Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/257 22.08.2016 (Ausgegeben am 23.08.2016) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Aktualisierung des Personalschlüssels der Werkstätten für Menschen mit Behinderung gemäß bestehender Bedarfe Kleine Anfrage - KA 7/125 Vorbemerkung des Fragestellenden: Seit dem Jahr 1992 ist der Personalschlüssel der Werkstätten für Menschen mit Behinderung unverändert gültig. Innerhalb der vergangenen 24 Jahre haben sich die Anforderungen an das Personal und die Fachkräfte generell geändert. Beispielhaft sollen dafür genannt werden: die Anforderungen, die sich aus einem verhältnismäßig hohen Anteil von Beschäftigten mit Verhaltensauffälligkeiten ergeben ; der daraus entstehende erhöhte Fürsorge- und Betreuungsbedarf, der von qualifiziertem Fachpersonal geleistet werden muss; die Notwendigkeit, auch in den Werkstätten für die Anleiter über ein Fachwissen zu verfügen, das den Erfordernissen des technischen Fortschritts entspricht - um nur einiges zu nennen. Die Fortbildung und Qualifikation des Personals ist mit hohen Kosten verbunden. Durch diese, und noch zahlreiche andere Faktoren begründet, entstehen erhöhte Personalbedarfe, die in ihrer Folge einen großen Anteil Mehrkosten verursachen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration Vorbemerkung: Der Arbeitsbereich der Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) ist in der Regel eine Leistung der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII. § 53 Abs. 1 SGB XII bestimmt den leistungsberechtigten Personenkreis. Zu diesem als wesentlich behindert geltenden Personenkreis gehören körperlich, geistig und seelisch wesentlich behinderte Menschen [Verordnung nach § 60 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Eingliederungshilfe-Verordnung)]. 2 Voraussetzung für die in die WfbM ist, dass der Mensch mit Behinderung werkstattfähig i. S. d. § 136 SGB IX ist. Die Werkstätten nehmen gemäß § 137 SGB IX diejenigen Menschen mit Behinderungen auf, die die Aufnahmevoraussetzungen - unabhängig von der Ursache, der Art und der Schwere der Behinderung - erfüllen. Die Werkstätten erbringen Leistungen im Eingangsverfahren, im Berufsbildungsbereich und im Arbeitsbereich. Mit der Vorbemerkung der Fragestellerin wird u. a. eine Zunahme des Anteils von Leistungsberechtigten mit Verhaltensauffälligkeiten und ein daraus entstehender erhöhter Fürsorge- und Betreuungsbedarf suggeriert. Diese Aussage kann weder anhand von Statistiken untersetzt werden noch sind derartige Aspekte im Rahmen der regelmäßigen Verhandlungen nach § 77 SGB XII thematisiert worden. Die Zugangsvoraussetzungen zur WfbM haben sich seit Anfang der neunziger Jahre auch nicht geändert. Der Arbeitsbereich der WfbM steht allen Menschen mit Behinderungen offen, die nach Absolvierung des Berufsbildungsbereiches ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit leisten können. Davon ist nicht auszugehen bei Menschen mit Behinderungen, bei denen eine erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung zu erwarten ist (s. § 136 SGB IX). Es darf insofern unterstellt werden, dass Personen mit Verhaltensauffälligkeiten schon seit Beginn der Aufnahme der Tätigkeit der Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Sachsen -Anhalt in dem bis jetzt unveränderten Umfang betreut wurden und werden, soweit sie ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung (noch) erbringen können. Qualifiziertes Fachpersonal steht für die Betreuung dieser Klientel mit den Vorgaben des Rahmenvertrages gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen- Anhalt Anlage H Abschnitt 8, Ziffer 1.2 und 1.3 zur Verfügung. Im Rahmen des Anerkennungs - bzw. Erweiterungsverfahrens sowie von Überprüfungen wird auch von Seiten der Bundesanstalt für Arbeit darauf geachtet, dass Fachpersonal mit entsprechenden Zusatzqualifikationen vorgehalten wird. Soweit in der Vorbemerkung der Fragestellerin Mehrkosten durch erhöhte Personalbedarfe angesprochen werden, ist anzumerken, dass die Kosten für Fortbildung in einem angemessenen Umfang seit jeher Bestandteil der leistungsgerechten Vergütungen sind. 1. Wann wird eine Neuermittlung, Überarbeitung und Änderung des Personalschlüssels in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung seitens der Landesregierung in Auftrag gegeben? 2. Welche Maßnahmen sieht die Landesregierung vor, um die Werkstätten - zumindest teilweise - von den anfallenden hohen Mehrkosten zu entlasten ? 3. Welche Maßnahmen sieht die Landesregierung vor, um die sich kontinuierlich verändernde Personalbedarfslage in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu berücksichtigen und den Umständen entsprechend die Absicherung dieser zu gewährleisten? Hinsichtlich des Personalschlüssels für WfbM ist darauf hinzuweisen, dass dieser in weiten Teilen bundesgesetzlich normiert ist; vgl. §§ 9, 10 Werkstättenverordnung (WVO). Darüber hinaus sind die Standards u. a. für die personelle Ausstattung in WfbM in Abschnitt 8 der Anlage H zum Rahmenvertrag gemäß 3 § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt zwischen Leistungsträger und Leistungserbringern vereinbart. Nach der dortigen Ziffer 1.2.5 stellen die Personalschlüssel nicht auf die tatsächliche Gruppengröße ab, sondern bilden den Berechnungsfaktor für die Personalausstattung aller Werkstätten dar. Damit ist auch gesagt, dass die Gruppengrößen nach dem individuellen Bedarf einerseits und den Anforderungen der Produktionsprozesse andererseits zu variieren sind. Es ist in die Organisationshoheit der Werkstattträger gestellt, dies sachgerecht und bedarfsgerecht zu organisieren. Gruppen mit Personen mit Verhaltensauffälligkeiten werden dementsprechend kleiner sein als solche, in denen die Beschäftigten ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Tätigkeit mühelos erreichen. Hinsichtlich der „kann“-Stellen im Abschnitt 8 der Anlage H des Rahmenvertrags gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt ist zu konstatieren, dass den an den überörtlichen Träger der Sozialhilfe gestellten Anträgen stattgegeben wird, soweit der Bedarf bzw. die Notwendigkeit für diese Stellen begründet ist. Gleichwohl konnten die Leistungserbringer bzw. Träger der WfbM eben diese Nachweise in den meisten Fällen nicht führen, so dass die Anträge abzulehnen waren. Weitere Anträge auf zusätzliches Personal über den Personalschlüssel nach Anlage H des Rahmenvertrags gemäß § 79 SGB XII für das Land Sachsen-Anhalt hinaus wurden ausschließlich für Personal im Wirtschaftsdienst oder in Leitung und Verwaltung beantragt (Qualitätsbeauftragter, Beauftragter für IT usw.) und betrifft insofern nicht den Betreuungsaufwand. Allein sich strukturell verändernde Bedarfe der betreuten Klientel einer unveränderten Zielgruppe können nicht zu sich ständig ändernden Personalrelationen führen. Eine (teilstationäre) Einrichtung ist per se bestimmt für einen größeren , wechselnden Personenkreis unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Bedarfe, wobei jedoch alle Personen zur Zielgruppe gehören. Zur Deckung der verschiedenen Bedarfe gibt es einen einheitlichen Personalschlüssel , der auch dann weiter zur Anwendung gelangt, wenn sich die Bedarfe altersabhängig oder aber durch Neuaufnahmen oder Abgänge verändern. Dies ist in stationären Einrichtungen ebenso. Im Übrigen wird auf die Vorbemerkung verwiesen.