auf jeder Jahrgangsstufe nur die Höchstschülerzahl auswies. Mit der schülerzahlbezogenen Zuweisung wurden die personellen Ausstattungen der Grundschulen vergleichbar. Die Klassenbildung wird seither in der Grundschule verantwortet und orientiert sich an einer mittleren Frequenz von 22 Schülerinnen und Schülern. Der Sockelbetrag gibt den Schulleitungen die Möglichkeit zur Flexibilität in der Gesamtorganisation. Der Sockelbetrag ist Bestandteil des Gesamtbedarfs einer Grundschule. 2. Welche Erkenntnisse führten in der Folgezeit zu der Entscheidung, zunächst den Sockelbetrag auf 17 Wochenstunden (Absenkung um 5,5 Wochenstunden oder um etwa ein Viertel) und im laufenden Schuljahr den schülerbezogenen Faktor um 0,1 Wochenstunden (ein Zwölftel) abzusenken ? Antwort: Die Veränderung im Sockelbetrag erfolgte unter der Berücksichtigung des Ländervergleichs zur Lehrer-Schüler-Relation. Mit der Absenkung des schülerzahlbezogenen Faktors um 0,1 an Grundschulen ist die Umsetzung der Stundentafel und die Einhaltung der mittleren Frequenz von 22 gegeben. Die Klassenbildung liegt 2017/18 landesweit bei etwa 20,5. Damit ist Sachsen-Anhalt im Ländervergleich gut aufgestellt. Mit dem Sockelbetrag von 17 LWS besteht die Möglichkeit für flexible Ergänzungen des schulischen Angebotes fort. 3. Welche schulorganisatorischen Entscheidungen sind von den Grundschulen zu treffen, um die Kürzungen der Zuweisung ohne Einschnitte in die Stundentafel umzusetzen? Wofür wurden die vor den Kürzungen zur Verfügung gestellten Zuweisungen im Umfang von 20,5 Wochenstunden an einer im Schuljahr 2017/2018 durchschnittlich großen öffentlichen Grundschule von etwa 150 Schülerinnen und Schüler (entspricht etwa 11 Prozent) verwendet? Antwort: Die Grundschulen sind gehalten, Klassen mit einer mittleren Frequenz von 22 Schülerinnen und Schülern zu bilden. Damit können sie die Stundentafel vollständig vorhalten, ggf. die mittlere Bandbreite heranziehen und bei einer sehr umfangreichen Schülerschaft auch die obere Bandbreite in ausgewählten Klassen wählen. Die Grundschulen setzen die ihnen zugewiesenen Lehrerwochenstunden eigenverantwortlich ein. Sie bilden eigenverantwortlich die Klassen/Lerngruppen und sichern die fachgerechte Umsetzung der amtlichen Stundentafel vor dem 3 Hintergrund der gesamtschulischen Rahmenbedingungen. Mit dem zugewiesenem Umfang an Lehrerwochenstunden plant die Grundschule ihr schultägliches Unterrichtsangebot, die individuelle Förderung, schulspezifische Angebote u.a.m. 4. Welche weiteren Spielräume werden gesehen, um zur Darstellung einer für alle Grundschulen gleichermaßen auskömmlichen Unterrichtsversorgung die Zuweisungsregelungen (Sockelzuweisung und schülerbezogener Faktor) weiter abzusenken, ohne dabei die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Arbeit an den Grundschulen zu verändern und Auswirkungen auf die Realisierung der Stundentafel weiter auszuschließen? Antwort: Siehe Antworten zu Frage 2 und 3. Weitere Änderungen sind nicht vorgesehen. 5. Die jährliche Statistik der Kultusministerkonferenz „Schüler, Klassen, Lehrer und Absolventen der Schulen“ liefert für alle Bundesländer vergleichbare Daten zu den Schülerzahlen und zu den erteilten Unterrichtsstunden . Wie hat sich der Quotient aus erteilten Unterrichtsstunden und Schülerzahl als Maß für das den Schülerinnen und Schülern tatsächlich zur Verfügung stehende Bildungsangebot in den Grundschulen des Landes Sachsen-Anhalt im Vergleich zum Bundesdurchschnitt seit dem Schuljahr 1991/1992 entwickelt? Welche Stellung hatte Sachsen-Anhalt im Schuljahr 2016/2017 im Ranking der Bundesländer in Bezug auf diese Vergleichsgröße? Antwort: Bezogen auf den Quotienten der erteilten Unterrichtsstunden je Schüler in der Primarstufe ist nachfolgende Entwicklung für Sachsen-Anhalt zu verzeichnen: 1991/92 1992/93 1993/94 1994/95 1995/96 1996/97 1997/98 ST 1,22 1,15 1,18 1,19 1,21 1,24 BG* 1,21 1,19 1,18 1,17 1,15 1,14 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 ST 1,30 1,34 1,38 1,47 1,49 1,62 1,59 BG* 1,16 1,18 1,20 1,23 1,25 1,25 1,27 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 ST 1,57 1,57 1,53 1,54 1,58 1,66 1,65 BG* 1,27 1,30 1,32 1,34 1,37 1,40 1,41 2012/13 2013/14 2014/15 2015/16 ST 1,66 1,59 1,58 1,49 BG* 1,44 1,45 1,46 1,47 *BG = Bund Gesamt Aktuell liegt Sachsen-Anhalt im Ranking der Länder an 10. Stelle und mit Ausnahme der Jahre 1993 und 1994 immer über bzw. gleich dem Bundesdurchschnitt . Daten vor 1992 liegen nicht vor. Die Daten des Schuljahres 2016/17 sind noch nicht zugängig. 4 6. Auf welcher Grundlage können Grundschulen zur Ausgestaltung der schulgesetzlich geforderten verlässlichen Öffnungszeit von schultäglich 5,5 Stunden Kooperationspartner einbinden? In welcher Form sind die Kooperationsbeziehungen zu gestalten? Wie werden die Grundschulen durch die Schulbehörden dabei unterstützt, geeignete Kooperationspartner zu finden, die für die Ausgestaltung der Öffnungszeit die erforderliche Verlässlichkeit und pädagogische Qualität gewährleisten können? Um welche Kooperationspartner kann es sich dabei handeln? Antwort: Die Ausgestaltung der schultäglichen Öffnungszeit von 5,5 Stunden obliegt grundsätzlich den an der Grundschule tätigen Lehrkräften und pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Darüber hinaus kann die Grundschule Kooperationspartner für ergänzende Angebote einbinden, bei deren Wahl sie frei ist. Ergänzende Angebote im Rahmen der verlässlichen Öffnungszeit können Vereine, Bürgerarbeiter/innen sowie Ehrenamtliche unterbreiten. Ebenso können mit Einverständnis der Eltern andere Anbieter eingebunden werden, wie z. B. Musikschulen. Da die regionalen Möglichkeiten unterschiedlich sind, gibt es hier keine verbindlichen Festlegungen. Das Landesschulamt berät und unterstützt die Grundschulen bei ihrer Schulorganisation.