Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2674 05.04.2018 (Ausgegeben am 05.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Christina Buchheim (DIE LINKE) Abgeordnete Kerstin Eisenreich (DIE LINKE) Einsatz der „Köthener Bauweise“ für Kreis- und Kommunalstraßen in Sachsen- Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1539 Vorbemerkung der Fragestellenden: In der Fachwelt ist die „Köthener Bauweise“ ein Begriff für kostengünstige Erneuerungsmaßnahmen für niedrig belastete Straßen wie Anliegerstraßen und Wohnwege. Sie gilt bei kombinierten Hoch- und Tiefbauverfahren als technische und wirtschaftliche Alternative zum grundhaften Straßenausbau aufgrund kürzerer Bauzeiten und Einsparungen bei Erdarbeiten, Material und Transport. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr Vorbemerkung der Landesregierung: Die Köthener Bauweise ähnelt der sogenannten „Magdeburger Bauweise“ und unterscheidet sich von dieser nur dadurch, dass für die Verfestigung in der Regel das in der alten Straßenbefestigung vorhandene ungebundene Tragschichtmaterial und nicht ausschließlich der anstehende Boden verwendet wird. 1. Inwieweit hat die Landesregierung Kenntnis von der „Köthener Bauweise “? Welche Position vertritt sie zu deren Anwendung für Kommunal- und Kreisstraßen im Land? Die Landesregierung hat die Anwendung der „Köthener Bauweise“ bisher nicht praktiziert. Erfahrungen mit der „Köthener Bauweise“ liegen daher nicht vor. 2 Hinsichtlich der Anwendung der Bauweise ist darauf zu verweisen, dass diese nicht den Vorgaben für den Aufbau der konstruktiven Schichten gemäß den geltenden „Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen, Ausgabe 2012“ (RStO 12) entspricht. Die RStO 12 wurde mit ARS 30/2012 durch das BMVS und mit RdErl. des MLV vom 05.03.2012 für seinen Zuständigkeitsbereich eingeführt. In diesem Erlass wurde die Anwendung der RStO 12 aus Gründen der einheitlichen Handhabung den kommunalen Baulastträgern ebenfalls zur Anwendung empfohlen. Die für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen maßgebenden Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien (ZTV) enthalten für deren Anwendung die Vorgabe, dass für die Wahl der Dicke und Anordnung der Schichten die RStO maßgebend sind. Die Schichtenfolge der „Köthener Bauweise “ entspricht nicht den Vorgaben der RStO 12. Die Einhaltung der Dicken und Anordnung der Schichten nach den RStO 12 sowie der in den ZTV enthaltenen bautechnischen Anforderungen für die hergestellten Schichten gewährleisten aufgrund von langjährigen Erfahrungen eine entsprechende Dauerhaftigkeit unter den zu Grunde liegenden Nutzungsbedingungen . Eine gegebenenfalls im Zusammenhang mit der „Köthener Bauweise“ stehende Reduzierung der Oberbaudicke ist hinsichtlich der Frostsicherheit und der Tragfähigkeit über den geplanten Nutzungszeitraum als kritisch anzusehen. Ob mit der „Köthener Bauweise“ die gleiche Nutzungsdauer und Dauerhaftigkeit erreicht wird wie mit Bauweisen nach den RStO, ist der Landesregierung nicht bekannt. Eine gegenüber dem geplanten und nachgewiesenen Nutzungszeitraum mit standardisierten Bauweisen gegebenenfalls erforderliche vorzeitige Erneuerung ist den Einsparungen gegenzurechnen. Bei bauvertraglicher Vereinbarung der ZTV gelten die darin enthaltenen Gewährleistungsfristen . Von den RStO 12 abweichende Bauweisen können einzelvertraglich vereinbart werden, jedoch sind dann Gewährleistungsfristen ebenfalls einzelvertraglich zu vereinbaren. Ob Auftragnehmer bereit sind, für nicht erprobte Bauweisen solche Gewährleistungen einzugehen oder diese konsequent ablehnen, ist der Landesregierung nicht bekannt. 2. Wo fand die „Köthener Bauweise“ bisher Anwendung im Land? Bitte nach Landkreisen aufschlüsseln. Burgenlandkreis Anwendung in der Verbandsgemeinde Droyßig-Zeitzer-Forst für: - Gemeinde Gutenborn: Johann-Gottlob-Rössler-Straße - Gemeinde Schnaudertal: OD Nedissen - Heuckewalde: Ländlicher Weg Giebelroth - Loitzschütz Altkreis Köthen - K 2072 Cattau - Wieskau (OD und freie Strecke) 1996 - K 2080 OD Kleinzerbst 1997 - K 2075 Baasdorf - Arensdorf (freie Strecke) 1997 - K 2091 Drosa - Wulfen (OD und freie Strecke) 1997 - K 2073 OD Reinsdorf 1997 3 - K 2080 OD Osternienburg 1997 - K 2077 OD Prosigk 1998 - K 2073 OD Görzig 1998 - K 2090 OD Kleinpaschleben 1998 - K 2086 Pfaffendorf - Wörbzig 1998 - K 2077 Meilendorf - Ziebigk (freie Strecke) 1999 - K 2063 Radegast-Kreisgrenze 1999 - K 2081 OD Reppichau 1999 - K 2078/79 OD Reupzig 1999 - K 2075 OD Arensdorf 1999 - K 2078 L 136 - Breesen, OD Breesen 1999 - K 2081 OD Kleinzerbst 1999 - K 2080 OD Meilendorf 1999 - K 2080 B 185 - OL Scheuder 1999 - K 2080 B 185 - Storkau 2000 - K 2083 B 185 - OE Zehringen 2000 - K 2087 OD Zabitz 2000 - K 2077 B 185 - Libbesdorf 2000 - K 2082 Großpaschleben - Frenz 2000 - K 2077 Prosigk - Ziebigk 2000 - K 2078 Prosigk - Libehna 2001 - K 2080 Scheuder - Lausigk 2001 - K 2077 OD Libbesdorf 2001 - K 2082, OD Elsdorf 2004 - K2071 OD Rohndorf und Hohnsdorf 2006 - K 2071 OD Trebbichau 2007 - K 2508 OD Großbadegast 2008 - K 2077 OD Ziebigk 2009 Stadt Köthen - Holzmarkt, Markstraße, Buttermarkt 1998 - Museumsgasse, Lindenstraße, Wallstraße 1998 - Springstraße, Straße am Sportzentrum 1998 - Schlossstraße, Ritterstraße 1998 - Anhaltinische Straße 1998 - Ratswall, Antoinettenstraße 1998 - August-Bebel-Straße 1998 - Hallesche Straße 1999 - Lelitzer Straße 1999 - Marktplatz 1998, 2000 - Bahnhofsvorplatz 2000 - Lachsfang 2000 - Amsel-, Drossel-, Finken- und Starenweg 2000 - Hohenköthener Straße 2000 - Krähenbergstraße 2000 - Kastanienstraße 2000 - Geschwister-Scholl-Straße 2000 4 3. Welche Angaben kann die Landesregierung zur Kostenersparnis für Landkreise, Kommunen sowie AnwohnerInnen durch die „Köthener Bauweise “ machen? Da jede Straße spezifische Parameter hinsichtlich des anstehenden Baugrundes und des vorhandenen Fahrbahnaufbaus besitzt, können keine verallgemeinerbaren Angaben gemacht werden. Auf die Antwort zu Frage 1 wird verwiesen . 4. Welche Unterstützung gab es bisher durch das Land zur weiteren Forschung , Schulung von Planungsbüros und Informationen für Kommunalverwaltungen und AnwohnerInnen zur „Köthener Bauweise“? Bisher gab es keine Unterstützung durch die Landesregierung zur weiteren Forschung, Schulung von Planungsbüros und Information für Kommunalverwaltungen sowie Anwohnerinnen und Anwohner zur „Köthener Bauweise“. An der Hochschule Anhalt in Dessau forschte Herr Professor Dr.-Ing. Wolfgang Weinert zur Bauweise. Die Forschungen wurden nicht durch Fördermittel unterstützt . Darüber hinaus erfolgten sie grundsätzlich im Rahmen konkreter Bauvorhaben , die in der Antwort zu Frage 2 aufgeführt sind. 5. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Straßenausbaubeiträge im Kommunalabgabengesetz (KAG) wie in Berlin, Hamburg und Baden -Württemberg abzuschaffen? Die Landesregierung sieht keine Möglichkeit, die Erhebung von Straßenausbaubeiträgen abzuschaffen. Diese Beiträge dienen neben dem gemeindlichen Anteil als maßgebliches und wesentliches Finanzierungsinstrument für die Durchführung der kommunalen Infrastrukturmaßnahmen und sind von den Verwaltungs- und Verfassungsgerichten seit Jahrzehnten als angemessene Sonderbelastung der betroffenen Grundstückseigentümer anerkannt. Es ist kein tragfähiger sozialer oder finanzwirtschaftlicher Grund ersichtlich, Kommunen diese Einnahmemöglichkeit zu verwehren mit der Folge, dass diese finanziellen Mittel von anderen, nämlich den Steuerzahlern, aufgebracht werden müssten und zur Erfüllung anderer kommunaler Aufgaben fehlen. Der Straßenausbaubeitrag ist eine Gegenleistung für durch die Leistung der Kommune vermittelte wirtschaftliche Vorteile.