Landtag von Sachsen-Anhalt Drucksache 7/2698 11.04.2018 (Ausgegeben am 11.04.2018) Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage zur schriftlichen Beantwortung Abgeordneter Daniel Sturm (CDU) Verbale Entgleisungen in den sozialen Medien Kleine Anfrage - KA 7/1560 Vorbemerkung des Fragestellenden: Verbale Entgleisungen in den sozialen Medien verstärken offensichtlich die Neigung, sich dieses Sprachgebrauchs im politischen Alltagsgeschäft zu befleißigen. Die sogenannte Aschermittwochsrede des Abgeordneten Poggenburg in Sachsen ist ein Beispiel dafür. Doch selbst außerhalb der Politik wird davon Gebrauch gemacht, so werden u. a. Frauen, ältere Menschen und Ausländer diffamiert. Dafür reichen abfällige Anreden bereits aus, die leider in der heutigen Zeit oft schon als normal angesehen werden. Immer wieder muss man feststellen, dass solchen Vorgängen unbeteiligte Dritte relativ hilflos gegenüberstehen. Antwort der Landesregierung erstellt vom Ministerium für Justiz und Gleichstellung Vorbemerkung der Landesregierung: Hass im Internet sowie damit zusammenhängende Phänomene und Handlungsnotwendigkeiten sind der Landesregierung bekannt. 1. Ist der Landesregierung bekannt, dass in den USA in Workshops und Trainingsprogrammen den Teilnehmern Gelegenheit gegeben wird zu lernen , wie man sich verhält, wenn man Zeuge von Hassverbrechen oder rassistischer oder frauenfeindlicher oder sonstiger Diskriminierungen wird?1 1 Von den Trainingsprogrammen in den USA berichtet Naomi Klein, in ihrem Buch „Gegen Trump”, erschienen in deutscher Sprache im S. Fischer Verlag 2017 2 Der Landesregierung sind die in den USA durchgeführten Maßnahmen bekannt . Es handelt sich bei den Maßnahmen um Projekte zur Schulung von pädagogischen Fachkräften, aber auch von Internetnutzern, insbesondere im jugendlichen Alter, zum Umgang mit Hate Speech und Diskriminierung in den sozialen Netzwerken. Beispiele sind die Projekte „Not In Our Town“, „Life After Hate“ und die Aktivitäten der Anti-Defamation League. 2. Sind in Deutschland ähnliche Ansätze bekannt? Wenn ja, welche? Werden diese aus dem politischen Raum unterstützt? Es gibt in Deutschland, angesiedelt bei der Amadeu Antonio Stiftung, Programme , die zum Teil die amerikanischen Erfahrungen adaptieren, zum Teil aber auch Bildungsmaßnahmen aus eigener Expertise entwickelt haben und entsprechende Seminare und Materialien anbieten. In Sachsen-Anhalt ist im „Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit “ dem Thema „Medienkompetenz für eine digitale Zivilgesellschaft“ ein eigenes Kapitel gewidmet. Dort heißt es: „Die kontrovers geführten Debatten um Asyl und Zuwanderung finden ihren Niederschlag in den sozialen Medien ebenso wie die Zunahme menschenverachtender und demokratiefeindlicher Diskurse. Insbesondere Zugewanderte, Flüchtlingshelferinnen und -helfer sowie politisch Aktive sind im Internet mit einer Vielzahl von diskriminierenden und abwertenden Hasskommentaren bis hin zu Bedrohungen konfrontiert. ... Hass- Kampagnen in den sozialen Medien wiederum finden ihre Entsprechung in Mobilisierungen und Gewalt auf der Straße. Daher gilt es, auch und gerade im virtuellen Raum, der Kultur des Hasses eine Kultur des respektvollen Miteinanders und der Zivilcourage im Sinne einer aktiv gestalteten Bürgergesellschaft entgegenzusetzen .“ Das „Landesprogramm für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit “ fördert daher die Entwicklung von Informations- und Bildungsangeboten in den Themenfeldern digitales Engagement und Zivilcourage im Netz, Workshops und Trainings für eine Auseinandersetzung mit Hass und Bedrohung im Netz sowie die Einrichtung einer Beratungsstelle zum (präventiven) Umgang mit Hass und Bedrohung im virtuellen Raum. Die Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt (LpB LSA) hat in den zurückliegenden Jahren im Rahmen von Netzwerkkonferenzen, Landestagen „Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage“, dem 25-jährigen Jubiläum der LpB LSA sowie im Rahmen des jährlichen Crypto Swaps Veranstaltungen durchgeführt, ohne dabei auf die amerikanischen Konzeptionen Bezug zu nehmen . Partner waren z. B. www.jugendschutz.net und fjp>media/Landesstelle Jugendschutz. Im Jahr 2017 stand der jährlich stattfindende Politiklehrertag, veranstaltet von der LpB LSA und der Deutschen Vereinigung für politische Bildung, Landesverband Sachsen-Anhalt, unter dem Thema „Politik im Netz - Netzpolitik“. In Podiumsdiskussionen und Workshops wurde diskutiert, wie Politik derzeit Chancen und Grenzen des Netzes und insbesondere sozialer Netzwerke gestaltet. Eine wichtige Rolle spielte dabei auch die Diskussion zum Thema „Hass im Netz“ als ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Phänomen. 3 Auch in der allgemeinen Erwachsenenbildung in Sachsen-Anhalt spielt das Thema eine wichtige Rolle. Der Landesausschuss für Erwachsenenbildung des Landes Sachsen-Anhalt hat in Kooperation mit der LpB LSA und den nach dem Erwachsenenbildungsgesetz LSA anerkannten Einrichtungen der Erwachsenenbildung in den Jahren 2014 bis 2017 ein landesweites Projekt „Demokratielabor “ durchgeführt. Im Rahmen von verschiedenen Sondierungsforen wurden auch Bildungsformate reflektiert, die den Teilnehmern Gelegenheit geben, sich kritisch mit Hate Speech und Diskriminierung in sozialen Netzwerken auseinanderzusetzen . Die Einrichtungen der Erwachsenenbildung beteiligen sich zum Teil an Landes- und Bundesprogrammen (z. B. „Demokratie leben!“), die Supervision, Coaching, Argumentationstraining gegen Rechtspopulismus und Konfliktmanagement enthalten. Derzeit wird mit fjp>media - Verband junger Medienmacher das Projekt „Fairsprechen “ entwickelt. Primäre Zielgruppe sind zivilgesellschaftliche und staatliche Akteure im Bereich der Demokratieförderung. Insbesondere mit Hass und Hetze im Netz konfrontierte Personen und Institutionen sollen informiert, beraten , bekräftigt und ermutigt werden, diskriminierende Äußerungen nicht unwidersprochen zu lassen. Das Projekt soll im zweiten Quartal 2018 gestartet werden. 3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit, in Sachsen-Anhalt künftig ähnliche Maßnahmen zu forcieren? Ja. Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen. 4. Wie und durch wen könnten diese umgesetzt werden? Es wird auf die Antwort zu Frage 2 verwiesen.