Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2556 02.03.2018 (Ausgegeben am 05.03.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Sebastian Striegel (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) Kommunikationsmöglichkeiten im Strafvollzug Kleine Anfrage - KA 7/1428 Vorbemerkung des Fragestellenden: Dem Resozialisierungsgebot entsprechend müssen Gefangene die Möglichkeit haben , sich im Vollzug zu qualifizieren, um die Risiken für Straffälligkeit nach der Entlassung möglichst gering zu halten. Dazu gehört vor allem das Erreichen von Schulabschlüssen oder beruflichen Qualifikationen sowie das Erlangen von Alltagskompetenzen . Eine der wichtigsten Veränderungen im alltäglichen und beruflichen Leben ist der digitale Wandel, der unser Leben in fast allen Bereichen maßgeblich bestimmt. Ohne Internet und elektronische Kommunikation sind in der Entlassungsvorbereitung so wichtige Dinge wie Wohnungssuche, Bewerbung und kaum eine berufliche Tätigkeit möglich. Insbesondere Langzeitinhaftierte haben in der Regel keinerlei Übung mit diesem Medium. Zudem sind Kommunikationsmöglichkeiten für den Erhalt von Außenbeziehungen sehr wichtig. Der Erhalt des Kontaktes zur Familie ist einer der wesentlichen Faktoren der Rückfallprävention. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Welche Möglichkeiten der telefonischen Kommunikation haben Inhaftierte derzeit in Sachsen-Anhalt? Bitte pro Haftanstalt und für Gefangene in den unterschiedlichen Vollzugsarten sowie Untergebrachte getrennt inhaltlich, zahlenmäßig und hinsichtlich zeitlicher Beschränkungen beschreiben. Das Land Sachsen-Anhalt bedient sich zur Sicherstellung der Gefangenentelefonie der Firma Telio Communications GmbH. 2 Untersuchungsgefangene, Strafgefangene und Untergebrachte der Sicherungsverwahrung haben in den Justizvollzugseinrichtungen des Landes Sachsen- Anhalt die Möglichkeit, Telefongespräche über das Telio-System zu führen. Die in den Abteilungen des offenen Vollzuges der jeweiligen Justizvollzugsanstalt untergebrachten Gefangenen können darüber hinaus mit ihren privaten Handys telefonieren. In den Abteilungen des offenen Vollzuges der Justizvollzuganstalt Halle, Außenstelle Dessau-Roßlau und offener Vollzug Frauen steht den Gefangenen das Telio-System nicht zur Verfügung. Hier telefonieren die Gefangenen ausschließlich mit privaten Handys. Die Telefonzeiten in den Justizvollzugsanstalten richten sich nach den vollzugsorganisatorischen Notwendigkeiten und werden in den Tagesablaufplänen der jeweiligen Anstalt geregelt. Im Einzelnen stellt sich das in den Anstalten wie folgt dar: JVA Burg Für die Untersuchungsgefangenen und Strafgefangenen werden jeweils zwei Telefone auf jeder Vollzugsabteilung bereitgehalten. Im Bereich der Sicherungsverwahrung befindet sich in jedem Wohnraum ein Telio-Telefon. Für die Telefone in der Untersuchungshaft sowie in der Strafhaft gelten grundsätzlich folgende Telefonzeiten: Montag - Freitag 06:00 Uhr - 21:00 Uhr Samstag - Sonntag 06:00 Uhr - 17:30 Uhr JA Raßnitz Den Untersuchungsgefangenen und Strafgefangenen steht pro Wohngruppe ein Telefon zur Verfügung. Für die Nutzung der Telefone der Strafhaft gelten grundsätzlich folgende Telefonzeiten : Montag - Freitag 06:00 Uhr - 21:30 Uhr Samstag - Sonntag 08:30 Uhr - 19:00 Uhr Für die Nutzung der Telefone der Untersuchungshaft gelten grundsätzlich folgende Telefonzeiten: Montag - Freitag 06:15 Uhr - 21:30 Uhr Samstag - Sonntag 07:30 Uhr - 17:30 Uhr JVA Volkstedt Den Strafgefangenen steht pro Vollzugsabteilung ein Telefon zur Verfügung. Für die Nutzung der Telefone gelten grundsätzlich folgende Telefonzeiten: Montag - Freitag 06:00 Uhr - 19:00 Uhr Samstag - Sonntag 08:00 Uhr - 17:00 Uhr JVA Halle Für die Untersuchungsgefangenen wird pro Unterbringungsabteilung ein Telefon bereitgehalten. Die Telefonate sind grundsätzlich schriftlich zu beantragen. Es 3 werden zwei Telefonate mit einer Dauer von maximal 10 Minuten je Woche und Gefangener gestattet. Diese eingeschränkte Möglichkeit, Telefonate zu führen, resultiert aus der hohen Anzahl der in der JVA Halle untergebrachten Untersuchungsgefangenen und der häufig wahrzunehmenden Überwachung der Telefongespräche gemäß § 119 StPO. Es gelten folgende Telefonzeiten: Montag - Freitag 07:00 Uhr - 15:30 Uhr Den Strafgefangenen steht pro Unterbringungsabteilung ein Telefon zur Verfügung . Für die Nutzung der Telefone gelten grundsätzlich folgende Telefonzeiten: Hauptanstalt JVA Halle Aufnahme Strafhaft Montag - Freitag 07:15 Uhr - 18:15 Uhr Samstag - Sonntag 07:15 Uhr - 16:00 Uhr Strafhaft Montag - Freitag 06:00 Uhr - 18:00 Uhr Samstag - Sonntag 07:00 Uhr - 17:00 Uhr Nebenstelle JVA Halle Haus 3 Montag - Freitag 06:00 Uhr - 18:00 Uhr für Arbeiter 08:00 Uhr - 18:00 Uhr für Nichtarbeiter Samstag - Sonntag 08:00 Uhr - 17:00 Uhr für Arbeiter 08:00 Uhr - 16:00 Uhr für Nichtarbeiter Haus 4 Montag - Freitag 06:15 Uhr - 18:45 Uhr Samstag - Sonntag 08:15 Uhr - 16:45 Uhr Haus 5 Montag – Freitag 06:00 Uhr - 19:00 Uhr Samstag – Sonntag 08:00 Uhr - 17:00 Uhr 2. Haben Inhaftierte in Sachsen-Anhalt zumindest für Zwecke der Bildung, zum Umgang mit Behörden oder zur Entlassungsvorbereitung die Möglichkeit , das Internet zu nutzen? Bitte nach Haftanstalten getrennt beschreiben. Der Landesbetrieb für Beschäftigung und Bildung der Gefangenen (LBBG) unterhält in allen Justizvollzugseinrichtungen des Landes Computerkabinette, um die Gefangenen im Rahmen des Bildungsauftrages an den Umgang mit Computern heranzuführen. Die Möglichkeit, das Internet zum Umgang mit Behörden oder zur Entlassungsvorbereitung zu nutzen, besteht nicht. Die mit der Entlassungsvorbereitung der Gefangenen betrauten Bediensteten haben bei Notwendigkeit die Möglichkeit, für den Gefangenen im Internet Kontakt zu den entsprechenden Behörden aufzunehmen. 4 3. Haben die Inhaftierten in Sachsen-Anhalt Zugang zu Lernplattformen wie z. B. elis? Falls dies nicht der Fall ist: Zu welchem Zeitpunkt ist geplant, den Gefangenen und Untergebrachten durch elektronische Lernplattformen mehr Bildung und Qualifikation zu ermöglichen? Die Lernplattform ELIS findet in der gegenwärtigen Bildungskonzeption des LBBG keine Berücksichtigung. Ein Hauptgrund hierfür ist, dass die für den Betrieb von ELIS erforderlichen Datenübertragungsraten im Landesdatennetz nicht verfügbar sind. Nach der erfolgreichen Einführung von ITN-XT wäre die Bildungskonzeption des LBBG dahingehend zu überarbeiten, ob bestehende Bildungsangebote durch die Nutzung von ELIS oder anderen Lernplattformen substituiert werden kann. 4. Können Gefangene und Untergebrachte E-Mails versenden und erhalten? Bitte nach Haftanstalten getrennt beschreiben. Für welchen Zeitpunkt ist geplant, den Inhaftierten entsprechend der Regelungen für den Telefonund Briefverkehr, den E-Mail-Verkehr mit freigeschalteten E-Mail-Adressen zu ermöglichen? Im § 55 Absatz 3 Justizvollzugsgesetzbuch Sachsen-Anhalt ist unter anderem geregelt, dass Gefangenen der Besitz von Geräten, insbesondere solchen mit der Möglichkeit zur Speicherung und Übertragung von Daten, nicht gestattet ist. Gefangene und Untergebrachte in den Haftanstalten des Landes haben somit keine rechtmäßige Möglichkeit, E-Mails zu empfangen oder zu versenden. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es keinerlei Überlegungen, den E-Mail-Verkehr für Gefangene freizugeben. 5. Verfügen die Justizvollzugsanstalten im Land über die Möglichkeit der interaktiven anstaltsinternen Kommunikation über elektronische Terminals? Ist eine Einführung geplant, um den Bediensteten mehr Zeit für die Erfüllung ihres Behandlungsauftrages zu belassen und den Anliegen der Gefangenen besser und schneller gerecht zu werden? Die Justizvollzugsanstalten des Landes verfügen über keine Möglichkeit der interaktiven anstaltsinternen Kommunikation über elektronische Terminals. Eine Einführung ist derzeit nicht geplant. 6. Besteht in den Haftanstalten des Landes die Möglichkeit des Kontaktes über Skype in den Besuchsräumen z. B. für Inhaftierte mit weit entfernt oder im Ausland lebenden Angehörigen? Die Möglichkeit des Kontaktes Gefangener mit ihren Angehörigen mittels Videoübertragung besteht nicht. Grund hierfür ist, dass die erforderliche Datenübertragungsrate im Landesnetz nicht verfügbar ist. 5 7. Mit welchen Unternehmen haben die Haftanstalten Verträge zur Einrichtung und zum Betrieb der Kommunikationsanlagen und wann laufen diese aus? Plant die Landesregierung bzw. planen die Justizvollzugsanstalten, bei einer erneuten Ausschreibung für die elektronische Kommunikation über Internet und E-Mail sowie für bessere telefonische Kommunikationsmöglichkeiten Angebote einzuholen? Das Land Sachsen-Anhalt, vertreten durch das Ministerium für Justiz und Gleichstellung , hat mit der Telio Communications GmbH einen Rahmenvertrag über die Erbringung von Telekommunikationsleistungen für die Gefangenen in den Justizvollzugsanstalten des Landes Sachsen-Anhalt abgeschlossen. Das einheitliche Vertragsende für alle Vollzugsanstalten ist der 30. April 2019. Es ist beabsichtigt, zum Ablauf des Vertrages mit Telio eine neue Dienstleistungskonzession für die Gefangenentelefonie öffentlich auszuschreiben. Elektronische Kommunikationsmöglichkeiten über das Internet und E-Mail werden dabei nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht vorgesehen.