Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2638 21.03.2018 (Ausgegeben am 22.03.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Riskante Spekulationsgeschäfte in Kommunen (derivative Finanzierungsinstrumente ) IV, hier: eingestelltes Ermittlungsverfahren gegen den Verbandsgeschäftsführer des Abwasserverbandes Köthen Kleine Anfrage - KA 7/1525 Vorbemerkung des Fragestellenden: Wie die Mitteldeutsche Zeitung am 13. Februar 2018 berichtete, hat die Staatsanwaltschaft Halle das strafrechtliche Ermittlungsverfahren wegen Untreue gegen den Verbandsgeschäftsführer Thomas W. (Abwasserverband Köthen) eingestellt. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung 1. Was kann die Landesregierung zu den Ergebnissen und den Hintergründen des Ermittlungsverfahrens berichten? Mit Strafanzeige vom 16. Oktober 2017 hatte der Anzeigeerstatter dem Verbandsgeschäftsführer des Abwasserverbandes Köthen vorgeworfen, wirtschaftlich nachteilige Zinsgeschäfte zu Lasten des Verbandes getätigt zu haben. Insbesondere sei dies durch die vorzeitige Auflösung eines Zinsderivatgeschäfts im Jahre 2013 unter gleichzeitigen Abschluss neuer Zinsderivatgeschäfte zu nicht marktüblichen Konditionen verursacht worden. Dieser Sachverhalt sei dem Anzeigeerstatter auf Informationsveranstaltungen im September 2017 bekannt geworden. Der Abwasserverband Köthen hatte beginnend ab März 2005 verschiedene Zinsderivatverträge mit unterschiedlichen Kreditinstituten zur Zinsabsicherung und -glättung abgeschlossen. 2 Zwischen dem Abwasserverband Köthen und einem Finanzinstitut wurde in diesem Zusammenhang auch am 30. Oktober 2010 das hier in Frage stehende Zinsderivatgeschäft in Form eines sog. CMS-Memory-Swap vertraglich vereinbart . Dieser Vertrag hatte ursprünglich eine Laufzeit bis zum 30. April 2024. Dieser Zins-Swap wurde zur Vermeidung eines ggfs. Jahre andauernden Rechtsstreits im Rahmen eines Vergleichs mit dem Finanzinstitut am 24. Januar 2013 in vier Zins-Swaps mit einer Laufzeit bis zum Jahre 2038 und nunmehr fester Verzinsung abgeändert. Der Vergleichsvorschlag zwischen dem Abwasserverband Köthen und dem Finanzinstitut war zuvor von der Verbandsversammlung als zuständigem Organ des Abwasserverbandes mit Beschluss vom 9. Januar 2013 angenommen worden. Mit Bescheid der Staatsanwaltschaft in Halle vom 21. Dezember 2017 wurde das Ermittlungsverfahren mangels Anfangsverdachts gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigeerstatters vom 14. Januar 2018 gegen den Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Halle vom 21. Dezember 2017 wurde durch den Generalstaatsanwalt der Sachverhalt erneut geprüft, jedoch kein Grund gefunden, die Wiederaufnahme der Ermittlungen oder eine sonstige Maßnahme anzuordnen. Mit Bescheid vom 6. März 2018 hat der Generalstaatsanwalt die Beschwerde als unbegründet zurückgewiesen. 2. Welche Gründe rechtfertigen das Handeln der Staatsanwaltschaft in Halle und diese Entscheidung? Mit Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 30. März 2012, gerichtet an die Kommunen des Landes, wurde darauf hingewiesen, dass der Einsatz von Zinsderivaten in kommunalen Körperschaften in Sachsen-Anhalt grundsätzlich nicht in Betracht kommt. Für Zeiträume vor März 2012 - also der Zeitraum in dem der ursprüngliche Zinsderivatvertrag mit dem Finanzinstitut geschlossen wurde - ist damit aber regelmäßig ein Vorsatz, insbesondere das Wissen um die Unstatthaftigkeit dieser Geschäfte, nicht zu belegen. Ebenso wenig ist nach entsprechender Überprüfung durch einen Wirtschaftsprüfer bei der Staatsanwaltschaft in Halle ein untreuerelevanter Nachteil, also ein Schaden für den Abwasserverband Köthen festzustellen gewesen. Der vorgesehene Vergleichsabschluss zwischen dem Abwasserverband und dem Finanzinstitut war in der Verbandsversammlung vom 9. Januar 2013 durch Beschluss angenommen worden. Der Beschuldigte handelte einerseits nicht außerhalb seiner Befugnis. Durch den vorgenannten Vergleich wurden andererseits lediglich die schwer kalkulierbaren Zinssteigerungsrisiken aus dem ursprünglichen CMS- Memory-Swap begrenzt und durch risikoarme Festzins- Swaps ersetzt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sind aufgrund des außerordentlich weit gesteckten Rahmens des objektiven Tatbestandes der Untreue strenge Anforderungen an den Nachweis der subjektiven Tatbestandsmerkmale zu stellen, insbesondere dann, wenn der Täter nicht eigensüchtig gehandelt hat. Bei Vermögensgefährdungen reicht die bloße Kenntnis eines hohen Verlustrisikos nicht aus. Eine „fahrlässige Untreue“ ist nicht strafbewehrt.