Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2676 06.04.2018 (Ausgegeben am 09.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordnete Dagmar Zoschke (DIE LINKE) Prävention und Hilfen gegen Glücksspielsucht in Sachsen-Anhalt Kleine Anfrage - KA 7/1540 Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Inneres und Sport Namens der Landesregierung beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt: 1. Welche Kenntnisse liegen der Landesregierung zur Entwicklung der Glücksspielsucht in Sachsen-Anhalt vor? Wie viele Personen sind in Sachsen-Anhalt nach Kenntnis oder Schätzung der Landesregierung glücksspielsüchtig? Soweit möglich, bitte differenziert nach Geschlecht und Altersgruppen darstellen. Eigene Studien zur Prävalenz liegen der Landesregierung für Sachsen-Anhalt nicht vor. Die letzte Hochrechnung auf der Grundlage einer im Jahr 2016 von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung veröffentlichten Studie „Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland 2015“ ergab für Sachsen-Anhalt bezogen auf das Jahr 2015, dass 6.500 Menschen ein problematisches und weitere 5.700 Menschen ein pathologisches Glücksspielverhalten aufwiesen. Eine weitere Differenzierung erfolgte nicht. Weitere Erkenntnisse über die Prävalenz von pathologischem und problematischem Glücksspielverhalten in Sachsen-Anhalt können aus der Resonanz auf zwei durch das Land finanziell geförderte Projekte gezogen werden. Bei diesen Projekten handelt es sich zum einen um das in der Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2010 durchgeführte Bund-Länder-Modellprojekt „Frühe Intervention beim Pathologischen Glücksspielen“ (BLMP), welches auf eine Initiative des Bundesministeriums für Gesundheit zurückging und an dem sich neben anderen Ländern auch Sachsen-Anhalt beteiligte. Projektträger in Sachsen- Anhalt war die AWO Erziehungshilfe Halle (Saale) gGmbH. 2 Zum anderen handelt es sich um ein landesbezogenes Projekt „Prävention des pathologischen Glücksspielens im Land Sachsen-Anhalt“ (PPGS), das in der Zeit vom 1. Dezember 2009 bis zum 31. Dezember 2017 bestand. Projektträgerin des PPGS war die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen- Anhalt e. V. In struktureller Hinsicht begann das PPGS neben einer Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht zunächst mit zwei Regionalstellen zur Beratung von Glücksspielsüchtigen an den (damaligen) Spielbankstandorten Magdeburg und Wernigerode. Im Jahr 2011 konnten dann die in Halle (Saale) im Zusammenhang mit dem zum 31. Dezember 2010 beendeten BLMP entstandenen Strukturen als dritte Regionalstelle in das PPGS überführt werden. Die Entwicklung der Beratungsnachfrage stellt sich unter Einbeziehung der Angaben der beiden Projektträger (AWO Erziehungshilfe Halle [Saale] gGmbH und LIGA der Freien Wohlfahrtspflege im Land Sachsen-Anhalt e. V.) wie folgt dar: Jahr Beratungen landesweit davon Beratungen in den Schwerpunktberatungsstellen der beiden Projekte MD HAL WR 2007 136 - - - 2008 202 - 18 - 2009 225 - 35 - 2010 255 32 37 16 2011 283 48 44 21 2012 335 61 53 22 2013 369 68 56 20 2014 406 98 54 29 2015 404 104 55 45 2016 412 115 54 37 Damit kann konstatiert werden, dass die Anzahl der von den Projekten erreichten Betroffenen, die sich mit einer Glücksspielproblematik an eine der Suchtberatungsstellen im Land Sachsen-Anhalt wandten, stetig angestiegen ist. 3 2. Welche Maßnahmen führt die Landesregierung zur Erreichung der im Glücksspielstaatsvertrag verankerten Ziele der Prävention der Glückspielsucht durch? Maßnahmen zur Prävention von Glücksspielsucht beginnen schon bei der Veranstaltung öffentlicher Glücksspiele selbst, bei denen die Landesregierung auf die Einhaltung der im Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) vorgesehenen Spielerschutzbestimmungen hinwirkt, beispielsweise die Informations- und Aufklärungspflichten nach § 7 GlüStV oder den Werbebeschränkungen gemäß § 5 GlüStV. Die Sicherstellung der Umsetzung dieser Regelungen dient auch der Glücksspielsuchtprävention. Um die Fortführung der Beratung der von einem pathologischen oder problematischen Glücksspielverhalten Betroffenen und ihrer Angehörigen zu gewährleisten , hat die Landesregierung nach Hinweisen des Landesrechnungshofes eine Förderrichtlinie zur Vermeidung und Bekämpfung der Glücksspielsucht konzipiert , die sich gegenwärtig in der finalen Abstimmung befindet und noch im ersten Halbjahr 2018 in Kraft treten soll. Daneben fördert die Landesregierung Fachstellen für Suchtprävention. Diese arbeiten auch suchtmittelunspezifisch und hatten sich in den Vorjahren - nach fachlichen Vorgaben der und koordiniert durch die damalige Landeskoordinationsstelle Glücksspielsucht - an den bundesweit stattfindenden Aktionstagen Glücksspielprävention beteiligt. 3. Aus welchem Grund wurde die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht Sachsen-Anhalt zum Ende letzten Jahres geschlossen und gibt es Planungen, diese Arbeit erneut aufzunehmen? Die Landeskoordinierungsstelle Glücksspielsucht Sachsen-Anhalt war Teil des PPGS (siehe Antwort auf Frage 1). Die Landesregierung hatte das PPGS finanziell unterstützt. Haushaltsrechtlich dürfen Projektförderungen jedoch nur zeitlich begrenzt erfolgen. Nachdem das PPGS acht Jahre unterstützt worden war, kam eine weitere Verlängerung nicht mehr in Betracht, zumal der Landesrechnungshof auch eine Förderrichtlinie im Bereich Glücksspielsuchtbekämpfung angemahnt hat. Zurzeit wird eine Förderrichtlinie innerhalb der Landesregierung und mit dem Landesrechnungshof abgestimmt. Diese sieht aktuell die Förderung von Schwerpunktberatungsstellen vor. Es ist nicht ausgeschlossen, dass bei einer Weiterentwicklung der Förderrichtlinie erneut eine Koordinierungsstelle als förderfähig erachtet wird. 4. Wie viele Beratungsstellen mit dem Schwerpunkt „Glücksspielsucht“ gibt es in Sachsen-Anhalt? Bitte nach Landkreisen und kreisfreien Städten ausweisen. In Dessau-Roßlau gibt es derzeit eine Suchtberatungsstelle mit dem Beratungsschwerpunkt Glücksspielsucht. Dieser Beratungsschwerpunkt wurde dort schon vor langer Zeit kommunal gesteuert und erhielt keine gesonderte Landeszuwendung . 4 Die in den Landkreisen und bei den anderen kreisfreien Städten zur Verfügung stehenden Suchtberatungsstellen haben diesen Schwerpunkt nicht. Sobald die Förderrichtlinie (siehe Antwort auf Frage 2) in Kraft getreten ist, sollen erneut zunächst zwei Schwerpunktberatungsstellen für Glücksspielsüchtige finanziell gefördert werden. 5. Welche Fort- und Weiterbildungsangebote existieren für das Beratungsfeld Glücksspielsucht in Sachsen-Anhalt? Der Landesregierung sind keine derartigen Angebote bekannt. 6. Welche Maßnahmen zur Glücksspielsuchtprävention werden speziell für Kinder und Jugendliche von der Landesregierung getroffen? Maßnahmen zur Glücksspielsuchtprävention trifft die Landesregierung bereits durch ein gesetzliches Teilnahmeverbot Minderjähriger an öffentlichen Glücksspielen . Ergänzend treten Informations- und Hinweispflichten der Glücksspielveranstalter sowie Schulungen ihrer Vertriebspartner zum Minderjährigen- und Spielerschutz hinzu. Daneben fördert die Landesregierung derzeit keine Maßnahmen der Glücksspielsuchtprävention, die speziell auf Belange von Kindern und Jugendlichen gerichtet sind.