Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2625 19.03.2018 (Ausgegeben am 19.03.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Ulrich Siegmund (AfD) Demonstration Gardelegen Kleine Anfrage - KA 7/1460 Vorbemerkung des Fragestellenden: Am Samstag, den 27. Januar hielt der Landesverband der Alternative für Deutschland in Gardelegen seinen Parteitag ab. Unmittelbar vor der entsprechenden Lokalität versammelten sich Gegendemonstranten zu einer Gegenkundgebung. Nach Aussagen des örtlichen Einsatzleiters verstieß diese gegen mehrere Auflagen. So wurde „das Gewaltpotential unterschätzt“ und „Verstärkung angefordert“. Mindestens eine Polizeibeamtin wurde verletzt. Die Lärmbeschallung durch Musik überstieg die zugelassenen Grenzwerte deutlich. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Organisation bzw. Organisationen meldeten die entsprechende Demonstration an? Die Versammlung wurde durch den Landesverband Sachsen-Anhalt der „Sozialistischen Jugend Deutschlands - Die Falken“ („SJD - Die Falken“) angemeldet. 2. Wie ist es möglich, dass eine solche Veranstaltung auf einem wenige Meter schmalen Fußweg genehmigt wurde, obwohl hierdurch nachweislich der Verkehr beeinträchtigt wurde? Versammlungen im Sinne von Artikel 8 des Grundgesetzes unterliegen keiner Genehmigungspflicht, sondern müssen gemäß § 12 des Gesetzes des Landes Sachsen-Anhalt über Versammlungen und Aufzüge (VersammlG LSA) grund- 2 sätzlich lediglich angemeldet werden, sofern sie unter freiem Himmel stattfinden und es sich nicht um Spontanversammlungen handelt. Die zuständige Versammlungsbehörde kann eine Versammlung nur unter den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 13 VersammlG LSA beschränken oder verbieten. Auf dieser Rechtsgrundlage hatte der Altmarkkreis Salzwedel als Versammlungsbehörde mit Beschränkungsverfügung vom 23. Januar 2018 unter anderem verfügt, dass der öffentliche Verkehr auf der Salzwedeler Straße durch die Versammlungsteilnehmer selbst oder deren Fahrzeuge nicht behindert oder beeinträchtigt werden darf. Bei dem Versammlungsort handelt es sich um einen mehrere Meter breiten, längeren Fußweg. Die Fläche bot nach Einschätzung der Versammlungsbehörde ausreichend Raum für die erwarteten Versammlungsteilnehmer. 3. Gegen welche Auflagen verstießen die Demonstrationsteilnehmer im Detail ? Es wurde gegen die Beschränkung der Versammlungsbehörde, wonach der öffentliche Verkehr auf der Salzwedeler Straße durch die Versammlungsteilnehmer oder deren Fahrzeuge nicht behindert oder beeinträchtigt werden durfte, verstoßen. Vermutlich lag auch ein Verstoß gegen die Beschränkung der Versammlungsbehörde vor, wonach durch den Betrieb der mitgeführten Beschallungsmittel eine Momentanlautstärke von 85 db (A) im Abstand von fünf Metern neben der Menschengruppe nicht überschritten werden durfte. Da jedoch ein geeichtes Messgerät vor Ort nicht zur Verfügung stand, konnte die tatsächliche Lautstärke nicht ermittelt werden. 4. Wie viele Ordner wurden seitens der Veranstalter benannt? Entsprach diese Zahl den entsprechenden Vorschriften? Vor Ort wurden durch den Veranstalter vier Ordner eingesetzt. Gemäß § 8 Abs. 1 VersammlG LSA kann sich der Versammlungsleiter der Hilfe einer angemessenen Zahl ehrenamtlicher Ordner bedienen. Eine Regelung hinsichtlich einer bestimmten Anzahl von Ordnern trifft das Gesetz nicht. 5. Warum wurden die Veranstalter nicht aufgefordert, die musikalische Beschallung unterhalb der Lärmobergrenze einzustellen? Falls doch eine Aufforderung erfolgte, warum wurde dies nicht umgesetzt? Der Veranstalter wurde mehrfach aufgefordert, für die Einhaltung der mit der Beschränkungsverfügung vorgeschriebenen Lautstärke zu sorgen; er konnte dies jedoch aufgrund des Aggressionspotentials einiger Teilnehmer nicht durchsetzen . 3 6. Welche Konsequenzen hat die Nichteinhaltung von Auflagen, die Nichtbefolgung der Anweisungen durch Beamte und die Gewalteinwirkung auf die Polizeibeamten? Bitte konkret inkl. eventuellem Strafmaß aufführen. Gegen einen Versammlungsteilnehmer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung (§ 223 StGB) und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (§ 113 StGB) eingeleitet. Er wurde in Gewahrsam genommen und zum Sachverhalt vernommen. Zudem wurde ihm eine temporäre Platzverweisung für das Stadtgebiet von Gardelegen erteilt. Die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen . Das Gesetz sieht bei einer Tat nach § 223 StGB Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe vor. Bei einer Tat nach § 113 StGB im einfachen Fall sieht das Gesetz Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe vor. Über die konkrete Strafe im Einzelfall entscheidet letztlich das Gericht. Die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 28 VersammlG LSA im Hinblick auf die Überschreitung der mit der Beschränkungsverfügung vorgeschriebenen Lautstärke wurde geprüft. Aufgrund fehlender beweissicherer Messungen wurde jedoch letztlich von der Einleitung des Verfahrens abgesehen . Wie das Landesverwaltungsamt mitgeteilt hat, wird im Rahmen der Fachaufsicht mit der Versammlungsbehörde eine Auswertung der Vorfälle im Zusammenhang mit dem Versammlungsgeschehen erfolgen. 7. Warum und wie viel Verstärkung musste angefordert werden? Zum Schutz der Versammlung führte die zuständige Polizeidienststelle einen Einsatz durch. Für diesen Einsatz waren dem Polizeirevier Altmarkkreis Salzwedel auf der Grundlage der ursprünglichen Lagebeurteilung bereits Einsatzkräfte des Zentralen Einsatzdienstes der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord zur Verfügung gestellt worden. Nach der konkreten Lageeinschätzung vor Ort am Einsatztag war davon auszugehen , dass sich die Anzahl unfriedlicher Versammlungsteilnehmer im Laufe der Versammlung erhöhen könnte. Darüber hinaus kam es am Rande des Versammlungsgeschehens zu Auseinandersetzungen zwischen mehreren Personen . Weitere Auseinandersetzungen waren nicht auszuschließen. Der Polizeiführer entschloss sich daher, gegenüber dem Lage- und Führungszentrum der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord einen weiteren Kräftebedarf anzuzeigen . In der Folge wurde ein Einsatzzug der Landesbereitschaftspolizei (26 Beamte ) aus einem Einsatz in Magdeburg herausgelöst und zum Versammlungsort entsandt. Zusätzlich wurde das Polizeirevier Altmarkkreis Salzwedel durch vier weitere Beamte des Polizeireviers Börde sowie durch sieben Beamte der Bundespolizei unterstützt. 4 8. Ist es der Landesregierung bekannt, ob Teilnehmer mit dem linksextremen Spektrum bzw. linksextremen Organisationen in Verbindung stehen? Nein. 9. Wie viele Polizeibeamte wurden verletzt? Eine Polizeivollzugsbeamtin wurde im Rahmen des Einsatzgeschehens verletzt. Sie war nach kurzer ärztlicher Behandlung weiterhin dienstfähig.